Links überspringen

„2020 wäre unsere beste Saison gewesen“

Die Schiffe von Crystal River Cruises kamen nicht einmal in dieser Saison zum Einsatz. Mit den strengen im eigenen Haus erarbeiteten Gesundheitsrichtlinien wie „Crystal Bubble“ soll es nächstes Jahr wieder losgehen. Michael Wolf sprach mit Walter LittleJohn III, Crystal River Cruises, VP & Managing Director.

Wann war die letzte Crystal River Cruises Fahrt?

Wir sind 2020 gar nicht in die Saison gestartet. Unsere Crew war zu Beginn der COVID-19 Pandemie beim Training für den Saisonauftakt. Als Staaten innerhalb der EU begannen, ihre Grenzen zu Nachbarländern zu schließen, haben wir sofort das Trainings-Programm gestoppt und die Crew nach Hause geschickt, was zum Glück schnell und sicher gelang. Einige von ihnen hatten anfangs Probleme in ihr Heimatland, die Tschechische Republik, zu reisen, weil sie aus Österreich kamen – der Staat hat hier seine eigenen Bürger nicht hineingelassen.

Walter Littlejohn, VP und Managing Director Crystal River Cruises, Foto: enapress.com

Während die Crew nach Hause reiste, schotteten sich immer mehr Länder in der EU ab, schlossen ihre Grenzen. Wir beschlossen dann, die weitere Entwicklung abzuwarten. Leider verbesserte sich die Situation nicht, vielerorts wurde der Lockdown strenger. Die Airlines gerieten mit Flugannullierungen und Kapazitätsrückgängen in den freien Fall. Von Monat zu Monat haben wir die Situation analysiert – immer mit der Hoffnung wieder starten zu können. Wir sind mit unserer Crew in Verbindung geblieben, haben die Schiffe fahrtbereit gehalten, um schnell wieder anfangen zu können. Dies ging eine Zeit lang so, etwa bis Ende Juli. Dann kamen wir an einen Punkt bei dem wir realisierten: ok – es wird nicht in diesem Jahr passieren.

Auch die Informationen die wir erhalten haben über die EU-Gespräche im Blick auf die Grenzöffnungen für US-Bürger ließ uns den Beschluss fassen, dass es am besten sei, die Saison abzusagen. So konnten wir den gebuchten Passagieren die Möglichkeit zu geben, Pläne für das kommende Jahr vorzunehmen oder Alternativen zu finden. Am 31. Juli haben wir die Flusskreuzfahrt-Saison 2020 annulliert. Kurz nach uns hat sich Viking ebenfalls zu diesem Schritt entschieden.

Ich weiß, ein paar der Flusskreuzfahrtgesellschaften haben noch immer November und Dezember in ihren Plänen, aber ich sehe nicht, wie das möglich sein soll, zumindest für Nordamerikaner.

Wie sind Sie mit Ihren Gästen in Kontakt geblieben?

Das war ein langer Prozess. Wann immer es eine signifikante Änderung gab, haben wir es die Gäste wissen lassen. Die Aussendungen enthielten Infos zu den Gründen der Absagen. Gleichzeitig gaben wir den Gästen einige Möglichkeiten zur Wahl: Rückerstattung, roll-over zu einer Reise im gleichen Zeitraum im nächsten Jahr oder Future Cruise Credit. Es gab eine Zeit, bei der die Dinge definitiv noch grauer waren als heute. Vielleicht wird die EU die Grenzen öffnen, vielleicht nicht.

Unsere Kunden brauchten mehr Infos zu den Möglichkeiten, in naher Zukunft reisen zu können auch mit Hinblick auf Flugverbindungen, Grenzrestriktionen. Eine Weile gab es auch Sicherheitsbedenken. Unsere Gäste hatten einfach Informationsbedarf.

Während des Zeitraums Mai, Juni und einem Großteil des Julis haben wir Infos versendet und ihnen angeboten, auf eine Kreuzfahrt im gleichen Zeitraum im kommenden Jahr umbuchen. Wir haben ihnen einfach die korrespondierenden Reisen mit Verlauf und Datum für das nächste Jahr gleich mitgeschickt.

Eine signifikante Anzahl von Gästen hat sich entschieden, dass das Jahr 2020 zu unsicher für sie ist und ihre Urlaubspläne auf 2021 verschoben. Dies erlaubte ihnen beispielsweise Flüge und private Arrangements ebenfalls zu ändern.

