Links überspringen

EIN SCHIFF FÜR VIELE

Die New Australia war für die Passagierfahrt entwickelt worden, beförderte aber auch viele Migranten und Soldaten.

Das hätten die Passagiere nicht gedacht: Als sie an Bord gingen, wurden die Familien getrennt, die Jungen blieben bei den Vätern, die Mädchen und Babys bei den Müttern. Zudem mussten sich oft zwei Familien eine Kabine teilen, es gab sie als Vierbett-, Sechsbett- und Achtbettkabinen. In der Nachkriegszeit galten andere Regeln auf der Langstrecke von Southampton nach Sydney. Die New Australia war ein Migranten-Liner und Truppentransporter. Das Schiff war ursprünglich als Luxusdampfer für Kreuzfahrten zwischen New York und Bermuda entwickelt worden.

Foto: Sammlung JSA

Die New Australia war als Ozeandampfer unter dem Namen Monarch of Bermuda im Jahr 1931 als turboelektrisches Passagierschiff in Dienst gestellt worden. Erst in ihren letzten Jahren war sie ein Kreuzfahrtschiff. Sie begann mit dem Liniendienst zwischen New York und Hamilton in Bermuda. Das Unternehmen Furness, Withy-Service hatte es für seine Tochtergesellschaft Furness Bermuda Line bauen lassen, die Bau-Nummer war 1. Der Vorgängerin der Monarch of Bermuda, der MV Bermuda, war kein Glück beschieden. Am 17. Juni 1931 brach auf dem Schiff in Hamilton ein Feuer aus, es wurde schwer beschädigt. Zur Sanierung brachte man es nach Belfast, aber dort kam es wieder zu einem Brand, wurde verwüstet, und strandete während der Verschleppung zum Abbruch nach Schottland. Die Route wurde auch von dem von Vickers-Amstrongs 1933 fertiggestellten Schwesterschiff Queen of Bermuda bedient, die sich der dort seit 1931 eingesetzten Monarch of Bermuda anschloss.

Foto: Sammlung JSA

Am 8. September 1934 musste die Monarch of Bermuda in den Morgenstunden schnelle Hilfsdienste leisten. Acht Meilen vor der Küste von New Jersey war das große Linienschiff Morro Castle der Reederei Ward Line in Brand geraten. Die Monarch of Bermuda war in der Nähe, wurde umgeleitet und kam gerade noch zur rechten Zeit. Das Feuer auf der Morro Castle hatte sich rasend schnell verbreitet, für viele Passagiere war es nicht mehr möglich, in die Rettungsboote zu gelangen. In Panik sprangen einige ins Meer, die Monarch of Bermuda konnte sie retten.

Installiert waren zwei Dampfturbinen, GEC-Generatoren und E-Motoren, die auf vier Propeller arbeiteten. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 19 Knoten (35 km/h), das Schiff war mit Peilgeräten, Echolotanlagen, Kreiselkompass und einer Signalausrüstung für U-Boote ausgestattet. In den ersten Jahren hatte es Platz für 830 Passagiere, mit Luxuskajüten, ab 1949 für 1600 Personen und ganz ohne Luxus.

Die Monarch of Bermuda fuhr von 1931-1947 unter diesem Namen. Danach war sie die New Australia (1947-1958) und schließlich die Arkadia (1958-1966). Der Bau erfolgte beim Vickers-Armstrongs Werftbetrieb Walker in Newcastle upon Tyne. Am 17. März 1931 lief das Schiff vom Stapel, im November des Jahres war es fertig gestellt. Es hatte eine Länge von 168,6 Metern und eine Breite von 23,4 Metern. Die Seitenhöhe bis Hauptdeck betrug 12 m, der Tiefgang lag bei maximal 8,2 m, die Vermessung betrug zunächst 22.424 BRT (1931), später 20.648 BRT (ab 1958).

Beinahe wäre das Schiff aus dem Verkehr gezogen worden. Nach Beginn der Zweiten Weltkriegs wurde es zum Truppentransporter umgerüstet, nach dem Krieg entließ man es aus dem Militärdienst, es ging zurück in den Zivildienst. Doch am 24. Mai 1947 kam es auf dem Dampfer zu einem starken Brand, so dass er als zerstört galt und verschrottet werden sollte. Das britische Verkehrsministerium (MoT) erwarb das Schiff und beauftragte JI Thornycroft & Co mit dem Umbau für die Unterbringung von 1600 Passagieren in Economy-Unterkünften. Es gehörte nun dem staatlichen Eigentümer und war reserviert für Menschen, die Europa verlassen wollten. Die Wahl fiel auf die Monarch of Bermuda, weil im Krieg viele Passagierschiffe beschädigt worden waren, dieses aber leistungsstarke Motoren hatte und wiederherzustellen war.

