Kategorie: Ausgabe 1/2023

30 Jahre GNV

Drei Jahre musste man corona-bedingt pausieren, im Oktober 2022 hatte die italienische Fährreederei GNV jedoch endlich wieder Grund zum Feiern: Im 30. Jahr seines Bestehens verlieh das Unternehmen wieder die „GNV Awards“. Kai Ortel war bei dem Event in Genua mit dabei.

Ganz ungewohnt liegt die RHAPSODY an diesem Sonntag am Ponte Cristoforo Colombo, der in Genua eigentlich den Fähren nach Tunesien und Marokko vorbehalten ist. Doch die 1996 gebaute Fähre wird heute nicht ablegen; stattdessen gehen im Laufe des Tages mehr als 300 italienische und internationale­ Journalisten und Vertreter von Reisebüros an Bord. Dort werden am Abend die GNV Awards verliehen­ und die Elite-Partner der Reederei nominiert. Die Veranstaltung hatte zwei Jahre pausieren müssen, nun aber lässt es sich GNV einiges kosten, sich und den zurückgekehrten Geschäftserfolg gebührend zu feiern.

Die FORZA stieß erst 2022 zur Flotte von GNV und bedient die Linie Civitavecchia (Foto) – Termini Imerese.
Foto: Jonas Ortel

Denn die Beförderungszahlen, die im Rahmen des Events vorgestellt werden, sind tatsächlich ein Grund zur Freude:­ Im Vergleich zum Sommer 2021 ist die Zahl der beförderten Passagiere im selben Zeitraum 2022 um 46 %­ gestiegen. Vor allem die Destinationen Sizilien und Sardinien wuchsen mit einem Plus von 22 % bzw. 45 % gegenüber dem Vorjahr. Die Reisebüros bestätigten sich dabei als bedeutendster Vertriebskanal für das Unternehmen und verzeichneten einen Buchungsanstieg um 37 % im Vergleich zu 2021, ein positives Zeichen der Erholung nach den schwierigen Vorjahren.

„In diesem Sommer haben wir äußerst positive Ergebnisse erzielt, weshalb wir uns entschieden haben, die Maßnahmen der letzten Saison mit einigen Verbesserungen zu bestätigen“, kommentiert Matteo Della Valle, Director Passenger Sales & Marketing bei GNV. So will die Reederei ihr Engagement nicht nur auf Sizilien und Sardinien sowie auf den Balearen und in Tunesien verstärken, sondern auch weiterhin in die Verbindungen nach Albanien und Marokko investieren. Mit einer Flotte von 25 Schiffen betreibt GNV aktuell 31 Linien in sieben Ländern –­ von und nach Sardinien, Sizilien, Spanien, Frankreich, Albanien, Tunesien, Marokko und Malta. Zwei Millionen Passagiere befördern die GNV-Fähren dabei jährlich. 50 % der GNV-Gäste sind Italiener, die übrigen 50 % verteilen sich überwiegend auf die anderen europäischen­ Märkte, wobei Frankreich und Deutschland als Quellmärkte aktuell besonders stark wachsen.


Tortenanschnitt nach erfolgreicher Preisverleihung: RHAPSODY-Kapitän Giovanni Vitiello, Lorenzo Scarfì (Digital & CRM Manager GNV), Matteo della Valle (Director Passenger Sales & Marketing GNV), Tania Carpentier (Foreign Sales Director GNV), Matteo Catani (CEO GNV) und Alessio Macrì (Sales Coordinator Italy & Albania GNV), vlnr.


