Das Hamburger Joint Venture TUI Cruises verliert nach dem Mitte des Jahres zu Mystic Cruises gewechselten ehemaligen Vice President Operations Ferdinand Strohmeier einen weiteren bisher in führenden Positionen für das Unternehmen tätigen Mitarbeiter: Michael Baden (55) wechselt am 1. November als Vertriebsdirektor zur Hamburger Reederei Sea Cloud Cruises und berichtet künftig direkt an Geschäftsführer Daniel Schäfer. Den erfahrenen Branchenkenner jetzt einzustellen, während andere Reiseanbieter ihre Personalstärke verringern, sei das Ergebnis einer klaren strategischen Überlegung, so Schäfer. Sea Cloud Cruises solle so gestärkt aus der schwersten Krise der internationalen Kreuzfahrtbranche hervorgehen.
„Unsere Produkte und unser Handeln sind seit Jahrzehnten durch Faktoren wie Nachhaltigkeit, Verlässlichkeit und Sicherheit gekennzeichnet. Wir blicken positiv in die Zukunft und sind überzeugt, dass die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Reisevertrieb weiter ausgebaut werden muss“, so Schäfer, der bald weitere Details zu einem neuen reisebürofreundlichen Provisionsmodell bekannt geben will.
„Ich
habe die Entwicklung der Branche in den letzten Monaten aufmerksam
verfolgt und teile die strategischen Überlegungen der Company. Das
Produkt spricht für sich und ich bin stolz darauf, als
Vertriebsdirektor die weitere Vermarktung der schon bald drei
Großsegler mit voran zu treiben“, begründet Vertriebsprofi Baden
seine Motivation für den Wechsel. JPM
Zur Verspätung der Sea Cloud Spirit und neuen Destinationen sprach Michael Wolf mit dem Geschäftsführer von Sea Cloud Cruises, Daniel Schäfer.
MW: Warum hat sich die
Ablieferung der Sea Cloud Spirit verzögert?
DS: In der spanischen Werft war wegen
der Ausgangssperre mehrere Wochen lang kompletter Arbeitsstopp. Unser
vorab eingebauter zeitlicher Puffer ist jetzt aufgebraucht. Wir
wissen noch nicht genau, wann das Schiff fertig wird. Auch die Werft
kann das nicht endgültig sagen, weil sie derzeit nicht weiß, wie
sich die Einreisebeschränkungen der europäischen Zulieferer
entwickeln werden.
MW: Gibt es ein grobes
Zeitfenster?
DS: Wir werden im Sommer nähere
Informationen bekommen, planen aber den Start auf Ende des Jahres.
MW: Was muss jetzt noch am Schiff
gemacht werden?
DS: Das sind die gesamten Rigg-Arbeiten. Die Masten konnten noch angeliefert werden, nur die hierfür spezialisierten Arbeiter konnten nicht mehr anreisen. Mit der Maststellung wird dann sobald wie möglich begonnen, die Arbeiten werden etwa drei Monate dauern. Parallel wird der Innenausbau finalisiert. Wenn die Masten gestellt sind, können die Maschinen angeworfen werden – der hintere Mast dient auch als Auspuffteil. Dann wird noch die Technik optimiert. Natürlich ist es schwierig, nicht sagen zu können, wann es definitiv losgeht, wir wollen aber mit offenen Karten spielen.
SEA CLOUD SPIRIT, Foto: Sea Cloud Cruises
MW: Die ersten Reisen sollen aber
dann zu den Kanaren gehen, und nicht in die Karibik wie ursprünglich
geplant?
DS: Das ist richtig. Wir haben mit der
Werft besprochen, dass das Schiff auf den Kanaren getauft wird, hier
soll auch die Einführungs- und Jungfernfahrt stattfinden. Dort
bleiben wir bis April, können danach in unser bereits
veröffentlichtes Programm direkt einsteigen.
MW: Wie sehen die Buchungen für
2021 aus?
