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Eckpunkte für die Kreuzfahrt-Entwicklung: Hamburg setzt auf Wertschöpfung und Nachhaltigkeit

Im Sommer 2020 war Hamburg der erste Hafen, der den zügigen Neustart für Kreuzfahrten ermöglicht hat. Im Schulterschluss von Reedereien, Behörden, Robert-Koch-Institut und anderen norddeutschen Küstenländern wurden von den Reedereien Hygiene- und Sicherheitskonzepte erarbeitet, um Passagiere und Crews bestmöglich zu schützen. Auf dieser Basis haben einige Reedereien im Sommer das Kreuzfahrtgeschäft ab Hamburg mit zunächst etwas veränderten Produkten wie z. B. kürzere „Blue Cruises“ ohne Landgänge, wieder aufgenommen und die Akzeptanz der neuen Angebote erprobt. So konnten 2020 immerhin insgesamt 83 Kreuzfahrtschiffe inkl. der Auflieger den größten deutschen Seehafen anlaufen. Damit sind etwa ein Drittel der Anläufe und ein Zehntel der Passagiere des Vorjahres (2019) in der Elbmetropole abgefertigt worden. Die Shutdown-Phase wurde nicht nur dazu genutzt, um wichtige Zukunftsprojekte umzusetzen wie z.B. die Erprobung der Landstromversorgung der Europa 2, die Inbetriebnahme des neuen Kreuzfahrtterminals Baakenhöft und die dauerhafte Ermöglichung von Lebensmittelspenden der Kreuzfahrt an die „Hamburger Tafel“, sondern auch Eckpunkte für den Neustart mit einer perspektivischen Weiterentwicklungsstrategie für den Kreuzfahrtstandort Hamburg zu erarbeiten.

Trotz weiterer Lockdown-Phasen blickt man bei der Kreuzfahrtinitiative Hamburg Cruise Net aufgrund der positiven Erfahrungen unter deutlich veränderten Rahmenbedingungen mit „vorsichtig-optimistischem Blick“ nach vorn, wenn auch eine vollständige Marktnormalisierung voraussichtlich „einige Jahre“ in Anspruch nehmen dürfte. Bis dahin werde im Wege verpflichtender Corona-Tests für alle Reisenden und Angestellten der Kreuzfahrtbetrieb wieder bestmöglich aufgenommen werden, soweit das Infektionsgeschehen dies zulasse. Ein unter Voraussetzung stabiler Präferenzlagen und entsprechenden Konsummöglichkeiten der Zielgruppe zu erwartendes Nachholbedürfnis dürfte sich zunächst im Wesentlichen auf die DACH-Region als Quellmarkt konzentrieren. Allgemein wird davon ausgegangen, das sich das Premium-Segment deutlich schneller erholen wird als das von großen Unsicherheiten gekennzeichnete untere Preissegment. Unter der Annahme, dass die großen Reedereien („Big Five“) weiterhin im Markt sind und Flugcharter wieder etabliert werden können, wäre ein Wiederhochlaufen der Nachfrage mit entsprechender Impfung der Bevölkerung im besten Fall in der zweiten Jahreshälfte 2021 anzunehmen. Das Marktvolumen werde jedoch – analog zu den Anpassungsmechanismen im Nachgang zur Finanzmarktkrise voraussichtlich noch bis 2024 auf etwas geringerem Niveau als 2019 verbleiben. Darüber hinaus sei mit einer Bereinigung der weltweiten Flottenkapazitäten zu rechnen.

Für verantwortungsbewussten Wiedereinstieg

In der Sitzung des Hamburg Cruise Net-Kuratoriums am 23. März 2021 hat sich Hamburgs Senator für Wirtschaft und Innovation, Michael Westhagemann, aus erster Hand über die Situation der Kreuzfahrtreedereien informiert und eine einheitliche Strategie der Küstenländer zum Wiederanlaufen der Kreuzschifffahrt in Aussicht gestellt, parallel zur Öffnung der Hotels. Dies werde angesichts aktuell dynamisch wachsender Infektionszahlen zwar noch einige Zeit dauern, unterstreiche aber den gemeinsamen Kurs im Norden.