Bei den Arbeiten wurden zwei der markanten Schornsteine demontiert, das Schiff mit nur einem Schornstein erhielt stattdessen hinter der Brücke eine ungewöhnliche Zweipfostenkonstruktion, die zugleich als Schonstein und Hauptmast diente. Es wurde zum praktisch gestalteten Economy-Schiff für Auswanderer nach Australien, der Trend hielt bis etwa 1957 an. Die umbenannte New Australia erhielt acht Wasserrohrkessel von Babcock & Wilcox mit einer Gesamtheizfläche von 3921 Quadratmetern. Zudem gab es eine neue Lichtmaschine und Kapazitäten für Kühlladung.

Foto: Sammlung JSA

Die im Auftrag des MoT von der Shaw, Savill & Albion Line bereederte New Australia absolvierte von 1950 bis 1957 ständig die Linie Southampton über den Suezkanal nach Adelaide oder Melbourne, dann noch nach Sydney. Die rigorose Trennung der Familien hatte den Hintergrund, dass kleine Kinder mit ihren Müttern auf das Poop-Deck achtern über dem Hauptpassagierdeck untergebracht wurden, weil die Belüftung besser war, was in den tropischen Regionen von Vorteil war. Andere Personen, die in den unteren Decks untergebracht waren, litten mehr unter der Hitze. Für die Kinder erfand man auch eine separate „Kindersitzung“, die Erwachsenen speisten in mehreren Sitzungen. Für die Jüngsten gab es Spielbereiche und Bücherlesungen. Die Fahrt ging über mehrere Wochen, an den Häfen wurden Treibstoff und Lebensmittel aufgenommen.

Der Brite Martin Walker, 1947 in York geboren, war eines der Migrantenkinder, er erzählt von der Überfahrt. Der Vater kaufte im Jemen in Aden kleine Spielzeugboote für Sohn und Tochter, Einwohner boten sie als Souvenirs von ihren kleinen Booten an. In Australien gelangten sie über Freemantle nach Tasmanien. „Wir haben ein gutes Leben in Australien gehabt“, resümiert er. Als Erwachsene heirateten sie tasmanische Partner und hatten mit ihnen Kinder. „Sie haben alle einen Universitätsabschluss und sind gute, nützliche Mitglieder der Gesellschaft.“

Eine Auswanderin namens Elizabeth C Duffy berichtet, wie sie als Zehnjährige mit ihren Brüdern die „beschwerliche Reise“ auf dem Schiff erlebte. „Meine Mutter, Tante und ich hatten großes Glück, dass wir eine ziemlich schöne Kabine auf Deck B hatten, obwohl wir zu acht in der Kabine waren. Mein Vater, meine Brüder und mein Onkel hatten nicht ganz so viel Glück auf dem E-Deck, dort im Bullauge waren sie nicht oft über der Wasserlinie.“

Foto: Sammlung Jens Meyer

Doch weil es in den 1950er Jahren zu Unruhen in Südostasien gekommen war, wurde die New Australia abermals zum Truppentransporter umfunktioniert. Die Soldaten brachte man nach Malaysia, Burma, Indonesien oder Korea. Zwischen den militärischen Aktionen wurden aber Migranten weiterhin nach Australien zum Übersiedeln gebracht. Auf den Rückfahrten nach Großbritannien nahm man eine Anzahl von Passanten auf, so zum Beispiel in Singapur.

Im Januar 1958 wurde die Ende 1957 vom MoT außer Dienst gestellte New Australia in London an die Ornos Shipping Co Ltd verkauft, die sie an die Arcadia Steamship Corporation weiterverkaufte. Im September des Jahres 1957 war sie als New Australia beim Transport australischer Truppen und deren Familienangehörigen in der Torres-Straße, einer Meerenge zwischen Cape York Peninsula am nördlichen Ende Australiens und Neuguinea, mit dem Tanker MS France Stove kollidiert. Diesen Schaden ließen die neuen Eigner bei Blohm + Voss in Hamburg reparieren. Den Vormast ersetzte man durch zwei Pfosten, die beim Zusammenprall beschädigte Vorpiek wurde so neugestaltet, dass sich ein ausfallender Steven ergab, der zur Verlängerung des Schiffes von 168,6 auf 160 m und einer Erhöhung der Tonnage auf 20648 BRT führte.

Die Greek Line, eine Tochter der Arcadia Steamship Corporation, setzte das Schiff, das in Arkadia umbenannt wurde, für sechs Jahre in den transatlantischen Linienverkehr nach Kanada und für Kreuzfahrten ein. Im November 1966 wurde es im River Fall nördlich von Falmouth aufgelegt. Am 18. Dezember 1966 traf es im spanischen Valencia ein, dort wurde es verschrottet.

Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jens Meyer