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SCHIFF MIT VIER SCHORNSTEINEN

Die Windsor Castle war ein Passagierschiff der britischen Reederei Union-Castle Mail Steam Ship Co. Ltd., London, sie verkehrte zwischen Großbritannien und Südafrika. Sie wurde im Krieg eingesetzt, ihr Schicksal war tragisch.


Windsor Castle, Foto: Sammlung Jens Meyer

Großbritannien war ein Land mit außerordentlichem Kolonialbegehren, neben Asien eroberte es auch große Teile Afrikas. Das geschah vor allem mit Schiffen, die Soldaten, Forscher, Mediziner und andere Zeitgenossen auf den schwarzen Kontinent brachten, und von dort Tiere, Gegenstände und exotische Esswaren nach Europa transportierten. Ein Riesengeschäft.

Die Windsor Castle (II) war zu Beginn der 1920er Jahre als ansehnliches Schiff gebaut worden, um Passagiere in den Süden Afrikas zu bringen. Neben dem Passagierverkehr florierte auch der Postverkehr. Als der Zweite Weltkrieg begann, wurde der Dampfer umfunktioniert zum Truppentransporter. Am 23. März 1943 fand das Schiff unter der Regie des Militärs sein Ende.

Bereits im Februar 1913 hatten die Bosse der Reederei Union-Castle Line zwei große Expressliner bei der Schiffswerft Harland & Wolff im nordirischen Belfast bestellt. Die beiden Schiffe sollten den Schiffsverkehr zwischen Großbritannien und Südafrika intensivieren. Die britische Regierung hatte den Dienst zu einer der wichtigsten Handelsverbindungen in dieser Zeit erklärt.

Den beiden Schiffen wurde ein Merkmal verpasst: sie hatten vier Schornsteine. Als 1914 der Erste Weltkrieg begann, stockte die Fertigung des Schiffsneubaus ganz, ursprünglich war geplant gewesen, dass eines der beiden Schiffe bereits 1915 fertig sein sollte. Da Großbritannien in den Krieg gezogen wurde, musste neu geplant werden, die ganze Vorbereitung war umsonst gewesen. Man hatte damit gerechnet, dass der Krieg nach einem Jahr oder etwas darüber hinaus beendet sein würde. Das war eine Fehlplanung, das erste der beiden Schiffe wurde auf Kiel gelegt, die gesamte weitere Fertigung erlahmte. Die Arbeit am zweiten Schiff wurde aufgegeben. Ein Desaster.

Die Windsor Castle war vor allem als Passagierschiff gestaltet worden. Der Heimathafen war Southampton, an den beiden Masten hing die Flagge des Vereinigten Königsreiches. Mit der Fertigung des Schiffes war erst nach Kriegsende 1919 und zwar aus Kapazitätsgründen bei einer anderen Werft, der John Brown & Co. Ltd., in Clydebank, begonnen worden, die unter der Baunummer 456 die Arbeiten aufnahm.

Der Stapellauf und die Taufe fanden am 9. März 1921 statt, die Indienststellung erfolgte im April 1922.

Der Prince of Wales, Eduard VIII., taufte das Schiff auf den Namen Windsor Castle, das wurde als große Ehre aufgenommen. Nie zuvor hatte ein Mitglied der königlichen Familie einem Passagierschiff eine Flasche an den Rumpf geworfen. Es gab zuvor ein Schiff mit dem Namen Windsor Castle, es war 1872 für die Reederei Castle Mail Packet Company Lt. vom Stapel gelaufen.

Die Windsor Castle war 192,77 Meter lang und 22,1 Meter breit. Der maximale Tiefgang lag bei 12,7 Metern. Die Vermessung wurde mit 18.967 BRT bzw. 11.295 NRT angegeben, ab 1936 waren es 19.118 BRT. Im Maschinenraum waren vier Dampfturbinen installiert worden, die auf zwei Propeller arbeiteten. Die Maschinenleistung lag bei 14.500 PS (10.665 kW), die Höchstgeschwindigkeit bei 18 Knoten (33 km/h). Das Drei-Klassen-Schiff ließ in der Ersten Klasse 234 Passagiere zu, in der Zweiten Klasse 362 und in der Dritten Klasse 274 Personen. Die Besatzung bestand aus 440 Personen.

Das vier Jahre zuvor bei Harland & Wolff in Belfast auf Kiel gelegte erste Schiff war dort 1919 nach der Taufe auf den Namen Arundel Castle vom Stapelgelaufen.

