Kein Platz für Zufall soll das neue Gesundheitskonzept von Costa lassen. Was sich bei einer solchen Kreuzfahrt ändert – eine Reportage. Frank Behling berichtet.
Costa ist zurück. Die italienische Kreuzfahrtreederei hat nach sechs Monaten den Betrieb wieder aufgenommen. Dabei ging es alles schneller, als zunächst gedacht. Bereits seit dem 27. September dürfen auch wieder Urlauber aus Deutschland und anderen EU-Ländern an Bord der im Mittelmeer eingesetzten Schiffe Costa Deliziosa und Costa Diadema.
Die Reederei drückt aufs Tempo. Am 10. Oktober startet auch die Costa Smeralda wieder. Im Dezember kommt die Costa Firenze dazu. Im Vergleich zur Vor-Pandemie-Zeit müssen Passagiere sich aber auf neue Abläufe einstellen, bis sie erstmals an Deck einen Sonnenuntergang im milden Mittelmeer-Klima genießen dürfen.
Die fast papierlose Kreuzfahrt ist die erste Neuerung, die Passagiere bei Costa erwartet. Das Konzept für den Neustart sieht nur noch ein Stück Papier vor. Das Einschiffungsformular muss jeder Passagier in Papierform beim Check-In vorzeigen und scannen lassen. Danach sind die einzigen Papierprodukte nur noch die Servietten unter dem Cocktailglas an der Bar.
Der Prozess des Eincheckens wurde um die Gesundheitsprüfung erweitert. Wer von Deutschland aus per Flieger kommt, schafft an einem Tag schnell drei bis vier Fieber-Messungen. Solange die Körpertemperatur nicht über 37 Grad steigt, ist alles im Lot.
Anders sieht es bei den neuerdings verpflichtenden Antigen-Tests aus. In kleine Gruppen eingeteilt werden die Passagiere beim Check-in zum Abstrich aus der Nase geprüft. In einem Labor an Bord werden diese Proben ausgewertet. Die Passagiere warten 45 Minuten im Terminal auf das Ergebnis.
Dabei kann es, wie am 27. September in Triest geschehen, auch schnell Probleme geben. So wurden bei dem Antigen-Test an dem Tag mehrere Passagiere positiv auf Covid-19 getestet, auch der „an Bord“-Reporter war darunter.
In diesem Fall wird es hektisch. Nach dem positiven Ergebnis des Antigen-Tests wird der Vorgang des Eincheckens unterbrochen. Der Abbruch der Reise droht dann, wenn der folgende PCR-Test nicht vor dem Ablegen fertig wird.
Beim Fahrplan der ersten Reisen war das Auslaufen der Costa Deliziosa auf 17 Uhr gesetzt. Am 27. September kam das erlösende Ergebnis vom PCR-Test jeweils nach 18 Uhr.
Da das Auslaufen an dem Tag ohnehin verzögert wurde, gab es in Triest ein Happyend. Alle zuerst beim Antigen-Test positiv auf Covid-19 getesteten Passagiere waren nach dem PCR-Test negativ und durften kurz vor dem Ablegen doch noch an Bord.
„Wir haben hier erkannt, dass wir für den Einschifffungsprozess etwas mehr Zeit einplanen sollten“, sagt Hoteldirektor Eduard Puckl beim Pressegespräch. Die Fehlerquote bei den Antigen-Tests ist zwar im einstelligen Prozentbereich, bei 700 Passagieren bedeutet aber selbst eine Fehlerquote von einem Prozent den Ausschluss von sieben Passagieren.
Bei den Tests gab es seit dem Neustart am 6. September aber tatsächlich Treffer. „Es gab zwei Gäste aus Italien, die tatsächlich Covid-19 hatten“, sagt Puckl.
Um den Druck aus der Einschiffung zu nehmen, soll die Abfahrt weiter in die Abendstunden gelegt werden. Vier Stunden zwischen dem letzten Antigen-Test und dem Auslaufen sind durchaus angebracht, damit im schiffseigenen Labor der PCR-Test erfolgen kann.
