Die Guglielmo Marconi war ein italienisches Passagierschiff, das zu einem Schiff für Kreuzfahrten umgerüstet wurde. Sie trug den Namen eines ehrenwerten Wissenschaftlers aus der Physik.
Guglielmo Marconi war ein Marchese, der 1874 in Bologna geboren wurde, er starb 1937 in Rom. Ein Marchese ist ein Adliger von hohem erblichem Rang im europäischen Adel, den Titel besaß er nicht von Geburt an. Er wurde ihm 1924 von König Viktor Emanuel III. als Mitglied des Hochadels verliehen. Als Kind lebte Marconi drei Jahre lang mit seiner Mutter in der englischen Stadt Bedford, er lernte auf einer Privatschule. Seine Mutter war die Irin Annie Jameson, die aus einer Familie stammte, die mit Whiskybrennereien reich geworden war, sein Vater Giuseppe Marconi verfügte über viel Landbesitz; die Ehe war arrangiert worden, das war damals üblich.



Guglielmo Marconi interessierte sich für die drahtlose Technik, als Unternehmer gründete er den ersten italienischen Radio- und Amateurfunk, er war ein Pionier in der Branche. Für seine praktischen Arbeiten im Bereich der Funktelegrafie erhielt er 1909 zusammen mit einem Deutschen, Ferdinand Braun, der die theoretischen Grundlagen des Funks erarbeitete, in Stockholm den Nobelpreis für Physik.
Marconi trat 1923 in die italienische Nationale Faschistische Partei ein, 1928 stieg er auf zum Präsidenten des Italienischen Nationalrats für Wissenschaften. Der Diktator Benito Mussolini erhob ihn 1930 zum Präsidenten der Accademia Nationale dei Lincei (Königliche Italienische Akademie der Wissenschaften), zugleich war er Mitglied im großen faschistischen Rat. Weil er nicht auf der Mussolini-Linie war, kam es zu Spannungen, Marconi wich aus in die USA, wo er Mitglied der National Academy wurde. 1937 erlitt der Mann im grauen Flanell, wie er genannt wurde, einen Schlaganfall, er starb einen Tag später. Er wurde mit einem Staatsakt beigesetzt, am Stammsitz seiner Familie gibt es ein Mausoleum. Die Italiener verehren ihn, obwohl er seine wirtschaftlichen Erfolge vor allem im angelsächsischen Bereich erlangt hatte. Er war jedenfalls der Mann, der schließlich das Radio einführte. Die heutige drahtlose Kommunikation wird immer auch noch „Marconigramm“ genannt, Guglielmo Marconi selbst gilt als Steve Jobs des viktorianischen Zeitalters.


Die italienische Reederei Lloyd Triestino ehrte den Wissenschaftler und Forscher, der über Italien hinaus und vor allem in England den Funk vorangebracht hatte. 1963 wurde das ursprüngliche Passagierschiff nach Marconi ernannt.
Die Guglielmo Marconi lief am 24. September 1961 vom Stapel, Bauwerft war die Cantieri Riuniti dell’Adriatico in Monfalcone in der Region Friaul-Julisch in Venetien. Am 30. Oktober 1963 wurde sie an den Auftraggeber, die Reederei Lloyd Triestino, geliefert. Am 3. November des Jahres wurde das Schiff zu einer Premieren-Kreuzfahrt im Mittelmeer eingesetzt. Von Genua aus begann am 18.11.1963 die erste Überfahrt nach Australien als Jungfernfahrt. 14 Jahre lang wurde das Schiff anschließend auf dieser Route eingesetzt, zumeist via Suezkanal. Der Dampfer war spät dran, Touristen und Auswanderer nutzten schon bald vorzugsweise die schnelle Reise zum Fünften Kontinent mit dem Flugzeug.




In Monfalcone wurde die Guglielmo Marconi mit der als Baunummer 1863 erstellt. Das Schiff war 213,65 Meter lang und 28,71 Meter breit. Der Tiefgang lag bei 8,6 m, die Vermessung bei 27.905 BRT, ab 1983 bei 28137 BRT. Im Maschinenraum wurden vier De-Laval-San-Andrea-Dampfturbinen mit einer Leistung von 44000 shp (32800 kW) installiert. Die Höchstgeschwindigkeit des Zwei-Schrauben-Dampfers gab die Reederei mit 24 Knoten an (44 km/h). 1750 Passagiere war maximal an Bord, die Besatzung bestand aus 470, später, als es zum Kreuzfahrtschiff wurde, bis zu 984 Mitarbeitern. Der Heimathafen war Genua. Ihr Schwesterschiff war SS Galileo Galilei.

1976 wurde das Schiff für einige Zeit auf der Route Neapel – Brasilien – River Plate in Argentinien eingesetzt, das geschah bereits unter der Regie der Italian Line, eine neu gegründete Eigenmarke.
Bereits 1979 wurde die Guglielmo Marconi an die Italia Crociere Internazionale transferiert und als Vollzeit-Kreuzfahrtschiff propagiert, fand aber mit ihrer Ausstattung wenig Anerkennung. Es gab bessere Kreuzfahrtschiffe, die der Boom zustande gebracht hatte.
Bis 1980 wurde das Schiff von der Italia Crociere für Kreuzfahrten eingesetzt und 1983 an Costa Crociere verkauft. Danach wurde es rigoros umgebaut zu einem reinen Kreuzfahrtschiff, der Bau und die Verhandlungen nahmen zwei Jahre ein. Nach Fertigstellung erhielt es im November 1984 den Namen Costa Riviera, und nahm nun den Kreuzfahrtdienst mit Karibik- und Alaska-Reisen auf. Das ging bis 1993. In diesem Jahr wurde von Costa Crociere und Bruce Nierenburg das Joint Venture American Family Cruises (AFC) gegründet, das mit dem in American Adventure umbenannten Schiff vornehmlich junge US-Familien mit ihren Kindern bediente. Das einseitige Geschäft blieb allerdings ohne Erfolg und wurde bald wieder aufgegeben.
Der Dampfer, nun wieder Costa Riviera, ging im September 1994 zurück an die Costa Crociere und wurde wieder für Kreuzfahrten innerhalb Europas auf diverse Routen gebracht, vor allem im Mittelmeer.
2001 beschloss die Reederei, die Dienstzeit der ehemaligen Guglielmo Marconi zu beenden. Das Schiff wurde im Februar 2002 zum Abwracken nach Alang in Indien gebracht, dort traf es am 7. März des Jahres ein. Zuletzt hatte es den Überführungsnamen Liberty erhalten, zu Deutsch Freiheit, was als vieldeutig empfunden wurde.
Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jens Meyer