Schlagwort: historische Passagierschiffe

Eine Legende

Die Queen Elizabeth 2 gehörte mehr als 50 Jahre lang zu den stolzesten Transatlantiklinern auf den Ozeanen.

Am 11. September 1995 wurde die Queen Elizabeth 2 zu Großbritanniens Gloria. Auf der Reise nach New York wurde das Schiff in den frühen Morgenstunden über der Neufundlandbank von einer 33 Meter hohen Monsterwelle getroffen. Verursacher: der Hurrikan „Luis“. Das bereits eingedeckte Geschirr auf den Tischen des legendären Queens-Grill im Cunard-Stil flog herum, ebenso alles was nicht niet- und nagelfest war. Menschen erschraken in ihren Kabinen, das Schiff erbebte in seinen Grundfesten, die waren aber robust gebaut. Es war aber leichter als andere Schiffe, weil in der Struktur unter anderem 1100 Tonnen Aluminium verarbeitet worden waren.

Foto: enapress.com

Kapitän Ronald Warwick hatte versucht, vor dem Hurrikan auf eine andere Route auszuweichen. Aber die Riesenwelle zerschlug auf dem Schiff die Fenster des 22 Meter über dem Wasser liegenden Großen Salons. „Es sah aus, als steuerten wir auf die weißen Kliffs von Dover zu“, erinnerte sich Warwick. Nach der Wucht des Aufpralls war das Schiff zwar noch fahrtüchtig, aber schwer beschädigt. Wie durch ein Wunder überstanden Passagiere und Besatzung das Naturereignis fast unverletzt. Das 293,5 Meter lange und 32 Meter breite Schiff der Reederei Cunard Line musste generalüberholt werden. Es hatte unter dem Union Jack standgehalten.

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Am 2. Mai 1969 war es im britischen Southampton ein Großereignis, als die Queen Elizabeth 2 auf ihrer Jungfernfahrt als neues Passagierschiff für Transatlantikfahrten im Typhongeheul ihren Heimathafen in Richtung Amerika verließ. Die Baukosten lagen damals bei 29 Millionen Pfund.

Queen Elizabeth 2, Foto: enapress.com

Der mitternachtsblaue Rumpf und der schwarzrote Schornstein, das stilvolle Art-déco-Ambiente im harmonischen Zusammenspiel mit modernem Schiffsdesign erinnerten an das goldene Zeitalter der klassischen Kreuzschifffahrt. Auch die Geschwindigkeit war mit bis zu 32,5 Knoten beachtlich: Die Passage nach New York dauerte vier Tage, 16 Stunden und 35 Minuten. Damit gehörte es zu den schnellsten Passagierschiffen auf den Meeren.

Foto: Cunard Line

Der Liner war fast vier Jahre lang in der John Brown & Company Werft im schottischen Clydebank gebaut worden und der Nachfolger des Vorgängerschiffs Queen Elizabeth. Höchstpersönlich hatte die Königin das Schiff getauft auf ihren Namen. Allerdings mit der arabischen statt römischen Zahl II, das war erforderlich, um es vom ersten Schiff zu unterscheiden. In der Schiffsbranche wurde es fortan QE2 gekürzelt. Die Namensgebung war eine sensible Angelegenheit, denn zu dieser Zeit wurden britische Monarchennamen ausschließlich an große Schiffe der Royal Navy vergeben.

Das moderne Kreuzfahrtschiff mit einer Kapazität für insgesamt 1778 Passagiere und 1000 Crew-Mitglieder sollte in den folgenden 40 Jahren von 2,5 Millionen Menschen genutzt werden; neben der Route nach New York auch auf 25 Weltreisen. Die Medien bejubelten es als „prachtvoll“ und „voller Glanz“. Die Grand Lobby mit ihrem symmetrischen Schnitt und den geschwungenen Treppen war der Eintritt in eine majestätische Sphäre. Hier fanden große Auftritte statt. Harry Belafonte trat auf, Popstars wie David Bowie oder Rod Steward, aber auch Nelson Mandela, Udo Lindenberg und der Entertainer Harald Schmidt wurden freundlich beklatscht.

