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Bundeswirtschaftsminister will MV Werften helfen

Die Zeit wird knapp. Am 1. März soll das Insolvenzverfahren für die MV Werften starten. Bis dahin hat Insolvenzverwalter Christoph Morgen für die Suche nach einem Investor oder einen Konzept Zeit. Doch die Chancen stehen schlecht.

Bei einem Besuch auf der Werft hat sich am 14. Februar Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck über die Lage informiert. Zusammen mit der maritimen Koordinatorin der Bundesregierung, Claudia Müller, sprach Habeck mit der Belegschaft und Gewerkschaftern.

Inse Scheel (Gesamtbetriebsratsvorsitzende MV Werften) und Robert Habeck (Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz) am 14.2. am Werftstandort in Wismar.
Foto: Frank Behling

Allzu große Hoffnung auf eine schnelle Lösung machte Habeck nicht. Er sicherte aber Hilfe zu. „Wenn es gelingt, ein tragfähiges Konzept für den Weiterbau des Kreuzfahrtschiffes Global 1 zu erstellen, ist eine Unterstützung durch den Bund denkbar“, so Habeck. Umringt von Bauteilen der Wasserrutsche, des Sonnendecks und Isoliermaterials sprach der Minister von einer Hoffnung für die Zukunft. 

Insolvenzverwalter Christoph Morgen sieht bei der Suche nach einem Käufer für die Global 1 durchaus Chancen. „Es gibt mehrere ernsthafte Interessenten“, so Morgen. Dabei ist dem Vernehmen nach sowohl die Fertigstellung am Ort in Wismar wie auch die Verschleppung zu einer anderen Werft Thema.

Foto: Cord Schellenberg/MV Werften

Habeck bekannte sich trotz der Kritik aus der grünen Basis zum Bau von Kreuzfahrtschiffen und zur Industrie. „Für mich ist die Frage gar nicht schwer. Die Transformation von Industrie, Mobilität und Tourismus wird über das Ordnungsrecht gestaltet. Die Linderung der Not durch die Corona-Pandemie ist hier die Aufgabe des Bundeswirtschaftsministers.“

Käme es zur Zerschlagung der MV Werften und der Entlassung der verbliebenen knapp 2000 Mitarbeiter, wäre es der größte Kollaps im deutschen Schiffbau seit dem Bremer Vulkan-Debakel vor 25 Jahren.

Den Vorwurf der klimaschädlichen Auswirkungen durch den Bau von Kreuzfahrtschiffen ließ Habeck nicht gelten. „Der Gedanke, dass möglichst wenig wirtschaftliche Tätigkeit am besten für den Klimaschutz ist, ist absurd. Das würde bedeuten, dass wir die Küstenorte mit den Werften einfach tot fallen lassen. Das ist doch Unsinn.“

Der Bau von Kreuzfahrtschiffen sei ein wichtiger Bestandteil für die Auslastung der Werften. „Ich würde nicht behaupten, dass die Global 1 einen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Aber sie leistet einen Beitrag zur Erhaltung des Werftenstandort und damit zur Transformation der Werften“, so Habeck. Ziel sei es, die Schifffahrt emissionsärmer und irgendwann klimaneutral zu machen.

Im Hallendock der Werft liegt das Problemschiff. Der 342 Meter lange Kreuzfahrtkoloss Global 1 mit 2500 Kabinen für bis zu 9500 Passagiere. Gentings Plan für den Einsatz in Asien ist geplatzt. Wie es mit dem Rohbau der Global 2 in Warnemünde weitergeht, steht noch in den Sternen. Der Rumpf liegt seit fast zwei Jahren im Dock der Werft in Warnemünde.

Am 1. März werden 1600 bis 1800 der etwa 2000 Mitarbeiter der MV Werften in eine Transfergesellschaft überführt, so Morgen. Diese Transfergesellschaft soll für vier weitere Monate bei der Suche nach Lösungen für die Menschen helfen. Diese vier Monate bis Juli werden dann entscheidend für die Zukunft.

„Wir müssen zwingend Zeit gewinnen und so das Know-how hier an der Werft zusammenhalten. Wir brauchen die Beschäftigten hier am Standort“, so Morgen.

Die Global 1 könnte danach in ein bis zwei Jahren fertiggestellt werden. Diese Brücke bei der Beschäftigung brauche die Werft, um dann neue Projekte auf dem Markt zu bewerben und auch in Vergaben einsteigen zu können, ist aus der Belegschaft zu hören.

„Deshalb ist es wichtig, dass die Transfergesellschaft nicht nur für vier Monate eingerichtet wird. Ein Jahr wäre das Mindeste.“, sagte Ines Scheel, Gesamtbetriebsratsvorsitzende der MV Werften. Auch Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste, sieht hier Bedarf.

