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Abwracker: Zwei Legenden kommen in Aliaga unter die Schneidbrenner   

Die Verschrottung von älteren Kreuzfahrtschiffen geht unvermindert weiter. Ende Juli kamen innerhalb von nur drei Tagen zwei weitere Kreuzfahrtschiffe in der Türkei auf den Strand.  

Die Pearl und die Gold Club wurden zur Verwertung beim Recycling-Zentrum in Aliaga abgeliefert. Beide Schiffe haben in den 90er Jahren auch ihren Anteil am Erfolg von AIDA und MSC gehabt. Mit dem Duo ist das Dutzend bei den Verschrottungen in diesem Jahr erreicht.

Für die deutschen Freunde der klassischen Seereise schmerzt besonders der Anblick der Pearl. Das 1981 in Hamburg als Astor bei den Howaldtswerken-Deutsche Werft (HDW) gebaute Schiff ist eine Legende.

Im Jahr 1983 als „Astor“, Foto: Frank Behling

In Deutschland begann die Laufbahn 1980 unter dem Projektnamen Hammonia für die Hamburger Reederei HADAG Seetouristik, die mit diesem Neubau in den damals aufkeimenden Kreuzfahrtmarkt einsteigen wollte. Das Projekt scheiterte an der finanziellen Kraft der halbstaatlichen HADAG. 1984 wurde die Astor in Hamburg an die südafrikanische Reederei Safmarine übergeben und fuhr danach als Astor unter Bahamas-Flagge.

Safmarine bekam Interesse am Seereisemarkt und bestellte 1984 bei der Bauwerft HDW in Kiel eine etwas größere Schwester. 1985 verkaufte Safmarine dann die erste Astor an die Deutsche Seereederei (DSR) nach Rostock. 

„Arkona“, Foto: Frank Behling

Als Arkona diente sie danach für Kreuzfahrten in der DDR. Der Verkauf über Südafrika in die DDR war auch von Gerüchten über den Verkauf von U-Bootplänen der Kieler Werft HDW an Südafrika begleitet.

Nach der Wiedervereinigung kam das Schiff 1990 unter die Bundesflagge und blieb im Dienst der DSR. Mit dem Betrieb des Schiffes kam dem Führungsteam der DSR die Inspiration zum Bau eines Clubschiffes. 1994 bis 1996 folgte dann der Bau der ersten AIDA. Damit war die Arkona zur Geburtshelferin der neuen Art der Kreuzfahrt in Deutschland geworden.

Mit dem Bau der AIDA gab es auch einen Kurswechsel für die Arkona, die zunächst noch neben der AIDA betrieben wurde. 

Nach 2000 wurde schließlich mit dem Bremer Veranstalter Transocean Tours ein Käufer gefunden, der das Schiff ab 2002 als Astoria im deutschen Seereiesemarkt einsetzte.

Bis 2010 kreuzte die Astoria zusammen mit der zweiten Astor, die 1986 in Kiel bei HDW in Dienst gestellt wurde. Sie war von Südafrika über Mauritius zunächst in die Sowjetunion gelangt und schließlich zurück nach Deutschland zu Transocean.

2010 stieß die etwas kleinere Astoria dann zur Flotte der britischen Reederei Saga Cruises, die mit ihrem damals speziell für britische Passagiere ab 50 entwickelten Kreuzfahrtprodukt im Markt großen Erfolg hatte und die Flotte erweiterte.

Als „Saga Pearl II“, Foto: Frank Behling

Zuerst wurde aus der Astoria dann die Saga Pearl II und 2012 für ein Jahr lang die Quest for Adventure. Bis 2019 diente sie dann wieder als Saga Pearl II. Bis dann 2019 das Ende durch die Ablösung der Spirit of Adventure kam.

In der Folge der Pandemie wurde das in Pearl II umgetaufte Schiff in Griechenland aufgelegt. Angesichts des Alters gab es aber kaum Chancen für einen Neuanfang. Ein Grund war auch der dieselmechanische Antrieb mit den vier MAN-Dieselmotoren.

Am 23. Juli verließ das Schiff nach fast zwei Jahren Piräus in Griechenland und wurde von dem Schlepper Christos XLIII über die Ägäis nach Aliaga geschleppt. 

Dort traf sie fast zeitgleich mit dem Kreuzfahrtschiff Gold Club ein, das neben ihr auf den Strand kam.

Bei der Gold Club handelt es sich um die 1977 für die britische Reederei Cunard gebaute Cunard Conquest, die ebenfalls eine bewegte Vergangenheit hinter sich hat. Sie fuhr von 1995 bis 2009 als Rhapsody zuerst für die Reederei StarLauro Cruises von Gianluigi Aponte, der das Schiff dann zusammen mit der Melody und Monterey zum Grundstock seines Kreuzfahrt-Unternehmens MSC Cruises machte.

Damit liegen in diesen Tagen zwei Kreuzfahrtschiffe in Aliaga in Sichtweite, die ganz maßgeblich am Aufschwung des Kreuzfahrttourismus in Europa ihren Anteil hatten. FB

Kritik an SPD-Kreuzfahrten

Nachdem die Astor verschrottet wurde, hatte der SPD-Reisedienst vorerst kein Schiff mehr. Nun gibt es einen neuen Partner für Kreuzfahrten. Am 27. November soll erstmals wieder die rote Flagge der SPD im Mast eines Hochseekreuzfahrtschiffes wehen.

Die Hamburg des Bremer Veranstalters Plantours wird das neue Hochseeschiff des SPD Reiseservice. Der Veranstalter von Reisen für Mitglieder der SPD hat eine lange Tradition in Fernreisen und auch Kreuzfahrten. Aktuell sind zwei Reisen im Angebot. Doch nun aber regt sich in der Partei Widerstand.

Auf dem Parteitag der baden-württembergischen SPD wurde am 23. Oktober ein Antrag angenommen, der den Bundesvorstand dazu auffordert, Kreuzfahrten aus dem Programm zu nehmen. Die Mitglieder aus Baden-Württemberg fordern vom Bundesvorstand, „dass er sich klar dazu positioniert, dass ein Angebot von Kreuzfahrten mit dem Namen SPD-Reiseservice nicht vereinbar ist“.

Nach den Worten der Antragsteller mache ein Angebot von Kreuzfahrten unter dem Logo der SPD es Mitgliedern bei Wahlkämpfen unmöglich, ernsthaft für Klimaschutz zu werben. Die Gruppe in der SPD lehnt Kreuzfahrten ab.

