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Auf allen Ozeanen

Die Achille Lauro wurde 48 Jahre alt, sie hatte eine bewegte Vergangenheit.

Die Holländer waren stolz auf dieses Schiff. Alte Schule, ein Traum aus Stahl, hieß es in niederländischen Zeitungen. Am 25. Januar 1939 war die Kiellegung auf der „De Schelde Scheepswerf“ in Vlissingen. Wegen der Kriegswirren lief es erst am 1. Juli 1946 vom Stapel, es erhielt den Namen Willem Ruys. Er war der Gründer des Koninklijke Rotterdamsche Lloyd. Die Willem Ruys war Ende 1947 fahrklar und wurde als Linienschiff zwischen Rotterdam, Southampton, Suez, Port Said, Colombo, Singapur und Djakarta auf der Ostindienroute eingesetzt. Es war sehr beliebt bei holländischen Familien, die meist zu Verwandten im damals unter orangefarbener Flagge stehenden Indonesien reisten. Für damalige Verhältnisse war die Willem Ruys gut ausgestattet, mit Speisesälen, Mahlzeiten in zwei Sitzungen, Bar, Bordmusik, Kino, Pool und einem Kindergarten. Doch nach der Unabhängigkeit Indonesiens 1949 fielen die Passagierzahlen rasant, so dass das Schiff dann zwischen Kanada, Australien und Neuseeland zum Einsatz kam und bald zum Verkauf stand.

Foto: Archiv Udo Horn

Es war damals 192 Meter lang, 25 Meter breit, mit einer Tonnage von 21.114 BRT und wurde 1965 an die italienische Lauro Line übergeben. Die ließ die Willem Ruys modernisieren, das Außenbild veränderte sich völlig. Die breiten und flachen Schornsteine wurden demontiert, schmale und hohe Aufbauten aufgesetzt, der graue Rumpf blau angestrichen und der Bug schnittig gestaltet. Im Inneren kam es zu dezentem Luxus.

Es erhielt den Namen Achille Lauro, fuhr erst im Liniendienst nach Sydney, ab 1972 wurde es nur noch für Kreuzfahrten benutzt. Der Schiffsname stammt von dem 1887 geborenen Achille Lauro, der als Unternehmer einige Jahre Bürgermeister von Neapel war, als Politiker zu monarchistisch orientierten Neofaschisten gehörte und dessen Flotte in den letzten Jahren vor seinem Tod 1982 in den wirtschaftlichen Ruin trudelte. Ihm wurden mafiöse Verbindungen nachgesagt.

Am 7. Oktober 1985 befand sich die Achille Lauro auf einer Traumkreuzfahrt im östlichen Mittelmeer vor der ägyptischen Küste. Vor Alexandria brachten vier palästinensische Terroristen das Schiff in ihre Gewalt. Sie drohten es in die Luft zu sprengen, wenn ihre Forderung nach Freilassung von 51 in Israel inhaftierten Gesinnungsgenossen nicht erfüllt würde. Anführer der Entführung war Mohammed Abu Abbas, der später in Abwesenheit zu mehrfacher lebenslanger Haft verurteilt wurde.

Foto: Archiv Udo Horn

Nach drei Tagen Irrfahrt verhandelten die ägyptischen Behörden mit den Entführern vor Port Said. Das hätte womöglich gut ausgehen können, wären die Geiselnehmer nicht ihrem Judenhass gefolgt. Als sie wussten, dass der 69 Jahre alte US-Bürger Leon Klinghoffer Jude war, erschossen sie ihn und warfen den Toten mit seinem Rollstuhl über Bord. Der damalige Kapitän Gerardo DeRosa konnte den Mord nicht verhindern. Das Drama wurde 1990 von Hollywood verfilmt, Burt Lancaster spielte in dem Film „Achille Lauro“ die Rolle Klinghoffers.

Die Ägypter ließen die Terroristen zum Ärger der Amerikaner nach Tunesien ausfliegen, mit US-Militärjets wurde das Flugzeug zur Landung in Sizilien genötigt. Italienische Behörden schoben Anführer Abu Abbas nach Jugoslawien ab, wo sich die Spur des Terroristen verlor. Im Golfkrieg 2003 wurde er in Bagdad gefasst und in amerikanische Gefangenschaft gebracht. Dort starb er 2004 an Herzversagen im Alter von 56 Jahren. Die anderen Entführer erhielten in Italien lange Gefängnisstrafen.

Foto: JSA

Es war weltweit der erste Terrorangriff auf ein Kreuzfahrtschiff, der dann zu einer massiven Änderung der Sicherheitskonzepte für Kreuzfahrten bis zum ISPS-Code führte.

Das Ende der Achille Lauro war tragisch, als sie auf der Fahrt von Genua nach Durban mit 572 Passagieren und 408 Besatzungsmitgliedern an Bord 30 Seemeilen östlich des Horns von Afrika im Indischen Ozean vor Somalia kreuzte. Im Maschinenraum war am 30. November 1994 ein Feuer ausgebrochen, es konnte nicht unter Kontrolle gebracht werden. Als sich der Brand über mehrere Decks ausweitete, wurde das Schiff evakuiert, mehrere Schiffe reagierten auf die SOS-Rufe, darunter die Hawaiian King sowie zwei Schiffe der United States Navy. Sie nahmen mit Rettungsbooten Passagiere und Mannschaft auf, versorgten sie medizinisch und brachten sie nach Mogadischu. Bis zum 2. Dezember wurde versucht, das Schiff über Wasser zu halten, doch die Fluten aus Löschwasserpumpen übergossen den Kreuzer, er bekam zehn Grad Schlagseite. Als das Schiff von einem Schlepper in Küstennähe gezogen werden sollte, kam es plötzlich zu einer Explosion. Zehn Minuten später war die Achille Lauro unter der Wasseroberfläche verschwunden.

Foto: Sammlung JSA

Drei Personen kamen bei dem Unglück ums Leben. 2004 wurden Kapitän Giuseppe Orsi und die drei höchsten Schiffsoffiziere von einem Gericht in Neapel wegen „Verfehlungen“ zu zweieinhalb und dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

Roland Mischke