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„Legerer Lifestyle“

Seit etwa zwei Jahren ist VIVA Cruises, ein Tochterunternehmen der Schweizer Reederei Scylla, auf dem deutschen Markt. Die Chefin des jungen Flusskreuzfahrtveranstalters, Andrea Kruse, kann sich derzeit über eine gute Nachfrage für Reisen freuen. Michael Wolf sprach mit ihr über Entwicklung und Ziele.

Seit wann gibt es VIVA Cruises?

Seit dem 1.1.2018. Aber zu diesem Zeitpunkt gab es noch keinen Namen, nur ein Blatt weißes Papier, das gefüllt werden wollte. Eine der Ideen dahinter war, das Gruppengeschäft im Winter, das von den Charterpartnern von Scylla kaum wahrgenommen wurde, in Eigenregie und als eigener Veranstalter weiterzuführen.

Auf der ITB im März 2018 wollten wir die Firma mit einem klaren Konzept vorstellen – und vor allem einen Namen und die ersten Reisedaten.

Wie entstand der Name?

Das Produkt sollte nicht nur deutsch sein, sondern sich auch an das internationale Publikum richten. Also brauchten wir einen entsprechenden Namen. Gleichzeitig wollten wir keine Kundenverschiebung von den Charterern, es sollten neue Gäste sein.

Ich mag einfache Botschaften, nichts Kompliziertes. Es sollte ein Name sein, der in vielen Sprachen einfach zu verstehen und sprechen ist. Meine Überlegung: Wir verkaufen Menschen eine Reise, die für sie eine Auszeit bedeuten, etwas, auf das man sich freuen kann, Lebenslust, Momente, die man genießt. So entstand VIVA, enjoy the moment.

Welche Märkte wollen Sie bedienen?

Benelux, Skandinavien, UK – dort haben wir auch Gruppenpartner – und die USA. Etwa 35% sind 2020 international, 65% kommen aus dem deutschsprachigen Bereich (DACH).

Wie ist die Kommunikation mit den Gästen geregelt?

Andrea Kruse, COO VIVA Cruises, Foto: VIVA Cruises

Die Hauptsprachen sind Deutsch und Englisch, auf unserer Website sind die Preise mittlerweile auch in mehreren Währungen angegeben. Auch die Rechnungen können entsprechend in mehreren Währungen ausgestellt werden. Als Bordsprachen gelten Englisch und Deutsch. Da wir viele Gruppenreisen haben, kann man auch entsprechende Crewmitarbeiter mit Kenntnissen der Gästesprache einsetzen, sie sind international aufgestellt. Auf den Fahrten gibt es keine endlosen Durchsagen in zahllosen Sprachen. Den deutschen Gästen haben wir ja schon zuvor gesagt, dass es ein internationales Produkt ist, die meisten mögen dies besonders.

Wie viele Schiffe haben Sie derzeit und was ist das Alleinstellungsmerkmal von VIVA Cruises?

Wir sind 2020 mit neun Schiffen unterwegs. Sie sind unterschiedlich – einige sind Suitenschiffe, andere haben Zweibettkabinen. Aber der All-Inclusive-Standard ist bei allen auf demselben Level. Der Gast wird überall sofort den VIVA-Stil erkennen.

2021 haben wir neben der Vollpension die komplette Getränkekarte inkludiert. In diesem Jahr gibt es bereits eine umfangreiche Selektion, neben den wechselnden Hausweinen, Bier, Softdrinks, Longdrinks, Aperol Spritz, Kaffeespezialitäten, Tee – da ist für jeden Gast etwas dabei. Wenige Ausnahmen wie Champagner werden berechnet.

Auch die Minibar wird nach Wunsch täglich neu gefüllt. Dazu gibt es in den Badezimmern sehr hochwertige Pflegeprodukte von Rituals, das ist auch ein Teil des VIVA-Stils.

Welche Altersgruppe haben Sie im Fokus?

Menschen kann man heute nicht mehr nach dem Alter einteilen. Lebensfreude, Abenteuerlust und Energie findet man heute bei immer mehr Altersschichten, bei 40-jährigen genauso wie bei 70-jährigen.

Willkommen ist bei uns jeder, der unseren legeren Lifestyle mag und verkörpert. Viele von ihnen wollen bei der Reise Dinge auf eigene Faust unternehmen. Deshalb haben wir eine Zusammenarbeit mit TravelCoup begonnen, bei denen man bestimmte Leistungen wie Museumsbesuche ohne Warteschlangen, Hop-On Hop-Off-Bustouren oder Radverleih unabhängig von uns buchen kann. Sie bieten alles im Ausflugsbereich an, das individuell stattfindet. Unsere eigenen Exkursionen sind immer geführt, bieten eine große Bandbreite vom VW-Bulli-Trip durch die Weinberge mit Verkostungen bis zum Sektempfang auf einem alten Schloss.

