Die MV Werften bleiben in den Schlagzeilen. Auch nach der Zusage der Bereitstellung von 193 Millionen Euro als Notkredit beruhigt sich die Lage in Mecklenburg-Vorpommern nicht. Die Mittel sichern die Werft bis Ende März 2021 und geben der Geschäftsführung etwas Spielraum bei der Neuausrichtung. Die Geschäftsführung der Werft sieht diesen Kredit als wichtigen Schritt zur Rettung.
Ein internes Papier des Schweriner Wirtschaftsministeriums zeichnet aber ein düsteres Bild. Das Nachrichtenmagazin Panorama 2 vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) hatte in der Woche nach der Bewilligung des Kredits alarmierende Details aus dem Bericht zitiert. Die wirtschaftliche Perspektive der Werften und der Neubauten der „Global“-Klasse ist danach schlimmer als befürchtet.
Aus dem internen Papier des Ministeriums gehe hervor, dass die wirtschaftliche Lage der MV Werften und ihres alleinigen Gesellschafters, des Tourismus-Konzerns Genting aus Hongkong, keinen Anlass zur Hoffnung auf eine wirtschaftliche Fortführungsprognose gibt.
Genting habe zunächst für die drei Werften sogar einen schnellen Kredit über 570 Millionen Euro von Banken und Bundesregierung haben wollen. Bewilligt wurde aber nur ein Kredit über 193 Millionen Euro.
Die Bedingung war, dass der Notkredit zur Fortführung des Baus der beiden großen „Global“-Schiffe aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) erst gewährt wird, wenn ein unabhängiges Gutachten das Geschäftsmodell der Schiffe bestätigt.
Doch davon ist nicht mehr die Rede. Schiffe mit 9500 Passagier-Betten lassen sich in Pandemie-Zeiten schwer kalkulieren. Eine Chance zur Einführung in den Kreuzfahrtmarkt in Asien fehlt. Nach Recherchen des NDR ist in Asien auch auf absehbarere Zeit nicht damit zu rechnen.
Intern soll die Werft bereits an Konzepten für das Vorziehen von vier Neubauten arbeiten, die eigentlich erst ab 2021 für Genting gebaut und ab 2022 abgeliefert werden sollten. Diese mit LNG als Treibstoff angetriebenen Schiffe der Universal-Klasse sollen eine Kapazität von nur 2000 Passagieren haben.
Positive Prognosen gibt es derzeit nämlich nur noch für Schiffe mit deutlich kleineren Passagierkapazitäten im Markt. In dem Papier des Wirtschaftsministeriums aus Schwerin werden deshalb als Perspektive vier kleinere Kreuzfahrtschiffe als Ersatz für die „Global“-Jumbos gesehen.
Aus den vertraulichen Unterlagen geht auch hervor, wie uneinig sich Bundesregierung, Landesregierung und der Genting-Konzern sind. In einer laut NDR als Verschlusssache deklarierten Mitteilung von Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) an den Finanzausschuss des Landesparlaments werden Bedingungen aufgezählt, deren Erfüllung die Bundesregierung von Genting verlangt, damit sie die restlichen 377 Millionen Euro Notkredit auszahlt.
Angeblich hat sich der asiatische Konzern aber bislang nicht einmal auf die Gesprächsangebote eingelassen. Auch bei den an der Finanzierung beteiligten Banken herrscht wenig Zuversicht für eine schnelle Lösung. Neues Vertrauen in die asiatische Reederei können laut dem zitierten Papier nur neue „Liquiditätsbeiträge“ von Genting bringen. Die fehlen aber weiter. Die MV Werften selbst dankten aber allen Beteiligten für Unterstützung bei der Gewährung des Notkredits über 193 Millionen Euro.
Die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und deren Tochter Ipex hatten die Neubauten von Genting an der deutschen Ostseeküste mit rund drei Milliarden Euro finanziert und nun auch die 193 Millionen Notkredit nachgeschossen. Die Geschäftsführung der Werft bleibt weiter zuversichtlich. „Wir freuen uns sehr über diese positive Entscheidung und die damit erreichte Zwischenetappe und danken allen beteiligten Partnern für ihr zielgerichtetes Engagement.“ so Geschäftsführer Carsten J. Haake. „MV Werften sowie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schätzen die Unterstützung des Landes Mecklenburg-Vorpommern und des Bundes.“ so der zweite Geschäftsführer Peter Fetten. Gerüchte über ein mögliches Abfließen der Mittel ins Ausland traten beide Geschäftsführer entschieden entgegen. „Alle Mittel aus dem Darlehen werden ausschließlich in Deutschland für die Werften verwendet“, so Fetten.
Von den 193 Millionen Euro sind 111 Millionen Euro für die Fertigstellung der Explorer-Yacht Crystal Endeavour bestimmt, die im ersten Quartal 2021 abgeliefert werden soll. Mit dieser Ablieferung soll dann auch wieder Geld eingenommen werden. Die übrigen 82 Millionen Euro sollen die Löhne der MV-Mitarbeiter bis Ende März sichern. FB