Die anhaltende Corona-Krise schlägt sich auch in der Bilanz der weltweit größten Kreuzfahrtgruppe nieder. Das zweite Quartal schloss die Carnival Corporation mit einem Verlust von 4,4 Milliarden Dollar ab. Um die Krise zu überstehen, wird jetzt auch die Flotte reduziert.
Sechs der 103 Schiffe der neun Marken der Carnival Corporation sollen bis September ausgesondert werden. Dabei soll es überwiegend Schiffe treffen, die aufgrund ihrer Bauweise oder ihres Alters bei einem Neustart nicht wieder einsetzbar sind. Konkrete Namen nennt der Quartalsbericht nicht.
Es wurde aber inzwischen bekannt, dass die derzeit in Civitaveccia aufgelegte Costa Victoria zum Wohnschiff bei der Werft San Giorgio del Porto in Genua gemacht werden soll. Die Werft ist seit 2016 Partner der Costa Gruppe und eine der bevorzugten Adressen für Umbauten. Dort war 2019 auch die Costa NeoRiviera zur AIDAmira umgebaut worden.
Besonders betroffen von einer vorzeitigen Aussonderung sind demnach Schiffe mit einem Baujahr vor dem Jahr 2000. Das sind 19 der 103 Schiffe in den Carnival-Marken. Bei Aida betrifft es AIDAmira und AIDAcara.
Entscheidend für die Auswahl und das Tempo der Außerdienststellungen sind die abschließenden Verhandlungen, heißt es in dem Bericht.
Grund für diese Maßnahme ist die fehlende Perspektive für einen schnellen Neustart. Es wird aktuell von einem langsamen Start erster Kreuzfahrtaktivitäten mit dem Herbstbeginn gerechnet. Dabei soll es nur regional begrenzte und eher kurze Reisen geben.
Dieser Trend ist auch beim Umsatz ablesbar. Da deutlich weniger Reisen gebucht werden, brachen die Einnahmen bei Carnival zwischen März und Mai ein. Im zweiten Quartal 2020 wurde nur ein Umsatz von 700 Millionen Dollar erzielt, das sind 4,8 Milliarden Dollar weniger als im zweiten Quartal des Vorjahres.
Wie der Geschäftsbericht ausweist, soll die Liquidität durch weitere Einsparungen bei der Flotte erreicht werden. Aktuell benötigt die Carnival Corporation für den Unterhalt der Schiffe 250 Millionen Dollar pro Monat. Die Liquidität des Konzerns beziffert der Geschäftsbericht auf 7,6 Milliarden Dollar.
Das Unternehmen geht davon aus, dass die Liquidität noch etwas durch Umschuldung der Kredite verbessert werden kann. Darüber hinaus verfügt das Unternehmen über zugesagte Exportkredite über 8,8 Milliarden Dollar zur Finanzierung der ursprünglich bis 2023 geplanten Neubauten. Ob diese Mittel aber abgerufen werden können, hängt auch von der weiteren Entwicklung in der Branche ab.
Im Markt wird vermutet, dass Neuzugänge durch die Aussonderung älterer Tonnage abgesichert werden müssen.
Die Umrüstung der älteren Schiffe auf die Einhaltung der neuen Hygiene- und Gesundheitsmaßnahmen ist nicht überall möglich. Deshalb wird auch die Verschrottung von Schiffen nicht ausgeschlossen.
Analysten sehen den Vorstoß von Carnival zum Verkauf der sechs Schiffe nur als Anfang. Auch bei den anderen Reedereien werden ähnliche Schritte in den kommenden Wochen erwartet. Etwa 90 der 310 weltweit tätigen Hochseekreuzfahrtschiffe könnten verkauft oder abgewrackt werden. Nach einem französischen Medienbericht sind allein 40 Schiffe der Carnival-Gruppe, 20 Schiffe von Royal Caribbean und 12 aus der Flotte der NCL-Marken Kandidaten für die Verschrottung.
Gleichzeitig sind 118 neue Kreuzfahrtschiffe in den Auftragsbüchern der vier großen Werften. Diese Schiffe sind aber in der Lage, bereits schnell auf die neuen Standards angepasst zu werden. FB
Text: FB, Fotos: enapress.com