Will Hamburgs Kreuzfahrt-Zukunft gemeinsam gestalten: Senator Westhagemann.
Foto: Jens Meyer

Neben den aktuellen Herausforderungen haben sich die mit der Entwicklung des Kreuzfahrtstandortes befassten Hamburger Behörden und Institutionen in den letzten Monaten auch ausführlich mit strukturellen Fragen des Kreuzfahrtstandortes Hamburg beschäftigt und in diesem Kontext ein gemeinsames Strategie- und Maßnahmenpapier entwickelt. „Die Corona-Krise stellt die gesamte Tourismuswirtschaft und die Kreuzfahrtindustrie in besonderer Weise vor bislang nicht gekannte Herausforderungen. Wir wollen daher die Zukunft der Kreuzfahrt am Standort Hamburg auf der Basis von Wertschöpfung und Nachhaltigkeit gemeinsam gestalten und die hierfür notwendigen Maßnahmen umsetzen“, so Westhagemann. Die Weiterentwicklung des Kreuzfahrtstandortes Hamburg solle entlang eines Zielbildes erfolgen, das die Themen Nachhaltigkeit und Wertschöpfung in den Mittelpunkt stellt.

Ging 2020 in Betrieb: Das neue Baakenhöft-Terminal. Foto: HafenCity Hamburg GmbH/S. Groenveld

Mit Blick auf das übergeordnete Zielbild, die Elbmetropole zu dem in Vielfalt und Nachhaltigkeit führenden Kreuzfahrthafen in Europa zu machen, verpflichtet sich Hamburg, das Prinzip der Nachhaltigkeit – ökologisch sozial und wirtschaftlich – bei der Entwicklung der Kreuzfahrtschifffahrt zu berücksichtigen. Als Eckpunkte wurden vier Handlungsfelder als strategisch bedeutsam identifiziert. Im Handlungsfeld 1 – „Cruise Service & Intelligence“ will Hamburg nicht nur verstärkt das Wissen und die Kompetenzen verschiedenster Akteure mit Bezug zur Kreuzfahrt bündeln, kreuzfahrtaffine Unternehmen verstärkt ansiedeln und seine Vorreiterrolle im Bereich der „Grünen Kreuzschifffahrt“ ausbauen, sondern auch im Bereich Ausbildung und Qualifizierung ein Kompetenzzentrum in der Kreuzfahrt werden. Im Handlungsfeld 2 – Port Infrastructure Development will Hamburg für eine leistungsfähige terminalbezogene Infrastruktur mit Liegeplätzen für Hochsee- und Flusskreuzfahrtschiffe sowie Yachten Sorge tragen, wozu nicht nur die Sicherstellung einer effektiven Passagierabfertigung und Gepäcklogistik, sondern auch ein nachhaltiges Mobilitätskonzept zur Anbindung der Terminals an die Verkehrsträger für die An- und Abreise gehören. Auch  ist eine verstärkte Vermarktung der Terminals als attraktive Event-Locations angedacht.  Das Handlungsfeld 3 – Marketing & Destination Experience sieht eine deutliche Stimulierung der Nachfrage nach Kreuzfahrten ab Hamburg u.a. durch einen globalen, emotional ansprechenden Auftritt als attraktive und nachhaltige Destination vor. Auch sollen zielgruppenorientierte Vor- und Nachprogramme Kreuzfahrtpassagiere zu Hamburg-Gästen machen – und umgekehrt. Um die Hansestadt auch für kleinere Schiffe – Flusskreuzer, Kreuzfahrtyachten und Boutiqueschiffe attraktiver zu machen, soll Hamburg auch in diesen Zielgruppen national und europaweit vermarktet werden. Verstärkt werden soll auch die Zusammenarbeit mit anderen Destinationen, um das Fahrtgebiet als Ganzes zu positionieren. Im Handlungsfeld 4 – Public Relation & Social Responsibility soll – auch vor dem Hintergrund der in der Öffentlichkeit zunehmenden Erwartung, dass die Kreuzfahrtindustrie den Anforderungen einer nachhaltigen Entwicklung angemessen Rechnung trägt – die kreuzfahrtbezognene Öffentlichkeitsarbeit verstetigt und die Akzeptanz der Industrie durch Transparenz und geeignete Maßnahmen verbessert werden.

An dem Eckpunktepapier haben die Hamburg Port Authority AöR, die Cruise Gate Hamburg GmbH, die Hamburg Marketing GmbH, die Behörde für Wirtschaft und Innovation und der Hamburg Cruise Net e. V. mitgewirkt. Hamburg Cruise Net ist die Clusterinitiative des Hamburger Senats für die Kreuzschifffahrtsbranche. Der Verein (HCN e.V.) managt im Rahmen einer Public-Private-Partnership (PPP) ein übergreifendes Netzwerk aus privaten und öffentlichen Unternehmen, das die gebündelte Kreuzschifffahrtskompetenz in der Metropolregion repräsentiert. Die etwa 100 Mitgliedsunternehmen (Kreuzfahrtreedereien, Hafendienstleister, Tourismusanbieter, IT- und Industrieunternehmen usw.) arbeiten gemeinsam mit den städtischen Organisationen und Behörden daran, Hamburgs Attraktivität als internationaler Kreuzfahrtstandort weiter zu steigern. JPM