Wissenschaftliche Forschung nicht nur von speziellen Forschungsschiffen aus zu betreiben, sondern auch von nicht-wissenschaftlichen Schiffen wie u.a. Frachtern oder Kreuzfahrtschiffen sowie marinen Infrastrukturen – das ist eine der Ideen der Helmholtz-Innovationsplattform „Shaping an Ocean Of Possibilities“ (SOOP), die neue Technologien und Strukturen in der Ozeanbeobachtung entwickeln soll. Jetzt hat SOOP eine Kooperation mit der norwegischen Reederei HX Hurtigruten Expeditions gestartet: Am vergangenen Sonnabend wurde die Fridtjof Nansen von Hamburg auf ihre erste von neun dazu vorgesehenen Expeditionsreisen geschickt.
Die Innovationsplattform SOOP wird mit 11 Millionen Euro aus dem Pakt für Forschung und Innovation, einer Forschungs-Förderinitiative des deutschen Bundes und der Länder, gefördert. Dabei bringen drei Helmholtz-Zentren, das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und das Helmholtz-Zentrum Hereon, Beteiligte aus Industrie, Zivilgesellschaft und Wissenschaft zusammen, um an dem Aufbau nachhaltiger Meeresbeobachtungsstrukturen im wachsenden Markt der New Blue Economy zu arbeiten. Ziel ist es ein, „Meer der Möglichkeiten“ für Kooperationen zwischen Wissenschaft und Industrie im Bereich der Meerestechnik und -dienstleistungen zu schaffen und konkrete Innovationen schnell und flexibel für Wirtschaft und Gesellschaft verfügbar zu machen.
Start der Kooperation in Hamburg
Die Zusammenarbeit mit dem kommerziellen Expeditionsreisen-Anbieter HX Hurtigruten Expeditions hat mit der Installation von Messgeräten an Bord der im Dezember 2019 von der Kleven Werft abgelieferten Fridtjof Nansen (BRZ: 21765) im Hamburger Hafen begonnen. Von dort aus ist das mit Hybrid-Antrieb ausgestattete und über die Polar-Klasse 6 verfügende 140-m-Schiff am Samstag nach Reykjavik aufgebrochen. Auf seiner Reise, die über Norwegen sowie die Shetland- und Färöer-Inseln führt, werden Daten für die Forschung gesammelt. Mit an Bord ist Melf Paulsen, wissenschaftlicher Ingenieur in der Forschungseinheit Chemische Ozeanographie am GEOMAR in Kiel. Er überwacht nicht nur die Messinstrumente, sondern bringt den Gästen der Reise auch seine Arbeit und das Projekt in Vorträgen näher. Auf den folgenden acht Expeditionsreisen des Schiffes werden dann abwechselnd Wissenschaftler:innen der drei Forschungsinstitute GEOMAR, AWI und Hereon an Bord Daten sammeln und ihr Wissen an die Gäste weitergeben. Gemessen werden neben Temperatur und Sauerstoffgehalt des Wassers auch der Salz-, Mikroplastik- und CO2-Gehalt. Daneben soll erprobt werden, wie man mittels Messungen von Phytoplankton und Erbgutspuren im Wasser (eDNA) von kommerziellen Schiffen aus die biologische Vielfalt in den Gewässern untersuchen kann.
Neue Strategien für breite Datensammlung
„Wir entwickeln einfach zu handhabende Instrumente, die es uns ermöglichen, die bekannte und erprobte Umgebung der wissenschaftlichen Forschungsschiffe zu verlassen“, erläutert Dr. Toste Tanhua, chemischer Ozeanograph am GEOMAR und Koordinator von SOOP. „Daneben brauchen wir einheitliche Standards für Daten und Analysen, um in allen Regionen ausreichend Informationen über unsere Ozeane sammeln zu können.“ Die Kooperation mit HX könne dabei helfen, neue und zukunftsfähige Strategien für die einfachere und umfassendere Datensammlung auf nicht-wissenschaftlichen Schiffen und marinen Infrastrukturen als Ergänzung zu den unverzichtbaren Expeditionen mit Forschungsschiffen zu entwickeln.
„Unsere Expeditions-Seereisen mit der Fridtjof Nansen tragen ab sofort dazu bei, bestehende Datenlücken zu füllen“, ergänzt Dr. Verena Meraldi, wissenschaftliche Leiterin bei HX Hurtigruten Expeditions. „Damit können wir einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis des Zustands wenig befahrener Meeresregionen leisten, und unsere Gäste haben die außergewöhnliche Möglichkeit, unmittelbar Einblick in laufende Forschungsarbeiten zu erhalten.“ Bereits seit 2013 kooperiert der Anbieter HX Hurtigruten Expeditions im Rahmen seines Wissenschafts- und Bildungsprogramms mit unterschiedlichen Forschungsinstituten weltweit. Den Forschenden werden Kabinen zur Verfügung gestellt, um ihre Projekte auf den Expeditionsreisen voranzutreiben und ihre Erkenntnisse im Rahmen des Vortragsprogramms an Bord mit den Gästen zu teilen. Ziel von HX ist es, das „nachhaltigste Expeditionsunternehmen der Welt“ zu werden. Als erstes Unternehmen der Branche hat HX nach eigenen Angaben Schweröl und Einwegplastik verbannt und im Jahr 2019 mit dem von der gleichen Werft erstellten Typ- und Schwesterschiff Roald Amundsen das weltweit erste Expeditions-Kreuzfahrtschiff mit Batterie-Hybridantrieb vorgestellt. JPM
Fotos: Hurtigruten, Myriam Dutzi