Die Lurline war ein Dampfer mit langer Lebensdauer, obwohl er stets schwer arbeiten musste. Nach vielen Jahren in den Vereinigten Staaten gelangte er nach Europa.
Das Dampfschiff der Matson Lines war eines, das viel erlebt und ausgehalten hat. Sogar die Abflüge und Landungen eines Lockheed Vega-Flugzeugs im Jahr 1934. Vom 22. bis 27. Dezember dieses Jahres nutzte die bekannte Fliegerin Amelia Earhart die Lurline, um sich von ihrem Deck aus vor Los Angeles in die Lüfte über dem Pazifik zu erheben und nach Honolulu zu fliegen. Die kühne Frau absolvierte den Flug nach Hawaii und von dort zum Festland zurück. Im Januar 1935 ging es dann von Honolulu nach Oakland, auf beiden Flügen war sie allein auf sich gestellt, dabei brach sie Rekorde und war der erste Mensch, der den Pazifischen Ozean überflog; in dem Fall mit einer Lockheed Model 5C Vega Special.

Amelia Earhart, 1897 in Kansas geboren, war fasziniert von der Fliegerei. Aufgrund eines außergewöhnlichen Mutes und ihrer Kenntnissemit Flugmaschinen umgehen zu können, wurde sie populär. Die Flugpionierin war auch eine Frauenrechtlerin, ihre Vorfahren waren deutsche Zuwanderer, ihr Vater Samuel Stanton Earhart ein bekannter Jurist. Schon als Kind war sie aufgefallen, weil sie auf hohe Bäume kletterte, Ratten jagte, mit Gewehren in die Wälder ging und sich mit Technik befasste, die angeblich nur Männer interessierten.
In jungen Jahren war sie Sozialarbeiterin in Boston, danach studierte sie Medizin an der Columbia University in New York. 1920 konnte sie zum ersten Mal in ein Flugzeug steigen, danach stand fest, dass sie sich diesem Metier verschrieben hatte. Ihre Eltern weigerten sich, als die Tochter im selben Jahr die teure Privatpilotenlizenz anstrebte, aber Amelia setzte sich durch, indem sie viel Jobs übernahm, um das Geld zur Berufspilotin zu erlangen. 1921 hatte sie ihre erste Flugstunde, 1932 war sie die erste Frau, die den Atlantik per eigenem Flugzeug überquerte, von Neufundland nach Paris, sie landete angeblich mit dem letzten Treibstoff.

Der Flug vom Deck von SS Lurline war auch eines ihrer feministischen Ziele, sie zeigte Wagemut bei den Flügen, um zu beweisen, dass Frauen zu technischen Höchstleistungen in der Lage seien. 1937 geriet sie in der Luft über Neuguinea in Not, weil die Funksprüche ausfielen, sie entschied sich zu einer Landung, kam aber nie an. Die US-Regierung befahl eine große Suchaktion, 64 Flugzeuge und acht Kriegsschiffe waren beteiligt, das hatte es zuvor noch nirgendwo gegeben. Doch das Flugzeug der Pilotin und ihres Begleiters konnte nie gefunden werden. Amelia Earhart galt als „verschollen, vermutlich tot“, hieß es. Menschen und Material wurden nie gefunden.
Von da an hatte die Lurline einen Heldinnenstatus. Der Dampfer kommt in allen Filmen und Büchern über Amelia Earhart vor, noch im Jahr 2021 gab es eine Staffelserie über ihr Leben, in der Hauptrolle Lily Rabe. Zuvor waren es Diane Keaton, Susan Clark und Sharon Lawrence. Die Sängerin Joni Mitchell gab ein Album heraus, ebenso kamen Songs von anderen Bands. Zwei US-amerikanische Schiffe wurden nach der Flugpilotin benannt. Ronald D. Gerste, deutscher Autor in den USA, schrieb das Buch „Amelia Earhart. Der Traum von grenzenloser Freiheit.“

SS Lurline war als vierte Schiff eines von William Francis Gibbs für die Pazifik-Dienste der Matson Lines entworfenen Typs von der Bethlehem Shipbuilding Corporation in Quincy erstellt worden. Sie war eingereiht in eine Baureihe, die den Namen White Fleet besaß. Zuerst waren neben der älteren und kleineren Malolo die Schwesterschiffe Mariposa und Monterey gebaut worden, beide erreichten ein stattliches Dienstalter. Die Lurline – sie war das dritte Schiff dieses als poetische Ableitung von Loreley bekannten Namens – war als Passagierschiff konzipiert und 1931 auf Kiel gelegt worden, ihr Heimathafen war San Francisco.
Die Taufe des in Quincy, Massachusetts, vom Stapel gelaufenen Schiffes erfolgte am 12. Juli 1932 durch Lurline Matson Roth, Tochter des 1917 verstorbenen William Matson, die als junge Frau mit 18 Jahren 1908 auch den von ihrem Vater in Dienst gestellten Dampfer Lurline getauft hatte.

