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Der Silberschatz der „Monte Olivia“

Der Passagierliner Monte Olivia war eines der schönsten Schiffe der Reederei Hamburg-Süd. Kurz vor Kriegsende ereilte das Schiff am 3. April 1945 das Schicksal im Kieler Hafen. Jetzt holten Taucher in Kiel einen Teil der wertvollen Ausrüstung aus dem Hafen.

Am 3. April 1945 war der Kieler Hafen Ziel für rund 700 Bomber der 8. Luftflotte. Es war einer der schwersten Angriffe in den letzten Kriegswochen. Er sollte Absetzbewegungen nach Norwegen unterbinden und die U-Boot-Liegeplätze, Werftanlagen und Marineliegeplätze treffen.  

Monte Olivia

Die Monte Olivia lag an diesem Tag im Scheerhafen nahe des Marinestützpunktes. Dabei gerieten die Monte Olivia und die auf der Südseite des Stützpunktes liegende New York der Hapag in den Bombenhagel. Mehrere Nahtreffer rissen den Rumpf der Monte Olivia auf, weshalb das Schiff dann nach Steuerbord kenterte. Die Besatzung kam ohne Verluste davon, da sie im nahen Bunker des Stützpunktes war. Die New York brannte aus und kenterte ebenfalls.

Die Monte Olivia lag ähnlich wie die Costa Concordia auf der Seite. Nach dem Krieg musste es aber schnell gehen. Das Schiff wurde verschrottet und der Liegeplatz freigemacht.

Auf dem Boden blieben aber etliche Schätze zurück. Im Juli 2022 gingen 57 Jahre gingen Taucher der Forschungstauchervereinigung Scientific Diving Association (SDA) im Scheerhafen auf Spurensuche. Sie finden auf dem Grund des Hafens über 300 Dingen der Monte Olivia.

Unterstützt werden die Taucher von der Gruppe One Earth – One Ocean (OEOO). Seit sieben Jahren arbeiten SDA und OEOO bereits zusammen, um ehrenamtlich an bis zu 50 Tagen pro Jahr verlorene Fischernetze zu suchen und zu bergen.

Am 30. August 2022 werden sie erstmals fündig. Nach einer knappen Stunde geben die Taucher das Signal zum Auftauchen. Sie haben die Hände voll mit Gegenständen aus Metall.  „Ein Netz haben wir nicht finden können, aber der ganze Ostseegrund liegt hier voll mit Schrott“, so Hubert Pinto de Kraus, Präsident der SDA Germany.


Fotos: IMMH und Scientific Diving Association


Bereits auf den ersten Blick fallen ihm die Stempel auf den Gegenständen auf. Es handelt sich um die Insignien HSDG. Diese kennt er bereits von dem Schiffswrack der Cap Arcona aus der Lübecker Bucht.

Die Taucher sind in Kiel aber auf einen riesigen Bereich voller Metallteile gestoßen. Recherchen ergaben 2022 sehr schnell, dass an dieser Stelle, die Monte Olivia der Hamburg-Süd durch Bombentreffer versenkt wurde.

Beim Abwracken des Schiffes konzentrierten sich die Teams 1946 nur auf den Stahlrumpf. Dinge, die beim Kentern über Bord gingen, bleiben auf dem Grund zurück.

Als Mitte Oktober das Team erneut mit der Genehmigung des Hafenamtes und der Wasserschutzpolizei an der alten Wrackposition taucht, finden sie auch ein Motorrad aus dem Zweiten Weltkrieg.

Für die SDA war eine der wichtigsten Maßnahmen die sofortige Kontaktaufnahme mit dem Archäologischen Landesamtes (ALSH) in Schleswig, denn nach dem Denkmalschutzgesetz gehören alle gefunden Artefakte, die älter als 100 Jahre sind, automatisch dem Land und damit der Allgemeinheit.


Bei 20 größeren und kleineren Taucheinsätzen im Scheerhafen in Kiel bargen die Taucherinnen und Taucher etwa 300 Artefakte der „Monte Olivia“ – vor allem das Tafelsilber. Im Bild von links: Andreas Köhl, Hubert Pinto de Kraus, Marco Reek, Pia Stobernack, Thomas Buchwald, Andreas Tonn. Foto: IMMH und Scientific Diving Association

Da die SDA in den letzten Jahren bereits eng mit dem ALSH zusammengearbeitet hat, wurde hier relativ schnell eine Genehmigung für weitere Prospektionen erteilt.

Genauso wichtig war das Einbeziehen der Wasserschutzpolizei und des Hafenamtes, da klar war, dass bei Bekanntwerden des Fundes, mit Plünderungen zu rechnen ist.

Auch wenn einzelne Gegenstände aus der Vergangenheit der Hamburg-Süd im Internet hoch gehandelt werden, liegt eine kommerzielle Vermarktung der Objekte nicht im Interesse der ehrenamtlich arbeitenden SDA. Nach einer Kontaktaufnahme mit der Hamburg-Süd bzw. der Familie Oetker, weiß Hubert Pinto de Kraus, dass sich alle wichtigen Artefakte und Archivalien der Hamburg-Süd im IMMH befinden. Bei einem ersten Treffen im IMMH sind sich Hubert Pinto de Kraus und der Vorstand des IMMH einig, dass die Funde im Internationalen Maritimen Museum Hamburg ausgestellt werden sollen.

Seit November 2022 leisten die Forschungstaucher der SDA, in nahezu jeder Woche weitere Einsätze, um möglichst viele Gegenstände zu bergen.

Außerdem waren einige Dinge durch den Schraubenstrahl der Schiffe beim Manövrieren im Scheerhafen ins Sediment am Grund gespült worden. Der Scheerhafen ist Liegeplatz für Schiffe mit Splitt, Yachttransporter oder auch Spezialschiffe. Auch die AIDAprima wurde dort bereits abgefertigt.

Bis zum 03.Mai 2023 konnten nahezu alle Gegenstände geborgen werden. Damit haben die potenziellen Plünderer und Schatzräuber keine Chance mehr auf eine schnelle Beute.

Die Monte Olivia gehörte zu den fünf Schiffen der Monte-Klasse bei der Hamburg-Süd. Geplant war es eigentlich für die Fahrt von Hamburg nach Südamerika. Da aber die Zahl der Auswanderer stetig zurückging und es kein anderes Passagieraufkommen gab, wurde das 159,7 Meter lange Schiff ab Herbst 1925 für Kreuzfahrten eingesetzt.

Bei Kriegsausbruch war das Schiff in Brasilien. Im Oktober 1939 durchbrach es die britische Blockade und kehrte nach Hamburg zurück. Im Krieg wurde es als Wohnschiff genutzt.  FB

Fotos: IMMH und Scientific Diving Association