Im selben Jahr wurde die Windsor Castle bei John Brown & Co. Ltd. in Clydebank auf Kiel gelegt. Am ursprünglichen Design der beiden Dampfer wurde festgehalten. Beide hatten je vier Schornsteine, der geschmeidig anmutende Rumpf im dunklen Farbstil war elegant und die Decksaufbauten weiß gestrichen. Die beiden Schiffe der Union-Castle Line gehörten zu den 14 Schiffen in Europa und Nordamerika, die mit vier Schornsteinen ausgestattet waren. In der Geschichte der Union-Castle Line blieben sie die einzigen Vierschornsteiner.

Die Briten waren begeistert, als die Windsor Castle im April 1922 zu ihrer Jungfernfahrt von Southampton nach Kapstadt startete. Am 9. Mai wurde die Tafelbucht erreicht, ein ersehntes Ziel. Das Schiff galt als Luxusdampfer, es war über die gesamte Schiffslänge mit einem Doppelboden ausgestattet, was die Sicherheit erhöhte. Für alle Passagiere und Besatzungsmitglieder waren Rettungsboote vorhanden. Zudem hatte man den Rumpf in zwölf wasserdichte Abteilungen unterteilt. Das Schiff verfügte über elektrisch betriebene Aufzüge, ein Schwimmbad, einen Gymnastikraum und natürlich den Speiseraum.

In dieser Zeit kamen viele neue Schiffe in den Dienst, manche waren in ihrer Moderne der Windsor Castle überlegen. Deshalb wurden die Schwesterschiffe 1936 neugestaltet, um der Konkurrenz standzuhalten. Die Verantwortlichen der Union-Castle Line wollten Mitte der 1930er Jahre einen kompletten Umbau, es wurde viel Geld investiert. Die Windsor Castle sollte danach nicht mehr so zu erkennen sein, wie sie vorher war.

Der Bug wurde erneuert, der Rumpf um 7,62 Meter verlängert. Neue Turbinen und Kessel wurden installiert, der Antrieb wurde von Kohle- auf Ölverbrennung umgestellt, die Höchstgeschwindigkeit auf 20 Knoten erhöht. Die Passagierzahlen wurden reduziert, nun durften nur noch 604 Reisende an Bord sein. Und – wie auf dem Schwesterschiff – die vier Schornsteine durch zwei kürzere neue ersetzt. Durch die Umbauten konnte die Vermessung auf 19.118 BRT erhöht werden. Im Januar 1938 war der Umbau vollendet, die Windsor Castle war ein elegantes Schiff geworden.

Diese Eleganz wurde ihr genommen, als der Zweite Weltkrieg eingesetzt hatte. Schon wenige Tage nach dem militärischen Ausbruch, im September 1939, griff die Royal Navy nach der Windsor Castle. Sie wurde zum Truppentransporter umgebaut. Der Schiffsrumpf wurde grau gestrichen, die meisten Bullaugen und Fenster in den Deckaufbauten verdeckte man. Zum Kapitän wurde der erfahrene John C. Brown ernannt.

Am 4. November 1940 befand sich das Schiff auf der westlichen Seite von Irland, als es von den Deutschen angegriffen wurde. Mehrere Focke-Wulf Fw 200-Jagdflugzeuge, die zur 1. Gruppe des Kampfgeschwaders 40 gehörten, attackierten die Windsor Castle. Unter anderem wurde das Schiff von einer 250 Kilogramm schweren Bombe getroffen, die in den Rauchsalon der Ersten Klasse eindrang. Es war ein glücklicher Umstand, dass die Bombe nicht detonierte, sie war ein Blindgänger. Am Tag darauf gelang es, das Schiff in Sicherheit zu bringen, indem man es in den Hafen von Greenock steuerte.

1942 wurde es als Truppentransporter auf den Nordatlantik geschickt, der Auftrag war, Truppen von Kanada und den USA nach Europa zu transportieren, damit sie in die Kriegshandlungen eingeführt werden konnten. Anschließend nahmen die Windsor Castle – und das Schwesterschiff – am Afrikafeldzug teil.

In der Frühe des 23. März 1943 befand sich die Windsor Castle 110 Seemeilen – rund 150 Kilometer – vor Algier im Geleitzug KMF 11 zum Schutz der Schiffe im Konvoi. Plötzlich begannen mehrere Heinkel HE 111H-6 LT-Flugzeuge der 1. Gruppe des Kampfgeschwaders 26 mit einem Lufttorpedo anzugreifen. 13 Stunden später begann das Schiff zu sinken, auf ihm befanden sich neben 290 Besatzungsmitgliedern noch 2699 Soldaten. Das Schiff sank mit dem Heck voran, der Maschinist William Ogilvie Mann kam dabei zu Tode, er war das einzige Opfer. Der Kapitän gab die letzte Position mit 37° 27‘ N – OO° 54‘ E an. Alle übrigen Menschen an Bord konnten gerettet werden, weil die Zerstörer Whaddon, Eggesford und Douglas sie aufnahmen.

Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jens Meyer