Die weiter nicht absehbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie schlagen bei den Kreuzfahrtreedereien mit internationaler Ausrichtung voll durch. Nach vier Monaten der Ruhe beginnt das Abstoßen von Tonnage in großem Umfang.
Die Reederei Holland America Line gab jetzt den Verkauf von gleich vier ihrer 16 Schiffe bekannt. Die Veendam, Maasdam, Rotterdam und Amsterdam scheiden bis September aus dem Dienst der amerikanischen Premiummarke. Gleichzeitig wurde bei der Carnival-Tochter Costa nach der Costa Victoria auch das Ausscheiden der Costa neoRomantica an Celestyal Cruises bekannt. Damit entgeht das 1993 gebaute und 2012 umfassend renovierte Schiff den Schneidbrennern.
Weitere Schiffsverkäufe sollen in Kürze folgen. Die Carnival-Reedereien reduzieren durch die Abgänge ihre Kosten und bereiten sich auf die Wiederaufnahme des Betriebs unter den neuen Bedingungen vor.
Da ein weltweiter Flottenbetrieb nicht vor Mitte 2021 möglich sein wird, werden jetzt besonders Schiffe mit einem Baujahr vor der Jahrtausendwende in rascher Folge ausgemustert. So soll auch Platz für Neubauten geschaffen werden.
Bei der Holland America Line betrifft die Flottenbereinigung die vier ältesten Schiffe. Die beiden verbliebenen Schwestern der S-Klasse sollen bereits nächste Woche nach der Überführung aus Asien im Mittelmeer die Flaggen wechseln. Die Veendam (Baujahr 1996) und Maasdam (Baujahr 1993) passen nicht in die Neuausrichtung.
Für die beiden Schiffe ist nach einer Aufliegezeit im Bereich der Ägäis auch eine Verschrottung in der Türkei im Gespräch. Die beiden Schwestern Rotterdam (Baujahr 1997) und Amsterdam (Baujahr 2000) sollen nach der Ausmusterung ab September wieder in Fahrt kommen.
Die britische Reederei Fred Olsen Cruises will die Schiffe als Ersatz für die Oldtimer Boudicca und Black Watch übernehmen und exklusiv auf dem britischen Markt einsetzen. Die beiden HAL-Schiffe sollen dort die Traditionsnamen Bolette und Borealis bekommen.
Die Übergabe der Schwestern ist nach der Überführung nach Europa im September geplant. Um den Auftrag zur Umrüstung der beiden Schiffe von HAL-Standard auf Fred-Olsen-Standard sind auch deutsche Werften im Gespräch.
Die 1972 gebaute Black Watch und die 1973 gebaute Boudicca sollen im Herbst die Flotte von Fred Olsen verlassen und vermutlich an Abwrackunternehmen verkauft werden.
Durch die Investition in den Ankauf der HAL-Schiffe rüstet sich Fred Olsen für den Neustart nach der Corona-Pandemie. Ab Herbst sollen auch in England wieder Reisen für britische Passagiere ab britischen Häfen möglich sein.
Mit der 1997 gebauten Rotterdam und der erst 2000 in Dienst gestellten Amsterdam verlassen auch zwei moderne Schiffe der R-Klasse die Flotte der Carnival-Tochter Holland America Line. Das Unternehmen sieht aber angesichts des hohen Anteils an Fluganreisen für die Schiffe keine andere Perspektive für einen begrenzten Neustart mit regionalen Angeboten.
Die
Passagiere, die bei Holland America Line bereits für 2021 auf den
Schiffen Reisen gebucht haben, werden auf andere Schiffe umgebucht
oder erhalten Stornierungen. Die große Weltreise der Amsterdam
übernimmt die Schwester Zaandam 2022. Die ab 10. Oktober 2021
geplante Afrika-Rundreise der Rotterdam wird ebenfalls von der
Zaandam übernommen.
„Es
ist immer traurig, wenn ein Schiff die Flotte verlässt. Ganz
besonders solche, die so lange eine erfolgreiche Geschichte in
unserem Unternehmen gefahren haben“, sagte Stein Kruse,
Vorstandsvorsitzender der Holland America Group und von Carnival UK.
„Holland America Line hat jedoch eine glänzende Zukunft vor sich, zu der auch die jüngsten Neubauten der Pinnacle-Klasse gehören. Im nächsten Jahr wird ein drittes Schwesterschiff unsere Gesamtkapazität auf dem Markt wieder herstellen“, so Kruse mit Blick auf die in Italien im Bau befindliche Ryndam.
Durch den Abgang von gleich vier Schiffen der Holland America Line wird die Flottenreduzierung im Carnival Konzern größere Ausmaße annehmen, als zuletzt angekündigt. In der Karibik werden nach noch unbestätigten Meldungen auch die Abgänge von mindestens zwei Schiffen der Fantasy-Klasse der Carnival Cruise Line vorbereitet. Diese acht Schiffe wurden von 1988 bis 1998 in Finnland gebaut.
Die 1990 gebaute Carnival Fantasy hat am 13. Juli eine Werft in Willemstad auf Curacao verlassen und Kurs auf Europa genommen. Die 1991 gebaute Schwester Carnival Ecstasy ist noch mit der Rückführung von Crewmitgliedern nach Indien und Südafrika beschäftigt. FB
Text: FB, Fotos: FB, enapress.com