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Milliardendeal – RCCL soll seine 28 Kreuzfahrtschiffe zur Beschaffung von Liquidität verpfändet haben

Von der Coronavirus-Krise betroffen, die die Kreuzfahrtschiff-Flotten weltweit zum Stillstand brachte, kündigte RCCL, die Nummer 2 im globalen Kreuzfahrtgeschäft, eine Liquiditätsbeschaffung in Höhe von 3,32 Milliarden Dollar von privater Seite an. Diese Operation soll bis zum 19. Mai abgeschlossen sein. Dadurch will RCCL seinen cashflow in einer Zeit vergrößern, in der sich niemand eine signifikante Erholung des Kreuzfahrtgeschäfts vor 2021 vorstellen kann. Die amerikanische Reederei hatte bereits beschlossen, ein Viertel des Personals in den Staaten zu entlassen.

Der aktuelle Liquiditätsbedarf des Konzerns wird im derzeitigen Kontext auf 250 bis 275 Millionen pro Monat geschätzt. Bis zu einem Jahr will man so und mit dem, was noch an Mitteln vorhanden ist, ohne aktives Geschäft auskommen können. Dafür bietet RCCL den Investoren für das Darlehen einen Zinssatz in Höhe von 10,875% an, das bis zum 1. Juni 2023 zurückzuzahlen ist. Gleichzeitig will sich RCCL von einem Notfallkredit zurückziehen, der am 23. März bei der Bank Morgan Stanley in Höhe von 2,35 Milliarden Dollar aufgenommen wurde und innerhalb von 364 Tagen zurückzuzahlen ist. Der Rest der Mittelbeschaffung zielt darauf ab, diese Laufzeit mit einem Angebot von 2,32 Milliarden USD zu einem Zinssatz von 11,5% zu verlängern, die bis zum 1. Juni 2025 zurückgezahlt werden sollen.

Um diese neuen Darlehen von privaten Investoren zu sichern, hat RCCL angekündigt, bis zu 28 Schiffe, d.h. mehr als die Hälfte seiner Flotte, zu verpfänden. Zur Gruppe gehören Royal Caribbean International (26 Schiffe), Celebrity Cruises (11 Premium-Schiffe und 3 weitere Einheiten) und Azamara Cruises (3 kleine High-End-Schiffe). Die Kreuzfahrtschiffe von Silversea Cruises, von der RCCL 67% Anteile gehören (6 Luxusliner) und von TUI Cruises (7 Schiffe, 50% Anteil) sowie die drei von Pullmantur betriebenen älteren Einheiten sind in dieser Operation nicht genannt. Bei RCI handelt es sich vermutlich um die Empress of the Seas, die 1990 in Dienst gestellt wurde, um die Majesty of the Seas (1992), sowie um die zwischen 1996 und 1998 vom Stapel gelaufenen Schiffe der Vision-Klasse (Enchantment, Grandeur, Rhapsody und Vision), um die fünf Voyager-Klasse-Schiffe (Voyager, Adventure, Explorer, Navigator und Mariner), die zwischen 1999 und 2003 in die Flotte aufgenommen wurden, sowie die vier Schiffe der Radiance-Klasse (Radiance, Brilliance, Serenade, Jewel), die zwischen 2001 und 2004 in Dienst gestellt wurden. Bei Celebrity Cruises gehören wahrscheinlich die vier Millennium-Schiffe (Millennium, Infinity, Summit, Constellation), die in den Jahren 2000-2002 gebaut wurden, sowie die drei Schiffe von Azamara (Journey, Quest, Pursuit), die in den Jahren 2000-2001 gebaut wurden, dazu.