Eine Umbenennung der Firma ist dabei ein möglicher Kompromiss. Ob der Bundesvorstand dem Antrag nachkommt, ist aber derzeit fraglich. Da die Buchungszahlen für Kreuzfahrten bislang so positiv waren, dass sie wirtschaftlich für den SPD Reiseservice von großer Bedeutung waren.

Der Veranstalter ist ein Teil der FFR Ferien-, Freizeit und Reiseservice GmbH, die der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft gehört. Es ist die parteieigene Beteiligungsgesellschaft. FB

„Astor“ – Aus und vorbei

Das Kreuzfahrtschiff Astor wird verschrottet. Alle Bemühungen zur Rettung sind am Montag gescheitert. Das türkische Abbruchunternehmen BMS hatte am Montag nach Ablauf der letzten Frist das Schiff in seinem Abwrackbetrieb in Aliaga gegen 14:40 Uhr auf den Strand gesetzt, wie bei „Marinetraffic“ gesehen wurde.

Die Versuche der Rettung des 1986 in Kiel bei den Howaldtswerken-Deutsche Werft AG gebauten Kreuzfahrers scheiterten damit. Eine Gruppe aus ehemaligen Passagieren und Besatzungsmitgliedern hatte nach der Versteigerung des Schiffes in Großbritannien eine Rettungsaktion gestartet und Investoren angesprochen.

Der türkische Händler hatte bei der Auktion in London 1,7 Millionen Dollar für das Schiff geboten und den Zuschlag bekommen. Für einen Weiterverkauf und ein Rettungskonzept wären etwa 2 bis 3 Millionen Euro notwendig gewesen. Die türkischen Eigner hatten den Interessenten aus Deutschland bis Montagnachmittag die Chance zum Kauf gegeben.

Das türkische Unternehmen BMS Gemi Geri Dön hat seinen Betrieb in der Parzelle 2 des Recycling-Sektors in Aliaga. Dort zerlegt das im Familienbesitz befindliche Unternehmen seit 1997 Schiffe.

Die Verschrottung wird etwa vier bis sechs Monate dauern. Ein Teil der Inneneinrichtung wird ausgebaut und für eine Weiterveräußerung überprüft. Die Recyclingbetriebe in Aliaga unterhalten das größte Ersatzteillager für Schiffsmotoren, Getriebe und Lager in der Region. Auch Rettungsboote, Tender und Radaranlagen werden vor der Verschrottung ausgebaut.

In Deutschland hatte die in Kiel gebaute Astor eine breite Fanbasis. „Es ist ein wirklich tolles Schiff mit einem nostalgischen Flair“, sagt Jens-Broder Knudsen, Geschäftsführer der Kieler Agentur Sartori & Berger, die das Schiff über 30 Jahre im Kieler Hafen und im Nord-Ostsee-Kanal betreute. FB

Videoquelle: Su Üstünde/Youtube

Tauziehen um die Astor

Eine Gruppe von Freunden der Astor um den ehemaligen Kreuzfahrtdirektor Thorsten Busch will versuchen, das Schiff vor dem Abwracken zu retten und einer neuen Kreuzfahrtzukunft zuzuführen. Die Astor ist am heutigen Tag auf ihrem geplanten Weg zum Beachen in der Türkei vor der griechischen Küste angelangt. Sollte sie jetzt Richtung Piräus abbiegen, wäre das ein erster Hoffnungsschimmer. Mit dem neuen Besitzer steht die Gruppe über einen Schiffsbroker in Kontakt.

Der Initiator der Aktion „Rettet die Astor“ beantwortete an Bord.de die wichtigsten Fragen.

Wie viele Kaufinteressenten sind heute im Gespräch?

Der Makler sprach von drei Interessenten.

Könnte das eine Art Poker sein, um die Preise zu steigern? Und wie hoch soll dieser Preis sein?

Möglich ist es natürlich. Nach Auskunft des Brokers soll er bei 3,5 bis 4 Millionen Euro liegen. Realistisch könnte auch sein, dass er auf 2.8 bis 3 Millionen runter geht.

Thorsten Busch, Foto: privat

Das wäre schon ein stolzer Aufpreis nur für eine Überführung…

Wenn es keine anderen Interessenten gäbe, also nur uns, dann wäre vielleicht auch ein Preis von 2,4 Millionen realisierbar. Das wäre für den derzeitigen Eigner immer noch ein Gewinn von 700.000 Euro, das wäre sicher mehr als der zu erzielende Stahlpreis, der ja in diesen Tagen nicht sonderlich hoch ist. Er würde also mit dem Schiff kein Geld verdienen.

Sie brauchen also finanzielle Hilfe. In welcher Form?

Wir benötigen dringend feste Absichtserklärungen, also keine sofortigen Überweisungen. Es dreht sich ja um einen Fond, auch aus Sicherheitsgründen für die Investoren. Auch Bürgschaften würden gehen. Je mehr wir aufbringen, desto besser, auch um die ersten Betriebskosten zu bestreiten.

Wenn es klappen würde, wann würden Sie das Schiff übernehmen?

Das könnten wir verhandeln – es in Covid-Zeiten zu machen, wäre nicht sinnvoll. Bis zur Übergabe könnten also zwischen sechs Monaten und über einem Jahr vergehen.

Das Geld geht in einen Fond – könnte man sich theoretisch damit einen bestimmten Teil des Schiffes wie eine Kabine reservieren?

Absolut. Das könnte auch das Zugriffsrecht auf eine Kabine beinhalten. Einen Fond-Anteil bekommt man ohnehin. Auch die Umwandlung in ein schwimmendes Seniorenheim war schon einmal angesprochen worden. Es wäre aber nicht so gut, das Schiff nur einer bestimmten Altersklasse zuzuordnen. Wenn aber jemand zum Beispiel eine Kabine bis an sein Lebensende behalten möchte, wäre dies sicher machbar. Die meisten älteren Gäste wollen auch kein Megaschiff, sondern ein überschaubares „echtes“ wie die Astor. Da fühlen sie sich am wohlsten.

Post in der Facebook-Gruppe „Projekt Rettung MS ASTOR“:

Momentan fährt die MS ASTOR einen Zickzack Kurs vor Griechenland.
Woran könnte das liegen?

