Antarktis? Das steht für Pinguine! Svalbard? Natürlich die Eisbären. Grönland? Große Eisberge, wie schwimmende Kathedralen in verschiedenen Blautönen. Und auch die kleinen bunten Häuser. Aber was soll man sich unter der Ostküste Kanadas vorstellen? Mike Louagie und Lien de Ruyck checkten auf der LE LYRIAL ein, um „die wilde Küste von Grönland bis zur Ostküste Kanadas“ zu erkunden, so lautet der Name der Kreuzfahrt.
Bevor das Schiff Kanada erreicht, wird von Kangerlussuaq aus Sisimiut angelaufen, auf dieser Cruise der einzige Anlaufhafen in Grönland.
Knapp oberhalb des Polarkreises gelegen, ist Sisimiut die zweitgrößte Stadt Grönlands. Selbst bei diesem regnerischen Wetter herrscht hier reges Treiben. Abgesehen von unserem Schiff ist der Hafen voll mit Fischereibooten und wartenden Containern der Royal Arctic Line. Diese Reederei mit den markanten roten Schiffen beliefert die Stadt – und es ist wohl höchste Zeit, dass das Schiff ankommt. Das merken wir im Supermarkt von Pisiffik. Bis auf ein paar Äpfel und Blumenkohl sind die Regale leer. Staunend betrachten wir Tiefkühlfleischpakete „für 28 Tage“ oder überteuertes Chimay Trappistenbier.
Es regnet in Strömen, was die bunten Häuser noch mehr zur Geltung bringt. Auch die roten Ponant-Parkas der Besucher sorgen für etwas Farbe.
Einige Bewohner grüßen uns schüchtern. Aber Kreuzfahrtschiffe sind sie hier gewohnt. Abends wird der Liegeplatz am Kai schon kurz nach der Abfahrt von der Ocean Endeavour eingenommen.





Willkommen in Nunavut
Nach einer Nacht in Nähe des Polarkreises, kommen wir in Qikiqtarjuaq an. Das graue, regnerische Wetter trägt nicht dazu bei, sich ein Bild von dem Ort zu machen. Die Zodiacs setzen uns in dem kleinen Hafen ab. Expeditionsleiter Alex fordert die Gäste auf, zusammenzubleiben. Von außen sieht das Ankommen aus wie eine Invasion der Roten Armee. Anwohner nehmen wir kaum wahr, abgesehen von ein paar Pick-up-Trucks. Im Gegensatz zum bunten Grönland sind die Häuser hier primitiv, und trist. Es ist August, und wir fragen uns, wie es ist, hier im strengen Winter zu leben.
Im traditionellen Leben der Inuit, wie auch in Qikiqtarjuaq, war das Feuer überlebenswichtig, obwohl es in der arktischen Umgebung nur wenige brennbare Materialien gibt. Sie benutzten vor allem die Qulliq, eine traditionelle Lampe aus Stein. Dies wird im örtlichen Festsaal von einer älteren Frau vorgeführt.
Die Qulliq wurde mit Robbenfett angeheizt. Diese Lampen dienten nicht nur als Wärme- und Lichtquelle, sondern auch zum Kochen von Speisen und zum Schmelzen von Schnee für die Trinkwassergewinnung.
Einige Bewohner bieten uns kleine Skulpturen aus Knochen an. Im traditionellen Glauben der Inuit spielt der respektvolle Umgang mit den sterblichen Überresten eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Verbindung mit der Geisterwelt. Die Inuit glaubten, dass alle Tiere und Menschen eine Inua (Seele oder Geist) besitzen. Wenn ein Tier getötet wurde, war es wichtig, dass, die Überreste mit Ehrfurcht behandelt wurden, um den Geist des Tieres zu besänftigen. Dieses respektvolle Verhalten sorgte dafür, dass der Geist des Tieres zurückkehrte und künftige Jagden segnete – ein entscheidender Faktor in ihrer Überlebensstrategie. Ein Mangel an Respekt würde den Geist verärgern.
Das Schnitzen von Knochen, die als Werkzeuge oder Kunstwerke verwendet wurden, war ebenfalls eine Möglichkeit, diese Ehre zum Ausdruck zu bringen…
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Fotos: Mike Louagie/Louagie.be