DIE BELIEBTE

Die Stella Solaris war ein Kreuzfahrtschiff der griechischen Reederei Sun Line und verkehrte vorher für die französische Louis Cruise Lines und die Reederei Messageries Maritimes. Es war 50 Jahre im Dienst.

Foto: Jürgen Saupe

Noch nicht mal zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs staunte halb Asien. Auf einmal fuhr ein luxuriöses Schiff in die Häfen ein, sah großartig aus und besaß ein ganz eigenes Flair, das ein berühmter italienischer Künstler namens Nino Zoncada geschaffen hatte; er war unter mehreren Kandidaten ausgewählt worden. Zwar herrschte vorrangig ein französischer Stil auf dem Schiff, aber der Designer hatte es verstanden, in die Gestaltung vielfach asiatische Dekorationen einzuarbeiten. Das wurde mit Genugtuung angesehen.

Ursprünglich startete das Schiff als Cambodge, benannt nach dem südostasiatischen Staat Kambodscha. Der Name bedeutet „Stern der Sonne“. Die französische Reederei hatte Ende der 1940er Jahre beschlossen, drei baugleiche mittelgroße Dampfer für den Passagier- und Mischfrachtverkehr bauen zu lassen. Die Viet-Nam war 1952 die erste, ihr folgten die Cambodge 1953 und die Laos 1954.

Foto: Sammlung JSA

Die Cambodge erhielt die Baunummer 208 bei der Bauwerft Society Ateliers & Chantiers im nordfranzösischen Dünkirchen. Die Arbeiten begannen am 28. Juni 1949, der Stapellauf erfolgte im Juli 1952, die Indienststellung 1 Jahr später. Die Tonnage wurde mit 13.217 BRT angegeben. Das Schiff war 162 Meter lang, 22 Meter breit und hatte sieben, später nach einem umfangreichen Umbau neun Decks. Im Maschinenraum waren zwei Parsons-Getriebeturbinen installiert worden, die auf 2 Propeller wirkten. Die Dienstgeschwindigkeit war 21 Knoten (38.89 km/h). Die Dampfturbinen erlitten nie größere Ausfälle.

An Bord konnten zuletzt 765 Passagiere untergebracht werden. Zuvor waren es nur 347 Gäste – 117 in der Ersten Klasse, 110 in der Zweiten und 120 in der Dritten Klasse. Die Erste-Klasse-Kabinen nahmen den größten Teil ein, sie befanden sich im mittleren Teil des Dampfers, viele hatten Balkone. Die Zweite Klasse hatte ihre Unterkünfte im Heck und die Dritte Klasse im Vorschiff. Die Mitreisenden der First Class hatten einen großen Pool, der auch einen großen Decksbereich mit Liegestühlen hatte und nur von ihnen benutzt werden durfte. Das Schiff sollte vor allem Passagierdienste zwischen Frankreich, dem Nahen Osten, Südostasien und Japan betreiben.

Foto: Jürgen Saupe

Die Schiffsbrücke befand sich auf dem obersten Deck, dem F-Deck, dort waren auch die Kabinen der Offiziere angebracht worden. Weil der hintere Steuerbordbereich mit den Rettungsbooten zu nichts anderem zu nutzen war, machte man daraus ein Kinderspielzimmer. Das E-Deck lag im Mittelbau des Schiffs, dort reihten sich die Erste-Klasse-Kabinen. Dort befand sich auch ein großzügiger Salon, von dem aus die Promenade zugänglich war. Mit Bar, Rauchsalon und Schreibraum bot man den First-Class-Passagieren Möglichkeiten zum Aufenthalt an. Auch das Innere vom D-Deck war ausschließlich den „Bestbezahlern“ vorbehalten. Die luxuriöseste Kabine besaß ein Wohnzimmer und ein separates Schlafzimmer, insgesamt standen 34 luxuriöse Kabinen zur Verfügung. Die Promenade im gesamten Bootsdeckbereich bestand aus Teakholz.

