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Bauwerft in finanziellen Schwierigkeiten: „Golden Horizon“ für 118 Mio. Euro zum Verkauf gestellt

Rechtsstreitigkeiten mit dem ursprünglichen Auftraggeber, Pandemie-Auswirkungen, finanzielle Probleme durch die Russland-Sanktionen und die am 20. Mai erfolgte Einleitung eines vorläufigen Konkursverfahrens haben es für die zur privaten kroatischen DIV-Gruppe gehörende Brodosplit-Werft offensichtlich unvermeidbar gemacht, sich von einem ihrer spektakulärsten Neubauten zu trennen. Dabei handelt es sich um die von dem ebenfalls zur DIV-Gruppe gehörenden britischen Veranstalter Tradewind Voyages UK Ltd. vermarktete Fünfmastbark Golden Horizon, die als weltgrößter aktiver Rahsegler gilt und durch ihre hohe Eisklasse und Safe-Return-to-Port-Auslegung auch für den Einsatz in polaren Regionen geeignet ist.

Wie ein Werftsprecher am 9. August u.a. gegenüber dem kroatischen Nachrichten-Portal Sea HR bestätigte, habe man den 2021 unter kroatischer Flagge in Fahrt gekommenen Kreuzfahrtsegler ab sofort zum Verkauf gestellt. Den von ihm als zutreffend bezeichneten Angaben in der auf der Apollo Duck-Website veröffentlichten Verkaufsofferte zufolge beträgt der Kaufpreis 118 Mio. Euro. Als Ansprechpartner für Interessenten wird dort die Hamburger Maklerfirma GRS Global Renewables Shipbrokers GmbH genannt. Alle bis Oktober dieses Jahres geplanten Reisen des zunächst auf den britischen Kreuzfahrtmarkt fokussierten und am 30. August 2021 an seine Bauwerft zurückgekehrten Schiffes, dessen Management von der DIV-Tochter Brodosplit Ship Management (BSM) sowie das Crewing ab Anfang 2021 von V.Ships Leisure wahrgenommen, wurde und dessen Generalagentur für die deutschsprachigen Märkte (DACH) im Frühjahr 2021 der M’OCEAN Reisen und Meer GmbH in Dolgesheim übertragen worden war, hatte Tradewind Voyages bereits im Juli abgesagt.

Bereits am 5. Juli dieses Jahres hatte die Werft mitgeteilt, dass sie sich seit mehr als 150 Tagen in einer Notsituation befinde, die sie nicht beeinflussen konnte, weil sie durch „höhere Gewalt“ verursacht werde. Aufgrund des Krieges in der Ukraine und der Sanktionen gegen Russland seien ihre Kredit-Arrangements mit der russischen VTB Europe-Bank in Frankfurt gestoppt und man von der Finanzierung von Projekten ausgeschlossen worden. Um die Werft zu schützen und die Schiffbauaktivitäten zu erhalten, sei man gezwungen gewesen, Vorschläge für die Eröffnung vorläufiger Insolvenzverfahrens für die DIV-Group und Brodosplit einzureichen, die genehmigt wurden. Nach der Insolvenzerklärung könne man derzeit nur noch an Projekten arbeiten, für die eine Finanzierung gesichert sei. Dementsprechend entwickle man weiterhin u.a. ein emissionsfreies Passagiersegelschiff und ein Touristen U-Boot und arbeite an IR-Entwicklungs- und Forschungsprojekten, die aus Mitteln der Europäischen Union finanziert werden.

Bild: Brodosplit

Derzeit seien 150 Mitarbeiter bei Brodosplit tätig, wobei man erst nach Abschluss des derzeit laufenden vorläufigen Verfahrens wisse, wie viel Personal in Zukunft noch benötigt wird. Jetzt bestimmten der Schuldner, Vorinsolvenzverwalter und das Gericht die Rechtmäßigkeit und den Gesamtumfang der Forderungen. Für September sei eine Anhörung vor dem Handelsgericht angesetzt, nach der das Gericht über die Ansprüche entscheiden solle. Brodosplit werde innerhalb gesetzlichen Frist ab dem Datum des Abschlusses der Entscheidung über die festgestellten Ansprüche einen Restrukturierungsplan vorlegen, kündigte die Werft an und versichere den Mitarbeitern, dass die Werft überleben und man weiterhin Passagierschiffe bauen werde, einem Segment in dem man sich in den letzten Jahren positioniert habe. Schließlich könne man es sich nicht leisten, weiterhin Bauprojekte zu realisieren, bei denen man den Verpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern und Subunternehmern nicht nachkommen könne.

