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Reise durch die Zeit

Natur pur: Mit den ältesten Kabinenschiffen der Welt durch das Herz Schwedens zu fahren ist ein echtes Erlebnis. Peggy Günther berichtet.

Für manche Frauen ist das Alter kein Reizthema. Die JUNO ist eine von ihnen. Topfit und gutaussehend liegt sie in Göteborg am Packhuskajen und lässt die Herzen von Schiffsliebhabern höherschlagen. 1874 gebaut ist sie das älteste noch fahrende Passagierschiff mit Kabinen. Ihre jüngeren Geschwister – WILHELM THAM, Baujahr 1912, und DIANA, Baujahr 1931, sind nicht weniger beliebt. Während jüngere Einheiten bereits im Museumshafen landen, kreuzen diese drei Götakanalschiffe während der Sommermonate noch immer über die schwedischen Wasserwege. Oftmals sind die Reisen über Jahre im Voraus ausgebucht.

Innerhalb von vier oder sechs Tagen fahren sie über die größten Seen Schwedens und durch Kanäle nach Stockholm, wo ein Passagierwechsel stattfindet, bevor sie wieder nach Göteborg zurückkehren. Bei dieser langen Reise gönnen die Seniorinnen sich lediglich einen Schönheitsschlaf: In Motola liegen sie für eine Nacht, damit auch der Kapitän seine Ruhezeit einhalten kann. Im Alter braucht man eben weniger Schlaf.

Zwischen 25 und 29 Kabinen verteilen sich bei den drei Schiffen auf drei Decks. Zugegeben: Der Begriff „Kabine“ ist ein Euphemismus. Eigentlich erinnert der persönliche Rückzugsraum eher an ein Schlafwagenabteil in der Eisenbahn. Zu zweit ist es eine logistische Herausforderung, sich auf den drei Quadratmetern zu bewegen. Neben dem kleinen Waschtisch und einem etwa 25 Zentimeter tiefen Kleiderschrank, sind zwei kleine Etagenbetten an der Wand angebracht. Wer größer als 1,75 Meter ist, wird gebeten, dies bei der Anmeldung anzugeben, da manche Kojen etwas länger sind. Tapeten und Accessoires aus den 1920er-Jahren verleihen dem gemütlichen Rückzugsort einen ganz eigenen Charme.

Duschen und Toiletten werden gemeinschaftlich genutzt. Spätestens nach der ersten Begegnung im Bademantel stellt sich ein Gefühl der Vertrautheit zwischen den Reisenden ein.

Die Reise ist ein Outdoorerlebnis: Auf den beiden oberen Decks öffnen sich die Kabinentüren direkt zur Promenade hin. Der Lieblingsplatz ist die Lounge auf dem Brückendeck mit ihren gemütlichen Korbstühlen. Dank des entspannten Reisetempos kommt der Geist zur Ruhe. Es gibt nicht viel zu tun: Die Passagiere betrachten das grüne Wasser, auf dessen Oberfläche sich Vogelschwärme spiegeln. Sie winken Radfahrern zu, die auf ihrer Tour entlang des Kanals Halt machen, um das Schiff zu fotografieren. Und sie registrieren, dass jede Brücke auf dem Weg anders aussieht. Manchmal besuchen sie auch den Kapitän. Man findet an Bord Zeit zum Lesen und tauscht sich mit Gästen aus aller Welt aus. Für die Getränkewünsche gibt es einen Kühlschrank mit Strichliste – die Honesty Bar. Die Crew ist auf ein Minimum reduziert: Kapitän und Steuermann, Reiseleiter, vier Matrosen, die auch mittags die Bettdecken ordnen, sowie zwei Stewardessen im Service und zwei Köche. Es ist erstaunlich, welche Köstlichkeiten in der Miniküche entstehen und wie diese immer warm und parallel serviert werden…

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Fotos: Peggy Günther, enapress.com