Hoffentlich daran, dass wir bis Montag Zeit haben ein akzeptables Kaufangebot abzugeben, um die MS Astor vor der Verschrottung zu retten. Wir bemühen uns weiterhin um einen Hauptinvestor oder mehrere Investoren, und auch wenn es ein paar Personen in dieser Gruppe für unseriös halten, darum einen Fond zu gründen, damit Investoren einen Gegenwert erhalten. Dafür wurde eine etablierte, namhafte, bundesweit tätige Fondgründungsgesellschaft kontaktiert, die bereit ist, uns zu helfen. Der vom Schiffsmakler genannte Kaufpreis liegt deutlich über dem in der Auktion gezahlten Preis von 1,7 Millionen Euro. Unser Konzept sieht vor, dass Schiff weiterhin als Kreuzfahrtschiff zu betreiben, aber auch zusätzlich als Hotelschiff zu besonderen Anlässen mit Hotelknappheit zu operieren, wie Cruise Days, Hafengeburtstag, Hanse Sail, Kieler Woche und Messen, wie die INTERNORGA etc. Bedient werden soll der deutsche, französische und australische Markt. Dafür haben wir 2 Charterer ausfindig gemacht, die uns schonmal einen Teil des Risikos abnehmen. Wir möchten weitere Kooperationen mit Reiseveranstaltern und weiteren Charterern eingehen, die vorher auf kleine, eigene Schiffe gesetzt hatten, diese aber allein nicht voll bedienen konnten wie z.B. Phoenix etc. Selbstverständlich denken wir auch daran besondere Service Angebote, wie die Dialyse Station wieder anzubieten, da es dieses Segment auf dem Markt selten zu finden ist und fast ein Alleinstellungsmerkmal war. Auch haben wir bereits Verbindung zu Experten wie Reiseveranstaltern und Reedereien aufgenommen um Partner / Unterstützung für Crewing, Booking, Loadings, Bunkering etc. zu bekommen. Auch diese Gespräche waren sehr positiv. Zudem haben uns sehr viele ehemalige Mitarbeiter/innen Unterstützung mit Rat und Tat zugesagt. Wir kommen zu dem Schluß, dass wir mit diesen vielen Kooperationspartnern eine sehr realistische Chance auf dem Markt haben werden. Um das aber alles realisieren zu können müssen wir jedoch auf einen Gesamtbetrag oberhalb 2 Millionen Euro kommen, ansonsten heißt es „Goodbye MS Astor“. ? Laut Schiffsmakler kann man nach einem Kauf zwischen 6 und 18 Monate als Auslieferungsfenster verhandeln. Das würde einen Teil der Pandemie überbrücken und in der Zeit würden keine weiteren Kosten für den Käufer auflaufen! Zusagen für Hilfen werden erbeten per Mail unter: ig.msa.germany@web.de  oder  rettung-ms-astor87@web.de

Update: Preise für versteigertes CMV-Schiffsquintett veröffentlicht

Nachdem die Versteigerung aller fünf Schiffe der zur Global Maritime Group gehörenden insolventen britischen Reederei Cruise & Maritime Voyages (CMV) am 22. Oktober erfolgreich abgeschlossen werden konnte, hat die vom britischen Admiralty Marshal mit der Durchführung exklusiv beauftragte Londoner Maklerfirma C.W. Kellock & Co. Ltd. Ende vergangener Woche auch die Preise mitgeteilt, die für die beiden letzten Schiffe erzielt wurden. Für das Quintett haben die Käufer insgesamt weniger als 24 Mio. US-Dollar aufbringen müssen. Für die beiden wohl nicht wieder in Fahrt kommenden Einheiten, die Astor und die Marco Polo, sind die offensichtlich als Zwischenhändler fungierenden Käufer jedoch immer noch nicht namentlich bekannt.

Beim ersten Versteigerungstermin am 8. Oktober ging die 1993 in Italien erbaute und seit 1. Mai in Tilbury aufliegende Vasco da Gama (BRZ 55877) für 10.187 000 US Dollar bekanntlich an die Mystic Invest Holding des portugiesischen Touristikunternehmers Mario Ferreira, der sie durch die Tochtergesellschaft Mystic Cruises betreiben will. Den Zuschlag für die 1989 in Frankreich erbaute und seit 14. April in Tilbury liegende Columbus (BRZ 63786) hatte am 12. Oktober der Inhaber der in Piräus ansässigen Fährreederei Seajets, Marios Iliopoulos, bei einem Gebot von 5.321 000 US-Dollar erhalten. Er – und nicht etwa türkische Abbrecher – war auch bei der am 19. Oktober erfolgten Versteigerung der 1985 erbauten und seit 20. April in Tilbury aufgelegten Magellan (BRZ 46052) mit einem Gebot von 3.431 000 US-Dollar der Meistbietende.

Unklar bleibt, welche Absicht er mit den insgesamt sechs seit Juni zu günstigen Preisen erworbenen Kreuzlinern er verfolgt. Insider gehen von einem geplanten Wiederverkauf nach dem Ende der Covid-19-Pandemie aus. Unklar ist auch noch die Identität der Käufer der am 15. Oktober für 1.710 000 US-Dollar ersteigerten Astor (BRZ 20704). Wie bekannt wurde, haben sie einen Weiterverkauf an Abbrecher geplant. Die 1987 von HDW in Kiel erbaute und durch ihren langjährigen Einsatz durch die 2014 integrierte Marke Transocean auf dem deutschen Markt bestens bekannte und beliebte Astor hat nach 164-tägiger Aufliegezeit Tilbury bereits am 7. November verlassen und Kurs auf den türkischen Abbruch-Hafen Aliaga genommen, wo sie am 26. November erwartet wird. Als sicher gilt die Annahme von Beobachter, dass auch die 1965 in Wismar erbaute und seit 22. März in Avonmouth, Bristol, aufliegende Marco Polo (BRZ 22080), die am 22. Oktober für 2.770 000 US-Dollar an bisher ungenannte Interessenten versteigert wurde, ihre letzte Reise zum Abbruch antreten wird. JPM