„Wir haben hier viel investiert. Die sechs Maschinen für den Antigen-Test brauchen jeweils 40 Minuten. Der PCR-Test braucht etwa drei Stunden“, sagt Dr. Domenico Picconi. Der Arzt aus Rom ist für Costa zusätzlich zur Betreuung der Covid-Tests mit zwei Helfern an Bord der Costa Deliziosa. Die Testausrüstung kostete Investitionen im sechsstelligen Bereich.
Das Gefühl eines Wattestäbchens auf den Nasenschleimhäuten ist aber nur ein Unterschied zur Kreuzfahrt vor Corona.
Wer an Bord eine Zeitung, Speisekarten oder Barhocker liebte, muss sich umstellen. Die Bordzeitung wurde komplett digitalisiert und in die Costa-App verlegt. Das Smartphone informiert über die Öffnungszeiten der vier Restaurants, Landausflüge und das Tagesprogramm.
„Theoretisch geht es auch noch ohne Smartphone, es wird dann aber sehr kompliziert. Die Abläufe wurden hier an Bord darauf ausgerichtet, dass die Gäste ein Smartphone haben“, sagt Puckl.
Die Ära des Büfettrestaurants ist auch auf Costa Deliziosavorbei. Alle Restaurants werden nur mit Bedienung und fester Tischzuordnung geführt. Die Auswahl der Gerichte erfolgt über eine virtuelle Speisekarte, die sich nach dem Scannen des QR-Codes am Tisch im Smartphone öffnet. Auch durch diese digitalisierte Erfassung wird die Kontaktverfolgung im Fall der Fälle leichter. Probleme mit Fake-Namen in Gästelisten entfallen.
Wenn der Gast von dem Personal zu seinem Platz im Restaurant gebracht wurde, beginnt der Voll-Service. Alle Getränke und Gerichte werden an den Tisch gebracht. Dieses Verfahren ist jetzt auch beim Frühstück und zum Mittagessen eingespielt worden.
Die Crew ist jedoch so geschult, dass alle Wünsche innerhalb kürzester Zeit erfüllt werden. Das gilt auch für den Service des Frühstücks auf der Kabine. „Wir haben Euch so vermisst“, ist von der Crew immer wieder zu hören.
Da auf den ersten Reisen mit der Costa Deliziosa deutlich unter 1000 Passagiere an Bord sind, ist auch bei Costa die neue Entschleunigung an Bord zu spüren. Keine Warteschlangen vor Bars oder Fahrstühlen und viel Platz zum Sonnenbaden.
Das Tragen der Masken ist dabei das geringste Problem. Die Disziplin der italienischen Gäste ist extrem hoch. „Wir haben hier überhaupt keine Probleme“, sagt Puckl.
Verzichten müssen die Passagiere aber weiterhin auf Einrichtungen im Wellness-Bereich. Die Sauna ist gesperrt. Wenn der Magrodome, das „Schiebedach“ über dem Pooldeck, geschlossen ist, dürfen auch die Jacuzzis nicht genutzt werden.
Der Betrieb des Schiffes stellt sich mehr und mehr auf die Corona-Bedingungen ein. An den Bars der Costa Deliziosa sind Barhocker gesperrt und etwa ein Drittel der Sitzplätze ebenfalls. Die Fahrstühle sind auf maximal vier Passagiere limitiert und die Rezeption ist nicht mehr besetzt, damit sich dort keine Schlangen mehr bilden können. Wenn Passagiere Fragen haben, muss die 3333 gewählt werden und die Rezeption meldet sich. Dabei gibt es dann auch sofort einen Service in der jeweiligen Landessprache.
Warum wurde die Costa Deliziosa für die ersten Reisen ausgewählt? „Das lag vielleicht auch daran, dass wir beim Ausbruch der Pandemie das Schiff waren, das besonders große Herausforderungen meistern musste“, sagt Puckl. Im März wurde die Costa Deliziosa in Australien von den Reisewarnungen überrascht und musste die Heimreise nach Italien antreten. Nach vier Wochen auf See erreichte die Costa Deliziosa am 22. April mit 1814 Gästen und 898 Besatzungsmitgliedern Genua. Schon damals war das Schiff glückhaft: Es gab keinen einzigen Covid19-Fall an Bord. So soll es jetzt auch bleiben.