Wer gerade günstig ein kleines Passagierschiff mit Eisklasse für eine private Feier braucht, könnte in Warnemünde fündig werden. An der Ausrüstungspier der Neptun Werft liegt die Bremen von Hapag-Lloyd Cruises. Eigentlich sollte das 111 Meter lange Expeditions-Kreuzfahrtschiff im Sommer 2020 rund um Grönland und den Nordpol unterwegs sein.
Die Corona-Pandemie hat diese Pläne aber vereitelt. Deshalb holte Hapag-Lloyd das Schiff im April aus Neuseeland auch zurück nach Deutschland. Am 26. Mai passierte das Schiff den Nord-Ostsee-Kanal. Vorher nutzte die Besatzung die Chance noch für einen Kurzstopp zum Fischkauf auf Helgoland.
Da die Bremen unter den neuen Hygiene- und Abstandsregeln im Moment für Kreuzfahrtfahrten nicht eingesetzt werden kann, hat Hapag-Lloyd entschieden, das Schiff vorzeitig aus dem Programm zu nehmen. Der Neustart der Hapag-Flotte wird nur mit Europa, Europa 2 sowie Hanseatic Nature und Hanseatic Inspiration erfolgen.
Für die Rückkehr in die Flotte gibt es keine Perspektive. „Die Wiederaufnahme des Kreuzfahrtgeschäfts geht mit der Etablierung neuer Hygiene- und Präventionsstandards einher. Die räumlichen Gegebenheiten an Bord der „Bremen“ erlauben derzeit keine Umsetzung der momentan geltenden Abstands- und Hygieneregeln“, so eine Sprecherin der Reederei auf Anfrage.
Damit waren die Passage des Nord-Ostsee-Kanals und der Besuch der roten Hochseeinsel Helgoland in der Nordsee am 26. Mai der Schlusspunkt in der fast 27jährigen Dienstzeit des Schiffes bei Deutschlands größter Reederei.
Den Weg zu Hapag-Lloyd fand die familiäre Bremen durch die Hintertür. 1990 entstand das Schiff unter dem Namen Frontier Spirit bei der japanischen Mitsubishi Heavy Industries in Kobe. Auftraggeber war die japanische Frontier Cruises, die mit dem Schiff exklusive Reisen für Amerikaner anbieten wollte. Hapag-Lloyd war damals schon mit im Boot und hatte eine Minderheitsbeteiligung. Nach Charterreisen für amerikanische Anbieter wechselte die Frontier Spirit 1993 zunächst in Management der Hanseatic Kreuzfahrten in Hamburg und bekam den Traditionsnamen Bremen. Charterer war danach Deutschlands größte Reederei Hapag–Lloyd, die das 1996 auch kaufte.
Zusammen mit der Hanseatic bildetet die Bremen schnell den Expeditions-Kern der Flotte bei Hapag-Lloyd Kreuzfahrten. Der Vorstoß in entlegene Gebiete der Welt hinterließ auch Spuren. Im Februar 2001 erwischte eine 35 Meter hohe Monsterwelle die 111 Meter lange Bremen auf der Fahrt nach Ushuaia nach Rio de Janeiro. Ein Teil der Fenster der Kommandobrücke wurden eingedrückt, die Maschinen fielen aus und das Schiff wurde manövrierunfähig. Das Schiff musste Buenos Aires als Nothafen angelaufen.
In der Antarktis gibt es seit dem 2. Februar 2003 auch eine „Bremen-Insel“ in den Seekarten vermerkt. Die kleine Insel wurde im Bereich des Melchior-Archipels an der antarktischen Halbinsel noch auf keiner Seekarte erfasst. Damit wird es auch nach der Außerdienststellung der Bremen eine Erinnerung an das legendäre Schiff geben.
Die Planung sieht vor, dass die Bremen im April nächsten Jahres in Hamburg an Viva Cruises übergeben wird. Dabei handelt es sich um eine neue Marke der Schweizer Traditionsreederei Scylla. Unter der neuen Marke Viva Cruises soll das Schiff den Namen Sea Venture bekommen. Nach der Übergabe steht im Mai eine Dockung des Schiffes bei einer Werft in Nordeuropa an. Am 15. Mai 2021 soll nach aktueller Planung in Amsterdam die erste Reise der Sea Venture starten. Zielhafen ist dabei ausgerechnet Warnemünde, wo das Schiff seit Ende Mai liegt. FB
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