Das Kreuzfahrtschiff Renaissance wurde von der französischen Werft Chantiers de l’Atlantique in Saint-Nazaire für die Compagnie Francaise de Navigation erbaut, eine Tochter der Paquet Cruises. Sie wurde ab 1966 von verschiedenen Betreibern als Charterer oder Eigentümern eingesetzt, 2010 kam ihr Ende.
Ein Schiff zum Weitergeben, ein Experiment. Wer trug die Verantwortung für die Führung und die ständige Wartung eines relativ großen und anspruchsvollen Dampfers? 19 Unternehmen probierten das Mehrzweckschiff in Fahrt zu halten. Sie alle hatten auch die Verantwortung zu übernehmen; das geschah allerdings wohl sehr unterschiedlich.
Das Motorschiff Renaissance wurde vom Unternehmen Paquet Cruises als Baunummer D23 bestellt und unter der Identifikationsnummer 66048434 geführt. Am 11. Dezember 1965 lief die Renaissance vom Stapel. Am 10. Mai 1966 konnte sie übergeben und in Dienst gestellt werden.
Das Schiff war 150,09 Meter lang und 21,01 Meter breit. Der Tiefgang lag bei 6,3 m, die Vermessung betrug 11.724 BRT, die Tragfähigkeit 2930 tdw. Die Maschinenanlage bestand aus zwei B&W-Dieselmotoren. Die Maschinenleistung wurde mit 10.060 kW (13.678 PS) angegeben, die Höchstgeschwindigkeit betrug 16 Knoten (30 km/h). An Bord durften bis zu 416 Passagiere sein, die Besatzung bestand aus 230 Personen. Der Heimathafen war Marseille.
Das Schiff war mit seinen Kreuzfahrtgästen anfangs vor allem im östlichen Mittelmeer unterwegs. Auf einer beliebten Route zwischen Marseille und Haifa und zurück. Die von Paquet Cruises ausgewählte Linie war sehr profitabel und das Schiff immer gut mit Passagieren belegt. Das lief vier Jahre ausgezeichnet, dann war die enorm starke Konkurrenz der Verkehrsluftfahrt übermächtig geworden. Die Strecke wurde 1970 von der neuen Tochtergesellschaft der Paquet Cruises, der Nouvelle Compagnie de Paquebots, ersetzt.
Die Renaissance wurde auf die Transatlantikroute verlegt, von Marseille nach New York. Nach elf Dienstjahren mit den ehemaligen Besitzern wurde sie an die griechische Reederei Epirotiki Line verkauft. Diese beiden Routen waren wahrscheinlich die beste Zeit dieses „schwimmenden Wanderpokals“.
Bei Epirotiki hatte man sich große Mühe gegeben, durch eine Renovierung das Schiff adrett zu machen. Es erhielt schließlich den Namen Homeric Renaissance. In den Jahren 1977 bis 1978 installierte man mehrere neue Kabinen und überarbeitete das Schiff, nach der Wiederindienststellung galt es als Flaggschiff des Unternehmens Epirotiki.
Die Bosse vercharterten danach das Schiff an die Reederei Costa Cruises, sein neuer Name war nun World Renaissance, gültig bis 1982. Nach dem fast vierjährigen Chartereinsatz lieferte man den Dampfer an Epirotiki zurück.
1983 wurde die World Renaissance abermals verchartert, diesmal an TFC Tours, für die sie aber nur eine einzige Reise absolviert hatte. 1985 startete Epirotiki mit der World Renaissance ein neues Revier. Es ging in die Karibik und den Amazonas. Zehn Jahre lang war das Schiff in dieser Region im Dienst, immer auf denselben Strecken, aber wohl mit Erfolg und Verlässlichkeit. Es hatte für einige Zeit sein Publikum gefunden.
1995 wurde die World Renaissance an die Reederei Awani Cruises verkauft und in Awani Dream umbenannt. Nach dem Zusammenbruch der Reederei 1998 erwarb die umorganisierte und umbenannte Epirotiki-Gesellschaft Royal Olympic Cruises das Schiff, es bekam den Namen World Renaissance zurück.
Es war einige Jahre zu drei bis vier Nächte-Reisen als Kreuzfahrtschiff in der Ägäis mit Piräus als Basishafen unterwegs. 2001 geriet es allerdings in die Terroranschläge des 11. September dieses Jahres. Der gesamte Tourismus und vor allem die Kreuzfahrt erlebten einen dramatischen Einbruch. Royal Olympic hielt noch durch bis 2004, ging aber unter an den Betriebskosten, die die Flotte erforderte. Zudem waren auch andere, modernere Kreuzfahrtkonkurrenten auf dem Wasser, und nicht alle wurden derartig durch Insolvenz geplagt. Alle älteren bis alten Schiffe zum Beispiel hatten kaum eine Chance auf den Kreuzfahrtlinien, die World Renaissance plagte eine mehrmonatige Liegezeit.
2004 übernahm aber Pelorus Maritime den schon ziemlich maroden Dampfer und bekam ihn für drei Millionen US-Dollar. Nach Umbenennung in Grand Victoria wurde er unter das Management von Elysian Cruises Lines gebracht und bis Ende 2006 an Metropolis Tur verchartert.
2007 ging sie dann in Charter an Blue Monarch Shipping Inc. und wurde in Blue Monarch umbenannt. Die Touren verliefen entlang der griechischen Inseln, meist als Kreuzfahrten für drei bis sieben Nächte. Blue Monarch Shipping wollte gar 2008 das Schiff aufkaufen, man konnte aber nicht die dafür geforderten 8 Millionen US-Dollar zusammenbringen. Der Charterbetrieb ging dann nur noch bis zum Beginn des Jahres 2009.
Im Jahr 2009 wurde befunden, das Schiff außer Dienst zu stellen, weil es nicht die Vorschriften für SOLAS 2010 erfüllen konnte. Ein unbekanntes Unternehmen wollte daraufhin das Schiff als schwimmendes Hotel für die Olympischen Spiele 2010 in Athen übernehmen, aber der Plan konnte nicht realisiert werden. Im Februar 2010 wurde das Schiff für 1,8 Mio. Dollar an indische Schrotthändler veräußert und für die letzte Reise nach Alang in Maestro umbenannt.
Ihr verzweifelter Versuch, den Dampfer bei einem Zwischenstopp in Port Said doch noch für die weitere Nutzung zu verkaufen, scheiterte. Es ging weiter zum nächsten Zwischenstopp in Bombay als die in Dubai ansässige Firma ARGO Systems zugriff, es sollten Wartungsarbeiten in Gang gesetzt werden, um einen eventuellen Einsatz als Wohnschiff zu ermöglichen. Allerdings waren die aktuellen Stahlpreise gerade profitabel und man wusste, dass ARGO Systems Schiffe aufkaufte, um sie alsbald in Recyclinghöfen zu Schrott zu machen. Schließlich wurde bestätigt, dass das Schiff von Bombay weiter zum Abbruch nach Alang verschleppt werden sollte.
Am 6. August 2010 kam das marode Schiff in Alang an und wurde im Plot 141 gebeached, die Verschrottung dauerte bis Anfang 2011. Teilweise waren Teile des Schiffs herausgerissen worden, was darauf deutet, dass das „Mehrzweckschiff“ wohl nicht besonders gut behandelt worden war.
Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jens Meyer, Fotos: Jürgen Saupe