Als Vision für die Zukunft strich Habeck mehrere Beispiele heraus. „Der Bau von Plattformen für Offshore-Windparks, die Umstellung der Schifffahrt auf LNG und auch die Wiederverwendung von Schiffen ist ein politischer Auftrag über den Tag hinaus.“ Der Bau von Kreuzfahrtschiffen ist am Standort in Wismar aber aller Wahrscheinlichkeit nach damit vorerst beendet.

„Es gibt aber die vorsichtige Hoffnung, dass es nicht das Ende des Schiffbaus in Wismar, Warnemünde und Stralsund sein kann“, so Habeck. Er wünscht sich für die mittelfristige Neuausrichtung der großen Werften nachhaltige Schiffskonzepte. Auch der Bau einer Schiffsabwrackwerft zur Wiederverwertung der Rohstoffe gehört für ihn zu den Lösungen.

SuperStar Libra im Wismarer Westhafen,
Foto: enapress.com

Offen ist auch noch das Schicksal des alten Kreuzfahrtschiffes Superstar Libra, das eigentlich als Wohnschiff an der Werft in Wismar festgemacht wurde. Dieses Schiff sollte bereits zur Verschrottung verschleppt werden. Durch den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Januar wurden diese Pläne aber gestoppt. FB

MV Werften: Gewerkschaft ist kampfbereit

Die Lage der MV Werften in Mecklenburg-Vorpommern ist weiter angespannt. Als Reaktion auf die ersten Signale der Geschäftsführung hat die Gewerkschaft IG Metall Küste für die nächste Woche Aktionen zum Erhalt der Arbeitsplätze und der drei Standorte der Werftengruppe angekündigt.

Geplant sind Kundgebungen am Mittwoch in Rostock und Stralsund, später dann auch in Wismar. „Es geht um die industriellen Kerne des Landes mit etwa 2800 Arbeitsplätzen mit guten, tariflichen Bedingungen. Alle drei Standorte müssen eine Zukunft haben und die Beschäftigten erwarten, dass ihnen eine Perspektive aufgezeigt wird“, sagte Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste. Die Belegschaften der drei Standorte sind stark verunsichert, heißt es. Die ersten Mitarbeiter haben auch schon die Werften verlassen und sich anderweitig orientiert.

Inzwischen steht auch schon gar nicht mehr der Weiterbau der Kreuzfahrtschiffe auf der Agenda. Es geht einzig um die Sicherung der verbliebenen Arbeitsplätze im Schiffbau. „Bei der Rettung der MV Werften muss es um die Arbeitsplätze und Standorte gehen. Dafür werden IG Metall und Belegschaften in den nächsten Wochen gemeinsam kämpfen“, so Friedrich. Die Werften sind die größten industriellen Arbeitgeber an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns.

Betriebsrat und Gewerkschaft werden mit der Geschäftsführung in den nächsten Wochen weiter über den geplanten Personalabbau verhandeln. „Unser Ziel bleibt, so viele Beschäftigte wie möglich zu halten“, erklärte Stefan Schad, der IG Metall-Leiter für Rostock und Schwerin und der Unternehmensbeauftragter für die MV Werften. „Mit der Kurzarbeit gibt es dafür ein bewährtes Instrument. Um die Beschäftigten vor der Arbeitslosigkeit zu schützen, drängen wir außerdem auf gut ausgestattete Transfergesellschaften.“

Die Gewerkschaft fordert eine weitere Nutzung der Kurzarbeit für die Mitarbeiter. FB

Meldung vom 09. Februar 2021: https://anbord.de/mv-werften-gewerkschaft-fordert-kriegsschiffe-statt-kreuzfahrer/

Positive Signale für alle drei Standorte der MV-Werften

Die Bemühungen um den Erhalt der Werften der MV-Gruppe in Mecklenburg-Vorpommern haben leichte Fortschritte gemacht. Alle Standorte in Rostock, Stralsund und Wismar sowie Neptun Ship Design und MVW Fertigmodule sollen erhalten werden. Auf diesen Erfolg einigten sich in dieser Woche die Geschäftsführung der Werften, der Gesamtbetriebsrat, die Gewerkschaft IG Metall Küste und der Arbeitgeberverband Nordmetall. Aus Asien gibt es dafür die ersten Lichtblicke. So ist die World Dream als zweites Genting-Kreuzfahrtschiff wieder in Fahrt.