Sind die Landausflüge inklusive?

Nein, das ist eines der wenigen Ausnahmen. Sie können entweder vorher online oder an Bord gebucht werden.

Wie ist der derzeitige Altersdurchschnitt der Gäste?

Die Flusskreuzfahrt hatte lange den schlechten Ruf, mit Gästen zu fahren, die altersmäßig nichts anderes mehr machen können. 2019 waren wir zum ersten Mal über die ganze Saison im Einsatz, hatten 5600 Gäste. Dabei stellten wir ein Durchschnittsalter von 62 Jahren fest, das ist sehr positiv.

Gibt es spezielle Angebote für Familien?

Familien sind an Bord willkommen, wir bieten auch Kinderpreise, haben aber sonst keine speziellen Konzepte oder Themenreisen hierfür.

Wie hoch ist der Anteil von Online-Buchern?

Bei uns buchen etwa 14% der Kunden direkt,16% über die großen Online-Anbieter. Die gerade aufgelegten Kurzreisen werden derzeit hier besonders gut gebucht, wir haben da einen richtigen Run.

Welche Ziele sind derzeit im Fokus.

Derzeit – man kann ja nur bei der gegenwärtigen Entwicklung von heute reden – ist es eindeutig Deutschland. Einige Häfen haben sich noch nicht entschieden, ob und wie sie wieder Passagierschiffe willkommen heißen, prinzipiell gibt es ja keine Restriktionen. In Holland ist es ja so, dass in den Häfen nur Flusskreuzfahrtschiffe bis zu 100 Personen, Gäste und Crew zusammengezählt, anlegen dürfen.

Wie sehen bei Ihnen die sanitären Maßnahmen zum Wiederbeginn der Kreuzfahrten aus?

Es gibt ein komplettes Konzept, was wir auch auf unserer Website veröffentlicht haben. Dazu gehört ein Screening der Gäste mit verbindlichem täglichem Fiebermessen (bei der Crew mehrmals täglich), sowie ein Gesundheitsfragebogen. Ein Antikörpertest liefert heutzutage noch zu wenige Informationen, da ist die Körpertemperatur eher verbindlich. Über 38 Grad stimmt was nicht. Dazu natürlich tägliche Desinfektionsmaßnahmen von Geländern u.a.. Die öffentlichen Toiletten bleiben zunächst geschlossen. Es wird keine Buffets geben, sondern der Gast am Tisch bedient. In den Restaurants haben wir die Tische entzerrt, einige Plexiglaswände als Trennung einbauen lassen. Die Gänge zu den Kabinen sind nur in einer Richtung begehbar. In den öffentlichen Bereichen herrscht Maskenpflicht, nur in den Restaurants und der Lounge für die Gäste nicht. Für die Crew ist die Maskenpflicht überall obligatorisch. Wir haben uns da an die Regeln der DEHOGA angelehnt. Die Teilnehmerzahl bei Ausflügen wird auf 8-12 Gäste statt üblicherweise bis zu 20 reduziert, außerdem gibt es die kabellosen Audiogeräte. Das sind natürlich alles Kompromisse, aber wir sind trotzdem froh, dass es endlich los geht. Gäste, die die Maßnahmen nicht respektieren, werden von Bord verwiesen, das muss klar sein.

Wann geht die erste Fahrt los?

Am 26. Juni geht es mit der frisch renovierten VIVA TIARA von Düsseldorf aus los nach Passau, das wird sozusagen ihre Jungfernfahrt.

Was ist Ihr gegenwärtige Tagespreis?

Die Schiffe sind unterschiedlich, wir haben ja auch Suitenschiffe. Bei der VIVA TIARA ist es ein Tagespreis von 199€ all inclusive.

Wie ist jetzt die Buchungsentwicklung?

Wir haben unsere bereits gebuchten Kunden alle persönlich angerufen und konnten 40 Prozent von ihnen umbuchen auf spätere Reisen.Die Leute wollen wieder reisen, auch 2021 ist gut gebucht, unser Katalog ist seit der ITB, die nicht stattfand, fertig. Den konnten wir den Kunden dann gleich senden. Aber es haben auch viele auf Oktober und November diesen Jahres umgebucht. Wenn man die Passagierzahlen der stornierten Reisen herausrechnen, kommen wir immer noch auf eine Zahl von 8000 bis 8500 Gästen dieses Jahr, das ist eine sehr gute Entwicklung. Werden sich die Dinge wieder normalisieren, sollten wir 2021 dann etwa auf 15.000 Passagiere kommen. Dazu wird auch die VIVA ONE beitragen – es ist der erste eigene Neubau für VIVA Cruises und kommt im Juni nächsten Jahres.

Foto: VIVA Cruises