Von Grimaldi zu MSC
Als die Reederei 1992 von Aldo Grimaldi gegründet wurde,­ nahm sich das Portfolio noch bescheidener aus. Grandi Navi Veloci („Große schnelle Schiffe“) ging 1993 mit dem Neubau MAJESTIC an den Start, das Schwesterschiff­ SPLENDID folgte ein Jahr später. Doch die Schiffe der Reederei hoben sich von Beginn an von ihren­ Mitbewerbern im selben Fahrtgebiet ab. Zwischen Genua und Palermo bzw. Genua und Porto Torres fanden die Passagiere plötzlich Kreuzfahrtstandard vor, wo die Fähren der staatlichen Konkurrenz bis dahin eher spröden­ Charme versprüht hatten. Ganz bescheiden stand damals noch in kleinen Buchstaben „Grimaldi Lines“ auf dem Rumpf, doch das sollte sich bald ändern. Im Jahr 1999 ging Grandi Navi Veloci an die Börse; kurze Zeit später übernahm der Investmentfond Permira das Ruder, um eine weitere Expansion zu ermöglichen. Höhepunkt dieser Entwicklung war 2002/03 die Indienststellung der Luxusfähren LA SUPERBA und LA SUPREMA,­ die 3.000 Passagiere und über 700 Autos aufnehmen können. 2009 zog sich Grimaldi aus der Reederei zurück, die ein Jahr später von der MSC-Gruppe übernommen und mit deren Tochtergesellschaft SNAV verschmolzen wurde. Seitdem sind Flotte und Routennetzwerk kontinuierlich gewachsen. Darüber hinaus machen seit 2015 die drei riesigen blauen Buchstaben „GNV“ auf dem Schiffsrumpf weithin sichtbar, zu welcher­ Reederei die „großen schnellen Schiffe“ gehören.


Die imposante RHAPSODY im Hafen von Genua. Im Hintergrund die „Laterna“, der 1543 errichtete Leuchtturm und gleichzeitig das Wahrzeichen der ligurischen Hafenstadt. Foto: Kai Ortel

Die Rhapsody
Die ohnehin schon wuchtig wirkende RHAPSODY macht hierbei keine Ausnahme; die drei Lettern verstärken nur noch den Eindruck von einer wahrhaft großen Fähre. 2015 stieß sie zur GNV-Flotte, damals war sie nach 20 Jahren Zugehörigkeit zur französischen Korsika-­Reederei SNCM unter die italienische Flagge gewechselt. Ihre französische Vergangenheit kann sie jedoch auch sieben Jahre später noch immer nicht leugnen. Die Restaurants an Bord tragen weiterhin Namen wie „Montparnasse“ oder „Sillage d’Argent“, die Pool-Bar heißt „Le Lagon“, und die Shops an Bord sind wie selbstverständlich Boutiquen. Auch umweht die RHAPSODY, die früher­ NAPOLEON BONAPARTE hieß, noch immer das Flair französischer Leichtigkeit. Gleich über zwei Decks verläuft an Backbord eine schöne licht-durchflutete­ Promenade, und dass dieses Schiff für französisches „Savoir vivre“ auf See konzipiert worden ist, erkennt man daran, dass es an Bord gleich vier Restaurants gibt, aber nur eine größere Lounge. Dafür befindet sich vorne im Schiff das riesige Show-Theater „Galaxie“ (in dem auch die GNV Awards verliehen werden) und gleich darunter ein großes Konferenz-Zentrum. Kein Wunder, dass die RHAPSODY nicht nur für Events wie die GNV Awards zum Einsatz kommt, sondern auch regelmäßig als Wohnschiff oder für Kreuzfahrten verchartert wird. Dass die schöne Piano Lounge „La Vigie“ an diesem Wochenende genauso geschlossen ist wie die Diskothek „Le Discofolies“, mag dem Charakter des Events geschuldet sein, ebenso die Tatsache, dass der Pool unter der offenen­ Kuppel der Poolbar „Le Lagon“ ohne Wasser ist. Davon abgesehen, ist die RHAPSODY jedoch eine Mittelmeerfähre, die kaum einen Wunsch offen lässt. Mit ihrer Kapazität für 2.448 Passagiere bedient sie für gewöhnlich die Strecke Genua – Porto Torres, kam aber in der Vergangenheit auch schon zwischen Bari und Durres und auf der Linie Genua – Barcelona – Tanger zum Einsatz.


