Zur Erreichung der Klimaziele ist auch für die Schifffahrt die Entwicklung und Nutzung alternativer umweltfreundlicheren Brennstoffe und Antriebskonzepte zur Reduzierung ihres CO2-Fußabdrucks unverzichtbar. Bei den auf diesem Gebiet bereits in Angriff genommenen vielfältigen Initiativen gewinnt nicht zuletzt vor dem Hintergrund des nicht nur preislich begründeten Akzeptanzschwundes für den weithin als Brückentechnologie angesehenen Einsatz von verflüssigtem Erdgas (LNG) die Brennstoffzellentechnologie als eine zukunftsträchtige Option zunehmend an Bedeutung. Das belegen besonders auch Projekte und z. T. bereits konkrete Aufträge der Big Player im Kreuzfahrtbereich wie z.B. der Meyer Werft-Gruppe, Chantiers de l’Atlantique in Frankreich oder Fincantieri in Italien auf der Werft- und Reedereien wie diverse Marken des Carnival-Konzerns oder MSC Cruises sowie Royal Caribbean auf der Reederseite.
Als einen „maritimen Meilenstein“ sehen zumindest die daran direkt Beteiligten, dass jetzt die norwegisch-deutsche Klassifikationsgesellschaft DNV dem von dem schwedisch-schweizerischen Technologiekonzern ABB und dem kanadischen Brennstoffzellenspezialisten Ballard Power System gemeinsam entwickelten Konzept für eine 3 MW (4000 PS) leistende Hochleistungs-Wasserstoff-Brennstoffzelle die Grundsatz-Zulassung (Approval in Principle/AiP) erteilt hat.
Eine AiP ist eine unabhängige Bewertung des Konzepts, die bestätigt, dass das Design machbar ist und keine wesentlichen Hindernisse bestehen, die seine Realisierung verhindern. Mit der AiP, so ABB, könne die gemeinsam entwickelte Lösung „innerhalb der nächsten Jahre“ für den Einsatz in einer Vielzahl von Schiffen fertiggestellt werden.
„Wir freuen uns, mit ABB und Ballard an diesem AiP zusammengearbeitet zu haben“, sagt Tuva Flagstad-Andersen, Regional Manager North Europe, DNV Maritime. „Wasserstoff spielt eine wichtige Rolle bei der Energiewende, daher ist es unerlässlich, sichere Technologien zu etablieren, in die die Industrie Vertrauen hat. Als frühphasige Verifizierung für neue Designkonzepte, basierend auf langjährigen, vertrauenswürdigen und unabhängigen Standards, kann ein AIP dazu beitragen, dieses Vertrauen aufzubauen.“
Die Hochleistungs-Brennstoffzelleneinheit ist eine flexible Lösung, die den Energiebedarf einer Vielzahl von Schiffen unterstützt, die mehrere 3-MW-Blöcke mit Strom benötigen. Ein Kreuzfahrtschiff, das in Küstengebieten verkehrt, könnte entweder vollständig mit Brennstoffzellenstrom betrieben werden oder auf diesen umsteigen, wenn es in ökologisch sensiblen Gebieten oder Emissionskontrollzonen betrieben wird, während eine Fähre mit einem regelmäßigen Fahrplan und häufigen Bunkermöglichkeiten auch ausschließlich mit Brennstoffzellenstrom betrieben werden könnte, ohne auf längere Ladezeiten bei der Nutzung von Landstrom angewiesen zu sein. Für Hochseeschiffe könnte die Brennstoffzellenenergie den Hilfsbedarf für Bordstrom, Beleuchtung etc. decken. Das Konzept der von den Partnern entwickelten Lösung sieht auch die Integration mit einem Energiespeichersystem vor.