Abbruch-Alternative: Auch Klassiker-Duo vor Schneidbrenner gerettet

Die Corona-Pandemie hat durch den damit verbundenen Lockdown für die Kreuzfahrtbranche zu massiven Verkäufen, Ausmusterungen und Versteigerungen zahlreicher auch jüngerer Kreuzfahrtschiffe geführt. Allein der amerikanische Carnival-Konzern trennte sich in diesem Jahr von 18 Einheiten. Dabei konnten häufig nur geringfügig über dem Schrottwert liegende Preise erzielt werden. Einige Schiffe gingen an in diesem Sektor bisher nicht aktive Reeder wie z. B. den griechischen Eigner der Fährgesellschaft Seajets, Marios Iliopoulos, der mit der Oceana (BRZ: 77499, Preis etwas mehr als ca. 10,5 Mio. US-Dollar), Pacific Aria ex-Ryndam, Veendam (BRZ: 57092), Maasdam (BRZ: 55575), Magellan (BRZ: 46052) und Columbus (das 63786-BRZ-Schiff wurde für 5,32 Mio. US-Dollar ersteigert) allein sechs Schiffe übernahm. Andere gingen z. T. an Investoren oder Spekulanten mit Weiterverkaufsabsichten, doch endete das Gros der aufgelegten Flotte bei den z. T. an ihre Kapazitätsgrenzen gelangten Abbruchwerften.

Albatros, Foto: Jens Meyer

Um so erfreulicher ist es, dass für einige bekannte Klassiker eine alternative Nutzungsmöglichkeit – z. B. der Einsatz als Hotel- oder Wohnschiff – gefunden werden konnte. Das gilt beispielsweise für das Anfang der 70er Jahre in Finnland erbaute und in Deutschland nicht nur durch die 1983 in Bremerhaven erfolgte Verlängerung um 27 m gut bekannte frühere Royal Viking-Schiffstrio. Den Anfang machte (wie am 10.10.2020 berichtet) die an die Pick Albatros Group verkaufte Albatros ex-Royal Viking Sea (Bj. 1973, BRZ: 28018) von Phoenix Reisen, die sich derzeit auf der Überführungsreise nach Ägypten befindet, wo sie unter dem neuen Namen Pick Albatros in Safaga oder Hurghada stationiert werden soll. Bereits im August hatten Fred. Olsen Cruise Lines die beiden in ihrem Besitz befindlichen Schwesterschiffe an einen türkischen Interessenten veräussert, der sie als schwimmende Unterkünfte nutzen will. Dabei handelt es sich um die 1966 von Fred. Olsen Cruise Lines angekaufte Black Watch ex-Royal Viking Star (BRZ: 21847) und die 2006 erworbene Boudicca ex-Royal Viking Sky (BRZ: 21891), die durch die von der Holland America Line (HAL) im Juli angekaufte Amsterdam und Rotterdam ersetzt wurden, die in Bolette bzw. Borealis umbenannt wurden.

Black Watch, Foto: Frank Behling

Die seit 29. Mai in dem schottischen Hafen Rosyth aufgelegte 47 Jahre alte Boudicca hat mit schwarz übermalter Schornsteinmarke nach 122 Tagen Liegezeit Kurs auf die Türkei genommen und konnte 18 Tage später – am 16. Oktober – auf Reede vor Tuzla vor Anker gehen. Die 1972 erbaute Schwester Black Watch, die am 28. Mai für 146 Tage in Rosyth aufgelegt worden war, ist am 3. November auf ihrer Warteposition vor Tuzla eingetroffen. Wann ihre Umbenennung und wo ihre Anpassung an ihre neuen Aufgaben als Wohnschiff möglicherweise für eine Werft in Istanbul erfolgt, war bis Redaktionsschluss nicht zu erfahren.

Astoria als Azores, Foto: enapress.com

Ebenfalls künftig als Hotel- oder Wohnschiff genutzt statt abgebrochen werden könnte nach bisher unbestätigten Insider-Informationen mit der 1948 erbauten Astoria (BRZ: 16144) auch das älteste in Fahrt befindliche dieselgetriebene Kreuzfahrtschiff der Welt. Das seit März in Tilbury aufgelegte und kürzlich aus der CMV-Charter zurückgelieferte Schiff, das im Zuge seiner häufigen Eigner- und Chartererwechsel zwölf Mal seinen Namen wechselte und u. a. durch die Versenkung der Andrea Doria im Juli 1956 oder als Völkerfreundschaft in der DDR Kreuzfahrtgeschichte schrieb, soll dazu im Auftrag seiner derzeit als Eigner fungierenden portugiesischen Gläubigerbank Montepio nach Lissabon gebracht werden, wo es am 17. November erwartet wird. Das viele Jahre auch auf dem deutschen Markt eingesetzte Schiff war 1993 in Italien entkernt und aufwendig mit neuer Maschinenanlage und Inneneinrichtung ausgestattet worden, frühere Verkaufsversuche waren bei Preisvorstellungen um 11 Mio. Dollar erfolglos geblieben.

Eine weitere Verwendung konnte auch für die vom Carnival-Konzern verkaufte Pacific Dawn ex-Regal Princess (BRZ: 70285) gefunden werden, die heute (4. November) in Piräus von dem Projektentwickler Ocean Builders übernommen werden sollte. Wie berichtet, will er das 1991 erbaute Schiff mit erwerbbaren Appartements ausstatten und unter dem neuen Namen Satoshi als schwimmende Community (Crypto Cruise Ship) im Golf von Panama stationieren.

Karnika als AIDAblu, Foto: Jens Meyer

Dagegen wurde das 1990 erbaute Schwesterschiff Pacific Jewel (BRZ: 70310), das Ende 2018 von Carnival an die indische Reederei Jalesh Cruises verkauft und in Karnika umbenannt worden war (aB web 17.10.2020), nach jüngsten Informationen von der britischen Firma NKD Maritime Limited für 11,65 Mio. US-Dollar ersteigert. Da sie als Cash-Aufkäufer Dienstleistungen für Recycling-Unternehmen in Indien, Pakistan und Bangladesh erbringt, wird in Insiderkreisen von einem Abbruch des Schiffes ausgegangen. Das seit 88 Tagen in Mumbai liegende Schiff ist hierzulande u.a. durch seinen zwischen 2002 und 2007 unter den Namen A-Rosa Blu und AIDAblu erfolgten Einsatz auf dem deutschen Markt bekannt.