Das GNV-Fährschiff SPLENDID im Hafen von Civitavecchia. Ihre eleganten Linien haben die GNV-Fähren der ersten Stunde durch den nachträglichen Einbau eines Scrubbers im Schornstein teilweise eingebüßt. Foto: Kai Ortel

Blick von der RHAPSODY auf die GNV BLU. Die ehemalige SNAV ADRIATICO bediente ursprünglich als KONINGIN BEATRIX die Nordsee-Fährlinie Hoek van Holland – Harwich. Foto: Kai Ortel

Die Zukunft
Nachdem allein in den vergangenen zwei Jahren gleich acht Schiffe zur GNV-Flotte neu hinzugestoßen sind (GNV ARIES, GNV ANTARES, GNV BRIDGE und GNV SEALAND 2021, GOLDEN BRIDGE, GNV SPIRIT, TENACIA und FORZA 2022), will die Reederei in den nächsten Jahren ca. 500 Millionen € investieren, um die Flotte noch weiter auszubauen. Kernstück dieser Expansion sind vier Neubauten, welche die MSC-Gruppe Ende 2021 bei der chinesischen Guangzhou Shipyard International (GSI) bestellt hat und die ab 2024 an GNV ausgeliefert werden sollen. Die ersten beiden Schiffe werden noch mit herkömmlichem Treibstoff fahren und mit Scrubbern ausgerüstet, die Einheiten 3 und 4 dagegen sollen für einen Betrieb mit LNG ausgelegt sein. Hinsichtlich ihrer Kapazität orientieren sich die Neubauten mit 3.100 Lademetern an den Schwesterschiffen LA SUPERBA und LA SUPREMA, verfügen jedoch mit einem Fassungsvermögen für 1.500 Passagiere nur über die Hälfte der Passagierkapazität der gegenwärtigen Flaggschiffe. Der Trend geht damit auch bei GNV zu RoPax-Fähren – Schiffen, die gleichzeitig über eine hohe Fracht- und Personenkapazität verfügen, ohne aber die riesigen Bettenzahlen (und hohen Betriebskosten) der Schiffe vergangener Tage aufzuweisen.

Hauptziel von GNV ist es nach eigenen Angaben, in den kommenden Monaten und Jahren in allen Fahrtgebieten, wo die Reederei vertreten ist, den eigenen Marktanteil auszubauen. Was neue Projekte, Märkte und Linien betrifft, will man diese auch weiterhin erst kurzfristig bekanntgeben. Eines ist jedoch sicher: Eine Expansion außerhalb des Mittelmeers ist nicht geplant. Allerdings können, anders als in der Vergangenheit, künftig auch kürzere Verbindungen im Portfolio von GNV auftauchen.
Fürs erste jedoch will GNV 2023 seine starke Präsenz auf dem italienischen Markt weiter ausbauen: Auf Sardinien wird die Gesellschaft mit sechs Abfahrten pro Woche zwischen Civitavecchia und Olbia vertreten sein. Außerdem wird das Angebot mit je vier Schiffen auf den Routen Genua – Olbia und Genua – Porto Torres und zwei täglichen Abfahrten auf beiden Linien erweitert. Auch Sizilien wird GNV weiterhin mit den wichtigsten italienischen Häfen verbinden – dank der täglich bedienten Routen zwischen Palermo und Genua bzw. Neapel, den Linien von Palermo bzw. Termini Imerese nach Civitavecchia sowie der Verbindung Termini Imerese – Neapel. Darüber hinaus bestätigt GNV auch seine Präsenz in Spanien – auf den Balearen mit vier Schiffen und täglichen Abfahrten zwischen Barcelona bzw. Valencia und Menorca, Palma de Mallorca und Ibiza. Dadurch werden tägliche Verbindungen vom spanischen Festland zu allen Inseln gewährleistet. In Marokko wiederum wird die Gesellschaft mit sechs Linien von und nach Italien, Spanien und Frankreich vertreten sein. 30 Jahre nach der Gründung der Reederei sind die Fähren von GNV aus den Häfen im westlichen Mittelmeer nicht mehr wegzudenken.