„Die Erfahrung mit Marinelösungen des Branchenführers ABB und die Expertise von Ballard in der Entwicklung und dem Einsatz von Brennstoffzellensystemen im Megawatt-Maßstab für die Landnutzung haben sich als die richtige Kombination erwiesen und ermöglichen es uns, den nächsten Schritt in unseren gemeinsamen Bemühungen zu unternehmen, diese Technologie für größere Schiffe verfügbar zu machen“, betont Jesper Themsen, Präsident und CEO von Ballard Power Systems Europe A/S. Er sieht das AiP ist „einen Wegweiser für die maritime Industrie in Bezug auf das Potenzial dieser Technologie und wirklich transformatives Konzept.“
„Dieses AiP ist ein wichtiger Meilenstein bei der kommerziellen Verfügbarkeit von Hochleistungsbrennstoffzellen und untermauert unser Engagement, der globalen Schifffahrtsindustrie ein neues Maß an Effizienz, Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit zu bieten“, ergänzt Juha Koskela, Division President, ABB Marine & Ports. „Während wir weiterhin den Weg zur Dekarbonisierung der Schifffahrt ebnen, sind wir zuversichtlich, dass die Elektrifizierung von Schiffen, einschließlich der Brennstoffzellentechnologie, eine entscheidende Rolle dabei spielen wird, die Schifffahrtsindustrie dabei zu unterstützen, ihre Umweltziele zu erreichen.“
In Kürze auch für die Installation auf grösseren Schiffen bereit
Die Entwicklung eines Hochleistungs-Brennstoffzellensystemkonzepts basiert auf einer im Juni 2018 begonnenen Zusammenarbeit zwischen ABB und Ballard, einem der führenden Anbieter von Protonenaustauschmembran-Brennstoffzellenlösungen (PEM). Bei der gemeinsamen Entwicklung von Brennstoffzellensystemen für Schiffe ist ABB nach eigenen Angaben bereits weit fortgeschritten. Emissionsfreie Wasserstoff-Brennstoffzellen, die als eine der vielversprechendsten verfügbaren Technologien in Bezug auf die Treibhausgasreduzierung gelten, würden bereits kleinere Schiffe über kurze Entfernungen antreiben, und die Technologie stehe kurz davor, für die Installation auch auf größeren Schiffen bereit zu sein, so das Unternehmen.
Brennstoffzellen wandeln die chemische Energie aus Wasserstoff durch eine elektrochemische Reaktion in Elektrizität um. Wenn erneuerbare Energien zur Herstellung des Wasserstoffs verwendet werden, kann die gesamte Energiekette sauber sein. Mit einem größeren Kraftwerk im Megawatt-Maßstab sei es möglich, Einheiten zu kombinieren, um eine viel höhere Gesamtleistung zu erreichen, als dies mit kleineren Kraftwerken praktisch möglich ist. Die Skalierung von Technologien und die Senkung der Produktionskosten seien von entscheidender Bedeutung, damit Wasserstoff weit verbreitet werden kann. ABB arbeite auch auf dieser Seite des Problems an Lösungen. So entwickle das Unternehmen in Italien in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Energieversorger Axpo modulare grüne Wasserstoffanlagen, die ein optimales Betriebsmodell für die Herstellung von erschwinglichem, grünem Wasserstoff schaffen sollen. In Frankreich liefert ABB sein Verteilungs-/ Steuerungssystem Freelance und die digitale Plattform ABB Ability Manufacturing Operations Management an den ersten Produktionsstandort für Lhyfe, einen Produzenten und Lieferanten von 100% grünem Wasserstoff. Auch mit Hydrogen Optimized, einem Unternehmen für nachhaltige Energieumwandlung in Kanada, kooperiere ABB, um gemeinsam die Entwicklung von großen grünen Wasserstoffproduktionssystemen zu untersuchen, die an das Stromnetz angeschlossen sin
Wesentlicher Baustein der Energiewende
Auch die Rolls Royce Power Systems AG entwickelt an ihren Standorten in Berlin und Friedrichshafen mit Nachdruck Lösungen auf der Basis von Wasserstoff als Treibstoff der Zukunft. „Wir sehen uns nicht nur als Hersteller von Produkten, die mit Wasserstoff betrieben werden, sondern betrachten in unserer Entwicklung das gesamte Wasserstoff-Ökosystem, ganz im Sinne integrierter Gesamtlösungen“, erklärt CEO Andreas Schell. Das mtu-Brennstoffzellenelement für klimaneutrale Energieversorgung hatte bei der UN-Klimakonferenz COP 26 in Glasgow Ende des Jahres 2021 seine Weltpremiere. Ein Brennstoffzellen-Demonstrator ist in Friedrichshafen im laufenden Betrieb. Ab dem Jahr 2025 soll es serienmäßig hergestellte Brennstoffzellensysteme im Megawattbereich geben. Für den Umbau eines Terminals im Hafen Duisburg, dem größten Binnenhafen Europas, stellt Power Systems im Rahmen eines Leuchtturmprojekts die ersten wasserstoffbetriebenen mtu-Energieversorgungssysteme. JPM