Astor in Marseille, Foto: enapress.com

Das gleiche Schicksal könnte entgegen den Erwartungen zahlreicher Marktbeobachter auch der am 15.10. im Auftrag des britischen Admiralty Court von der Maklerfirma C.W. Kellock & Co. Ltd. für nur 1,71 Mio. Dollar zwangsversteigerten Astor drohen. Das 1987 in Kiel erbaute 20704-BRZ-Schiff, das seit 27. Mai in Tilbury aufgelegt ist, soll nach bisher unbestätigten Berichten an Abbrecher gegangen sein und am 17. November in Aliaga eintreffen. JPM

MS Astor, wieder ein trauriger Abschied – oder vielleicht doch nicht?

Die Corona-Krise hat auch bei dem beliebten Klassiker Astor nicht halt gemacht. Im Strudel der Insolvenz vom britischen Reiseveranstalter CMV zusammen mit seiner deutschen Tochter Transocean wurde der Kreuzfahrer nach der abrupten Rücküberführung vom australischen „Winterquartier“ in Tilbury/England aufgelegt und man hoffte auf bessere Zeiten. Doch es kam anders: am 15. Oktober 2020 wurde das Schiff zum Abwracken zwangsversteigert.

Ein Grund, sich des oft spannenden Werdeganges dieses Kreuzfahrtschiffes, einem Nachbau der 1980 in Dienst gestellten ersten Astor zu widmen.

Foto: Jens Meyer

ASTOR (2)

1985 gab die südafrikanische Reederei SAFMARINE mit dem Verkauf ihres Kreuzfahrtschiffes ASTOR (1) an die damalige DDR als Ersatz bei HDW Kiel am 12.April 1985 für 65 Mio.US$ einen Nachbau in Auftrag, der zur Jahreswende 1986/87 als ASTOR (2) in Fahrt kommen sollte. Durch das Einfügen einer 11 Meter langen Mittschiffssektion wirkte die zweite ASTOR in ihrer äußeren Form gefälliger, die Proportionen stimmten einfach besser. Die Schiffsgröße stieg mit dem verlängerten Rumpf auf BRZ 20.606. Politische Einflüsse ließen seinerzeit einen Betrieb unter der Flagge Südafrikas, wie anfangs bei der ersten ASTOR nicht mehr zu. Viele Staaten sperrten sich der damaligen Apartheid-Flagge. Durch eine verschachtelte Eigentums-Konfiguration wurde dem Interessierten „vorgegaukelt“, kein südafrikanisches Schiff vor sich zu haben, zumal auch die gewählte Flagge Mauritius unverfänglich erschien. Offiziell wurde der Neubau noch während der Bauphase an die Marlan Corporation mit Sitz in Panama übertragen. Die Vermarktung erfolgte über die Reiseveranstalter Morgan Leisure in Colchester/England sowie durch Globus Kreuzfahrten in Hamburg.

Foto: Jürgen Saupe

Doch die ASTOR Nummer 2 fuhr, wie schon ihre Vorgängerin, mit Verlusten. Das Management operierte wenig glücklich. Neben vielen Fehlentscheidungen im Schiffsbetrieb traf hier der Slogan zu „Das richtige Schiff zur falschen Zeit“. Im Hinblick auf damalige kritische Stimmen bezüglich der Verweildauer der neuen ASTOR auf dem deutschen Markt (man erinnerte sich an das kurze „Gastspiel“ der ersten ASTOR) sprach der damalige deutsche Repräsentant der ASTOR (2) in seinen Verlautbarungen von einer mindestens achtjährigen Charter, deren Verträge unkündbar sein sollten. Ergebnis: nach nur knapp 2jährigem Schiffsbetrieb stand auch die ASTOR Nummer Zwei zum Verkauf und die Sowjets ließen sich dieses Schnäppchen nicht entgehen. Hatte der Bau des Schiffes 65 Mio. US$ gekostet, wurden nach knapp 2 Jahren als Verkaufserlös lediglich 50 Mio. US$ erzielt. Nicht wenige Branchenkenner nahmen damals einen solchen niedrigen Verkaufspreis nur kopfschüttelnd zur Kenntnis. Am 2. Oktober 1988 wechselte das Schiff in Genua die Flagge.

Am Heck wurde die rote Werkzeugflagge gesetzt und der Schiffsname in FEDOR DOSTOEVSKIY geändert. Mit der damals überraschenden Ankündigung des Bremer Seereisenveranstalters Transocean Tours, die „Fedor“ unter Vollcharter zu nehmen, kam dieses schon damals bei deutschen Fahrgästen beliebte Schiff wieder auf den heimischen Markt. Doch die ASTOR Nummer Zwei brachte (zumindest damals) auch den Bremern nicht das erhoffte Glück. Das Schiff hatte sich unter der Bremer Charterflagge gerade freigeschwommen und die Buchungszahlen verhießen Gutes, da kam der „Knaller“: In einer wohl beispiellosen Aktion wurde die „Fedor“ den Bremern so quasi über Nacht entrissen und an Neckermann-Seereisen weitergegeben. Angeblich, so hörte man, soll es in dem seinerzeitigen Chartervertrag eine „Lücke“ gegeben haben, die der russischen Reederei einen einseitigen Sofortausstieg aus dem Vertrag ermöglichte. Neckermann kam so gewissermaßen über Nacht zu seinem (damals dringend benötigtem) Traumschiff. Doch auch dieses Glück währte nur kurze Zeit. Die Buchungszahlen ließen zu wünschen übrig. Außerdem konnten durch hohe Charterraten die Fahrpreise für die Neckermann Klientel nicht attraktiv genug kalkuliert werden. Am 1. Dezember 1995 erhielt das Schiff in Bremen wieder seinen ursprünglichen Namen Astor und wurde vom damaligen Veranstalter Aquamarin vermarktet. Transocean Tours entschloss sich am 25.10.1996, die ASTOR (2)in Langzeitcharter zu übernehmen. Am 21.04.1998 dann die erste Kreuzfahrt unter der Bremer Charterflagge.

Fedor Dostoevskiy, Foto: Sammlung JSA

Am 5.01.2006 kauft der Münchener Finanzdienstleister Premicon die ASTOR vom Eigner Sovcomflot. Es folgte ein weiterer Einsatz bei den Bremern bis zur Insolvenz von Transocean Tours im Herbst 2009. Eine schon vor der Insolvenz geplante Totalrenovierung im Umfang von mehr als 16 Mio. Euro wurde im Frühjahr 2010 durch den neuen Eigner Premicon AG veranlasst, der auch die insolvente Transocean Tours unter dem neuen Namen Transocean Kreuzfahrten wiederbelebte und dem Schiff unter der Bereederung von der KD einen erfolgreichen Start in die weitere Zukunft ermöglichte.