Die Materialien waren nobel, das Mobiliar luxuriös, die Säle eindrucksvoll. Am Nachmittag stand den Gästen auf reich verzierten Balkonen der Afternoon Tea mit Kuchen und Sandwiches zur Verfügung. Die Bibliothek war zweistöckig und lichtdurchflutet, mit warmen Holztönen und einer schmückenden Bleiglasdecke. In der Garden Lounge, vom Wintergarten umgeben, konnten die Passagiere tagsüber entspannen, abends gab es Live-Musik. Die Shops in der Royal Arcade waren proper bestückt, das Fitnesscenter mit dem Royal Spa modern gestaltet. Es gab auch ein Krankenhaus mit Operationssaal.

In den fünf Restaurants servierten Kellner mit weißen Handschuhen Passagieren Sechsgänge-Menüs, die Küche hatte einen vorzüglichen Ruf, Hummer und Kaviar waren stets dabei. Zur Tradition gehörte auch das allabendlich hochkarätige Entertainment an Bord. Die Gäste erlebten Musical Shows im Royal Theatre und klassische Bälle im eleganten Ballsaal unter Kronleuchtern. Smoking und Abendkleid waren Teil der strengen Kleiderordnung. Bis spät in die Nacht konnte man tanzen, sich in der Cocktailbar unterhalten, ins Kino gehen oder im Casino sein Glück versuchen.

In den 978 Kabinen gab es ein größeres Wohn-Schlafzimmer mit zwei Bullaugen und Seeblick, ein kleineres Umkleidezimmer und ein Bad mit Badewanne und Dusche. Die US-Amerikanerin Beatrice Muller hatte von 1999 bis 2008 ihren festen Wohnsitz auf dem Schiff, Kabine 4068. Der österreichische Künstler Friedensreich Hundertwasser starb friedlich im Februar 2000 an Bord. Die QE2 war das einzige Passagierschiff, das eine kleine Synagoge besaß. Sie wurde vor dem Verkauf an den Arabischen Golf mit allen Einrichtungsgegenständen, Tora-Rollen und heiligen Gegenständen ausgebaut und der englischen Jüdischen Gemeinde übergeben.

1992 war es zu einem ersten Missgeschick gekommen. Auf einer Tagesreise von New York nach Martha’s Vineyard wurde ein Felsen in zwölf Meter Wassertiefe gerammt, dabei der Rumpf massiv beschädigt. Das Schiff wurde zur Reparatur zur Werft Blohm + Voss nach Hamburg gebracht.

Die QE2 wurde einige Male von einer Pechsträhne erwischt. 1982 zog man es kurzerhand aus dem Passagiereinsatz und ließ es umbauen. Großbritannien und Argentinien traten in den Falklandkrieg, das Schiff transportierte mehrfach Truppen von England in den Südatlantik. Die Renovierung des zweckentfremdeten Schiffs wurde 1987 auf der Lloyd Werft Bremerhaven vorgenommen. Dabei wurden unter anderem die beiden Dampfturbinen durch einen Diesel-Elektrik-Antrieb mit neun MAN-Motoren und zusammen 130.000 PS ersetzt.

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2004 wurde die Queen Elizabeth 2 aus dem Transatlantikdienst genommen und war fortan als Kreuzfahrtschiff zu den Destinationen der Welt unterwegs. An ihre Stelle kam der Neubau Queen Mary 2. Vier Jahre später kam das Aus für QE2, sie wurde für 100 Millionen Dollar an das Emirat Dubai verkauft. Die letzte Fahrt trat der einstige Oceanliner von Cunard am 11. November 2008 an. Seitdem liegt er im Port Rashid in Dubai und bildet das Herzstück des neuen maritimen Zentrums, Endstation nach fast sechs Millionen Seemeilen. Roland Mischke

Fotos: enapress.com
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Fotos: enapress.com, Cunard Line

