Ursprünglich für 2023 angekündigt und bei der im Dezember 2022 erfolgten Auftragsvergabe auf Mai 2024 verschoben worden war der Start des Elektrokatamarans Frisia E-1, den die AG Reederei Norden-Frisia als erstes rein elektrisch angetriebenes Seeschiff unter deutscher Flagge nunmehr ab 4. April 2025 im Regelbetrieb bis zu achtmal täglich CO₂-frei zwischen dem Heimathafen Norddeich und der Nordseeinsel Norderney einsetzen will. Die 11 km-Distanz wird in nur 30 Minuten bewältigt. In Norddeich wieder angekommen, wird das Schiff während des Fahrgastwechsels in rund 28 Minuten erneut aufgeladen.

Nach den offiziellen behördlichen Abnahmefahrten war bereits Ende Januar der umfangreiche Probebetrieb für Schiff und Ladetechnik in seinem Einsatzgebiet aufgenommen worden. „Wir haben den E-Kat auf der Route zwischen der Insel und dem Festland intensiv unter Echtbedingungen getestet“, so Michael Garrelts, technischer Inspektor der Reederei. „Dazu gehörte ebenfalls die Überprüfung und Optimierung der Ladeinfrastruktur vor Ort in Norddeich.“ Dabei wurde auch die Besatzung des E-Kats für die neuen Einsatz- und Betriebsbedingungen, veränderte Kontroll- und Wartungsumfänge sowie die neuen Tätigkeiten im Rahmen der elektrischen Beladung geschult. „Allein die Beschleunigung der Elektromotoren ist auch für einen erfahrenen Seemann ein Erlebnis“, schwärmt Kapitän Stephan Ulrichs (37), der die Entstehung des bei der niederländischen Damen Werft bestellten Neubaus von Anfang an begleitet hat. Die für bis zu 150 Gäste ausgelegte neue Schnellfähre mit einer Länge von 32,3 m wurde nach Vorgaben der Reederei speziell für den Einsatz im ostfriesischen Wattenmeer konzipiert. „Aufgrund der Bauweise hat der E-Kat einen Tiefgang von nur 1,2 Metern und kann die Insel so auch bei niedrigen Wasserständen schnell erreichen. Das Schiff fährt sich gut, sehr gut sogar“, so sein Urteil über das Fahrverhalten des Neubaus, dessen Inbetriebnahme ihn stolz mache.
Der Brennstart für den in Aluminiumbauweise erstellten Neubau war am 13. Juni 2023 am polnischen Standort Kozle der niederländischen Damen Shipyards Group erfolgt. Der Kasko wurde in drei Teilen gefertigt, die Ende Oktober 2023 per LKW zum niederländischen Standort Gorinchem (NL) überführt und dort zusammengefügt wurden. Nach Komplettierung des Neubaus erfolgte am 22. Januar 2025 die Überführung vom niederländischen Rotterdam nach Norddeich, nachdem das Schiff am Vortag aufgrund der Wetterlage zunächst aus Rotterdam in Richtung der Insel Borkum verschleppt worden war. Von dort aus erreichte der E-Kat aus eigener Kraft und rein elektrisch angetrieben zunächst die Insel Norderney und schließlich Norddeich.
Die Propulsion des Neubaus, dessen Zuladung mit 11250 kg angegeben wird, erfolgt durch zwei von Elektromotoren angetriebene Propeller (je 600 kW), die für eine maximale Geschwindigkeit von 19 kn sorgen sollen. Im Einsatzgebiet im Wattenmeer sind maximal 16 kn erlaubt. Zur Verbesserung der Manövrierfähigkeit kamen zwei Bugstrahlruder à 75 kW zum Einbau.
Um den kalkulierten Stromverbrauch des E-Kats zu decken, waren mehrere Projekte zur regenerativen Energieerzeugung und -speicherung kombiniert. So hat die Reederei auf ihren Parkflächen in Norddeich 600 Pkw-Einstellplätze mit Photovoltaik-Dächern ausgestattet. Zudem wurden Solaranlagen auf Dächern und Carports in Norddeich, Harlesiel, auf Norderney und Juist installiert. Ein Batteriespeicher puffert zukünftig Überschüsse aus der Solarstromerzeugung tagsüber für nächtliche Bedarfe.
Die Mehrkosten des elektrischen Antriebes des Elektro-Katamarans wurden von der NBank des Landes Niedersachsen gefördert. Die Ladestation für den E-Kat wurde von der Bundesrepublik Deutschland aus der BordstromTech Richtlinie gefördert. JPM
Fotos: AG Reederei Norden-Frisia