Endet der mühevoll erarbeitete Neustart der Kreuzfahrt in Deutschland bereits an diesem Wochenende? Während die Fallzahlen in ganz Europa weiter stark steigen, setzen Reedereien weiter auf ihren Weg. Es ist der Weg der Hygienekonzepte und strengen Disziplin. Ob die Kunden es honorieren, wird sich noch zeigen.
Am Sonntag kommt es bei dieser Frage in Kiel zum Test. Dann endet die aktuelle Kreuzfahrt der Mein Schiff 1. Das Schiff soll bis 19 Uhr neue Passagiere für eine fünftägige Ostsee-Reise an Bord nehmen. Dabei kann es zu dem seltsamen Bild kommen, dass sich Urlauber auf der vorzeitigen Abreise mit den anreisenden Passagieren der Mein Schiff 1 begegnen.
„Ab Sonntag müssen alle Touristen ihre Quartiere in Schleswig-Holstein verlassen“, kündigte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz am Freitag an. Die entsprechende Allgemeinverfügung zur Einstellung der touristischen Aktivitäten in Schleswig-Holstein soll am Sonntag veröffentlicht werden.
Da es wegen der großen Zahl der Quartiere auf den Nordseeinseln Sylt, Amrum und Föhr zu Engpässen kommen kann, soll es eine kurze Übergangsfrist geben.
Aus der Staatskanzlei in Kiel gab es am Freitagnachmittag deshalb eine klare Ansage: „Die Landesregierung hat heute klargestellt, dass die Abreise aller Gäste, die aus touristischen Gründen in Schleswig-Holstein sind, bis spätestens zum 2. November erfolgen muss“, teilte Regierungssprecher Peter Höver am Mittag mit.
Doch wie sieht es mit den Kreuzfahrtpassagieren aus? Sie könnten verschont bleiben. Ähnlich wie die Passagiere von den großen Fähren nach Skandinavien dürfen auch Passagiere „im Transit“ weiter von den deutschen Seehäfen abgefertigt werden. Bei der Umsetzung verweist die Staatskanzlei an die Gesundheitsämter der Hafenstädte.
Bei der Stadt Kiel spielt man den Ball zurück ans Land. „Da wir den Verordnungstext beziehungsweise die genauen Regelungen ab Montag noch nicht kennen, können wir dazu noch keine Aussagen treffen“, teilt Stadt-Sprecherin Kerstin Graupner auf Anfrage mit.
Wenn die Allgemeinverfügung des Landes Schleswig-Holstein am Sonntag neben Ferienparks, Hotels und Camping-Plätzen auch Kreuzfahrtterminals umfasst, wird auch in Kiel das Thema Kreuzfahrt nach der nächsten Reise der Mein Schiff 1 auch beendet.
Bei der Reederei TUI Cruises in Hamburg ist man zuversichtlich, die Reisen auch während des neuerlichen Lockdowns von Kiel aus weiter anbieten zu können.
„Ein Aufenthalt an Bord unserer Schiffe zählt nicht als Inlandstourismus“, so teilt die Reederei TUI Cruises mit. TUI verweist auf die Bilanz.
„Seit Juli sind bereits mehr als 30.000 zufriedene Gäste mit uns gereist und sind der Beweis, dass sicheres und gesundes Reisen an Bord der Mein Schiff Flotte auch in Zeiten von Corona möglich ist“, so die Reedereisprecherin Godja Sönnichsen. Gleichzeitig sind Kreuzfahrten von deutschen Häfen beim Auswärtigen Amt aus der Liste der Reisewarnungen gestrichen worden.
TUI Cruises musste jedoch die Trans-Reise der Mein Schiff 2 von Hamburg zu den Kanaren wieder aus dem Programm nehmen. Die spanischen Behörden hatten der Einreise der Passagiere aus Deutschland auf dem Seeweg den Riegel vorgeschoben.
Das sich die Infektions-Lage in Italien und Spanien leider auch weiter zuspitzt, hat die Reederei AIDA Cruises am Donnerstag wieder die Notbremse gezogen. Alle Reisen von italienischen und spanischen Häfen wurden bis Ende November abgesagt. AIDA hatte erst vor zwei Wochen mit der AIDAblu den Neustart gewagt, jetzt sind alle Hebel wieder auf Stopp.
„AIDA Cruises unterstützt die Bundesregierung vollumfänglich in ihren Bemühungen, das aktuelle Pandemiegeschehen in Deutschland zu kontrollieren, und hat daher entschieden, die Kreuzfahrtsaison zu unterbrechen“, so teilte das Unternehmen mit. Die AIDAperla stoppte daraufhin am Donnerstag die Überführung von Skagen nach Las Palmas und kehrte um. Das Schiff geht am Sonntag wieder vor Skagen an der Nordspitze Dänemarks vor Anker und wartet vermutlich auf ein Ende der Pandemie in 2021. Wann es wieder Passagiere auf einem AIDA-Schiff geben wird, steht gegenwärtig in den Sternen.
Der letzte Strohhalm für die Reedereien ist ein Abflauen der Infektions-Kurven ab Dezember.
Im Flussreiseverkehr ist die Lage ab Sonntag nahezu aussichtslos. Da Flusskreuzfahrtschiffe nie Hoheitsgewässer verlassen, sind sie den Vorgaben zum Lockdown ohne Ausweg unterworfen. Der Verkehr mit Flusskreuzfahrtschiffen auf Donau, Rhein, Mosel und Elbe kommt damit ab Sonntag zum Erliegen.
„Aufgrund der Beschlussfassung der Bund-Länder-Konferenz sind wir leider gezwungen die Flusskreuzfahrt mit Lady Diletta wegen des nationalen Beherbergungsverbotes kurzfristig abzusagen“, heißt es bei Plantours. Aber auch die anderen Anbieter stoppen ihre Reisen an diesem Wochenende. Zum Teil wurden alle Abfahrten bis zum Beginn der Weihnachtsfeiertage abgesagt. FB