Geschichte von Schiffen

Die Geschichte von Schiffen

Die Kungsholm

Es war einer der letzten Ocean Liner im pompösen Stil der 1960-er Jahre. 201 Meter lang, 26,5 Meter breit, mit Platz für 730 Passagiere, Tonnage seinerzeit: BRT 26.678. Die Kungsholm war ursprünglich von der Schwedisch-Amerika-Linie für den Nordatlantikliniendienst nach Amerika eingesetzt worden. 1964 bis 1966 hatte man das Schiff auf der Werft John Brown & Company in Clydebank, Schottland, bauen lassen. Es erhielt die Baunummer 728, Auftraggeber war die in Göteborg ansässige Reederei Svenska Amerika Linjen. Eine elegante Lady, ein weißer Schwan der Meere, hieß es lobend in der internationalen Schiffsbranche. Ein Schiff mit großzügigen, offenen Promenaden mit lasierten Holzplanken, weitläufigen Deckflächen, zwei Außen- und einen Innen-Pool und für stürmische Strecken verglaste Wintergärten.

Kungsholmen, Foto: JSA

In dieser Serie geht es um das Schicksal von berühmten und gern erinnerten Schiffen. Was wurde aus ihnen, die für die Kreuzschifffahrt entworfen, entwickelt oder aufbereitet wurden? Schiffe sind massive Stahlkörper für fragile Menschenkörper auf hoher, mitunter wilder See. Transportmittel und Schutzraum, Erlebnis und Erinnerung. Sie bringen Menschen sicher über die Meere und in andere Länder.

Jedes Schiff hat seine ganz eigene Geschichte, von der Errichtung über den Ankauf von Reedereien und den vielfältigen Gebrauch bis zur Ausserdienststellung. Manche dieser Schiffe gibt es nicht mehr, andere sind noch als Klassiker vorhanden. Es lohnt sich, an sie zu denken.

Foto: JSA

Im April 1966 lief die Kungsholm vom Stapel und ging auf die Jungfernfahrt nach New York. Sie kam noch als ein so genannter Zweischornsteiner in Fahrt, eine Huldigung an die traditionsreiche Seefahrt, wobei der Vordere allerdings eine Attrappe war. Nach dem Verkauf an P&O Cruises 1978/79 wurde er im Rahmen eines Großumbaus entfernt, um dem Gesamterscheinungsbild (corporate identity) der Reederei P&O zu entsprechen.

In all den Jahren bis zum Verkauf 1975 an Flagship Cruises waren die Schweden stolz auf dieses Schiff. An Bord hatten sich in den Jahren viele Menschen kennengelernt, manche hatten ihre Hochzeitsreise absolviert, andere nutzten die Fahrt in die Neue Welt mehrfach und es gab eine Menge treuer Schiffsfreunde.

Foto: JSA

Unter dem Eigner P&O bekam sie den Namen Sea Princess, später die Namen Victoria, Mona Lisa, Oceanic II und Veronica.

In Deutschland hatte das Schiff über Lord Nelson Seereisen (Holiday Cruises) eine treue Fangemeinde gefunden. Nach dem Hin und Her von Kontinent zu Kontinent wurde das Schiff 2010 bei den Olympischen Spielen in Vancouver, Kanada, erstmals als Hotelschiff genutzt. Zuletzt lag der beliebte „Dampfer“ als Hotelschiff unter dem Namen Veronica im Hafen von Duqm im Sultanat Oman. Dorthin war sie gebracht worden, weil sie den neuen Sicherheitsanforderungen nicht mehr entsprach. Ein schwimmendes Luxushotel mit 200 Zimmern für Touristen und Geschäftsreisende. Der Eigentümer, die Daewoo Shipbuilding & Marine Engineering Oman, hatte das Schiff anspruchsvoll umgewandelt zu einer Augenweide in einem Stadtteil von Duqm, dem Hafen- und Werftneubau (Oman Drydock).

2013 wurde der einstige Transatlantik-Liner, der zwischen Schweden, den USA und zurück nach Schweden jahrelang Tausende Menschen hin und her befördert hatte und den es zuletzt in ein arabisches Land verschlagen hatte, als Hotel geschlossen.

2015 brachte der italienische Hochseeschlepper Kamarina das Schiff von Oman nach Indien. Zum Abwracken setzte man es auf einen Strand nahe der Stadt Alang. Damit war das Ende der einstigen MS Kungsholm besiegelt. Vielen wird sie unvergessen bleiben. RM

Text: Roland Mischke, Fotos: enapress.com, JSA