Radiance of the Seas, Foto: enapress.com
Azamara Journey, Foto: enapress.com
Celebrity Constellation, Foto: enapress.com

Die Zusage der erwarteten Summen, bedeutet, dass die durchschnittliche Bewertung der 28 betroffenen Schiffe in der Größenordnung von etwas mehr als 100 Millionen Dollar liegt. Dies ist offensichtlich ein relativer Wert auf dem Markt, da er davon abhängt, ob es möglich ist, gegebenenfalls Käufer zu finden oder nicht. In jedem Fall ist darauf hinzuweisen, dass RCCL sich dafür entschieden hat, Mittel auf dem privaten Markt und nicht wie andere Reeder an der Börse zu beschaffen. Die Gruppe, die im vergangenen Jahrzehnt und in den kommenden Jahren ein umfangreiches Neubauprogramm durchführte, hatte Ende 2018 eine Verschuldung von fast 11 Milliarden Dollar, d.h. ein Verhältnis von 49% in Relation zur Marktkapitalisierung. Der Handlungsspielraum der Gruppe ist daher begrenzt, da sie gesetzlich verpflichtet ist, ihre Verschuldung nicht über eine bestimmte Grenze hinaus zu erhöhen. Während RCCL bei Kreuzfahrtpassagieren die beliebteste Aktie an der New Yorker Börse hatte, brach der Aktienkurs seit Beginn der Krise ein und fiel von 135 Dollar am 17. Januar auf nur 35,15 Dollar am 15. Mai. Was die Ergebnisse betrifft, so sind sie offensichtlich schlecht. Für das erste Quartal rechnet RCCL mit Verlusten in Höhe von 1,44 Milliarden US-Dollar (größtenteils im Zusammenhang mit dem Rückgang der Marktkapitalisierung), verglichen mit 249,7 Millionen US-Dollar an Gewinnen für den gleichen Zeitraum im Jahr 2019. Vom 1. Januar bis zum 31. März belief sich der Umsatz der Gruppe auf 2 Milliarden USD, 16,7 % weniger als im Vorjahr.

RCCL muss jetzt diese beispiellose Krise für die Tourismusindustrie und besonders die Kreuzfahrt überstehen. Ein kritischer Zeitraum ohne Einnahmen, da die Schiffe nicht mehr in Betrieb sind, aber mit erheblichen Betriebskosten für die Aufrechterhaltung der Flotte und der wesentlichen landgestützten Dienste sowie für Rückzahlungen abgesagter Reisen. Eine weitere Verschuldung kommt auch aus den zahlreichen Aufträgen für Neubauprojekte, die bereits mit den Werften unterzeichnet wurden. RCCL hat zwei riesige Schiffe der Oasis-Klasse in Saint-Nazaire platziert, von denen das erste, die Wonder of the Seas, kurz vor der Fertigstellung steht und 2021 ausgeliefert werden soll (das andere ist für 2023 geplant). Dort sollen noch drei Einheiten der Celebrity Cruises Edge-Klasse bis 2024 geliefert werden. In Deutschland soll der Bau der fünften und letzten Einheit der Quantum-Klasse, die Odyssey of the Seas, noch vor Ende des Jahres abgeschlossen werden. Und dann gibt es in Finnland das Programm der neuen Giganten des Icon-Projekts, der Bau des Typschiffs sollte noch in diesem Jahr beginnen, um 2022 ausgeliefert zu werden, wobei die ersten beiden bereits bestellten Schwesterschiffe 2024 und 2026 folgen sollen. Hinzu kommen das kleine Expeditionsschiff Silver Origin, das die holländische Werft De Hoop derzeit fertig stellt, die Silver Moon und die Silver Dawn, die Fincantieri in diesem und nächsten Jahr abliefern soll, und zwei bei der Meyer Werft bestellte neue Einheiten, die Silversea in den Jahren 2022 und 2023 übernehmen soll. Diese Investitionen in Höhe von fast 11 Milliarden Dollar sind also enorm und berücksichtigen nicht die Investitionen der deutschen TUI Cruises, die noch ein Schiff in Finnland (2023) und zwei Schiffe eines neuen Typs, die bei dem italienischen Fincantieri Konzern für Lieferungen in den Jahren 2024 und 2026 in Auftrag gegeben wurden. Diese Verpflichtungen können in der jetzigen Form nicht eingehalten werden und werden unweigerlich zu Verschiebungen der bisher geplanten Zeitpläne oder sogar zur Stornierung von Aufträgen führen. Vincent Groizeleau, Mer & Marine

Text: Vincent Groizeleau, Mer & Marine, Fotos: enapress.com