Die Principessa Mafalda war ein beliebtes und vielgenutztes Passagierschiff. Das Ende war tragisch, der Dampfer geriet in eine Schiffskatastrophe.
Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert verließen immer mehr Italiener ihre Heimat und wanderten nach Südamerika aus. Sie erhofften sich dort ein besseres Leben, vor allem in Argentinien. Die italienische Reederei Navigazione Generale Italiana bediente den Trend, weil sie daran gut verdienen konnte. Es wurde ein Passagierschiff gebaut, die Principessa Mafalda, die 1909 in den Dienst genommen wurde. Es entstand der größte zivile Dampfer Italiens und das Flaggschiff der Reederei. Neben dem Passagiertransport florierte auch der Post- und Handelsverkehr zwischen Italien und Südamerika. Das Schiff wurde aber auch auf Verschleiß gefahren, ohne rechtzeitige Überholung.
Das Passagierschiff mit dem Namen einer Frau – der Begriff „Principessa“ bezieht sich im Italienischen auf weibliche Nachkommen einer monarchischen Familie, zum Beispiel die Tochter eines Adligen – war ursprünglich 1907 für die in Genua residierende Dampfschifffahrtsgesellschaft Lloyd Italiano auf Kiel gelegt worden. Das geschah auf eine Initiative des umtriebigen Geschäftsführers und Vorsitzenden von Lloyd Italiano hin, ein vermögender Bankier und Unternehmer namens Erasmo Plaggio. Ihm gehörte auch die Bauwerft in Riva Trigoso an der Küste von Ligurien, die er als Bauort für das Schiff ausgewählt hatte. Das anspruchsvolle Projekt mit der Baunummer 42 wurde von der Navigazione Generale Italiana übernommen. Der korrekte Name der Werft war Cantiere Riva Trigoso in Riva Trigoso. Am 22. Oktober 1908 wurde das Schiff vom Stapel gelassen, am 30. März 1909 war es fertiggestellt und konnte an die Reederei übergeben werden.
Es war 147,9 Meter lang und 16,9 Meter breit, die Verdrängung lag bei 10.500 Tonnen, vermessen wurde es mit 9210 BRT. Die Dampfmaschinen trieben das Schiff mit 10.000 PS (7355 kW) bis zur Höchstgeschwindigkeit von 18 Knoten (33 km/h). Es hatte Doppelschrauben, zwei Schornsteine und zwei Masten.
Die zugelassene Passagierzahl lag bei 1450: In der Ersten Klasse 180 Passagiere, in der Zweiten 170 und in der Dritten Klasse 1100 Menschen. Zu jener Zeit galt die Principessa Malfalda als großer und luxuriöser Ozeandampfer. Ausgerüstet für den Liniendienst vom Heimathafen Genua über Barcelona nach Lateinamerika. Dort zunächst nach Rio de Janeiro, weiter zu den Zwischenstationen Santos, Montevideo und bis zum Endziel Buenos Aires.
Die Einrichtung und Ausstattung der Principessa Malfalda war hochwertig, vor allem in der Ersten Klasse. Dort war neben dem Speisesaal und dem Rauchsalon eine weiträumige Lounge vorhanden, „Grand Hall“ genannt. Es gab einen Ballsaal, ein Musikzimmer, einen Wintergarten, ein Verandacafé und einen Kindergarten. Zum Flanieren waren zwei große Promenadendecks vorhanden, die gern und viel genutzt wurden.
Die Principessa Malfalda hatte ein Schwesterschiff, die ältere Principessa Jolanda, die als erstes in Dienst auf der Route Genua – Buenos Aires genommen werden sollte. Sie war benannt worden nach Jolanda von Savoyen, einer Tochter des italienischen Königs Viktor Emanuel III. Am 22. September 1907 sollte sie, üppig mit Wimpeln geschmückt und in Anwesenheit der königlichen Familie und des italienischen Senats, auf die Reise geschickt werden. Als sie vom Stapel lief, brachen Teile der Rampe ein, das Schiff kippte in Schlagseite nach Backbord, sackte ab und sank vor den Augen der Honoratioren im Golf von Genua.
