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Es geht doch!

Charles Darwin reiste im 19. Jahrhundert mit dem Schiff, um unseren Planeten zu erkunden. Das wiederaufgelegte Buch „Die Fahrt der Beagle“ ist großformatig, prächtig und eindrucksvoll illustriert. Roland Mischke hat sich darin vertieft.



Er hat immer noch recht

Der britische Wissenschaftler Charles Darwin (1809-1882) war der erste, der mit langen Reisen und unzähligen Begegnungen mit Menschen, Tieren und Pflanzen ein komplexes Kalkül verfolgte: Er wollte die Welt erklären, das Leben auf dem Planeten, die Vergangenheit und seine Zukunft. Ein kühner Plan. Dabei mutete er seinen Zeitgenossen, aber auch Nachfahren einiges zu. Darwin wurde immer wieder kritisiert, zu widerlegen versucht und am Ende doch meist bestätigt. Am hartnäckigsten attackierte ihn die Kirche, deren althergebrachtes Weltbild er unwiderruflich aus den Angeln hob. Im Reisebericht „Die Fahrt der Beagle“ steckt schon die bedeutsamste Idee der abendländischen Wissenschaft: die Evolutionstheorie.

Affen könnten sprechen

Ein aktueller Fall zeigt, wie der von Aufklärung und Leidenschaft getriebene Naturwissenschaftler seiner Zeit weit voraus war. Darwin beschäftigte sich mit dem Unterschied beim Bau des Sprachapparats von Menschen und Affen. Bei Kehlkopf und Lippen unterscheiden sich beide Arten nicht sehr. Aber der Mensch hat mehr als 6000 Sprachen entwickelt, um sich mit seinesgleichen verständigen zu können. Dagegen besitzt keine Affenart eine Sprache. Darwin führte das auf Verschaltungen im Gehirn zurück. Wir Menschen haben dort Verbindungen, die unseren Sprachapparat so koordinieren, dass wir sprechen können. Affen haben solche Verbindungen nicht. Mitte des 20. Jahrhunderts versuchten Wissenschaftler, Darwins Gehirnverschaltungsthese zu widerlegen. Rein anatomisch sei der Sprachapparat der Affen nicht in der Lage, so viele verschiedene Laute zu produzieren, aus denen sich eine Sprache wie die menschliche aufbaut. Ein Irrtum. Die moderne Technik stützt Darwins These. Sprachcomputer können heute mit Daten gefüttert werden, die zu erstaunlichen Ergebnissen führen. Damit wurden die Sprachkapazitäten der Affen ausgerechnet. Tecumseh Fitch von der Universität Wien und seine Kollegen haben im Fachblatt „Science Advances“ von ihren Studien berichtet. „Es geht doch!“ jubeln sie. Die Experten hörten zu, wenn die Tiere Warnrufe ausstießen, fraßen, schmatzten oder mit den Zähnen knirschten. Sie machten Konsonanten aus wie p, b, k, g, h, m und w, dazu Vokale. Die benutzten Wörter, so die Forscher, seien gut verständlich, wenn man sie erfasst habe. Das bedeutet, dass es lange vor den Menschen das Kommunikationselement Sprache gab. Bei den Affen sind zumindest körperliche Voraussetzungen für das Sprechen angelegt. Was in ihrer Entwicklung nicht zustande kam, war die neuronale Steuerung der Sprache. Das hatte Darwin schon vor rund 150 Jahren vermutet. Darin ist das Genie nun noch einmal bestätigt worden.

Abenteuerliche Wanderjahre

Es geht doch! könnte auch das Motto seiner Forschungsreise gewesen sein. Charles Darwin sollte die größte intellektuelle Revolution der letzten 1000 Jahre anzetteln. Dafür nahm der damals 22-Jährige gewaltige Anstrengungen auf sich, als er am 27. Dezember 1831 von Devonport aus mit der Beagle, einem Schiff der königlichen Majestät, eine Brigg mit zehn Kanonen, auf große Fahrt ging. Niemand ahnte, dass das in eine neue Epoche der Menschheitsgeschichte münden würde. Dabei war das einem glücklichen Umstand zu verdanken. Die Expedition des welterobernden Britannien war auf vier Jahre angelegt, Aufgabe war, die Küsten Südamerikas zu vermessen und über Australien und Afrika nach England zurückzukehren. Kapitän Fitz Roy wollte aber noch einen „gut ausgebildeten Mann der Wissenschaft“ an Bord haben, „der die Unterkunft, die ich zu bieten habe, mit mir teilen würde“. Das wurde von der Admiralität genehmigt und ein Professor in Cambridge brachte daraufhin einen „jungen Mann von aussichtsreicher Befähigung“ ins Spiel. Unter der Bedingung des Kapitäns, „dass er einen gerechten Anteil an den Ausgaben meines Tisches bezahlen würde“, so Roy, durfte der aufstrebende Mediziner und Theologe, den vor allem die Naturwissenschaft interessierte, auf der Beagle einchecken. Fünf Jahre war er unterwegs. Darwin wurde eine winzige Achterkajüte zur Verfügung gestellt, die er bis unter die Decke vollstopfte mit Chemikalien, Probenbehältern, Mikroskop, Geologenhammer, Seziergerät und Büchern. Er schrieb das bedeutsamste Reisebuch der Weltliteratur, zugleich die abenteuerliche Chronik der Wanderjahre eines jungen Mannes, der die Welt bereiste, um sie zu verändern. Darwins Schreibstil war poetisch, eine Huldigung an die Natur. „Es fällt leicht, die einzelnen Gegenstände der Bewunderung in diesen großartigen Szenen zu bestimmen“, wird er Monate später in Südamerika notieren, „dagegen ist es unmöglich, eine angemessene Vorstellung von den höheren Empfindungen der Verwunderung, des Staunens und der Andacht mitzuteilen, die den Geist erfüllen und erheben.“


… Lesen Sie weiter in der aktuellen Ausgabe von AN BORD.