Bremerhaven ist immer eine Reise wert. Das gilt einmal mehr, wenn die Menschen an der Außenweser ihre SAIL feiern. Dieses internationale Windjammertreffen, das hier alle 5 Jahre ausgetragen wird, musste in diesem Jahr jedoch, in der Corona-Flaute ihre Segel streichen. Die sturmerprobten Küstenanwohner ließen sich davon jedoch nicht aus Planken heben. Sie schoben die SAIL einfach ins nächste Jahr und machten sie etwas „lütter“ (kleiner). Die neue „lütte sail“ soll vom 11. bis 15. August gefeiert werden, so Corona die Beine stillhält. Zehn Segelschiffe, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Sängerin Sarah Connor haben auf jeden Fall schon mal zugesagt. Ahoi „lütte sail 2021“.
Getreu dem Motto das Zelt ist längst aufgebaut und das Bier steht kalt, startet die „lütte sail“ gleich mal mit einem richtigen Spektakel – einer „Sail-In-Parade“ bei der alle zum Fest eigeladenen Segler in die Stadt einfahren. Bundespräsident Frank Walter Steinmeier, der seine Schirmherrschaft bereits zugesagt hat übernimmt die feierliche Eröffnung. Spektakulär werden wohl auch die tollen Open-Air-Konzerte, in Bremerhaven direkt auf der Seebäderkaje am Meer stattfinden. Popgrößen wie Sarah Connor, Revolverheld und Ben Zucker sind fest gebucht, fürs Fest. Hoch hinaus geht’s am Samstagabend, beim atemberaubendes Höhenfeuerwerk direkt über der Weser. Vielleicht mit einem schmucken Kreuzfahrtschiff, dass darunter kreuzt. Wem das alles zu viel Tamtam ist, der kann sich auch einfach 5 Tage lang vom maritimen Flair Bremerhavens in den Arm nehmen lassen und den besonderen Zauber einer Hafenstadt genießen.
Windjammer und Seefahrt, gehören zu Bremerhaven wie salzige Luft und Möwengeschrei. Jeder der schon einmal in der größten Stadt an der deutschen Nordseeküste war weiß das. Seit langem schon feiern die Menschen dort ihre große Verbundenheit zum Meer, ihre Liebe zu den Schiffen und ihr großes Herz für die Seefahrt. Als in diesem Jahr die SAIL – das Königsfest unter den maritimen Events der Stadt – abgesagt werden mußte, wog das schwer auf den Seelen der Seestädter*innen. Doch Küstenmenschen wischen sich die Gischt auf den Gesichtern und machen aus einer Not eine Tugend. Kurzerhand retteten Sie was noch zu retten war, speckten Sie SAIL gehörig ab und schoben sie einfach ins nächste Jahr – et voilà – die „lütte sail“ war geboren. Aber damit noch nicht genug, denn weil Pragmatismus an der Waterkant kein Seemannsgarn ist wurde aus der „lütte sail“ auch gleich ein jährlich wiederkehrendes Fest, das nur alle 4 Jahre von der großen „SAIL“ unterbrochen wird. Das nächste Mal zur „SAIL Bremerhaven 2025“ – Zack und fertig!
Selbstredend dreht sich auch bei der „lütte sail“ alles um Segelschiffe in allen Farben, Formen und Größen. Bremerhaven nennt sich schließlich „Hauptstadt der Windjammer“. Rund 250 große Tiefwassersegler wurden hier gebaut. Einige von ihnen segeln heute noch um die Welt. Deshalb haben die Veranstalter sich zur Premiere der „lütte sail“ etwas ganz Besonderes ausgedacht. Eine Hommage an die Pioniere der Seefahrt. Jene Teufelskerle, die mit nichts außer dem Schiff unter ihren Füßen, den Segeln über ihren Köpfen und Furchtlosigkeit in ihren Herzen aufbrachen, um unbekannte Lande zu entdecken. Diese Ära der Seefahrt und ihrer Helden war von berühmten Seefahrern und ihren legendären Gefährten geprägt. Schiffe, die allesamt längst auf dem Gründen der Ozeane ruhen. Die Organisatoren der „lütte sail“ konnten jedoch ein paar fantastische Nachbauten dieser historischen Segelschiffe nach Bremerhaven locken.
