Bund erwägt Einstieg in den Schiffbau

Foto: Frank Behling

Gibt es bald eine deutsche Staatswerft? Diese überspitzte Frage lässt sich mit einem verhaltenen Vielleicht beantworten. In Kiel bestätigte am 12. September Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius entsprechende Meldungen zur Werft ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS). Der Bund will sich so ein Mitspracherecht bei Marineaufträgen sichern.

Die Bundesregierung hat ein Interesse an einer Übernahme eines Minderheitsanteils der Werft im Rahmen der Verselbstständigung von TKMS.

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„Wir überlegen das und sind in den Prüfungen“, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Dienstag bei einem Besuch der Werft. „Ich denke, dass wird aber bis Ende des Jahres dauern.“

Dabei gehe es um einen Anteil von maximal 24,5 Prozent. TKMS ist mit 3901 Beschäftigten Deutschlands größte Werft. Sie hatte im Rahmen des Ausbaus am Standort Kiel und der Übernahme der MV Werft in Wismar neue Mitarbeiter eingestellt und dabei die bislang führende Meyer Werft in der Werftenrangliste der IG Metall überholt.

Zuvor hatte der Bund bereits die MV Werft in Warnemünde gekauft und in Marinearsenal Warnemünde umgetauft. Dort werden jetzt Marineschiffe repariert. Hier ist der Bund selbst mit eigenem Personal aktiv.

Mit einem Einstieg bei TKMS würde der Bund sich ein weiteres Mitspracherecht im Schiffbau sichern. Noch gehört die Kieler Großwerft mit Tochterstandorten in Hamburg, Bremen, Emden und Wismar zum ThyssenKrupp-Konzern in Essen. Im Rahmen des Projekts „Road to Independence“ wird die Ausgliederung der Werft aus dem ehemaligen Stahl-Konzern vorbereitet.



In Kiel wurde am 12. September auch die neue Schiffbauhalle bei TKMS eingeweiht und der Baustart für das U-Boot-Projekt 212CD gemeinsam mit Norwegen gefeiert. Mit einem Auftragsvolumen von derzeit 5,5 Milliarden Euro ist es der größte Auftrag in der Geschichte der deutschen Werftindustrie.

Mit dem U-Boot-Auftrag wird der 2015 bei Meyer platzierte Auftrag über den Bau von fünf Kreuzfahrtschiffen der Helios-Klasse abgelöst. Dieser Auftrag hatte ein Volumen von rund fünf Milliarden Euro.

Bei TKMS in Kiel stehen in der neuen Halle jetzt sieben Bauplätze für U-Boote und andere Projekte zur Verfügung. Außerdem wurde die neue Fertigungshalle für Brennstoffzellen in Kiel eingeweiht. TKMS investiert fast 250 Millionen Euro in den Ausbau in Kiel.

Parallel ist die Werft in Wismar auch Partner der Meyer Werft beim der Fertigstellung des neuen Kreuzfahrtschiffes für die Disney Cruise Line. 2025 soll das Schiff als Disney Adventure ausgeliefert werden. Dabei handelt es sich um die ehemalige Global Dream der Dream Cruises der Genting Gruppe.

Die Umrüstung der Motoren auf Methanol statt Schweröl als Treibstoff ist ebenfalls angelaufen. Ob es neben der aktuelle Kooperation bei der Disney Adventure zwischen Meyer und TKMS noch weitere Projekte geben wird, lässt sich noch nicht absehen. FB