Derzeit finanziere man den Bau weiterer Küstenpatrouillenschiffe selbst im Vertrauen auf die Ankündigung des Kunden, Preiskorrekturen, die aufgrund der Covid-Pandemie auf dem Weltmarkt stattgefunden haben, auszugleichen. Die Preise, zu denen man diese Schiffe baue, stammten aus dem Jahr 2014, jedoch habe man erst im Februar 2020 den Auftrag für weitere Einheiten der für die kroatische Marine bestimmten Serie erhalten und dabei klargestellt, dass es gesetzlich notwendig sei, Marktveränderungen zu berücksichtigen.

„Fast unglaublich“ sei es, dass das Finanzministerium 32 Millionen Euro an die VTB-Bank für eine verweigerte Garantie für den Bau des unter der Werft-Nr. N 485 geführten Polarkreuzfahrtschiffes gezahlt hat und der Werft nicht 10 Mio. Euro gewähre, um dasselbe Schiff fertig zu stellen und dass die Garantie überhaupt nicht berücksichtigt wird. (Redaktion: Dabei handelt es sich um die Janssonius, ein am 11. März 2021 vom Stapel gelaufenes Schwesterschiff der 2019 an Oceanwide Expeditions gelieferten Hondius, ein 108 m langes 6603 BRZ-Schiff für 194 Gäste in 81 Kabinen, das bereits zur Arktis-Saison 2021/2022 in Fahrt kommen sollte.)

Bei der Golden Horizon handelt es sich bekanntlich um eine 2015 von der monegassischen Reederei Star Clippers zur Lieferung 2017 bestellte moderne Replik des 1911 im französischen Bordeaux als seinerzeit größten Windjammer erstellten Frachtseglers France II. Das im Oktober 2017 vom Stapel gelaufene und 2019 von der in Split ansässigen Werft Brodosplit als Bau-Nr. 483 fertiggestellte Schiff, das der ursprüngliche Auftraggeber unter dem Namen Flying Clipper und Malta-Flagge als sein neues Flaggschiff in Dienst stellen wollte, wurde nach Differenzen der Beteiligten über die Kontrakterfüllung und Verzögerungen nicht abgenommen.

Foto: Brodosplit/Tradewind Voyages

Das darüber eingeleitete Arbitrageverfahren kam Ende März 2021 zum Abschluss, führte jedoch nicht zum Ende der u.a. auch in einem kurzen Arrest gipfelnden juristischen Auseinandersetzungen über den nach Hinterlegung von gerichtlichen Garantien für die vom Besteller erbrachten Beistellungen im Besitz der Werft verbliebenen und für die ihr nahestehende XB Ahts Hero Shipping, registrierten Neubau.

Das 162,12 m lange, 18,49 m breite und max. 6,40 m tiefgehende Schiff, das in 150 Außenkabinen 300 Gäste unterbringen kann, wurde nach den Vorschriften und unter Aufsicht der Klassifikationsgesellschaft DNV erstellt.

Der über fünf Decks verfügende Großsegler mit einer Vermessung von 8784 BRZ bzw. 2956 NRZ kann 42 Segel mit 6347 qm Fläche an fünf Masten an den Wind bringen. Der dieselelektrische Antrieb besteht aus vier Caterpillar-Dieseln – zwei Motoren des Typs 3516C à 2250 ekW und 2x 3512C à 1700 ekW –, die auf Generatoren arbeiten und über elektrische Fahrmotoren und zwei Verstellpropeller eine Geschwindigkeit von 16 kn ermöglichen. Das mit einem Bugstrahlruder und zwei Ruderanlagen ausgerüstete Schiff verfügt u.a. über ein großes Teakdeck und ein über drei Decks reichendes Restaurant, drei Pools sowie eine ausklappbare Wassersportmarina am Heck. JPM