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EIN GEFÜHL FROHLOCKENDER BEWUNDERUNG

Der Imperator war die deutsche Antwort auf die britische Titanic, sie war das Flaggschiff der HAPAG-Flotte und der Stolz des deutschen Kaisers. Das Ende war tragisch.

Es war Deutschlands Kaiser Wilhelm II. der sich nach einem Giganten auf dem Wasser sehnte, dem weltgrößten Schnelldampfer Europas. Sein Freund, Albert Ballin, Generaldirektor der 1847 gegründeten Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft, tat ihm den Gefallen. Er gab den Auftrag zum „größten Schiff der Welt“, wie die Gazetten vermeldeten. Der Taufname Imperator des Schiffes das eigentlich Europa heißen sollte, gefiel Ballin nicht, umso mehr aber dem Kaiser. Der verlangte im Mai 1912 ein höchst eindrucksvolles Zeichen, also einen Sieger in der Schifffahrtsepoche. In dem Monat war der Imperator erstmals zu besichtigen, „ablaufbereit auf der Riesenhellig des Vulcan in Hamburg“. Die Medien jubelten, „der Kaiser wird ihm am Donnerstag den anspruchsvollen Namen geben, der seine späteren Leistungen ohne Zweifel voll bewähren wird“. So stand es in der „Köllnischen Zeitung“.


Bild: Archivist – stock.adobe.com

Die SPD-Zeitung „Vorwärts“ setzte noch anerkennend zu, dass der Imperator zehn Decks habe, „nicht nur elegante Restaurants, Wintergärten, Tanz- und Festsäle“, sondern „auch eine Turnhalle sowie ein luxuriös eingerichtetes Schwimmbad helfen die Langeweile vertreiben“. Bei den Ausmalungen behauptet der Journalist, sie seien „nach pompejanischem Vorbild“ gestaltet worden. Dann wird im Blatt der Genossen noch mal aufgelistet, was der Imperator alles zu bieten hat: „Mannigfaltige elektrische Lichtbäder, Kohlensäurebäder, Massageräume, Dampf- und Heißluftbäder, Damen- und Herrenfriseur modernster Ausstattung.“


Foto: Sammlung U. Horn

Tatsächlich glitt 1912 im Hamburger Hafen das seinerzeit größte Passagierschiff vom Stapel, es sollte als Superdampfer den Atlantik beherrschen. Eigentlich wurden Schiffe mit weiblichen Namen benannt, aber der Kaiser pochte auf den männlichen Artikel vor dem Namen. Man sah ihn im April 1913 frenetisch klatschen, und sein Gefolge jubelte, als der Riesendampfer erstmals im Elbwasser schwamm. Es war Regen, unfeierliche Stimmung, der feierliche Akt wurde trotzdem durchgezogen. Ein glänzendes Schiff, 276 Meter lang, 29,4 Meter breit. Die Baukosten lagen bei 40 Millionen Reichsmark, an Bord durften knapp 4000 Passagiere sein. Die Titanic hatte nur Platz für 2400 Gäste. Deutscher Größenwahn hatte obsiegt.

Im Juni 1913 lief der Neubau, Namensgeber der auch die Vaterland (am 1. Mai 1914 von Blohm + Voss an HAPAG abgeliefert) und Bismarck (20.6.1914 bei Blohm + Voss vom Stapel gelaufen) und als „Ballins dicke Dampfer“ apostrophierten Imperator-Klasse, zur Jungfernfahrt nach New York aus, an Deck befand sich der Journalist Alfred Keer. „Als ich das Riesendeck entlang sah“, schrieb er, „überkam mich ein Gefühl frohlockender Bewunderung, das ich im hohen Gestänge des Eiffelturms gespürt hatte.“ Er nannte den Imperator, das „entwickelste Schiff der Erde, weil es nicht allein das Notwenige, sondern das Überschüssige gibt.“ In den Jahren darauf wird sich das nicht weiter so entwickeln, der Erste Weltkrieg vermasselt der Hapag das Geschäft. 1914 wird das Schiff für sechs Jahre aufgelegt. Im April 1919 verlässt der Imperator zum letzten Mal den Hamburger Hafen. „Nunmehr klang der Ton der Dampfpfeifen wie ein schmerzlicher Abschiedsgruß über die Stadt, die das Schiff niemals wiedersehen sollte“, wird ein Augenzeuge zitiert.


Foto: Sammlung JSA

Im Rahmen der Reparationszahlungen geht der Dampfer am 5. Mai 1919 zunächst als Truppentransporter an die US-Navy und später an die britische Cunard-Reederei, wo er 1921 einen neuen Namen erhält: Berengaria. Unter ihm wird das Schiff mehr als 20 Jahre fahren auf der Route nach New York und zurück nach Großbritannien. In dieser frohen Zeit nach dem Krieg sind es viele Filmstars, andere Künstler, Millionäre und Großgrundbesitzer, die auf diese Touren gehen. Es sind aber auch „einfache“ Leute an Bord, zudem werden Kreuzfahrten in die Karibik auf der Berengeria angeboten. Das geht bis ins Jahr 1938. Zudem waren im April 1921 dringende Überarbeitungen an der Berengaria geleistet wurden, das erfolgte bei der Werft Armstrong Withworth in Southampton und dauerte sechs Monate. Unter anderem wurden Kabinen und Gesellschaftsräume aufgearbeitet, die Befeuerung der Kessel wurde von Kohle auf Öl umgestellt.