Kurs Antarktis

Auf keinem anderen Kontinent ist es so kalt, so stürmisch, so schwierig zu überleben. Und doch ist die Antarktis eine der faszinierendsten Gegenden dieses Planeten – mit einer majestätischen Schönheit und einer unglaublichen Tierwelt. Michael Wolf ließ sich während der Fahrt mit der Silver Endeavour von dieser Destination beeindrucken.

Scheinbar betont unauffällig schlendert der kleine Pinguin durch die Kolonie, vorbei an brütenden Artgenossen. Und doch… jedes Mal, wenn er an einem der Nester vorbeikommt, versucht er mal so eben, eines von den kleinen Steinchen, die um die Brutstätte aufgehäuft sind, mit einem schnellen Schnabelstoß mitgehen zu lassen.


Foto: Michael Wolf/enapress.com

Doch der Gangster im schwarzen Frack hat heute keine Chance: Überall erntete er nur verärgerte Drohgebärden und Schreie – die Community kennt da keinen Spaß. Die kleinen Steine sind hier schwer zu finden, sagt unser Expeditions-Guide. Da ist es eben einfacher, welche zu klauen. Klingt menschlich. Auch große Vögel wie die dunklen Raubmöwen sind Feinde – sie stehlen Pinguinbabys ebenso wie Eier, ein Drama, denn damit ist auch die „Jahresproduktion“ im wahrsten Sinne des Wortes gestorben – nur ein Ei wird in einem Jahr gelegt. Eine kleine Szene aus dem täglichen Leben in der Antarktis.


Foto: Michael Wolf/enapress.com

Die wahrscheinlich in diesen Zeiten bequemste Möglichkeit, an dieses Ende der Welt zu reisen, heißt Antarctica Bridge, die direkte Flugverbindung vom südamerikanischen zum antarktischen Kontinent oder zur Anlege­stelle am äußersten Südzipfel Chiles, in Puerto Williams. Eine Anbindung, die die Luxusreederei Silversea Cruises derzeit exklusiv als festen Bestandteil einer Antarktis-Kreuzfahrt anbietet.


Foto: Michael Wolf/enapress.com

In einem privaten Abflugterminal nahe des Inter­nationalen Flughafens von Santiago de Chile wird eingecheckt, der Eingang und Abflugbereich sind drapiert mit Silversea-­Fahnen. Der Flugkapitän hat solide Erfahrung mit antarktischen Gegebenheiten. Denn jahrelang war er dort Chef einer Militärbasis, flog bei den verschiedensten Wetterbedingungen. Für diesen Charterflug gibt es Business­ Class-Konfiguration, also mit einem freien Mittel­platz. Das Essen auf diesem vierstündigen Flug überrascht mit sehr guter lokaler chilenischer Küche wie traditionellem Fleisch-Stew mit frischen Gemüse und einer Mousse von Beeren aus Patagonien. Und mit den guten chilenischen Weinen ist auch die Stimmung im Flieger­ blendend, getoppt nur noch durch den phantastischen­ Blick auf schneebedeckte Vulkane und spektakuläre Landschaften. Der Flug endet in Puerto Williams, der „südlichsten Stadt der Welt“. Vom kleinen Flugplatz aus sieht man bereits die Silver Endeavour am Pier liegen, das Zentrum des kleinen Städtchens mit seinen Holzhäusern ist in Fußweite erreichbar….

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Ausgabe 1/2023

Auszüge aus den Artikeln der neuen Ausgabe.
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Reich waren sie nicht, aber vornehm

Niedersachsen – an der Nordseeküste sind Siele seit Jahrhunderten lebenswichtig. Viele Orte tragen das Wort im Namen. Das Deutsche Sielhafenmuseum in Carolinensiel präsentiert die Entstehung der Region, fand Dagmar Krappe.

Perfektes Strandwetter in Harlesiel an der ostfriesischen­ Nordseeküste. Eine schneeweiße Fähre verlässt den Außenhafen. Sie bringt gut gelaunte Urlauber zur Insel Wangerooge. Krabbenkutter kehren von ihrer nächtlichen Fangfahrt zurück. Gleich drei hintereinander liegende Häfen gibt es im Nordseeheilbad Carolinensiel-Harlesiel. Um herauszufinden, wie es dazu kam, begeben wir uns trotz des strahlend blauen Himmels auf Museumstour.


