Die Reederei Phoenix Seereisen bietet das von ihr gecharterte Kreuzfahrtschiff Albatros der Europäischen Union zur Unterbringung von Flüchtlingen auf der griechischen Insel Lesbos an. Die Albatros gehört einer auf den Bahamas ansässigen Reederei und wird von der Hamburger Bernhard Schulte Cruise Services betreut. Seit April liegt das Schiff arbeitslos auf. In Griechenland werden aber zunächst Fähren genutzt. Für einen Einsatz als Kreuzfahrtschiff ist das 1973 in Finnland gebaute Schiff aktuell wegen der Pandemie nicht vorgesehen. Der Einsatz als schwimmende Unterkunft für die auf den griechischen Inseln gestrandeten Menschen wird dagegen seit Monaten diskutiert. „Denn da sind Leute, die Hilfe brauchen, und hier steht Kapazität leer“, erklärte Phoenix-Gründer Johannes Zurnieden mit Blick auf seine Schiffe. Er ist der erste Reedereivertreter, der bislang offen Schiffe für die Flüchtlingshilfe angeboten hat. Phoenix Seereisen würde demnach mindestens die Chartergebühren, die er selbst an die Reederei des betreffenden Schiffes zahlt, und die Abnutzungskosten übernehmen. Für weitere Kosten müssten andere Stellen aufkommen. Dazu gehören die Kosten für zusätzliches Hotelpersonal, Liegeplatz und Proviant.
Phoenix-Geschäftsführer Benjamin Krumpen: „Phoenix Reisen hatte schon zu Beginn der Krise angeboten, ein Schiff kostenlos für die Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Es ist alleweil besser, auf einem Kreuzfahrtschiff zu schlafen, als am Strassenrand. Wir stehen hier Gewehr bei Fuss. Das Schiff liegt jetzt in Bremen, wir könnten also in zwei Wochen da sein. Was wir nicht regeln können, ist die Organisation vor Ort. Darum müsste sich die griechische Regierung kümmern oder die EU. Bis jetzt sind aber noch keine Reaktionen gekommen. Auf dem Schiff wäre Platz für 900 Flüchtlinge.“
Die Bereitstellung eines Liegeplatzes muss jedoch von den griechischen Behörden übernommen werden. Die Fährhäfen auf Lesbos sind nicht für große Schiffe geeignet. Im Haupthafen Mytilini sind nur zwei Liegeplätze für Schiffe von 150 bis 200 Metern Länge.
Die EU-Kommission hatte sich am Montag auch aus diesem Grund zurückhaltend zu dem Kreuzfahrtschiffs-Vorschlag geäußert. Bei der EU wird als Lösung auf das neue Camp in Kara Tepe auf Lesbos sowie auf bereits vorhandene Schiffe verwiesen. Griechenland will zunächst eigene Schiffe einsetzen, die besser geeignet sein sollen. Sofort nach dem Feuer wurden das Fährschiff Blue Star Chios sowie ein Landungsschiff der griechischen Marine zum Hafen Sigri auf Lesbos geschickt. Auf der Fähre konnten zunächst 1000 besonders schutzbedürftige Menschen untergebracht werden. Aktuell sind auf Lesbos 12000 Menschen gestrandet, sie zum Teil aus dem Nahen Osten, Afghanistan, Syrien oder dem Irak geflüchtet sind. Bei einem Feuer war Anfang September das Lager Moria zerstört worden.
Hilfsbereitschaft signalisiert auch der Reiseanbieter Tui. „Grundsätzlich sind wir offen für Gespräche und den Einsatz von Schiffen”, sagte ein Unternehmenssprecher am Mittwoch. Die Umsetzung von humanitären Schutz- und Unterbringungsmaßnahmen sei allerdings staatliche Aufgabe, schränkte er ein. „Schon auf den ersten Blick ergäben sich aber viele praktische Fragestellungen, die zunächst durch Regierungen und Hilfsorganisationen bewertet werden müssten, beispielsweise zur Logistik und auch zur ausreichenden medizinischen Ausstattung und Versorgung auf den Schiffen”, heißt es bei Tui. In der vergangenen Woche hatte auch Athen zunächst eine Unterbringung der Geflüchteten auf Schiffen erwogen – zwei Marineschiffe und eine Fähre wurden auf Lesbos erwartet. Bislang aber steht den Geflüchteten nur das derzeit errichtete Zeltlager als Alternative zur Verfügung.
Die Idee, Kreuzfahrtschiffe für die Flüchtlinge in Griechenland einzusetzen, ist nicht neu. Wiederholt hatten sich die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley (SPD), und der deutsche Europaageordnete Erik Marquardt (Grüne) dafür stark gemacht. Zurnieden, der auch Mitglied der Katholischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe ist, hatte sich bereits mit Katarina Barley verständigt. FB/JPM/MW