Nord-Ostsee-Kanal am 19.4.2013 in Kiel, Foto: Frank Behling

Die Standard-Kabinen, wenn auch in ihrem Grundriss unverändert, bekamen eine neue Möblierung, neue Teppichbelege in Königsblau mit heller Musterung wurden nicht nur hier, sondern im gesamten Schiff verlegt. So strahlte das „neue“ Schiff eine vornehme Harmonie aus, die auch die alten Stammkunden des Schiffes überzeugte. Die Ausstrahlung der, wenn auch nach heutigen Maßstäben eher kleinen Kabinen (ca. 14 qm) war durchaus dazu angetan, dem bunten Treiben an Deck auch einmal zu entfliehen. Alles ist im Prinzip an seinem Platz geblieben, nur eben neu gestaltet. Die Werft „weigerte“ sich, die vorhandenen Klappsofas, tagsüber bequeme Sitzgelegenheit und zur Nacht ein richtiges Bett, auszutauschen. Sie seien so stabil konstruiert und quasi für die Ewigkeit gebaut, dass man sie an Bord belassen sollte. Sie blieben und wurden lediglich neu bezogen.

ASTOR im NOK, Mai 2013, Video: Oceanliner-Pictures.com

Stammgäste, die eine Suite bewohnen, werden größere Änderungen bemerkt haben. Die bisherigen Suiten erhielten bodentiefe Fenster, für geplante, so genannte French-Balkonies gab die Klassifikationsgesellschaft kein grünes Licht. Auf dem Bootsdeck wurde der Aufbau nach vorn verlängert und so Platz für neue, großzügig ausgelegte Suiten (26-48 qm) geschaffen. Die größten haben ihre Veranda mit Blick nach vorn. Ein eigenes Erster Klasse-Guckdeck also.

Anders bei den zahlreichen Innenkabinen. Es wurde immer schwieriger, Kabinen ohne Tageslicht zu vermarkten. Diese sind zwar preisgünstiger, aber der Zeitgeist verlangte nach Außenkabinen. Ausweg bei der ASTOR: Bei einigen Innenkabinen hat man zwei Innenkabinen zu einer großen, gut ausgestatteten Innen-Suite zusammengelegt.

Foto: enapress.com

Im November 2014 geriet die Betreibergesellschaft (des Schiffseigners) in Finanznöte und musste Insolvenz anmelden. Danach per 15.12.2014 Übernahme der ASTOR durch die Global Cruise Group des griechischen Reeders Tragakis. Als Eigentümer ist eingetragen: Passion Shipping Investment, Athen. Den Winter verbrachte dieASTOR fortan in Australien und wurde dort durch CMV vermarktet. Im europäischen Sommer kehrte das Schiff dann in heimische Gewässer zurück und wurde hier unter Transocean (jetzt eine CMV-Tochter) vermarktet. Am 20.07.2020 meldete CMV/Transocean Insolvenz an und alle Reisen abgesagt.

Als Jules Verne, Foto: Sammlung JSA

Die ASTOR kam am 15.10.2020 unter den Hammer und wurde für schlappe 1,7 Mio.US$ versteigert. Bis Ende Oktober 2020 sickerte lediglich durch, dass der Käufer das Schiff zum Verschrotten erworben haben soll. Die Fangemeinde der Astor hofft immer noch, dass sich jemand findet, der das Schiff den Abwrackern in letzter Minute entreißt und weiter als Kreuzfahrtschiff einsetzt.

Daten ASTOR (2)

Reederei: South African Marine Corp. Ltd., Kapstadt (Safmarine), Bauwerft: Howaldtswerke-Deutsche Werft AG, Kiel, Bau-Nr. 218, Vermessung: 20.159 BRT, Abmessungen (LxBxT): 176,3 x 22,6 x 5,8 Meter, Höhe Wasserspiegel – Mast: 35 Meter, Antrieb: Zwei 8-Zyl. + zwei 6-Zyl. Sulzer-Wärtsilä Diesel, Typ ZA40 über Getriebe (580/215 RPM) auf 2 Verstellpropeller, Gesamtleistung 15.400 kW., Hilfsmaschinen: Drei Diesel, Gesamtleistung 3.300 kW, Geschwindigkeit: 18 Knoten (max. 20 Kn), Verbrauch: 36 Tonnen pro Tag bei 18 Kn, Bunkerkapazität: 1.400 Tonnen, Aktionsradius: 12.900 Seemeilen bei 18 Knoten; Bugstrahler: 880 kW in 3 Stufen, Stabilisatoren: HDW, Typ Simplex-Compact (je Flosse 8 qm), Passagierkapazität: Max. 656 Fahrgäste in 295 Kabinen und Suiten, Besatzung: 250 in 156 Kabinen, Baukosten: 210 Millionen DM (65 Mio. US$)

Werdegang:

12.04.1985: Auftragsvergabe an die Werft. 21.01.1986: Baubeginn (Kiellegung). 1986: De facto Verkauf des Schiffes an Marlan Corporation, Port Louis/Mauritius, mit Zweitsitz in Panama. Hinter dem Unternehmen steht als größter Anteileigner die Hotel- und Finanzierungs-Gesellschaft Jardines Madison in Hongkong. Die Safmarine erkannte, dass ein Betrieb des Schiffes unter Südafrika-Flagge und Management aus politischen Gründen nicht am Markt ankommen würde. An Hongkong konnte das Schiff aber nicht übertragen werden, da es weitgehend von deutschen Schifffahrtsbanken finanziert ist. Das Hypothekenrecht von Hongkong wurde von diesen nicht anerkannt, wohl aber das in Panama. Da man aber das Schiff nicht unter der Bequemlichkeitsflagge Panamas fahren lassen wollte, wurde die ASTOR für acht Jahre bareboat an die Ireland Blythe Ltd. in Port Louis/Mauritius verchartert, die sie – nun unter unverfänglicher Flagge – an die britische Morgan Leisure Ltd. weiterverchartern kann.