Foto: Dagmar Krappe

Im Zeitlupentempo schippert der Seitenraddampfer Concordia II auf der Harle dem Museumshafen Carolinensiel entgegen. „Wir sind nicht einmal zwei Kilometer unterwegs“, erläutert Kapitän Jürgen Ewers: „Doch historisch gesehen haben sie es in sich. 300 Jahre zuvor würden wir nicht auf dem Fluss, sondern in der Nordsee fahren. Jahrhundertelang befand sich hier die Harlebucht, die sich fast zehn Kilometer weit ins Land bis zur Siedlung Funnix nördlich der Stadt Wittmund ausdehnte.“ Schon ist die Friedrichsschleuse mit der weißen Zugbrücke erreicht. Friedrich der Große von Preußen ließ sie 1765 errichten, um den dahinter liegenden Carolinensieler Hafen vor Sturm­fluten zu schützen.

Foto: Dagmar Krappe

Direkt am Deich steht ein alter Backsteinschuppen der Deutschen Gesellschafft zur Rettung Schiffbrüchiger. Inzwischen ist er eine Außenstelle des Deutschen Sielhafenmuseums. Gezeigt wird eine spannende Multimedia-Präsentation über die Entstehung und Arbeit des Rettungswesens an der Nordseeküste. Die drei weiteren Gebäude des Museums gruppieren sich direkt um den Museumshafen. Es handelt sich um das Groot Hus, das Kapitänshaus mit Wohnküche, „guter Stube“ und Schifferkneipe sowie die Alte Pastorei mit Nationalpark-Haus. Im Hafen dümpeln unterschiedliche Traditionssegler. Die meisten befinden sich in Privatbesitz. Nur der bald 100 Jahre alte hölzerne Fischkutter Gebrüder gehört zum Museum. Kapitän Ewers stoppt die Concordia II direkt vor Mammens Groot Hus. „Dies ist ein früherer Kornspeicher mit Wohn- und Geschäfts­zimmern“, informiert Museumsleiterin Dr. Heike Ritter-Eden: „Seit fast 40 Jahren beherbergt er das Deutsche Sielhafenmuseum, das nach Sanierung und Umge­staltung im vergangenen Jahr neu eröffnete.“ …

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Im Hausboot durchs Land der Windmühlen

Das große Plus gleich vorweg: Freizeitkapitäne brauchen keinen Führerschein, um auf einem Hausboot von maximal 15 Metern Länge durch die Niederlande zu schippern. Ein Mosaik von Windmühlen, Seen, Kanälen, Wiesen, Weiden und idyllischen Orten wie Muiden und Weesp! Und wer mag, kann sogar in Amsterdam einfahren, stellte Andreas Drouve fest.

„In einer Woche kann man bei uns alles sehen“, steigert Base Manager Bas Den Hartogh bei der Einweisung die Vorfreude von Hausboot-Greenhorns und holt aus: „Seen, Kanäle, Flüsse, das Meer, Städte, Dörfer.“­ Strömungen und Gefahren gebe es keine, doch der 42jährige, der auch privat gerne Hausboot fährt, appelliert an die dauernde Wachsamkeit: „Nie vergessen, vor der Abfahrt im Hafen alle Taue zu lösen und das Landstrom­kabel rauszuholen – sonst reißt man den Stromkasten mit.“



Auf die detailreiche Einweisung folgt die Feuertaufe: die Probefahrt. Erst wer unter Bas‘ kritischem Blick den Praxis­test besteht, darf los. Der größte Fehler sei es, „in Hektik“ zu verfallen. „Weniger Geschwindigkeit bedeutet weniger Schaden“, sagt er. Obgleich das Boot von einer­ Gummierung wie bei einem Autoscooter umzogen ist, die vor möglichen Schäden schützt, empfiehlt sich ein moderates Tempo. Bei acht bis zehn Stundenkilo­metern stehen fortan die Zeichen auf Entschleunigung.



