Um das älteste Kreuzfahrtschiff der Welt ist es ruhig geworden. Die Astoria liegt seit fast fünf Monaten in einem Arrestbereich des Rotterdamer Hafens. Und so richtig Hoffnung auf eine Zukunft für die einst stolze Stockholm von 1948 gibt es wenig.
Nach der missglückten Überführung des 160 Meter langen Kreuzfahrers von Tilbury nach Lissabon wurde die Astoria am 13. Dezember nach Rotterdam geschleppt. Im Waalhaven liegt das Schiff seitdem unter Arrest. Meterhohe Zäune, Container und Kamera sichern das Hafenbecken nahe der Innenstadt.
Die ausgefranste Flagge Portugals weht am Heck, an Oberdeck brennt das Licht und das CMV-Wappen ist noch im Schornstein. Ein Wachdienst kümmert sich um das Wesentliche. Das Schiff ist nicht mehr fahrtüchtig und die Kabinentechnik wurde nicht mehr genutzt. Der Zustand dieses Liners wirkt bedrückend.
Die Ansprüche der Gläubiger führten zur Insolvenz der Reederei Island Cruises, die in Lissabon mit dem Schiff nach der Pandemie große Pläne hatte. Die Gläubiger genehmigten deshalb im Januar die Versteigerung der Astoria in Rotterdam, einem beliebten Ort für Schiffsversteigerungen.
Doch bei der Astoria klemmte es. Ein Versteigerungstermin im Februar endete sogar ohne Gebote. Niemand wollte das 716-Betten-Schiff haben.
Ein Grund war das Mindestgebot von 10 Millionen Euro. Keiner der Interessenten war bereit, diese Summe auch nur annähernd zu zahlen. Nicht einmal Besichtigungen von Interessenten soll es gegeben haben.
Aktuell laufen neue Verhandlungen zwischen der Insolvenzverwaltung der portugiesischen Reederei Islands Cruises ‐ Transportes Marítimos Unipessoal.
Neben Banken und Investoren in Portugal gehören auch Schleppereigner zu den Gläubigern. Noch vor dem Sommer soll jetzt die Entscheidung fallen, ob die Astoria nach Höchstgebot versteigert werden kann. In diesem Fall haben auch Schiffsabwracker eine Perspektive, da der massive Rumpf sehr viel Stahl bietet. Der Schrottwert des Schiffes wird auf höchstens drei Millionen Euro taxiert. Die etwas kleinere Astor erbrachte bei der Versteigerung an Abwracker nur 1,7 Millionen Dollar.
Kommt es bei so einer Versteigerung zum Zuschlag, dürfte das Schicksal dieses stolzen Schiffes schnell bei einer Abwrackwerft enden. Neben Aliaga in der Türkei gehören auch Abwracker aus Gent zu den Interessenten.
Zuletzt war das Schiff für den britischen Anbieter CMV im Angebot. Die Firma wurde im Zuge der Corona-Krise im Juli aber stillgelegt. Im Oktober wurden die meisten Schiffe versteigert. Die lediglich gecharterte Astoria wurde aus der Charter entlassen und sollte zurück nach Portugal.
Der Lebenslauf des bei den Götaverken in Göteborg gebauten Liners begann 1948 als Stockholm. 1956 wurde das Schiff weltbekannt, als es vor New York den italienischen Liner Andrea Doria rammte.
Von 1960 bis 1985 fuhr das Schiff als Völkerfreundschaft der DDR-Staatsreederei DSR. Später wurde das Schiff mehrfach umgebaut und saniert. Es fuhr auch als Italia Prima und Valtur Prima für Reisekonzerne wie Neckermann oder Festival Cruises. FB