Am 12. Januar 1933 verließ der Neubau New York zur Jungfernreise via Panama-Kanal nach San Francisco, danach ging es nach Sydney und in die Südsee mit Rückkehr am 24. April 1933 nach San Francisco. Anschließend wurde sie im Liniendienst zwischen San Francisco und Honolulu eingesetzt. Im Maschinenraum des 192,6 m langen und 24,2 m breiten 18163-BRT-Schiffes befanden sich Dampfturbinen, die Maschinenleistung lag bei 21.215 kW (28.844 PS). Die Dienstgeschwindigkeit betrug 19 Knoten (35 km/h), die Höchstgeschwindigkeit wurde mit 22,8 Knoten (42 km/h) angegeben, die Maschinen arbeiteten auf zwei Propeller. Die Besatzung bestand aus 359 Personen, an Bord waren 715 Passagiere zugelassen, davon 475 in der Ersten Klasse. Die Jungfernfahrt ging von San Francisco über Honolulu nach Neuseeland, Australien und Asien.
Bei einer Überfahrt nach Honolulu ab dem 7. Dezember 1941 war die Lurline bei Pearl Harbor von japanischen Jagdflugzeugen angegriffen worden. Die Mannschaft setzte die Reise mit höchster Geschwindigkeit fort, um aus dem Gefahrengebiet zu gelangen, was gelang. Danach wurde sie – wie ihre beiden Schwesterschiffe – von der US-Army beschlagnahmt und zu einem Truppentransporter umgebaut. Schon kurz danach kehrte sie nach Hawaii zurück, im Konvoi mit ihren Schwestern Mariposa und Monterey und mit Soldaten und Ausrüstungsgütern an Bord.
Mitte 1946 wurde die Lurline an Matson zurückgegeben. Bei der Bethlehem-Alameda Shipyard in Kalifornien wurden umfangreiche Umbau- und Renovierungsarbeiten erledigt, die für damalige Verhältnisse mit 20 Mio. US-Dollar sehr teuren Arbeiten am Schiff liefen bis 1948. Am 15. April kam sie wieder auf ihre alte Strecke, ab 1950 ergänzt durch die Monterey, die ebenfalls saniert worden war und nun Matsonia hieß. Am 3. Februar 1963 erlitt die Lurline bei einer Überfahrt nach Los Angeles einen schweren Maschinenschaden an ihrer Steuerbord-Turbine und wurde zunächst aufgelegt. Das Schiff war in die Jahre gekommen, Matson beschloss, den 30 Jahre alten Dampfer abzustoßen.











Impressionen des Schiffes aus der Zeit als es als „Ellinis“ unterwegs war.
Der neue Eigner war die griechische Reederei Chandris, die Lurline wurde in Ellinis umbenannt, im Rest des Jahres 1963 wurde an dem von Kalifornien nach North Shields in England gebrachten Schiff Umbauarbeiten vorgenommen, durch die sich u.a. seine Kapazität auf 1.668 Gäste in der in einer Klasse erhöhte. Im neuen Chandris-Look mit modernisiertem Aufbau und neuen Schornsteinen wurde das Schiff auf die Route von Piräus nach Sydney geschickt, seinerzeit suchten viele Griechen als Auswanderer noch ein besseres Leben in Australien. Als sich der Trend abwendete, ging es für die Ellinis auf Fahrten nach und von Southampton. Die Kreuzfahrt erlangte an Popularität, in den späten 1960er Jahren war das Schiff weltweit in Kreuzfahrtdiensten unterwegs.
Während einer Kreuzfahrt vor Japans Küsten kam es im April 1974 zu einem Maschinenschaden, die Fahrt musste abrupt abgebrochen werden. Das Schwesterschiff Mariposa, inzwischen umbenannt in Homeric, wurde zu gleicher Zeit in Taiwan verschrottet. Chandris erwarb die Maschinen der Homeric aus der Abbruchwerft, sie wurden in Rotterdam in die Ellinis implantiert. Somit war das Schiff für weitere Reisen prädestiniert, ab März 1975 wurde es ausschließlich für Kreuzfahrten im Mittelmeer positioniert. Sie war ein beliebter Dampfer bei den Passagieren und dem Schiffspersonal.

Trotzdem wurde im Oktober 1981 von Chandris beschlossen, die Ellinis nach 48 Dienstjahren ausser Dienst zu stellen. Das Schiff wurde zunächst in Griechenland aufgelegt, es kursierten Pläne, es zu reaktivieren und als Hotelschiff im Hafen von San Francisco, seinem ursprünglichen Heimathafen, als Hotelschiff zu etablieren. Diese Idee wurde jedoch nie realisiert, das Schiff endgültig aufgegeben. Am 3. Dezember 1986 wurde die Ellinis auf ihre letzte Fahrt nach Taiwan gebracht, dort sollte die Verschrottung vorgenommen werden. Das schaffte das Schiff nur noch mit einer Schlagseite, die es vor Singapur erlitten hatte.
Es gelang trotzdem, die Ellinis weiter in Fahrt zu halten, am 15. April 1986 war traf sie an der Abbruchwerft von Kaohsiung ein, dort wurde sie zerlegt. Teile der Maschinenanlage holten die Arbeiter aus dem Schiffsbauch, sie gingen als Ersatzteile an das Schwesterschiff Monterey, das inzwischen Britanis hieß. Sie war noch mit den „Innereien“ der Ellinis bis 1996 auf den Meeren unterwegs.
Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jens Meyer