Unter Möwen und Blässhühnern

Die Fahrgebiete in Süd- und Nordholland reichen ab der Basis in Loosdrecht bis in die Käsestädte Edam und Gouda,­ bis Leiden und das Seengebiet Kagerplassen. Dörfer und Windmühlen säumen die Wasserstraßen, Schaf- und Rinderweiden, Felder, Wiesen, Inseln, Gewächshäuser. Möwen kreischen. Blässhühner tauchen ab. Kormorane steigen mit peitschenden Flügelschlägen auf. Wer auf Amsterdam zuschippert, sieht weitaus größere Vögel, die den Flughafen Schiphol ansteuern. Typisch­ für die ländliche Architektur sind Backstein­häuser, bei denen die Klischees der Wirklichkeit entsprechen. Vorhänge und Gardinen fehlen in Holland tatsächlich häufig. Frei von Sichtschutz kann man durch die großen Fensterflächen komplett durch Küche und Wohnzimmer in den Garten dahinter blicken. Man hat halt nichts zu verbergen. Oder zeigt gerne, was man hat.

Unterwegs macht man mit dem Boot gegen geringe Liege­gebühren in Häfen fest, doch den Übernachtungsplatz kann man gewöhnlich nicht vorab reservieren. Kurz vor der Ankunft ruft man übers Handy den zuständigen Hafenmeister an. Im Falle der Marina Kaagdorp in Kaag heißt der Bert Gallas. Strahlend erscheint er auf einem Steg und hilft beim Anlegemanöver wie selbstverständlich mit, die Taue an Land zu verknoten…

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Paradies voraus

Kapitäne und Entdecker wie James Cook waren die ersten, die den Mythos vom Südseeparadies in die Gedankenwelt der Europäer pflanzten. Doch in grauer Vorzeit waren es Polynesier, die mit ihren Doppelrumpfbooten entlegene Archipele entdeckten und besiedelten. Kiki Baron begab sich in Französisch-Polynesien auf die Spuren der alten Seefahrer.

Der Flug in die Südsee scheint ewig zu dauern. Doch kaum hat man den Fuß auf Tahiti gesetzt, geht einem das Herz auf. Wunderbarer Tropenduft hängt in warmweicher Brise. Im Terminal heißen gut gelaunte Insulaner die Gäste mit polynesischen Klängen­ willkommen und schwupp liegt auch schon der Kranz aus Frangipani-Blüten über der Schulter. Was für ein Empfang!


Foto: Paul Spierenburg

Unwillkürlich spielen sich im Kopf Szenen aus der 1962er Hollywood Verfilmung „Meuterei auf der Bounty“ ab. Fletcher Christian alias Marlon Brando erlag dem Reiz der sinnlichen Maimiti und widersetzte sich Captain Bligh. Der charismatische Hollywoodstar blieb, heiratete die einheimische Schauspielerin Tarita Tumi Teriipaia und kaufte das unbewohnte Atoll Teitiaroa. Bis heute in Besitz der Brando-Familie, erklärt sich so der Name des bezaubernden Luxus-Resorts The „Brando“. Das Luxus-Öko-Resort nimmt nur einen kleinen Teil des Inselreigens ein.


Foto: Paul Spierenburg

Die restlichen, ringförmig um die kristall­klare Lagune geschlungen, sind Habitat von Feensee­schwalben, Blaufuß-Tölpeln und fetten Coco Crabs. Sie leben in Sicherheit, denn Brandos Vermächtnis galt dem Schutz der unberührten Eilande. Exklusiven Status hatte das Atoll bereits zu altpolynesischen Zeiten. Der Besuch war ausschließlich Mitgliedern des Häuptlingshofes vorbehalten. Und diese schipperten zum puren Vergnügen zu weißem Strand und Salbungen mit Kokos­nussöl. Der Transfer über 30 Seemeilen war für die Tahitianer ein Klacks. Hatten ihre Ahnen tausende Jahre früher einen Großteil des Südpazifiks befahren.