30.05.1986: Aufschwimmen im Baudock., 24.06.1986: Taufe, Taufpatin: Frau Inta Elisabeth Gleich, Frau des Vorstandsvorsitzenden der Norddeutschen Affinerie., 00.12.1986: Technische Probefahrt., 14.01.1987: Ablieferung, 31.01.1987: Jungfernfahrt ab Hamburg

24.01.1988: Preissenkung der Kreuzfahrttarife für den deutschen Markt um bis zu 35 Prozent. Grund: Der Versuch der Reederei, die zum Teil völlig unzureichende Auslastung auf dem britischen Markt durch Sonderpreisaktionen zu verbessern, führte zu erheblichen Spannungen zwischen deutschen und englischen Passagieren.

01.02.1988: Ein Telex der Globus Kreuzfahrten GmbH, Hamburg, dem Generalagent für den hiesigen Markt, widerspricht Pressemeldungen über einen Verkauf der ASTOR. Globus garantiert seinen Kunden die Durchführung aller Astor-Reisen 1988., 09.02.1988: Der Verkauf des Schiffes an die Sowjetunion wird beschlossen., 11.02.1988: Die Presse berichtet weltweit über den geplanten Verkauf des Schiffes an die Sowjetunion., 10.05.1988: Transocean Tours, Bremen gibt den Abschluss eines mehrjährigen Chartervertrages für das Schiff bekannt. Beginn der Charter: Nach Übergabe der ASTOR an die neuen Eigner Anfang Oktober., 16.06.1988: Globus Kreuzfahrten bestätigt den Verkaufsabschluss., 03.10.1988: Übergabe des Schiffes in Genua an den neuen Eigner Sovcomflot, Moskau. Bereederung durch Black Sea Shipping Co., Odessa. Neuer Name FEDOR DOSTOEVSKIY. Neuvermessung 20.606 BRZ. Kaufpreis: 110 Millionen DM, 23.12.1988: Erste Kreuzfahrt unter Transocean Tours ab Genua als FEDOR DOSTOEVSKIY, 06.01.1989: Erste Ankunft in Bremerhaven als FEDOR DOSTOEVSKIY.

08.02.1990: Sovcomflot kündigt vorzeitig den Chartervertrag mit Transocean Tours zum 30.11.1990., 12.03.1990: (NUR) Neckermann Seereisen gibt den Abschluss eines Chartervertrages über fünf Jahre mit Schiffseigner Sovcomflot bekannt., 22.12.1990: Erste Kreuzfahrt unter Neckermann Charter., 20.12.1991: Übertragung an Fedor Dostoevskiy Shipping Co., Nassau, Flagge: Bahamas. Das Management liegt bei der auf Zypern ansässigen Sovcomflot-Tochter Unicom Management Services.

01.11.1994: Neckermann Seereisen informiert, den Chartervertrag der „Fedor“ nicht mehr zu verlängern., 06.11.1995: Schiffseigner Sovcomflot will das Schiff über Tochterunternehmen Aquamarin vermarkten., 00.11.1995: Bei einem Werftaufenthalt erfolgt Anpassung an aktuelle Sicherheitsauflagen., 30.11.1994: Rückgabe des Schiffes aus der Neckermann-Charter an Sovcomflot., 01.12.1995: Umbenannt in ASTOR und gleichzeitig Übergabe in die Hände von Aquamarin. Als Taufpatin fungiert Marie-Luise Marjan, bekannt als Mutter Beimer aus der TV-Serie „Lindenstraße“., 00.08.1996: Den Vertriebsbemühungen von Aquamarin, auch über die DER-Part-Schiene ist kein Erfolg beschieden., 25.10.1996: Transocean Tours, Bremen gibt den Abschluss einer Zehn-Jahres-Charter für die ASTOR bekannt., 04.11.1996: Notarielle Bestätigung des Vertragsabschlusses., 21.04.1997: Erste Kreuzfahrt unter Transocean Tours Charter, 05.01.2006: Die Münchener Reederei Premicon AG kauft die ASTOR von der Sovcomflot. Finanziert wird der Kauf durch einen geschlossenen Fond. Vermarktung weiterhin durch Transocean Tours., 05.09.2009: Transocean Tours wird insolvent, die Astor aufgelegt. In der Folgezeit wird Transocean Tours durch Premicon übernommen, als Transocean Kreuzfahrten neu aufgestellt und der Umbau bei der Bremerhavener Lloydwerft endgültig in Auftrag gegeben., 01.06.2010: Erste Reise der „neuen“ Astor nach fast 6-monatiger Werftzeit., 05.11.2013: Charterbeginn durch Cruise & Maritime Voyages (CMV)., 06.11.2014: Insolvenz des deutschen Schiffseigners.

15.12.2014: Übernahme des Schiffes durch Global Cruise Lines. Wintercharter wird unter CMV, die Sommercharter unter Transocean vermarktet., 14.11.2019: CMV/Transocean meldet die Abgabe des Schiffes an seine französische Tochter CMV-France per 1. Mai 2021. Geplanter neuer Name: Jules Verne., 20.07.2020: CMV/Transocean meldet Insolvenz an. Alle Reisen werden abgesagt., 15.10.2020: Versteigerung der Astor für rund 1,7 Mio. US$, angeblich zum Abwracken.

Text: Jürgen Saupe

„Astor“ droht der Schneidbrenner

Die Versteigerung der fünf Schiffe des britischen Kreuzfahrtanbieters Cruise and Maritime Voyages ist beendet. Zwischen dem 8. und 22. Oktober kamen alle fünf Schiffe unter den Hammer.

Das Auktionshaus CW Kellock gab inzwischen die erzielten Erlöse für die ersten drei Schiffe bekannt. Die 1991 als Statendam gebaute Vasco da Gama wurde für knapp 10,2 Millionen Dollar versteigert. Die 1988 als Fair Majesty in Dienst gestellte Columbus brachte noch 5,33 Millionen Dollar. Beide Schiffe sollen angeblich an neue Eigner aus Portugal und Griechenland verkauft worden sein. Die 1986 in Kiel bei den Howaldtswerken-Deutsche Werft gebaute Astor brachten lediglich 1,71 Millionen Dollar. Dieser Betrag entspricht in etwa dem Schrottpreis bei einem Abwracker.

