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Neue Wege beim Schiffsabwracken gesucht

Ein Schiff ist voller Wertstoffe. Stahl, Edelmetalle und auch Holz oder Kunststoffe sind in ihrer Lebensdauer nicht auf die Wirtschaftlichkeit der Anlage begrenzt. Die Folge: Auch ein nach 30 oder 40 Jahren wirtschaftlich nicht mehr zu betreibendes Schiff hat durchaus einen hohen Wert. Der Schrottwert eines Schiffes schwankt deshalb auch zwischen 400 und 600 Dollar pro Tonne – jedenfalls in Indien, Pakistan oder Bangladesch. 

Der Verkauf von Schiffen an Abwracker östlich von Suez ist aber verpönt und in Deutschland inzwischen auch strafbar, wie der ein oder andere Reeder aus Norddeutschland im vergangenen Jahr erfahren musste.

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag auch ein Ziel festgelegt. Dort steht die Stärkung der gesamten Wertschöpfungskette als Ziel drin. Der Deutsche Nautische Verein von 1868 e. V. (DNV) und das Maritime Cluster Norddeutschland e. V. (MCN) haben das Thema nun auch auf die Agenda gehoben.

Ziel ist die Verwertung auch großer Schiffe in Deutschland. Das soll dann möglicherweise sogar Fähren und auch Kreuzfahrtschiffe umfassen. So hat die Kieler Werft German Naval Yards im vergangenen Jahr mit der Cuxhavener Firma Leviathan ein Pilotprojekt gestartet. 


Fotos: Frank Behling

Ein 41 Meter langes Landungsboot wird in Kiel umweltgerecht in seine Bestandteile zerlegt. Die Firmen wollen nach der erfolgreichen Testphase die Zulassung nach EU-VO 1257 (EU Ship Recycling Regulation) beantragen.

„Das ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie man mit alten Schiffen umgehen kann und sie umweltgerecht verwertet“, so Andreas Burmester, der maritime Koordinator der Landesregierung Schleswig-Holsteins. 

Die Kieler Werft nutzt mit der Firma Leviathan ihren 900 Tonnen-Kran und ein 426 Meter langes Trockendock. Den Begriff „Abwracker“ hört Karsten Schumacher, Geschäftsführer der Firma Leviathan, aber nur ungern. „Wir bringen die Wertstoffe zurück in den Kreislauf. Das schont Ressourcen und ist damit auch nachhaltig“, so Schumacher.

Für ein nachhaltiges Ressourcenmanagement gilt es vor dem Hintergrund eines stark wachsenden Schiffsrecyclingbedarfs, Kapazitäten zur vollständen maritimen Kreislaufwirtschaft zu schaffen. 

Die Industrie geht für die kommenden Jahre von einem Schiffsrecyclingbedarf über dem Niveau des Rekordjahres 2012 aus. Damals waren wegen der Bankenkrise hunderte Containerschiffe verschrottet worden. Während der Corona-Pandemie hatte es Kreuzfahrtschiffe besonders getroffen. Seit dem Jahreswechsel steigen aber auch wieder die Verschrottungen der normalen Handelsschiffe an.

Es ist damit zu rechnen, dass sämtliche global verfügbaren Schiffsrecyclingkapazitäten – unabhängig von deren Standards – den erwarteten Bedarf zukünftig nicht abdecken können. Gerade angesichts der sich verschärfenden gesetzlichen Vorgaben beim Arbeits- und Umweltschutz. 

In Dänemark und Belgien haben sich auch bereits Schiffsverwerter in Grena, Esbjerg und Gent etabliert, die ebenfalls die europäischen Standards erfüllen. 

Der Betrieb nachhaltiger Schiffsrecyclinganlagen liegt im europäischen Interesse. Bei den Abwrackeinrichtungen steht das Zerlegen im Fokus. Für diese Arbeiten eignen sich die Werften besonders. Werften verfügen über Docks, Krananlagen und Flächen. Darum schlagen der DNV sowie das MCN eine Abstimmung aller zuständigen Ministerien und Behörden vor, um eine rasche Zulassung von Schiffsrecyclinganlagen in Deutschland zu ermöglichen.

Neben Kiel sind aber auch Anlagen in Emden, Stralsund, Hamburg oder Bremen im Blick. Bevor Leviathan nach Kiel zur Werft German Naval Yards kam, hatte man auch in Stralsund über einen Platz verhandelt. 

Ob in Kiel auch irgendwann auch so große Schiffe wie in der Türkei oder Indien recycelt werden, steht noch nicht fest. Bei German Naval Yards sieht man hier zunächst nur eine begrenzte Kapazität. „Wir bauen Schiffe“, so Geschäftsführer Rino Brügge.

Die Beteiligung an dem Projekt mit Leviathan bringt für die Werft aber die Erfahrung in dem Bereich mit. Leviathan nutzt für das Zerschneiden der Schiffsteile Wasser statt der Brennschneidtechnik. Der Kieler Schrotthandel nutzt für die Verwertung von ehemaligen U-Booten der Marine und anderen kleineren Schiffen das konventionelle Brennschneidverfahren. FB