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Eine bewegte Geschichte

Das Kreuzfahrtschiff Arion trug diesen Namen nur wenige Jahre. Zuvor war es bekannt als Istra und Astra und wurde vor allem von deutschen Passagieren bevorzugt.

Klein, aber fein. Die schnittige 116 Meter lange Istra galt den Liebhabern der Seereisen als erstklassig. Das Schiff erinnerte an eine etwas zu groß gewordene Yacht, ihr charmantes Ambiente wurde geschätzt und die Gruppe der Passagiere, die es auf einem Kreuzfahrer gern übersichtlich haben, waren ständige Gäste. Die Istra hatte Platz für knapp 340 Gäste aber dennoch viele der damaligen Highlights an Bord: Ruhe, behagliche Atmosphäre, stilvoller Service, Komfort, Besinnung, Wellness, Entspannung und abwechslungsreiche Unterhaltungsprogramme. Zwei Drittel der Kabinen besaßen Meerblick, davon waren einige so genannte Deluxe-Kabinen und Junior-Suiten.

Foto: Jürgen Saupe

Die Ziele der Istra befanden sich weitgehend im Mittelmeer, vor allem im östlichen Teil, der Region mit langer Geschichte bis in die Antike und mit impressionistischen Bildern und Naturschönheiten. Sehr beliebt waren die Zwei-Wochen-Touren, bei denen die Häfen von Rijeka, Split, Dubrovnik, Venedig, Triest, Piräus, Beirut, Limassol, Heraklion, Alexandria und Port Said angesteuert wurden. Die meisten Gäste waren in den 1970er und 1980er Jahren ältere Deutsche, in ihrer Erinnerung hieß das Schiff Istra und wurde von Neckermann Seereisen gechartert. Aber auch andere Charterunternehmen wie Seetours, Touropa, Gastager oder Intermaris bewarben es.

Nach dem Ausbruch des Sechs-Tage-Krieges im Nahen Osten 1967 mussten die Routen umgestellt werden. Später, 1974 und 1975 wurde die Istra auch in der Karibik eingesetzt, die Anlaufhäfen waren Guadeloupe, Martinique, St. Lucia, Curacao, Trinidad und Tobago, La Guaira in Venezuela, die Dominikanische Republik, Puerto Rico, St. Thomas und Grenada. Nach den beiden Jahren kehrte die Istra zurück ins Mittelmeer.

Foto: Jürgen Saupe

Die Karriere des Schiffes begann am 12. Juli 1964, als es in der Brodogradiliste Uljanik Werft im heutigen Kroatien unter der Baunummer 248 vom Stapel gelassen wurde. Auftragsgeber für den Bau war die Reederei Jadranska Linijska Plovidba in Rijeka. Das Schiff entstand in der gleichen Zeit zusammen mit einem Schwesternschiff, der Dalmacija.

Am 30. Mai 1965 wurde es als Kreuzfahrtschiff in Dienst genommen. Es war 116,82 Meter lang, 16,54 Meter breit, der Tiefgang lag bei maximal 5,29 Metern. Im Maschinenraum waren 2 Schiffsdieselmotoren von Sulzer-Jugoturbina installiert worden, die auf zwei Propeller wirkten. Die Maschinenleistung wurde mit 11.030 kW (14.997 PS), die Höchstgeschwindigkeit mit 19 kn (35 km/h) angegeben. Die zugelassene Passagierzahl war 338, betreut von ca. 120 Crewmitgliedern.

Foto: Jürgen Saupe

Das Schiff hatte trotz seiner kleineren Bordeinrichtungen angenehme Lounge-Bereiche. Da war die vielbesuchte Piano Bar, dazu Clubraum, Swimmingpool, Schönheits- und Friseursalon und für Glückssucher ein schiffseigenes Casino. Es gab einen Salon, eine Diskothek und ein Restaurant mit klassischen Speiseangeboten.