Haben Sie darüber nachgedacht, ähnlich wie AmaWaterways, Fahrten mit rein europäischen Publikum anzubieten?

Ja. Wir haben eine Sales-Präsenz in Europa durch verschiedene Partner und führten mit diesen Gespräche darüber. AmaWaterways hat mit einem etablierten deutschen Tour-Operator zusammengearbeitet, der das Schiff für den kompletten Monat charterte, den Verkauf und das Vermarkten übernahm.

Wäre bei uns ein ähnliches Angebot gewesen, hätten wir das geprüft. Es gab aber keinen Interessenten. Gleichzeitig war es uns wichtig, wenn wir so etwas machen sollten, unsere Standards und die Integrität des Produktes weiterhin beizubehalten und ein Luxusprodukt zu liefern. Das Schiff würde immer noch den Firmennamen Crystal tragen. Und als dieses muss es auch einen gewissen Preis haben.

2020 hatten wir unseren ersten Charterer aus Europa, aus Österreich. Es gibt großes Potenzial für das Produkt in diesem Sektor. Leider hat es nicht geklappt in diesem Jahr, aber hoffentlich gibt es in der Zukunft mehr Gelegenheiten hierfür.

Wie denken Sie persönlich über den separaten Einsatz von Schiffen für bestimmte Zielgruppen/Märkte oder Kundengruppen?

Wir mögen die Vielfalt, diesen Gäste-Mix, den wir bei Crystal haben. Das erlaubt die Möglichkeit für die Passagiere, Freundschaften mit Menschen von überall auf der Welt zu schließen. So sind sie es auch gewohnt bei uns, es ist ein Mehrwert für das Produkt. Wir fokussieren uns nicht auf einzelne Märkte. Das Produkt wird nicht exklusiv auf dem nordamerikanischen Markt vermarktet. Natürlich ist es die größte Passagier-Gruppe für uns, aber nur mit 65 Prozent. Die anderen Gäste sind aus vielen Ländern inklusive Deutschland, der Schweiz und Österreich, das hat sich in den letzten Jahren geändert.

Man muss aber auch die Preise im Blick behalten. Die letzten Zahlen die ich vom deutschen Markt gesehen habe, lagen bei etwa 170 Euro/Person/Tag bei Flusskreuzfahrten. Im Vergleich liegt Crystal bei 650 Euro/Person/Tag.

Wann wird Ihrer Meinung nach der Re-Start sein?

Für die Flusskreuzfahrt hoffe ich, dass unser regulärer Saisonstart im März stattfinden wird. Es gibt so viele Lösungen im Markt in der Pipeline, die uns einen Start auch ohne eine Impfung ermöglichen. Wir bei Crystal haben Protokolle erarbeitet, die wir „Crystal bubble“ nennen. Sie könnten wundervolle Ferien genießen, auch ohne eine Impfung. Unsere Schiffe sind bereits mit „social distancing“ im Hinterkopf gebaut worden. Wir befördern die Hälfte der Reisenden auf einem Schiff gleicher Größe. Es gibt keine Probleme mit social distancing auf unseren Schiffen, auch nicht in den Bussen, die dafür ausgestattet sind, nur wenige Menschen zu transportieren. Das Testen der Crew und der Passagiere vor dem Boarden oder beim Boarden des Schiffes wäre kein Problem. Wir haben mit unserem Crystal Clean + Reglement einen perfekten Leitfaden, Reisen in einer COVID-19 Zeit anbieten zu können. Die EU muss nur die Grenzen öffnen, so dass unsere Gäste einreisen können. Aber auch gleichzeitig gibt es viel in der Pipeline in Sachen Impfungen und Medikamenten. Ich bin optimistisch, dass wir einen guten Start im Frühling haben werden.

Wie ist die Buchungslage für 2021 und 2022?

Bereits im Januar haben wir 2022 zur Buchung freigegeben – vor der Gesundheitskrise – und waren somit die Ersten. Die Buchungen für 2022 und 2021 sind sehr solide. Wir liegen über den Buchungen aus dem Vorjahr. Es gibt viele Leute die sagen, wenn ich 2020 nicht reisen kann dann gehe ich 2021 oder mache Pläne für 2022. Es gibt Trends über den gesamten Markt: Donau, Rhein, Mosel. Einige unserer längeren Fahrten sind komplett ausverkauft. Wir freuen uns über die Buchungen 2021/22 und hoffen, dass nichts dazwischen kommt.

