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„Mein Schiff Relax“ – Die Pod-Premiere

Die Mein Schiff Relax ist das zehnte Schiff in der Flotte von TUI Cruises. Es ist aber der Neubau mit den technologisch meisten Neuerungen in der Geschichte der 2008 in Hamburg gegründeten Reederei. Die wohl wichtigste Neuerung in der Technik umfasst das neue Antriebskonzept. Erstmals kann Kapitän Tom Roth mit seinen Offizieren auf zwei Pod-Antriebe am Heck zugreifen.

Die Mein Schiff Relax wurde zwar bei Fincantieri in Italien gebaut, hat aber ein Herz aus Finnland an Bord. Fünf Dual-Fuel-Motoren von Wärtsilä aus Turku in Finnland sind in den Maschinenräumen angeordnet.

Bei den Maschinen handelt es sich um drei große Dual-Fuel-Motoren des Typs 12V46DF mit jeweils rund 13 Megawatt Leistung und zwei kleiner Motoren der Baureihe mit jeweils 8,8 Megawatt Leistung. Damit sind in der Mein Schiff Relax dieselben Motoren eingebaut wie in der 2024 gelieferten Mein Schiff 7. Der Unterschied zur Mein Schiff 7 ist der Treibstoff. Die Buchstaben DF in der Motorenbezeichnung stehen für Dual-Fuel. Der Treibstoff kann dabei gewechselt werden.

Während die vier 12V46DF auf der Mein Schiff 7 für den Betrieb mit Methanol oder Biofuels als Treibstoff vorbereitet sind, werden auf der Mein Schiff Relax die fünf 46DF-Wärtsilä-Motoren mit verflüssigtem Erdgas (kurz LNG) betrieben. Zwei große LNG-Tanks mit einem Fassungsvermögen von je 1.438 Kubikmetern sind vor dem Maschinenraum eingebaut.

Am 21. Februar belieferte der Tanker Ravenna Knudsen die Mein Schiff Relax in Triest mit einer vollen Ladung LNG. Während der Sommersaison soll die Mein Schiff Relax laut Reederei im Mittelmeer auch komplett mit LNG gefahren werden. Versorgt wird das Schiff dabei aus dem großen LNG-Lager in Barcelona.

Für die Bewegung des Schiffes sorgen erstmals bei TUI Cruises zwei Azipod der finnischen Marke ABB. Die um 360 Grad drehbaren Propellergondeln sind mit Elektromotoren ausgestattet und hängen achtern unter dem Heck. Sie liefern jeweils eine Leistung von 20 Megawatt auf die Propeller.

Der Vorteil der Azipod-Antriebe ist der Mix aus hoher Manövrierfähigkeit und der Einsparung von Querschubsystemen und Ruderblättern im Heck. Dadurch wird weniger Technik im Schiff verbaut und es gibt mehr Platz für Kabinen. Gleichzeitig fallen die Antriebswellen und Getriebe weg, da die Elektromotoren in den Gondeln direkt mit den Propellern verbunden sind. Auch Ruderblätter werden bei einem Azipod-Schiff nicht benötigt.

Nachteil ist der Reparaturaufwand im Fall eines Defekts. Eine Azipod-Gondel lässt sich nur im Dock wechseln und der Ersatz ist sehr teuer. Außerdem sind Docks für ein Schiff mit über 300 Metern Länge in Europa sehr knapp. Schäden an der Gondel können so hohe Kosten bei der Reparatur und eventuell Ausfallzeiten verursachen.

Einen weiteren Nachteil können Passagiere im Heck spüren. Azipod-Antriebe können bei höheren Geschwindigkeiten starke Vibrationen in flachen Gewässern verursachen. Auf der Überführungsfahrt von Triest nach Palma löste sich deshalb im Atlantik-Restaurant beim Abendessen eine Deckenpanele.

Die Neubauten Mein Schiff 1 bis Mein Schiff 7 haben noch konventionelle Antriebsstränge mit zwei Elektromotoren im Schiff, zwei Wellen und zwei Verstellpropellern und Rudern unter dem Heck.

Bei der installierten Leistung steigert sich die Mein Schiff Relax auf 60.000 Kilowatt, gegenüber 48.000 bei der Mein Schiff 7. Bei der reinen Antriebsleistung übertrifft die Mein Schiff Relax mit 40 Megawatt die Vorgängerin auch um 12 Megawatt. Bei der Geschwindigkeit liegt die Mein Schiff Relax aber laut Reederei-Angaben mit 21,5 Knoten etwas unter der Mein Schiff 7, was an dem etwas breiteren Rumpf liegen dürfte.

Zur technischen Ausrüstung gehören ein Landstromanschluss genauso wie eine moderne Wasseraufbereitungsanlage mit drei Osmose-Systemen. Dort können pro Tag bis zu 2.700 Kubikmeter Wasser für den Verbrauch an Bord aufbereitet werden. Der Verbrauch des Schiffes soll bei voller Auslastung bei 700 bis 1000 Kubikmetern Wasser liegen. Der Wasserverbrauch schwankt je nach Fahrtgebiet. Mit dieser Erzeugungskapazität soll die Aufnahme von Frisch- und Trinkwasser in den Häfen im Mittelmeerraum vermieden werden, wo es gerade in den Sommermonaten oft eine Wasserknappheit gibt.

Neu ist auch die Kommandobrücke der Mein Schiff Relax. Kapitän Tom Roth hat zusammen mit dem norwegischen Hersteller Vard (Tochter von Fincantieri) ein integriertes Brückensystem gestaltet, bei dem die Monitore und Arbeitsplätze neu angeordnet wurden. Ziel ist eine bessere Übersicht und Kommunikation zwischen den Nautikern auf der Brücke. Es ist das erste System dieser Art auf einem Kreuzfahrtschiff. Bislang wurde das System Sea Q von Vard überwiegend auf kleineren Kreuzfahrtschiffen in Norwegen oder bei Spezialschiffen verbaut. FB

Fotos: Frank Behling