Trotz der guten Buchungslage in den ersten 28 Jahren schrieb der Eigner das Schiff zum Verkauf aus. Es ging im Mai 1993 an die russische Goring Shipping Company, wurde in der Ukraine registriert und in Astra umbenannt. Der neue Eigentümer übergab das Management an das Moskauer Reise- und Schifffahrtunternehmen Caravella Shipping Company Ltd. Die nötigsten Umbauten wurden vorgenommen, um das Schiff auf einen moderneren Technikstand zu bringen. Auffällig war der blaue Streifen, der sich um den gesamten Rumpf zog. Der Schornstein (ursprünglich weiß mit rotem Stern) wurde ebenfalls blau gepönt, das darauf gesetzte Logo der Caravella Shipping Company Ltd wurde in den Farben rot und weiß markiert.

Foto: Jürgen Saupe

Das Schiff war von den neuen Betreibern für den europäischen Markt vorgesehen worden, es lief gut an mit der Vercharterung an Eurocruises und Mono Company. Kurz darauf charterte Neckermann Seereisen das Schiff und setzte mit dem Bord-Maskottchen „Benny“ (gut sichtbar an Back- und Steuerbord) auf ein jüngeres Publikum mit zwanglosem Urlaub ohne Krawatte. Die Astra profitierte auch noch von der Istra und ihrer treuen Gäste, was im Neckermann-Katalog auch angepriesen wurde. Der Erfolg war vorgegeben und stellte sich anfangs auch ein.

1996 gab es im Hause Neckermann Seereisen eine Änderung der Vertriebsstrategie, die Astra wurde durch die größere Astra II ersetzt, der früheren Golden Odyssey.

Foto: enapress.com
Foto: enapress.com

Darauf hin wurde die Astra in Astra I umbenannt und in Panama registriert. Die Namensänderung wurde von den Kunden nicht gut angenommen, die Erfolgsserie alsbald zu Ende. Das russische Management hatte sich übernommen, daraufhin ging die Vermarktung der Astra I gänzlich an den russischen Kreuzfahrtmarkt, der aber nicht angemessen reagierte. Das führte schnell zu Ärger und finanziellen Schwierigkeiten. Als das Kreuzfahrtschiff 1997 im israelischen Hafen Haifa lag, wurde es arrestiert, das russische Management konnte ausstehende Rechnungen nicht mehr bezahlen. Zwei Jahre später, 1999, wurde die Astra I zwangsversteigert.

Der neue Eigner war jetzt die Constellatio Cruise Holding in Portugal, das Schiff wurde nach Lissabon überführt; der neue Registerhafen jetzt Madeira. Die Portugiesen sahen für die beliebte Astra I eine Perspektive und ließen das Schiff im Jahr 2000 grundsanieren und renovieren. Die Beauftragung erfolgte an die in Schifffahrtskreisen bekannten Arminio Lozzi und George Potamianos. Die umfangreiche Erneuerung schloss auch eine Erneuerung der Brücke, sowie eine Verschiebung des Bootsdecks zum Bug hin ein. Die vorderen Fenster des Promenadendecks wurden zu einem Teil entfernt, zum anderen Teil komplett verändert, um mehr Platz für die Hauptlounge, die Bar und das Casino zu schaffen. Die Inneneinrichtung wurde sogar gänzlich erneuert und hochwertiger ersetzt. Die Promenaden auf beiden Seiten des Schiffs ließen die Designer verglasen, das war dann der Wintergarten. Insgesamt wurden 15 Millionen US-Dollar investiert.

Foto: enapress.com

Nach dem Umbau und der Vermarktungsübergabe an das Arcalia Management, war das Schiff in Arion umbenannt worden. Bis September 2012 war es für Classic International Cruises unterwegs, auf klassischen Kreuzfahrtrouten weltweit. 2013 gab es noch eine Umbenennung in Porto, nachdem es innerhalb Portugals an die Reederei Portuscale Cruises übergeben worden war. Es blieb aber in Lissabon aufgelegt.

Im September 2018 fiel die Entscheidung, es zum Abbruch in die Türkei bringen zu lassen. Am 21. Oktober übernahm der Schlepper Opal von Lissabon aus die Überfahrt. Am 5. November 2018 wurde die Porto in Aliaga/Türkei zum Abbruch auf den Strand gesetzt.

Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jürgen Saupe