Die 43-jährige Finanzexpertin Rania Al-Mashat ist seit Januar 2018 Tourismusministerin in Ägypten. Erstmals steht somit eine Frau an der Spitze des Ministeriums. Über ihre Pläne, auch den Kreuzfahrt-Tourismus im Land der Pharaonen zu pushen, sprach sie mit Michael Wolf.
Was sind Ihre Prioritäten im ägyptischen Tourismus?
Als ich Ministerin geworden bin, haben wir die wichtigsten Interessenvertreter zusammen an einen Tisch gebracht, also den Privatsektor, die Regierung und das Parlament.
Die Vision war, einen nachhaltigen Tourismus zu kreieren, der im internationalen Bereich wettbewerbsfähig ist und den wichtigsten internationalen Standards entspricht. Zudem war die Idee, dass in jedem ägyptischen Haushalt zumindest eine Person im Tourismus tätig sein sollte.
Wie gehen Sie dabei voran?
Wir sind dabei, mit unserem Programm zu trainieren, die ethischen Fragen des Tourismus zu erläutern, was es bedeutet, einen Besucher „willkommen zu heißen“. Wir haben Wettbewerbe in Schulen bei denen Kinder Videos hochladen können, wie sie mit Touristen umgehen. Sie bekommen dann Titel wie „ägyptischer Tourismus-Botschafter“ verliehen.
Bei den Hotels arbeiten wir sowohl an der Hardware (die Hotels und die Infrastruktur), als auch an der Software (den Mitarbeitern). Die Sterne-Klassifizierungen wurden seit 2006 nicht geändert.
Was wussten Sie über Kreuzfahrten, als Sie vor einem Jahr Tourismusministerin wurden?
Luxor und Assuan waren immer auf meiner Winterferien-Liste, in der Universitätszeit bin ich auch mit Freunden auf Kreuzfahrten gewesen. Ägypten ist wunderschön. In der Region zwischen Luxor und Assuan kann man veritables Tempel-Hopping machen.
Der Nil ist ein sehr wichtiges Geschenk für Ägypten.
Die Geschichte des Flusses ist faszinierend. Es war der Weg, die Steine zu transportieren, aus denen die Pyramiden errichtet wurden. Der Nil und Nord-Ägypten ist blau, weit und schön. In Abu Simbel herrscht eine unfassbare Schönheit und Ruhe. Die Pharaonen erzählen Geschichten. Wenn Sie hier auf einer Kreuzfahrt sind, tauchen Sie in diese Geschichten ein. In ihr Leben, wie sie sich vorbereitet haben für das Leben nach dem Tod, die Magie ihrer medizinischen Instrumente – in Kom Ombo, in Edfu, die Astronomie. Es ist ein idealer Weg, den Geist der Menschheit zu entdecken.
Der Nil hat jetzt wieder einen deutlichen Zuwachs an Touristen erlebt.

Ja, es gibt einen Aufschwung der Nilkreuzfahrten. Gleichzeitig wurden die meisten Schiffe upgedatet, auch nach sicherheitsrelevanten Aspekten.
Dies geschieht in Kooperation mit der ägyptischen Tourismus-Föderation, unter voller Einbindung des Privatsektors, der 98 Prozent des Business ausmacht. Darauf bin ich stolz.
Unsere Rolle als Ministerium ist es, dass die Regeln eingehalten und aktualisiert werden, die Konkurrenzfähigkeit gewährleistet wird, aber auch immer mehr Business im und für das Land zu etablieren. Einige Firmen investieren in neue Schiffe, auch die lange Kreuzfahrt von Kairo nach Luxor wird wiederbelebt. Das sind sehr erfreuliche Entwicklungen.
Wie wichtig ist der Kulturtourismus in Ägypten?
Ägypten ist vielfältig: es gibt das Meer und die Sonne. Und den Kulturtourismus, den wir wiederbeleben möchten. So ist es einzigartig, dass die komplette Region von Luxor Teil des UNESCO Welterbes ist.
(Anmerkung der Redaktion: Abu Simbel war das erste Projekt der UNESCO vor dem Bau eines Stausees. Die Rettung der Tempel von Nubien war ein weltweites Gemeinschaftsprojekt zur Erhaltung des Kulturerbes. Die Idee der Welterbekonvention wurde in Abu Simbel gefasst.)
Ich gebe Ägypten meinen Verstand, mein Herz, meine Seele. Ägypten besitzt mich. Jede Zelle meines Körpers ist für das Land, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.
Rania Al-Mashat, Tourismusministerin Ägypten
Ägypten zu dienen, indem wir zu einer Politik beitragen, die den Reichtum des Nils an alle seine Bürger weitergibt, ist nicht nur eine Mission, sondern eine Leidenschaft.
Dabei wird Ihnen das Grand Egyptian Museum (GEM) helfen?
Genau. Das GEM soll Ende 2020 eröffnet werden.
Es ist das einzige Museum, wo man ägyptisches Erbe sehen kann, und die Pyramiden als Kulisse hat. Über das GEM wollen wir die Leute daran erinnern, was uns unterscheidet und auf was wir stolz sind.
Gibt es Masterpläne für den Kreuzfahrtbereich?
Wo die Kreuzfahrt stoppt ist ein wichtiger Punkt.
Wir haben Liegeplätze in Luxor und Assuan. Wir versuchen diese auszubauen, so dass wir mehr Touristen empfangen können. Wir möchten auch gern Al-Minya, die Heimat von Echnaton, als neues Kreuzfahrtziel einführen, weil es fantastische Tempel besitzt.
Ist auch der Hochseemarkt im Fokus?
Es gibt eine Vereinbarung zwischen Griechenland, Zypern und Ägypten, geopolitische Kooperationen und eine Kreuzfahrtlinie. Das Programm der Anlaufhäfen
ist finalisiert. Wir hoffen, Ende 2019/Anfang 2020 diese Reisen anbieten zu können. Wir haben ein sign-up für eine Route zwischen den drei Ländern. Darauf wird der Hafen von Alexandria gut vorbereitet. Auch für die Schienenverbindung nach Kairo gibt es einen detaillierten Plan.
Die Mittelmeerküste Ägyptens ist im Fokus: Ich bin als Kind jeden Sommer dort gewesen, mein Lieblingsplatz zum Schwimmen. Die Strände die wir am Mittelmeer haben sind fantastisch.
Hatten Sie ein Vorbild für dieses Tourismus-Konzept?
Nein. Ich denke, Ägypten hat immer eine Vorreiterrolle gegenüber anderen Ländern im Tourismusbereich gehabt und die Standards gesetzt.
Ihr persönlicher Tipp?
Ich liebe die Tempel von Kom Ombo und Philae. Kom Ombo, weil an den Wänden des Tempels zahlreiche Elemente der Astronomie zu finden sind. Instrumente der Medizin, Detailvielfalt an den Wänden. Man kommt nur dahin, wenn man eine Kreuzfahrt macht.
Der Philae Tempel gehört zu meinen schönsten Kindheits- und Jugenderinnerungen.
Foto: enapress.com, Fotoaufmacher: AdobeStock