Foto: Sammlung U. Horn

Der Imperator wurde als Passagierschiff für die Hamburg America Line erstellt und war der dritte Neubau der neueröffneten Werft AG Vulcan in Hamburg. Die Kiellegung fand am 18. Juni 1910 statt, der Stapellauf am 23. Mai 1912. Heimathafen des Schiffes war Bremen, die Indienststellung erfolgte am 24. Mai 1913. Der Tiefgang des Schiffes lag bei etwa 11 m, die Verdrängung bei 57.000 t, als Vermessung werden 52.117 BRT (29.881 NRT) angegeben. Zur Maschinenanlage gehörten 46 Dampfkessel und vier Parsons-Turbinen von AEG/Vulcan. Die Maschinenleistung betrug 62.000 S (45.601 kW). Der Antrieb erfolgte durch vier Festpropeller mit einem Durchmesser von 5 m. Die Dienstgeschwindigkeit lag bei 23 Knoten (43 km/h), die Höchstgeschwindigkeit bei 24 Knoten (44 km/h). Der Brennstoffvorrat lag bei 8500 Tonnen Kohle.

Die Besatzung bestand aus 1200 Personen, davon sind 350 Heizer. In der Ersten Klasse ist Platz für 592 Passagiere, in der Zweiten 972, in der Dritten Klasse 941 und im Zwischendeck 1772 Personen untergebracht.


Foto: Sammlung JSA

Die Zier am Bug war ein gewaltiger Bronzeadler auf einer Weltkugel, vom Berliner Bildhauer Bruno Kruse geschaffen. Darauf war zu lesen: „Mein Feld ist die Welt.“ Im März 1914 wurde der Adler in einem Orkan samt Flügeln ins Meer gerissen, Albert Ballin soll in dem Vorgang den „dümmsten und blutigsten Krieg“ vorausgesehen haben. Der zurückgebliebene Rest soll zu Granathülsen verarbeitet worden sein.

Das Schiff war so groß und schwer, dass es auf dem Weg zu den Probefahrten in der Nordsee in der Elbe kurzzeitig auf Grund geriet. Zudem wurde festgestellt, dass es topplastig war, schon geringe Ruderlagen eine starke Krängung verursachten und sich das Schiff nur sehr langsam wieder aufzurichtete. Als bei Schweißarbeiten ein Feuer entstand, verloren fünf Menschen ihr Leben. Zu einem weiteren Feuer kam es später in Hoboken nahe New York, es konnte zwar schnell gelöscht werden, aber das Schiff hatte durch das Löschwasser eine bedrohliche Schlagseite erlitten, was die Abfahrt um zwei Tage verzögerte.

Die Topplastigkeit konnte geregelt werden durch den Rückbau von Marmor und schweren Holzverschalungen sowie den Ersatz massiver Stühle durch Korbmöbel in den Gesellschaftsräumen. Die Schornsteinhöhe reduzierte man um drei Meter. In Verbindung mit der Einbringung von zusätzlichem Ballast konnte so der Schwerpunkt des Schiffes tiefer gelegt werden. Fortan war es ein ausgewogener Dampfer, dessen Zuverlässigkeit gelobt wurde. Ausgewogen war nun die Kombination von Geschwindigkeit und Komfort. Cunard bestellte einen der besten Kapitäne, Arthur Henry Rostron, der viele Jahre als erster Mann auf anderen Schiffen gearbeitet hatte. Er war bei dem Untergang der Titanic mit seinem damaligen Schiff, der Carpathia, der erste am Unfallort gewesen und konnte die meisten Schiffbrüchigen vor dem Tod retten.

Im Mai 1936 kam aber die Konkurrenz auf den Atlantik, die Queen Elizabeth. Die Berengaria sollte ursprünglich weiterfahren, aber US-Behörden stoppten das. Auf dem Schiff gab es zu viele kleinere Brände, die immer wieder mal aufflackerten. Die Rückfahrt nach Europa verlief ohne Passagiere. Der Umbau, um die Brandgefahren zu beseitigen, wurde von den Eigentümern abgelehnt, weil es zu teuer war.

Der einstige Imperator konnte nun nur noch zum Abwracken verkauft werden, man brachte das Schiff nach Jarrow (South Tyneside). Als im September 1939 der Zweite Weltkrieg begann, schleppte man das noch schwimmfähigen Rumpfteil ins schottische Rosyth, wo der finale Abbruch vollzogen wurde.

Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jens Meyer