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Die Bio-LNG-Premiere

Die Kreuzfahrt soll schnell klimaneutral werden. Ein wichtiger Schritt sind dabei Brennstoffzellen, Wasserstoff und Bio-LNG. Besonders das synthetisch hergestellte Bio-LNG könnte auch herkömmliche Dieselmotoren für klimaneutrale Brennstoffe öffnen.

Der Schwerölmotor der Baureihe 48/60 aus dem Hause MAN ist in vielen Containerschiffen und Kreuzfahrtschiffen verbaut. Sie stehen zum Beispiel an Bord der neuen Genting-Kreuzfahrtschiffe. 

Einer dieser bewährten Schwerölmotoren wurde 2017 auf dem Containerfrachter „WES Amelie“ zum Dual-Fuel-Viertakter der Baureihe 51/60 umgerüstet. Seitdem kann dieser Motor auch mit LNG betrieben werden. 

Allein schon diese Umrüstung senkte den Ausstoß von CO2 um 20 Prozent und die Emissionen von Feinstaub, Schwefeldioxid und Stickoxid. 

Am 27. September  folgte nun der nächste Schritt. Im Elbehafen in Brunsbüttel wurde das inzwischen in „Elbblue“ umgetaufte Containerschiff mit 20 Tonnen Bio-LNG betankt. Offiziell ist es synthetisches Gas (SNG). 

In Brunsbüttel erfolgte die weltweit erste Betankung eines Seeschiffes mit dem synthetischen Flüssiggas. SNG ist ein nahezu klimaneutral aus Biogas und Windenergie hergestellter Treibstoff. 

Foto: Frank Behling

„Für die Herstellung eignet sich besonders Strom aus Windenergie“,  Herrmann Pengg-Buehrlen, Vorstand der kiwi AG aus Werlte in Niedersachsen. Das verflüssigte SNG wird im Power-to-Gas-Verfahren aus Windstrom oder Biogas durch ein Verfahren der Elektrolyse erzeugt. Bei der Verflüssigung können fossiles LNG und klimaneutrales SNG bei 160 bis 164 Grad Minus in Spezialtanks transportiert werden.

„Unsere e-Gas-Anlage war die weltweit erste Multi-Megawatt-Anlage zur Erzeugung von synthetischem Erdgas aus CO2 und erneuerbarem Strom. Unsere 2021 in Betrieb genommene Verflüssigungsanlage wurde speziell für die Verflüssigung von SNG konzipiert“, so Hermann Pengg-Buehrlen.

Im Schiffsbetrieb kann dieser Treibstoff aber nur da gefahren werden, wo es bislang bereits LNG-Motoren mit entsprechenden Tanks gibt. 

Deshalb besteht die Hoffnung aus weitere Aufträge auch für Bestandsschiffe.  „Der Markt für Umrüstungen der bestehenden Flotte ist für uns ein sehr wichtiger Bereich. Hier können wir mit guter deutscher Ingenieurleistung auftrumpfen und langfristig Aufträge und Arbeit generieren“, so Lauber.

Foto: Frank Behling

Schiffe, die an Bord heute schon LNG nutzen, können problemlos umschalten. „In einem Tank lässt sich SNG auch mit LNG mischen“, sagt Rainer Runde, technischer Direktor der Reederei Wessels Marine, die die „Elbblue“ betreibt. 

Die „Elbblue“ bunkert etwa 500 Tonnen LNG in Rotterdam in den Tank. In Brunsbüttel kamen die 20 Tonnen in denselben Tank. Das reicht für knapp einen Monat im Linienverkehr zwischen Rotterdam und St. Petersburg. Viel größer wäre der Effekt in der Kreuzfahrt. 

Die bereits mit LNG  betriebenen Kreuzfahrtschiffe „AIDAnova“ und „AIDAcosma“ kann bis zu 3500 Tonnen LNG bunkern. Damit können diese Schiffe zwei Wochen betrieben werden.

AIDA ist bei der Planung eines klimaneutralen Kreuzfahrtschiffes damit bereits sehr weit. Theoretisch könnten bei der Bereitstellung der entsprechenden Mengen SNG die „AIDAnova“ und „AIDAcosma“ bereits heute klimaneutral betrieben werden. Wegen der geringen Verfügbarkeit von Produktionskapazitäten und Windstrom brauchen große Schiffe noch LNG oder Brennstoffzellen zur Energieerzeugung.

Foto: Frank Behling

 

Knackpunkt ist im Moment noch die Kapazität. Die 20 Tonnen SNG brauchten mehrere Wochen für die Herstellung.  Für eine Rundreise von Rotterdam nach St. Petersburg und zurück benötigt der Frachter „Elbblue“ in einer Woche etwa 100 Tonnen LNG. „Wir sind aber auf einem guten Weg. Diese erste Übergabe zeigt aber, dass es geht. Jetzt müssen die entsprechenden Maßnahmen zur Erweiterung der Kapazität erfolgen“, so  Hermann Pengg-Buehrlen.

„In Kombination mit Brennstoffzellen ist SNG eine gute Lösung auch für Kreuzfahrtschiffe. Bei Aida sind wir auch schon auf einem guten Weg hin zum klimaneutralen Kreuzfahrtschiff“, sagt Norbert Brackmann, maritimer Koordinator der Bundesregierung. 

Das Ziel ist ehrgeizig. Die Schifffahrt mit weltweit über 50000 Handelsschiffen soll bis 2050 ihren CO2-Ausstoß von etwa 800 Millionen Tonnen halbieren. Selbst wenn ab sofort keine Schiffe mit Schwerölmotoren mehr zugelassen werden würden, wären die derzeit fahrenden Schiffe noch 30 bis 40 Jahre auf den Meeren 

In Brunsbüttel wurde für die Bebunkerung mit SNG nicht ohne Grund gewählt. Dort ist bereits der Bau eines LNG-Terminals zum Umschlag von verflüssigtem Erdgas geplant. FB