Expeditionskreuzfahrten sind ein einzigartiges Segment der Schiffsreisen, das Abenteuerlustige und Entdecker gleichermaßen anzieht. Der Markt hat sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt, die Perspektiven sind glänzend. Ein Überblick mit Zahlen, Hintergründen und Anbietern weltweit von Beat Eichenberger.
Die letzten Grenzen, sei dies in polaren Regionen oder entlegenen Warmwasser-Territorien, lassen sich oft nur – oder am besten – per Schiff entdecken. Einst kamen dazu für Abenteuerreisende vor allem umgebaute Forschungsschiffe und vereinzelt Eisbrecher zum Einsatz, erst nach und nach wurden für die anziehende Nachfrage neue eisverstärkte und speziell ausgerüstete Schiffe gebaut. In den vergangenen Jahren war gar ein eigentlicher Boom der Expeditions-Neubauten zu beobachten, wie „an Bord“ bereits in der Ausgabe 2/2021 ausführlich berichtete.
In der Tat: Das Wachstum des Marktes ist erstaunlich. Gemäß Industrie-Quellen stieg die Zahl der Expeditionsschiffe von 73 Einheiten im Jahr 2018 auf inzwischen über 100 Schiffe an. Die angebotene Bettenzahl hat inzwischen die 15.000er-Grenze überschritten, was aber gleichzeitig im Vergleich mit der klassischen Kreuzfahrt die Kleinteiligkeit des Marktes dokumentiert: Die (wenigen) größten Expeditionsschiffe nehmen rund 500 Passagiere auf, die meisten jedoch nur maximal 200 und viele weitere weniger.
Schätzungen über das globale Marktvolumen dieses Segments liegen gemäß vorliegenden Quellen für das Jahr 2023 bei 2,27 Milliarden US-Dollar. Bis Ende 2030 rechnet man mit einem Markt von 4,41 Milliarden US-Dollar, was einem jährlichen Wachstum von gut neun Prozent entsprechen würde. Nordamerika ist mit einem Anteil von 40 Prozent der führende Markt für Expeditions-Kreuzfahrten, gefolgt von Europa mit 30 Prozent und dem Wachstumsmarkt Asien mit 15 Prozent. Gerade dem asiatischen Raum mit China wird ein großes Potenzial für das Expeditionssegment zugesprochen.
Eine regulierte Reiseformel
Das Wachstum der Expeditionskreuzfahrten hat verschiedene Gründe. Einer davon ist die nach Corona erneut rasante Entwicklung der Seereisen generell, was sich auch auf das Nischensegment Expedition auswirkt. Auch die wachsende Bedeutung von Abenteuerreisen spielt eine Rolle. Die Erkundigung unbekannter Gegenden, das Beobachten der Tierwelt, erlebnisreiche Zodiac-Ausflüge oder Kajakfahren im Eiswasser liegen im Trend. Ebenso wichtig dürfte das steigende Interesse an Ökotourismus und nachhaltigen Erfahrungen sein. Auf Expeditionskreuzfahrten haben umweltfreundliche Ansätze angesichts der ökologischen Sensibilität vieler bereisten Destinationen einen hohen Stellenwert. Die Schiffe können zudem längere Zeit autark operieren und verfügen über Anlagen zur Gewinnung von Trinkwasser, für die Abwasseraufbereitung oder Müllverbrennung. In polaren Regionen und gesonderten Schutzzonen ist die Nutzung von Schweröl untersagt und die Schiffe müssen mindestens Marine Diesel (MGO) oder den derzeit umweltverträglichsten Treibstoff Flüssigerdgas (LNG) bunkern. Auch Bio-Fuel als Drop-in und Hybrid-Antriebe mit Batterie-Paketen kommen auf Neubauten inzwischen zum Einsatz.
Insbesondere für das Bereisen polarer Regionen gelten verbindliche Vorschriften und Regulierungen sowohl für die Schiffe wie für den Landgang. Nebst internationalen Regularien wie SOLAS (zum Thema Sicherheit) oder MARPOL (Umweltschutz) hat die UN-Organisation IMO (International Maritime Organization) 2017 den Polar Code in Kraft gesetzt, der die Anforderungen für die Sicherheit von Expeditionsschiffen definiert. Diese müssen je nach Einsatz über ein Zertifikat der Kategorie A, B oder C verfügen. Grundlage dazu bildet die Polar Class der IACS (International Association of Classification Societies), welche die Eisverhältnisse auf einer Skala von PC1 (hohe Werte) bis PC7 (niedrige Werte) einteilt.
Die Veranstalter von Expeditions-Kreuzfahrten haben sich zudem in internationalen Organisationen zusammengeschlossen, um sichere und umweltverträgliche Reisen in polaren Regionen zu stützen. Dafür setzt sich in der Antarktis die International Association of Antarctica Tour Operators (IAATO) ein und in der Arktis die Association of Arctic Expedition Cruise Operators (AECO). Nicht zuletzt erlassen Destinationen strengere Bedingungen für Expeditions-Kreuzfahrten wie zuletzt etwa Spitzbergen. Erlaubt sind seit diesem Jahr im Svalbard-Archipel nur noch Schiffe mit maximal 200 Passagieren und die Zahl der Anlandungsstellen wurde auf 43 reduziert. Und vielerorts dürfen – wie in der Antarktis – nur noch 100 Passagiere gleichzeitig anlanden….
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Fotos: enapress.com