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Bremerhavener Traditionswerft soll zum Jahresende stillgelegt werden – angeblich keine Aufträge mehr

350-köpfige Belegschaft der Lloyd Werft Bremerhaven wurde informiert

Die Nachricht schlug ein wie ein Paukenschlag: Die über 160 Jahre alte Bremerhavener Lloyd-Werft, Neubau- aber vor allem immer wieder Umbauwerft von spektakulären Kreuzfahrtschiffen, soll zum Ende des Jahres stillgelegt werden. Entsprechende Pläne wurden von der Geschäftsführung der Belegschaft auf einer Betriebsversammlung am Freitag (19.2.2021) mitgeteilt, bestätigte die Gewerkschaft IG Metall.

„Das war ein großer Schock“, sagte der Betriebsratsvorsitzender Nils Bothen gegenüber der lokalen Nordsee-Zeitung, „damit haben wir nicht gerechnet.“ Auf mehreren Versammlungen ist die Belegschaft der Werft über die Stilllegung informiert worden. Die Werft-Geschäftsführung und Carsten J. Haake als Vertreter der übergeordneten MV Werften führten aus, dass es mangels weiterer Aufträge eine negative Fortführungs-Perspektive gebe und dass deshalb der Betrieb zum Jahresende stillgelegt werde.

Foto: Christian Eckardt

Nach Ausführungen der IG-Metall-Chefin Doreen Arnold habe Haake von einem Kaufinteressenten gesprochen. Bothen setzt nun alle Hoffnungen darauf, dass der möglich Käufer die Werft weiterführt und möglichst viele Arbeitsplätze sichert.

Der Betriebsrat sei laut Gewerkschaft aufgefordert, Verhandlungen über einen Interessensausgleich und einen Sozialplan aufzunehmen. Die Lloyd-Werft hat derzeit nach Gewerkschaftsangaben rund 350 Beschäftigte und ist Teil der Unternehmensgruppe MV Werften, die wiederum zum Mutterkonzern Genting-Group gehört, der finanziell stark angeschlagen ist.

„Wenn es ein Rettungspaket für die MV-Werften gibt, dann darf die Lloyd-Werft da nicht hinten runterfallen. Es müssen auch Gespräche mit dem Eigner – der Genting-Group – geführt werden, damit der möglichen Käufern die Chance einräumt, die Werft zu übernehmen und den Standort zu erhalten“ erklärte Magistratssprecher Volker Heigenmooser gegenüber dem Fernsehsender Radio Bremen. 

Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) hat schon am Donnerstagabend in einem Krisengespräch mit der Geschäftsführung und dem Betriebsrat von der Betriebsstilllegung erfahren. Seit Wochen liefen mit dem Unternehmen, den Arbeitnehmervertretern sowie der Gewerkschaft und dem Bundeswirtschaftsministerium Gespräche. Auf dieser Grundlage sagte Vogt: „Wir wissen, dass die Lloyd-Werft eine Fortführungsperspektive hat.“ Konkret gehe es bei den Gesprächen mit Berlin darum, dass die Werften Hilfen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) bekommen.

Schon im Dezember wurden Gerüchte über einen möglichen Verkauf der Werft laut, so soll angeblich auch die Bremerhavener Rönner-Gruppe Interesse an der Lloyd Werft haben, die unter anderem über zwei Trockendocks und ein Schwimmdock verfügt, in dem sich derzeit die Megayacht „Solaris“ befindet. Von Seiten der Rönner-Gruppe, zu der auch die Bremerhavener Werftengruppe Bredo Dry Docks gehört gibt es bislang noch nicht.

Die Lloyd Werft gehört ebenso wie die krisengeschüttelten MV Werften in Wismar, Rostock und Stralsund zu dem asiatischen Mutterkonzern Genting. MV-Geschäftsführer Carsten Haake erklärte im Dezember im Finanzausschuss von Mecklenurg-Vorpommern: „Es geht darum, dass Genting und der Bund eine Lösung finden und wir dann in dieser Lösung einen großen Teil mitbringen werden. Dass Schiffe weitergebaut werden können, das bleibt unser oberstes Ziel.“ Haake bestätigte anschließend gegenüber der Nordsee-Zeitung in Bremerhaven, dass ein Verkauf der Lloyd-Werft auch ein Thema ist.

Aktuell befindet sich bei der Lloyd Werft die über 140 Meter lange Megayacht Solaris vor der Ausdockung, die Ablieferung ist im Laufe des Sommers geplant. Weiterhin steht noch ein größerer Werftaufenthalt für den Polarforschungseisbrecher Polarstern an. Auch soll die weltweit größte Yacht, die REV Ocean zur Ausrüstung nach Bremerhaven zur Lloyd Werft kommen, doch durch die Corona-Pandemie ist der Termin schon mehrfach verschoben worden. ChrEck