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Ausflugsreeder startet nachhaltiges Kreuzfahrtprojekt Expeditionsreisen ab Hamburg über Helgoland und Sylt

Expeditionsreisen waren schon immer sein Traum und sind seit Ende letzter Woche beschlossene Sache: Sven Paulsen, Inhaber und Geschäftsführer der seit 70 Jahren bestehenden und derzeit über 27 Fahrgastschiffe verfügenden Reederei Adler-Schiffe mit Hauptsitz in Westerland auf Sylt, bietet in diesem Sommer begleitete 5-Tages-Expeditionsreisen ab Hamburg an. Dazu wurde das derzeit wegen der Corona-Pandemie zur Verfügung stehende norwegische 1211-BRZ-Expeditionskreuzfahrtschiff Quest spontan von Ende Juli zunächst bis Oktober eingechartert.

Das Schiff wird bereits am 21. Juli erstmals auf Sylt erwartet und voraussichtlich am 24. Juli nach Hamburg überführt. Von dort führen seine Rundreisen dann über die Inseln Helgoland, Sylt und Amrum sowie die Halligen Hooge und Langeness ins Weltnaturerbe Wattenmeer. Die erste offizielle Fahrt startet bereits am 25. Juli in Hamburg und anschließend wird im fünftägigen Rhythmus ab/an der Elbmetropole gefahren.

Reeder Sven Paulsen, Foto: Adler-Schiffe

Die 49,90 m lange, 10,80 m breite und 3,50 m tiefgehende Quest, die für max. 54 Gäste ausgelegt ist und über die Eisklasse A1B verfügt, befindet sich im Besitz des norwegischen Tourismuskonzerns Arctic Travel Company, zu denen die Reedereien Arctic Expedition und Brim Explorer sowie mehrere Tourismusanbieter an der norwegischen Küste (z. B. Snowhotel in Kirkenes) gehören. Das Schiff wurde 1992 in Dänemark für den Verkehr an der eisreichen Küste Grönlands gebaut und 2018 umfangreich modernisiert. In der Sommersaison wird das Schiff seit Jahren in Vollcharter für die Expeditionsreederei Polar Quest in Spitzbergen eingesetzt. Nach Ansicht von Paulsen hat die Quest, die jetzt eigentlich im Eis von Spitzbergen unterwegs wäre, genau die richtige Größe für ein umfassendes Wattenmeer-Erlebnis: Sie geht mit 48 Gästen, in 24 Kabinen unterschiedlicher Kategorien, auf Tour. Neben der 28-köpfigen Crew für Nautik und Service, werden die Reisen immer von einem erfahrenen Expeditionsteam von drei Personen begleitet, das den Gästen an Bord sowie an Land mit Fachvorträgen und Erfahrungsaustausch bei den abendlichen Expeditionsbesprechungen zur Seite steht. Als Leiter des Expeditionsteams konnte Paulsen Christian Kruse gewinnen, der über weitreichende Expeditionserfahrung in den polaren Gewässern der Arktis und Antarktis verfügt. Auch Kruse, der jedes Jahr die entlegensten Regionen der Erde besucht, steht mit ganzer Kraft hinter dem Vorhaben: „Immer wieder aufs Neue bin ich begeistert von den aktiven und authentischen Naturerlebnissen. Ich stellte mir schon immer die Frage, warum wir sowas nicht in Deutschland anbieten. Dabei liegen nachhaltige Reisen – zudem noch im eigenen Land – voll im Trend.“ Zu den einzelnen Destinationen wird das Expeditionsteam an Bord Vorträge anbieten, die an Land durch lokale Naturguides und Gästeführer vertieft und teilweise live erlebt werden. Die Reederei ist Nationalpark-Partner und weiß um die Sensibilität des Wattenmeeres. Aus diesem Grund sind von Beginn des Projekts an alle relevanten Naturschutzorganisationen, z. B. die Schutzstation Wattenmeer, das Nationalparkamt in Tönning und das Erlebniszentrum Naturgewalten Sylt vom Alfred-Wegener-Institut, mit einbezogen worden. Die Institutionen werden zudem teilweise daran mitwirken, so wird z.B. das Expeditionsteam noch einmal intensiv vom Nationalparkamt für die Besonderheiten der Region geschult.

