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Meyer Werft kann auch kantig

Bei Deutschlands führender Kreuzfahrtwerft gibt es jetzt ein Konzept für die Zukunft. Da die Zahl der Neubestellungen weiter nicht die Lücken in der Auslastung der Papenburger Traditionswerft füllt, versucht die Geschäftsführung umzusteuern. Die Lage der Meyer Werft ist wegen der langen Flaute bei den Auftragseingängen inzwischen mau. Und auch bei der Lürssen Werft hat jetzt ein Feuer die Lage verschärft.

Wann wird der Auftragseingang bei der Papenburger Meyer Werft wieder die Werte erreichen, die eine sichere Auslastung für die 3.100 Mitarbeiter am Standort Papenburg erlaubt. Ein Arbeitsplatzabbau ist der eine Weg. Auf diesem Weg gab es nun eine Einigung mit Belegschaft und Gewerkschaften. Die Papenburger Werft wird schrumpfen.

„In erster Linie geht es uns um ein erfolgreiches Fortbestehen des Familienunternehmens. Die jetzt von Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretung geschlossene Rahmenvereinbarung ist die Basis für eine positive Zukunftsperspektive der Meyer Werft. Es ist eine belastbare Lösung im Sinne des Unternehmens, der Beschäftigten, Zulieferer und damit für die Region bzw. den maritimen Standort Deutschland“, so teilt die Familie Meyer in einem Statement mit. Im Namen von Bernard, Tim, Jan und Paul wurde dabei auch die Tür für den Einsteig neuer Gesellschafter geöffnet.

„Die Meyer Werft ist attraktiv für einen temporären Einstieg neuer Gesellschafter, und genau das lässt die Rahmenvereinbarung zu – unabhängig davon, ob der Investor öffentlich oder privat ist“, so die Familie Meyer. Es soll dabei auch mehr Transparenz geben. Die Einrichtung eines Aufsichtsrats mit Beteiligung der Arbeitnehmer ist dabei nur ein Baustein. „Die perspektivische Bildung eines Aufsichtsrats tragen wir mit und sind überzeugt, dass es in diesem Gremium eine konstruktive, vorausschauende Zusammenarbeit geben wird“, heißt es auf einmal.

Damit wandelt sich die Werft zu einem modernen Großunternehmen. Die Familie sei sich ihrer unternehmerischen Verantwortung bewusst, ließ sie verlauten. Die nun anstehende Sanierung wurde mit einer Vereinbarung mit der IG Metall und Betriebsrat eingeleitet. Nach der am 3. Juli unterzeichneten Vereinbarung wird eine Belegschaftsstärke bei Meyer von mindestens 3.100 Beschäftigten, davon mindestens 1.200 Tarif-Beschäftigten in der Fertigung bis Ende 2030 garantiert. Mindestens 45 Auszubildende und neun Dual Studierende sollen jährlich eingestellt werden. Der Personalabbau bei der Meyer Werft, dem Rohrzentrum und EMS Maritime Services wird von den zunächst geplanten 440 auf jetzt 340 Stellen reduziert. Dazu soll die Produktivität der Werft gesteigert werden. 

Der Personalabbau erfolge laut Gewerkschaft in mehreren Stufen und mit bereits vereinbarten sozialen Standards. Zunächst werden 100 Zeitverträge auslaufen. Die übrigen Stellen sollen durch ein Freiwilligenprogramm abgebaut werden. Nur wenn dieses nicht ausreichen sollte, sind betriebsbedingte Kündigungen nach dem 31. März 2025 bis zu der vereinbarten Anzahl an Stellen möglich. „In einer außerordentlich schwierigen Situation haben wir uns auf Eckpunkte geeinigt, die die Grundlage für einen Neustart der Zusammenarbeit bieten. Die Beschäftigten leisten ihren Anteil zur Rettung der Werft. Jetzt sind Bund und Land sowie die Banken gefordert, die Finanzierung der Zukunft sicherzustellen“, so Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste. 

Ziel sei es nun, die Werft wieder bei der Wettbewerbsfähigkeit auf einen Level mit den Wettbewerbern in Frankreich und Italien zu bringen. Die großen Reedereien bereiten gerade wieder neue Ausschreibungen für Neubauten vor. Dabei geht es um die erste Generation der Schiffe mit klimaneutralen Antriebslösungen. 

Konverterplattform Baltic 2, Bild: Frank Behling (Archiv, Symbolfoto)

Aktuell schließt die Werft die Auftragslücke mit kreativen Projekten. So ist Meyer am Bau von Marineschiffen, Forschungsschiffen und kantigen Konverterplattformen beteiligt. Ein Novum ist der Stahlbau für vier große Konverterplattformen in Papenburg. 

„Wir werden hierbei das bei uns auf der Werft etablierte Laser-Hybrid-Schweißverfahren einsetzen. Beim Bau von Gleichspannungs-Plattformen kommt es erstmalig zum Einsatz und zeigt eindrucksvoll, wie wir unser Know-How auf andere maritime Bereiche übertragen können“, erklärt Jan Meyer, Chief Business Innovation Officer der Meyer Gruppe. 

Die kantigen und sehr hohen Plattformen sind für Amprion Offshore GmbH bestimmt und sollen in der deutschen Bucht und der Ostsee aufgestellt werden. Die Amprion Offshore GmbH hatte Dragados Offshore und Siemens Energy vor rund zwei Jahren mit dem Bau der Plattformen beauftragt. Das Konsortium hat Teile der Fertigung Ende 2023 an die Meyer Werft vergeben. Der Leistungsumfang für die Fertigung von Plattformkomponenten in der Meyer Werft beläuft sich auf rund 43.500 Tonnen Stahl. Davon entfallen rund 11500 Tonnen auf die Anfertigung von Sektionen für die Projekte DolWin4 und BorWin4. Für die Offshore-Anbindungen BalWin1 und BalWin2 sind es etwa 32000 Tonnen.  FB

Foto: enapress.com (Archivfoto; Meyer Werft, Papenburg, 2011)