Als James Cook vor gut 250 Jahren in Polynesien landete, schwärmte er von ihren Doppelkanus. Die Rümpfe waren mit Holzbrettern verbunden, worauf sich ein Häuschen befand, notierte er. Es schützt bei Tage vor der Sonne und dient des nachts als Schlafstätte. Zudem ließen sich die kiellosen Boote einfach in den Lagunen manövrieren, schrieb er weiter. Gemeint ist der flache Teil des Meeres innerhalb des Barriere-Riffs. Wohlmöglich waren die Worte des englischen Captains die erste Beschreibung eines Katamarans. Was lag also näher, als eine Doppelrumpf-Yacht zu chartern und die Segel vorm Passatwind zu setzen. Unser Törn startet in der Marina von Ra’iatea und führt durch den Archipel der Gesellschaftsinseln….

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Wiedersehen auf den Azoren

Vor über 20 Jahren war er als Begleiter einer Leserreise auf seiner ersten Kreuzfahrt auf der c. Columbus. Als Kreuzfahrtskeptiker, der sich nur ungern bekehren ließ, durchlebte er ein Wechselbad der Gefühle. Jetzt kehrte Gerhard von Kapff auf das Schiff zurück, das inzwischen als MS Hamburg für Plantours auf den Weltmeeren unterwegs ist.

Letztlich ist es bei einem Kreuzfahrtschiff wie der Hamburg nicht anders als beim Auto: Die Vorfreude, in einen Oldtimer zu steigen, wird stets auch von einer gewissen Skepsis­ getragen. Ist das Reisen mit einem 28 Jahre alten Gefährt so bequem wie mit einem neuen Modell? Fehlen am Ende dann doch die vielen reizvollen Ausstattungsvarianten, die es heute gibt? Oder fühlt man sich selbst schon wie ein Oldtimer, wenn man mit Unbehagen realisiert, vor mehr als zwei Jahrzehnten erstmals auf genau diesem Schiff unterwegs gewesen zu sein? Es ist wohl die richtige Zeit für eine Bestandsaufnahme auf einer Fahrt rund um die Azoren und nach Madeira.



Die heute für Plantours fahrende Hamburg hieß 2001 noch c.Columbus. Das 144 Meter lange Schiff mit 15067 Bruttoraumzahl war bis 2012 für Hapag-Lloyd unter anderem in der Karibik unterwegs. Sie stand für gediegene Kreuzfahrten und einen gewissen Luxus. Zumindest empfand der Autor dieser Zeilen das so, der ansonsten mit dem Rucksack Südostasien bereiste und erstmals überhaupt ein Schiff betrat, das keine Autofähre war. Ein Kulturschock also, der dadurch zustande kam, dass dringend ein schreibender Begleiter für die Leserreise der Tageszeitung gesucht wurde und sich kein anderer meldete als der für eine Kreuzfahrt eigentlich untaugliche Sportredakteur. Doch 14 Tage Karibik, wenn auch stets präsent als ständiger Ansprechpartner für eine Gruppe von 31 Lesern – das kann man schon mal machen als junger Mensch.

Umso spannender ist es, jetzt wieder an Bord des Schiffes zu gehen, das schon von Außen ein wenig anders aussieht als einst. Der orange-blaue Doppel­streifen, der sich bei Hapag-Lloyd von Bug bis Heck des Rumpfes zog, ist schmaler und durchgehend gelb. Im Inneren muss man Hinweise­ auf den früheren Namen c.Columbus bewusst suchen, um hin und wieder auf alte Fotos zu stoßen.

Plantours setzt auf die klassische Kreuzfahrt und versucht erst gar nicht, das gemütliche Schiff zum Partyschiff umzuwidmen. Dennoch hat die große Renovierung 2020 der Hamburg gut getan….