Die Reise mit der Quest startet mit der Einschiffung in der Hansestadt, gegen Mitternacht wird man bereits vor Helgoland auf Reede liegen. An den Tagen zwei, drei und vier erwarten die Gäste umfangreiche und naturwissenschaftlich begleitete Rahmenprogramme auf den Inseln Helgoland, Sylt und Amrum sowie auf den Halligen Hooge und Langeness. Die Gäste erwartet ein fünftägiges „Rundum-Sorglos“-Paket inklusive vier Übernachtungen in einer der drei Kabinenkategorien (Komfort / Superior / Suite) im schlichten Design, hochwertiger Vollverpflegung an Bord, allen angebotenen Landausflügen, Fachvorträgen und der Begleitung durch das Expeditionsteam. Das Schiff verfügt zudem über eine verglaste Panorama-Lounge für die Vorträge, ein großzügiges Restaurant und ein begehbares Vorschiff. Der Besuch auf der Brücke ist zu den meisten Zeiten gestattet. Die Ausflüge an Land werden mit den sechs an Bord befindlichen Zodiac-Booten durchgeführt. Der Preis für das komplette Paket startet bei 1600 Euro pro Person. An Bord wird es ein umfassendes Hygienekonzept geben. Der Tagesablauf ist so optimiert, dass die meiste Zeit in kleinen Gruppen – an der frischen Luft verbracht wird. „Unser Ziel ist klar: Viel Natur, viel frische Luft, so wenig Maske wie möglich und keine Menschenaufläufe“, so Paulsen. Die Mahlzeiten und Vorträge an Bord werden in zwei Gruppen aufgeteilt, damit ausreichend Abstand gewahrt werden kann.

Auch wenn er das Projekt derzeit nicht ohne wirtschaftliches Risiko umsetzt, ist Paulsen dennoch optimistisch: „Das Reisen wird sich durch Corona maßgeblich verändern. Wir möchten mit diesem Schritt etwas für die Küstenregion tun und den heimischen Urlaub noch attraktiver machen.“, so der Reeder. „Wir haben so schöne Orte direkt vor der Tür – das Wattenmeer ist einzigartig auf dieser Welt und das wollen wir auf dieser Expedition mit erfahrenen Guides kompakt, erlebnisreich und informativ vermitteln … in einem kleinen exklusiven Rahmen ohne Massen.“

Foto: JPM

Paulsen selbst war bereits auf besonderen Expeditionen unterwegs, z.B. mit Skiern zum Nordpol und zum Südpol. 2018 ermöglichte er sich zudem einen kleinen Traum: Gemeinsam mit einer kleinen Gruppe beteiligte er sich an der Pan Frisian Expedition und befuhr mit einer Dreimastbark die komplette Insel- und Halligwelt im Nationalpark Wattenmeer von Dänemark bis in die Niederlande. „Dieses Erlebnis, kombiniert mit ganz viel Expertenwissen über das Wattenmeer, möchte ich auch anderen ermöglichen. Es ist ein innovatives Angebot unter Einbeziehung der gesamten Region und Verbände, ein langjähriger Traum von mir!“, schwärmt Paulsen. Er sieht die Zukunft in individualisierten, maßgeschneiderten Tourismuskonzepten und ist sich der Verantwortung und dem schmalen Grat zwischen großem touristischem Interesse und dem Schutz sowie Erhalt der Region bewusst. Die 1950 gegründete und von ihm in zweiter Generation geführte Reederei läutet mit dem Adler-Schiffe Expedition-Projekt eine weitere Zeitenwende in der touristischen Weiterentwicklung ein: „Wie schon vor 70 Jahren, als meine Eltern aus der Halligversorgung mit nur einem Schiff die Ausflugsschifffahrt schufen, möchte ich mit dem Konzept der Expeditionsreisen einen weiteren Schritt vorangehen und ein attraktives sowie nachhaltig-informatives Angebot mit und für die Zukunft schaffen.“ JPM

Text: JPM, Fotos: Adler-Schiffe, JPM