Das zuletzt für die deutsche CMV-Tochter Transocean Tours eingesetzt Schiff soll nach derzeit noch unbestätigten Meldungen an einen Abwracker versteigert worden sein. Bei der am 19. Oktober versteigerten Magellan und der am 22. Oktober als letztem CMV-Kreuzfahrer gefolgten Marco Polo gibt es derzeit noch keine Angaben zu den Erlösen.  FB


CMV-Schiffe unter den Hammer

Laut Medienberichten sollen die Schiffe der insolventen britischen Traditionsreederei CMV – darunter die im deutschsprachigen Kreuzfahrtmarkt bekannten Schiffe Astor und Vasco da Gama – versteigert werden. Die Versteigerung soll dem Bericht nach exklusiv durch die Maklerfirma CW Kellock & Co. Ltd erfolgen. Nach ihren Angaben können Gebote für die in Tilbury aufgelegten Schiffe Vasco da Gama bis zum 8. Oktober, Columbus bis 12. Oktober, Magellan bis 19. Oktober und Astor bis 15. Oktober abgegeben werden, während für die in Avonmouth liegende Marco Polo die Angebotsfrist am 22. Oktober endet. Wie inzwischen bekannt wurde, soll sich der bisherige CMV-CEO Christian Verhouning Vermögenswerte aus der Insolvenzmasse erworben haben, um mit der neu gegründeten CVI Group Ltd. einen möglichen Neustart mit den Einzelgesellschaften gehörenden Schiffen zu ermöglichen. Dabei gehe es vor allem um Kundendateien, Buchungssysteme, Büroeinrichtungen etc. JPM 

Schnuppertörn mit Klassiker

Schauplatz Hansestadt Wismar an einem schönen Sommertag. Mit fröhlichen Menschen bummelt auch Peer Schmidt-Walther über die neu gestaltete Hafenpromenade. Zwischen restaurierten Hafenspeichern ragt ein eleganter weißer Schiffsschornstein in den blauen Himmel. Der ist Blickfang und gehört zur ASTOR, die zum ersten Mal die UNESCO-Welterbestadt angelaufen hat.

„So schön hätten wir uns die Stadt nicht vorgestellt!“ schwärmen die einen, andere waren seit DDR-Zeiten nicht hier und staunen, was sich hier seit der Wende alles getan hat. Die meisten wollen „unbedingt wiederkommen, um die Eindrücke zu vertiefen“.
Bis zum Auslaufen um 18 Uhr sind rund 500 Gäste an Bord, die in der alten Markthalle eingecheckt haben. Auch das eine Premiere, denn damit wurde das Gebäude auch als Kreuzfahrtterminal eingeweiht.

Dreimal Koggen-Salut
„Die ASTOR könnte doch auch noch andere kleine Häfen anlaufen“, sinniert ein Thüringer, „da wäre ich sofort wieder dabei!“ Von den Schiffsabmessungen her – 176 Meter Länge, 6,10 Meter Tiefgang und 22,60 Meter Breite – gäbe es für etliche von ihnen keine Probleme. Auch einen Erstanlauf von Wismars Schwesterstadt Stralsund könne man sich vorstellen, meint Klaus Ebner von Transocean, „denn kleinere deutsche Häfen wie Eckernförde, Flensburg, die nordfriesischen Inseln und Rügen´schen Seebäder sind sehr nachgefragt“.
„Herzlich willkommen wieder zu Hause!“, strahlt Kreuzfahrtdirektor Johannes Lemm und empfängt seine Gäste vor der Halle ganz persönlich mit Handschlag. Das hat auf der ASTOR schon Tradition. Seit rund drei Jahrzehnten. Ein langes und bewegtes Schiffsleben im Dienst von treuen Fans, die ihr Schiff lieben.
Vor ihnen liegt eine Kurzreise zum Schnuppern: geeignet sowohl für Kreuzfahrt-Neulinge als auch für alte Hasen und Fans des überschaubaren, gemütlichen und sehr familiären Schiffes. „Das auch noch wie ein Schiff aussieht“, bemerkt ein Passagier mit Kennerblick.
Was man an Gesprächsfetzen vor der Gangway aufschnappt, deutet auf eine große Erwartungshaltung hin: Alle sind gespannt, was sie auf dieser Reise nach Malmö, Göteborg, Frederikstad, Kristiansand und Hamburg erwartet.
Schon der Abschied von Wismar ist bewegend. Viele Hände winken und wünschen „gute Reise!“, die Soldaten feuern mit ihren historischen Gewehren in die Luft. In der Wismar-Bucht kommt die Kogge WISSEMARA unter geblähtem Segel entgegen und knallt drei Mal Salut mit ihrer Kanone. ASTOR grüßt mit drei langen Typhon-Dröhnern herüber.

Nicht nur Smörrebröd
Die nächsten Tage sind gefüllt mit den unterschiedlichsten Sightseeing-Aktivitäten. In Malmö geht´s los: eine Radtour vom Hafen durch die neue Stadt am Vestra Hamnen mit dem städtischen Highlight, ein „Drehenden Torso“ genanntes und mit Architektur-Preisen überhäuftes Hochhaus, in die beschauliche Altstadt zwischen Lille Torg, Stortorget, Gustav-Adolf-Platz und Sankt Petri Kirche. Malmö, die lebendige und doch beschauliche grüne Stadt, gefällt allen auf Anhieb. Mittagspause neben dem ehemaligen Trockendock und heutigem Yachthafen, wo früher die traditionsreiche Kockums-Werft 8000 Menschen beschäftigte. Nicht weit entfernt von der königlichen Festung Malmöhus ist sogar ein kühles Ostseebad drin: nach aufheizender Sauna mit nackten schwitzenden Schweden samt Kattegat-, Kopenhagen-, Schiffs- und Öresundbrücke-Blick in der historischen Badeanstalt Ribersborgs Kallbadhus.
Göteborg wartet nach einer Schärenfahrt am nächsten Tag mit Hafenrundfahrt, Oldtimer-Straßenbahn-Tour in die City, Stadtrundgang, Kasematten-Besichtigung in der Stadtmauer, Lunch im beliebten „KPH Matbar“ mit lokalen Gerichten, Fischmarkt, Paddan-Bootstour unter Brücken bis zum Trollhättan-Kanaleingang und zur Viermastbark VIKING, heute ein stilvolles Hotel. Dazu ein Schifffahrtsmuseum samt Frachtern, uralten Göta-Kanal-Fahrgastschiffen und sogar einem großen Zerstörer und U-Boot. Die Palette der Sehenswürdigkeiten ist noch viel breiter. Eine blondlockige Cheerleader-Band untermalt das Auslaufen mit schmissigen Rhythmen und erntet dafür Beifallsstürme bei den Zuschauern an der Reling….

Fotos: enapress.com