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Yacht-Feeling in den Emiraten

Die erste Hochsee-Yacht von Emerald Cruises, die Emerald Azzurra, positioniert sich in einer interessanten Kreuzfahrt-Nische: Seereisen im eleganten, intimen Rahmen in sonnenverwöhnten Regionen mit spannenden Destinations-Abstechern. Beat Eichenberger hat das Schiff auf einer Fahrt von Dubai nach Maskat unter die Lupe genommen.

Die Emerald Azzurra duckt sich beinahe etwas verloren hinter dem Terminal 2 des Port Rashid in Dubai, wo wir auf das Schiff zusteigen. Hier ist man sich grössere Kaliber gewohnt wie etwa die MSC World Europa, die etwas weiter vorne liegt. Der Grössenunterschied ist auch auf Distanz gigantisch: Hier eine schnittige 5175-BRZ-Megayacht für maximal 100 Gäste, dort ein riesiger 215’000-BRZ-Gigaliner für maximal 6774 Gäste. Zwei Welten, die letztlich jede auf ihre Art unter dem Begriff „Kreuzfahrten“ segeln. Doch dies lässt Julian Burgess, jovialer englischer Kapitän der Emerald Azzurra mit illustrer Karriere bei renommierten Reedereien wie Cunard so nicht gelten: „Das hier ist kein Kreuzfahrtschiff, sondern eine Yacht!“.


Foto: Beat Eichenberger

Mit ihren Ausmassen bewegt sich die Emerald Azzurra tatsächlich in einem Bereich, in dem sich nur wenige Warmwasser-Megayachten tummeln. Dies ist auch die Nische, in der die australisch-stämmige Scenic-Gruppe, zu der auch Emerald Cruises gehört, im Cruise-Markt ihre Chancen sieht. Gross geworden mit hoch­karätigen Flussreisen, stieg Scenic 2019 mit der spektakulären Discovery-Yacht Scenic Eclipse erstmals in das Hochsee-Segment ein. Auch mit der Flussreisen-Marke Emerald Cruises wagte das Unternehmen im Frühling 2022 mit der Emerald Azzurra nun den Sprung aufs offene Meer.

Eine Yacht mit Cruise-Standard

Ein erster Rundgang über die Emerald Azzurra zeigt: Auch eine moderne, intime Megayacht kann mit einer­ umfassenden und eleganten Kreuzfahrt-Infrastruktur punkten. Auf Deck 3 hinten das luftige Restaurant La Cucina mit Aussenplätzen, vorne die Amici Bar & Lounge und dazwischen die Reception und ein kleiner Shop. Auf Deck 4 vorne eine kleine Observation-Lounge mit Bibliothek und Café-Station, auf Deck 5 hinten ein feiner Infinity-Pool mit Liegen und das Aqua Café, ganz oben herrlich auf Deck 7 gelegen die Sky Bar mit Whirlpool und Liegen. Ganz unten auf Deck 2 befindet sich gar ein kleiner Sauna-, Spa- und Fitness-Bereich mit Frisör. Dieses­ Deck mündet baulich hinten in eine Marina, eine Plattform für Wassersport und Zodiac-Ausflüge unterwegs. Eine weitere Besonderheit: Fast zu jeder Zeit ist die Brücke auf Deck 6 offen für Besucher, die dem Kapitän und seiner Crew über die Schultern schauen können.

Das Innendesign des übersichtlichen Schiffs ist modern und schnörkellos, die Farbgebung wird von aparten Grau- und Anthrazittönen dominiert. Passend dazu da und dort Glas, Spiegel und silbriges Metall, farbenfrohe Kissen und Blumen sorgen in der Lounge für Kontrapunkte, fehlen jedoch in den Kabinen. Diese sind in sechs Kategorien unterteilt: Die sechs Ocean Staterooms mit Fenster auf Deck 3 sind 17 bis 19 qm gross, die Balcony Suiten auf Deck 4 und 5 weisen 26 bis 28 qm auf, die grössere Suiten auf Deck 5 und 6 zwischen 35 und 67 qm und die zwei Owner’s Suiten auf Deck 6 voraus mit grosser­ Terrasse gar 110 qm. Alle sind mit jedem Komfort inklusive Kaffeemaschine ausgestattet….

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