Wir hatten ein rekordverdächtiges, phänomenales Jahr 2020 – haben Rekorde gebrochen über alle Matrixe. Leider mussten wir diese komplette Arbeit wieder annullieren. Aber hoffentlich können wir dies 2021/22 wieder wettmachen.

Was sind die Gründe für die Buchungen, die am besten laufen?

Der Trend geht zu den langen Reisen. Unser Timing hier ist richtig. Wir haben eine ausgeglichene Zahl, nicht zu viele von ihnen und zur richtigen Zeit im Jahr. Da sind z. B. 16 Nächte von Amsterdam nach Budapest.

Gibt es News, neue Routen, Highlights für das kommende Jahr?

2022 werden wir unsere erste Reise auf der unteren Donau haben, zwischen Budapest und Giurgiu mit einem exklusiven Landprogramm. Die Fahrten werden im Mai, Juni stattfinden.

Im gesamten Juli werden wir mit Crystal Bach 7-Nächte-Reisen in der Niederlande und Belgien anbieten, ab/bis Amsterdam. Wir haben festgestellt, dass es ein großes Interesse für diese Kreuzfahrten außerhalb der Tulpensaison gibt. Während der Niedrigwasser-Situation 2018 haben wir eine Anzahl dieser Kreuzfahrten durchgeführt. Damals war das Gäste-Feedback außergewöhnlich gut. Aus diesem Grund bieten wir im Juli mehrere dieser Reisen an.

Außerdem werden wir ein paar „Floriade“-Abfahrten haben, aber diese Infos haben wir noch nicht lanciert.

Crystal Bach, Foto: enapress.com

Gibt es neue Highlights?

Wir suchen während der Betriebspause weiterhin nach Wegen, das Produkt und Konzept sowie die Erlebnisse noch weiter zu verbessern. Die Crystal-Flussschiffe wurden in der Saison 2019 innerhalb der Crystal Cruises-Flotte am besten bewertet, die ersten fünf Plätze gingen an sie.

Es wird auch eine neue Amenity-Marke an Bord geben, Caudalie aus Bordeaux. Die Kinder der Eignerfamilie des berühmten Weinguts Château Lafitte haben die Linie gelauncht. Die Produkte werden aus den Trauben und Reben hergestellt, die Verpackung ist ökologisch aus Zuckerrohr.

Bleiben Sie bei den Michelin Sterne Restaurant Experiences?

Nein, wir haben das Konzept geändert. Wir haben es weiterhin für die Crystal Penthouse oder Crystal Suite Gäste im Programm. Für diese ist es kostenlos inkludiert. Einzig geändert haben wir, dass es nun einen Privat-Shuttle zum Restaurant gibt. Für alle anderen Passagiere bieten wir dieses Programm nicht mehr an. Es ist somit exklusiver geworden als zuvor.

Wie haben Sie persönlich dieses spezielle Jahr erlebt und gelebt?

Anfang März habe ich aufgehört zu reisen und mich selbst „gegrounded“. Seitdem bin ich in Miami. Wir alle arbeiteten remote von zu Hause, hatten das Büro für eine Zeitspanne geöffnet. Miami ging dann in einen Lockdown und wir sind zum Home Office übergegangen. Ich bin in meinem Apartment geblieben, habe es nur für Einkäufe oder den täglichen Sport verlassen. Ich hatte jede Menge Zoom Calls und virtuelle Treffen mit Freunden, nutzte die Zeit, um so viel wie möglich mit den Travel Partnern in Verbindung zu bleiben und ihnen so viel Hilfe und Ratschläge wie möglich zu geben. Es war seltsam: In über fünf Jahren war es die längste Zeit für mich, zu Hause zu sein. Ich kann es kaum erwarten wieder herauszugehen und zu reisen, aber natürlich ist die wichtigste Priorität, dass alle gesund und sicher sind.

Gibt es Neubaupläne für Flussschiffe?

Ich denke, wir würden nur einen Neubau ankündigen, wenn wir eine Woche davon entfernt sind, die Buchungen dafür zu öffnen.