Einer dieser Nachbauten ist die „Nao Victoria“. Eine Replik des ersten Schiffes, dem eine komplette Erdumsegelung gelang. Die „Victoria“ war Teil Flotte des berühmten Entdeckers Ferdinand Magellan, der 1519 zur ersten Weltumseglung aufbrach. Magellan selber verlor dabei auf den Philippinen sein Leben. Juan Sebastián Elcano, einer seiner Offiziere, vollendete sein Werk. Die „Nao Victoria“ erreichte als einziges von ursprünglich 5 Schiffen das Ziel der Reise – nach 3 Jahren. An Bord des Nachbaus kann man sich ein sehr eindringliches Bild davon machen warum Erdumsegelung im 16. Jahrhundert so gar nichts von Cocktail-Stimmung am Pool Deck hatte.
Mit der „El Galéon“ bricht man zu einer Kaperfahrt in das Goldene Zeitalter der Piraten auf. Der imposante 3-Master ist ein Nachbau einer Spanischen Galeone, der es im wahrsten Sinne des Wortes in sich hat. Im Bauch, dieses schwimmenden Traums aller „Captain Blackbeard’s“ dieser Welt, befindet sich nämlich ein schwimmendes Museum. Die Überlegenheit der Galeonen machte sie für mehr als 3 Jahrhunderte zum dominierenden Schiffstyp auf allen Weltmeeren. Ihr Ruf als schnelle, wendige Kriegsschiffe mit großer Hochseetauglichkeit ist bis heute legendär.
Ebenso legendär wie die “Earl of Pembroke”. So lautete nämlich der erste Name der „Endeavor“, jenes Schiffes, mit dem der britische Entdecker James Cook 1770 erstmals Australien erreichte. Die „Earl“ ist zudem ein schwimmender Hollywoodstar. Bei dem Rekonstruktionsbau des Schiffes wurde großer Wert darauf gelegt, dass es den besonderen Ansprüchen von Filmproduktionen genügt. Ein Aufwand der Früchte trug. Bis heute ist der Segler in über 20 Filmen zu sehen. In „The Cloud Atlas“ standen Tom Hanks und Halle Berry am Streuer, in „Alice im Wunderland“ liefen Johnny Depp und Anne Hathaway über ihre Planken und „Mary Reilly“ waren Julia Roberts und John Malkovich an Deck des Schiffes.
Mit der „Ubena von Bremen“ letztlich, schaut man in die große Zeit der „Hanse“. Sie ist ein 1:1 Nachbau der 1962 in Bremen gefundenen Hansekogge aus dem 14. Jahrhundert. Das Original kann gleich nebenan, im Deutschen Schifffahrtsmuseum bestaunt werden. Schwimmen kann es allerdings nicht mehr.
Deutlich moderner geht es an Bord der „Alexander von Humboldt 2“ zu. Die grüne Bark ist eine waschechte Bremerhavener Deern. Undenkbar also, dass die „lütte sail“ ohne das Ausbildungsschiff der „DSST“ stattfindet. Der weltberühmte Windjammer ist das Flaggschiff der „Lütten SAIL“ und wird die SAIL-In-Parade anführen. Dort wird auch das norwegische Vollschiff „Christian Radich“ zu sehen sein. Der elegante Dreimaster mit Heimathafen Oslo ist eine wahre Schönheit unter Segeln und gehört mit ihren rund 73 Metern Länge wohl zugleich zu den größten Gästen der „lütte sail“. Marco Butzkus