Gäste der Dritten Klasse hatten ihre Kojen im Bugbereich an Steuerbord, im Dritter-Klasse-Bereich befand sich auch deren Speisesaal. Die Unterkünfte der beiden unteren Klassen hatten kein eigenes Bad. Das B-Deck war der öffentliche Raum, der Speisesaal der zweiten Klasse wurde auch als Schiffskino genutzt. Ein Deck diente als Mannschaftsquartier, dort befanden sich auch Stores und sonstige Lagerräume.

Die Routen verliefen von Marseille aus über den Suezkanal und das Rote Meer zu den Inseln des Indischen Ozeans und weitere Ziele im Südchinesischen Meer sowie im westlichen Pazifischen Ozean. Höhepunkte für die Passagiere waren Ägypten, der Jemen und Dschibuti, Bombay, Colombo, Singapur, Saigon, Manila, Kobe und Yokohama in Japan.

Im Algerienkrieg 1956 bis 1962 brachte das Schiff französische Truppen nach Algerien, im Vietnamkrieg wurde es als Lazarettschiff genutzt. Zwischendurch gab es auch Kreuzfahrten von Australien aus in den Indischen Ozean.

Zwischen 1968 und 1970 stellte das Unternehmen Messageries Maritimes die drei Schwesterschiffe zum Verkauf. Die Compania Navigacion Abeto war der Aufkäufer, nun wurden muslimische Pilger befördert, teilweise mit bis zu 1600 Passagieren. Mitte der 1970er Jahre kam es auf der Viet-Nam und der Laos zu Bränden, die beiden Schiffe mussten aus dem Dienst genommen werden. Die Cambodge blieb verschont.

Sie wurde von der griechischen Kreuzfahrtgesellschaft Sun Line übernommen, entkernt, grundlegend saniert und war somit wieder ein Kreuzfahrtschiff mit dem neuen Namen Stella Solaris. Es besaß nun doppelte Passagierkapazität, ihre Tonnage betrug nach dem Umbau 10595 BRT. Ihr neuer Schornstein war gerippt und stromlinienförmig gestaltet, die Aufbauten waren als Terrassen angeordnet. Die Kabinen hatten Klimaanlage und Bäder, der Poolbereich war erweitert worden, statt der früheren Dekorationen dominierten nun griechische Motive. Der Kreuzfahrer war das größte Schiff der Sun-Lines-Flotte.

Foto: Sammlung JSA

Als Stella Solaris war das Solaris-Deck der größte öffentliche Raum. Hier ging es zum Hauptspeisesaal mit der Bordküche. Achtern gab es noch einen kleineren Bar-Grill an der Steuerbordseite.

Die Eingangshalle war direkt über den Haupteingangsbereich des Schiffs zu erreichen, von hier ab gingen Solaris Lounge und Piano Bar. Es gab zudem einen Schönheitssalon, Fitness- und Spa-Bereich, Diskothek, und auch ein Arzt befand sich mit einer kleinen Krankenstation auf dem Dampfer. Weitere Attraktionen waren Ruby-, Emerald- und Golden Deck, über die man flanierte und am Abend auf das sonnenbeschienene bis Meer schaute.

Foto: Jürgen Saupe

Im Sommer verkehrte die Stella Solaris im östlichen Mittelmeer, im Winter in der Karibik. Sie war populär und im Juli 1989 vom „Kreuzfahrtreisen Magazin“ mit dem Titel „Schiff des Monats“ versehen worden. 1995 fusionierten die griechische Sun Lines und die Epirotiki Lines zur Royal Olympic Cruise Lines. Als im selben Jahr der Kosovo-Krieg begann, wurde die Stella Solaris längere Zeit nahe Piräus aufgelegt.

Obwohl das Schiff immer noch beliebt war, wurde es allmählich verdrängt von den moderneren Kreuzfahrtschiffen mit ihren sehr viel höheren Kapazitäten, zudem waren die Treibstoff-und Wartungskosten aus dem Ufer gelaufen. Die Stella Solaris wurde endgültig außer Dienst gestellt, am 8. Dezember 2003 wurde sie unter den Überführungsnamen S Solar ins indische Alang gebracht, um verschrottet zu werden. Kunstwerke und Ausrüstungsgegenstände waren zuvor von Bord geholt und versteigert worden.

Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jürgen Saupe