An Bord versuchten noch Arbeiter mit dem Steuerbordanker das Kentern zu verhindern, auch Schlepper kamen zu Hilfe. Die meisten Bestandteile konnten nach dem Abwracken für die Principessa Mafalda verwendet werden, auch die Maschinen. Es war ein Signal, das Unglück ereignete sich aufgrund von Schlampereien. Als Ursache wurde in einer Untersuchung die mangelnde Stabilität ermittelt.
Das sollte dem Nachfolgeschiff, der Principessa Mafalda, nicht passieren. Bei ihr wurden bessere Vorkehrungen beim Stapellauf getroffen. Aber auch dieser Dampfer stand unter keinem guten Stern. Und wieder war es die Schuld von Menschen, die ihre Arbeit mangelhaft verrichteten, so dass es zu einer der dramatischsten zivilen Tragödien in der Geschichte der Schifffahrt kam. Die „italienische Titanic“ ging unter, weil sie nicht angemessen technisch behandelt und gepflegt worden war.
Im Schifffahrtsland Italien wurde das als Skandal und große Demütigung empfunden. Aufgrund der vielen Todesopfer gilt der Untergang der Principessa Mafalda auch als größte Katastrophe zwischen den beiden Weltkriegen im maritimen Bereich. Im Ersten Weltkrieg war das Schiff zeitweise eine schwimmende Unterkunft für Offiziere gewesen. Danach wurde es wieder in den Liniendienst gestellt, befand sich aber in keinem guten Zustand.
Im Oktober 1927 brach die Principessa Mafalda unter der Leitung des Kapitäns Simone Guli auf. Sie war gut besetzt mit 971 Passagieren und 281 Mitgliedern der Besatzung. Zu den insgesamt 1252 Menschen an Bord gab es noch rund 3000 Tonnen Fracht und mehr als 600 Postsäcke. Die meisten Mitfahrenden waren Italiener, aber auch viele Südamerikaner waren auf dem Schiff, auch Deutsche, Österreicher und Schweizer, Spanier, Jugoslawen und eine größere Gruppe von syrischen Migranten. Bekannt wurde erst später, dass sich auch 250.000 italienische Pfund in Gold auf dem Schiff befanden, eine Sendung an die Banco Central de la Republica Argentina. Zwei Wochen waren für die Überfahrt geplant.
Es gab von Anfang an technische Probleme. Am Zwischenstopp Barcelona musste im Maschinenraum repariert werden, das führte zu 24 Stunden Verspätung. Auf dem Atlantik fielen die Kühlsysteme aus, Lebensmittel verdarben. Das führte bei einigen Passagieren zu Vergiftungen. In Kap Verde telegrafierte der Kapitän mit der Reederei und flehte um ein Ersatzschiff. Er wurde genötigt, seine Pflicht zu erfüllen – die Principessa Malfalda fuhr weiter.
Am 23. Oktober 1927 wurde eine leichte Schlagseite bemerkt, die Steuerbordwelle erschütterte das Schiff, führte zu Wassereinbruch. Am 25. Oktober, 80 Seemeilen vor Porto Seguro, wurde es kritisch. Das Bordorchester sollte laut musizieren, um Panik zu verhindern. Die Schotts ließen sich nicht schließen, die Rettungsboote waren veraltet. Unter den Passagieren hieß es, die Kessel könnten jeden Moment explodieren, sie stürmten die Rettungsboote, die schnell überfüllt waren, einige schlugen dabei um. Der Kapitän löste den Generalalarm aus.
Um 22.10 Uhr begann der Untergang des Schiffs. 314 Passagiere und Besatzungsmitglieder verloren ihr Leben, die anderen kämpften mit Zähnen und Klauen. Der deutsche Geschäftsmann Fritz-Henning von Lücken übergab einem jungen Mädchen seinen Rettungsring, er starb. Es starben auch Kapitän, Erster Ingenieur und Schiffsarzt, die bis zuletzt an Bord blieben. Zwar waren bald andere Schiffe am Unglücksort, aber der Luxusdampfer sank schnell. Das Wrack liegt in 1400 Metern Tiefe, es wurde bis heute nicht gefunden.
Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jürgen Saupe