DS: Wir haben diverse Umbuchungen
bekommen, es stehen aber immer noch eine ganze Reihe Buchungen für
2020 im System. Da warten die Gäste auf die weitere Entwicklung. Wir
erleben ganz aktuell einen Anstieg der Nachfrage für 2021, es geht
also langsam wieder los. Für 2021 gibt es aber dennoch genügend
Platz – das wird bei anderen nicht anders sein.
MW: Wann kommt der neue Katalog?
DS: Wahrscheinlich schon Anfang Juni. Bis dahin hoffe ich auch, das konkrete Programm für die Kanaren zu haben. Wir sondieren jetzt auch im Vertrieb, wer diese Reisen am besten anbieten kann, wer die Kapazität, Lust und Möglichkeiten hat, diese zu vermarkten. Reisen zu den Kanaren in diesem Winter sind wahrscheinlich sehr gut, weil sicherlich einige Gäste jetzt nicht so lang fliegen wollen. Und für diejenigen, die Fernweh verspüren, sind die beiden anderen Schiffe ja weiterhin in der Karibik. So haben wir die Bandbreite unseres Winterprogramms erweitert.
MW: In diesen Tagen berichten
etliche Medien über die Schattenseiten der Kreuzfahrt. Haben Segler
bessere Chancen…
DS: Auf jeden Fall. Ich glaube auch, dass es die klassischen Kreuzfahrer in nächster Zeit sehr schwer haben werden allein aufgrund der Größe der Schiffe. Die Bilder, die von den Schiffen in Quarantäne um die Welt gingen, haben sich in den Köpfen der Menschen eingebrannt. Da haben wir es mit unseren kleinen Schiffen wesentlich einfacher. Das Gesetz der großen Zahl erschlägt da etliches. Und wenn das Thema Corona wieder abflaut und die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit wieder akut werden, da stehen wir natürlich wieder ganz weit vorn. Auch Krisen sind auf kleinen Schiffen leichter zu handeln: Unsere Gäste sind nach dem Ausbruch innerhalb von drei Tagen wieder zu Hause gewesen, ein großer Teil der Crew etwas später. Wir haben zu fünft innerhalb eines Tages sämtliche Flüge und Transfers organisiert, das wäre für ein Schiff mit mehreren hundert Personen technisch gar nicht möglich gewesen.
MW: Wo liegen die beiden Schiffe
jetzt?
DS: Auf den Kanaren, Santa Catalina.
SEA CLOUD IISEA CLOUD
MW: Wird es nach der Krise
konkrete Änderungen auf den Schiffen geben?
DS: Wir haben uns natürliches einiges
überlegt, schon auch um etwaigen Auflagen entsprechen zu können.
Wenn es um die Änderungen von Buffets geht, ist dies sicher am
einfachsten durch Service am Tisch zu realisieren oder mit
klassischen Dinners. Bei uns findet auch vieles open-air statt, das
ist sicherlich hilfreich. Konkret haben wir aber derzeit noch nichts
beschlossen.
MW: Ihre persönliche Prognose:
Wann wird sich die Kreuzfahrt wieder öffnen?
DS: Wir können grds. mit 2 – 4 Wochen
Vorlauf starten und beobachten die weitere Entwicklung. Für das
Neugeschäft konzentrieren wir uns derzeit auf das 4. Quartal. Es
gibt aber auch Szenarien, die von April 2021 ausgehen.
MW: Die Highlights aus dem
nächsten Katalog?
DS: Kanaren im Winter, das haben wir noch nie zuvor gemacht. Das wird gut funktionieren. Es kommt wieder die Zeit, wo man sich wieder besinnt, auf das, was zählt im Leben. Das können auch einfache Dinge sein. Wir haben uns immer auf gute Qualität konzentriert und sind dem Modernitätswahnsinn und dem Streben nach immer mehr und immer größer nicht verfallen. Deswegen ist unser Produkt so zeitlos und modern wie nie zuvor. Viele Leute kommen jetzt wieder auf den Boden und erkennen, dass man so nicht weitermachen kann. Wie lange das anhält, weiß ich nicht. Dieser Wahnsinn muss schon aus klimatischen Gründen aufhören.