Zuvor hatte die Gewerkschaft mit hartem Widerstand gedroht, falls einer der Standorte geschlossen wird. Auch von der Landesregierung war dem Werftkonzern die Unterstützung nur im Zusammenhang mit der Sicherung der Standorte zugesagt worden. In die Rettungsbemühungen ist auch das Finanzministerium und das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit des Landes Mecklenburg-Vorpommern eingebunden.

Die MV Werften bekennt sich laut der Mitteilung vom Donnerstag zur Tarifbindung, Mitbestimmung und Ausbildung. So werden keine Auszubildenden entlassen.

Einigkeit bestehe in der Verhandlungsgruppe aber leider auch darüber, dass es bei der derzeitigen Auslastung zu umfangreichen Personalanpassungen und Kosteneinsparungen kommen müsse, heißt es in der Erklärung weiter. Nach unbestätigten Meldungen droht im kommenden Jahr ein Personalabbau von 1200 bis 1500 der rund 3000 Stellen.

WORLD DREAM, Foto: Frank Behling

„Als Betriebsräte werden wir weiter für jeden einzelnen Arbeitsplatz kämpfen. Mit der Erklärung zeigen die MV Werften, dass sie auch künftig für gute Industriearbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern stehen“, sagte Ines Scheel, Gesamtbetriebsratsvorsitzende der MV Werften.

Für die Neuausrichtung wird zunächst auch eine komplette Umstellung der Projekt- und Produktionsbereiche angestrebt. So soll der Bau der Schiffe „Global“-Klasse eingestellt werden. Wie weit der Rohbau des zweiten Schiffes in Warnemünde weitergebaut wird, ist unklar.

In dem Dock könnten im nächsten Jahr bereits kleinere Kreuzfahrtschiffe für Genting auf Kiel gelegt werden. Der erste Schritt wird aber die Ablieferung der Crystal Endeavor bei der MV-Werft in Stralsund im kommenden Frühjahr.

Gleichzeit will die Werft sich wieder, so wie schon früher, neue Geschäftsfelder aufbauen. Dazu gehören wieder Offshore-Windenergie-Branche, die jedoch kurzfristig nicht zu einer Auslastung der Fertigungskapazitäten führen werde.

„Unser erklärtes Ziel ist der Erhalt der Zukunftsfähigkeit unserer Werftengruppe. Gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern sind wir überzeugt, dieses Ziel zu erreichen. Das Restrukturierungsprogramm ist dabei ein wichtiger Baustein zur Sicherung unserer finanziellen Stabilität“, Carsten J. Haake, Geschäftsführer der MV-Werften.

CRYSTAL ENDEAVOR, Foto: MV Werften

„Die klaren Aussagen zum Erhalt der Standorte Rostock, Stralsund und Wismar und zu Ausbildung, Tarifbindung und Mitbestimmung sind eine gute Grundlage für die weiteren, schwierigen Verhandlungen. Gemeinsames Ziel ist, funktionsfähige Werften an allen drei Standorten und so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten“, sagte Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste.

Für die weiteren Verhandlungen haben die Partner „eine enge und konstruktive Zusammenarbeit“ vereinbart. Die Verlängerung der Kurzarbeit und die Einrichtung einer Transfergesellschaft sind laut der Erklärung vorgesehen.

Gemeinsam wollen sich die Partner weiter für eine Aufnahme des Unternehmens unter den Rettungsschirm des Bundes einsetzen. Für diesen Schritt werden noch Signale von dem Eigner der Werftengruppe, der Genting-Gruppe, aus Asien erwartet. In den vergangenen Tagen war auch Tan Sri Lim Kok Thay, der Eigner der Genting-Gruppe, in Mecklenburg-Vorpommern erwartet worden.

Genting Dream, Foto: enapress.com

Die Genting-Gruppe hat derweil in Asien den Kreuzfahrtbetrieb langsam wieder hochgefahren. Seit Anfang November ist von Singapur aus die World Dream wieder im Einsatz. Das Kreuzfahrtschiff war nach fast fünf Monaten Aufliegezeit in Rotterdam im Oktober wieder nach Asien verlegt worden. Die 2017 bei der Meyer Werft gebaute World Dream unternimmt Panorama-Reisen in die Straße von Malakka. Die Schwester Genting Dream seit 20. Oktober zusammen mit fast 20 anderen Kreuzfahrtschiffen in der Bucht von Manila.

In Taiwan ist sein Oktober bereits die Explorer Dream im Einsatz. Das 1999 ebenfalls von Meyer gebaute Schiff startet zu nationalen Reisen in taiwanesischen Gewässern. Die Ausweitung der Kreuzfahrtaktivitäten ist aber auch in Asien durch die strengen Reisebeschränkungen vorerst nicht möglich. FB