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„Kleine Gesten brachten Licht ins Dunkel“

M’Ocean ist eines der führenden Kreuzfahrtreisebüros in Deutschland. Sein Chef Robert Liersch im Interview mit an Bord zur Situation im Cruise-Markt.

Wie würden Sie das zu Ende gehende Jahr titulieren?

Als katastrophal! Wir arbeiten seit neun Monaten eigentlich ohne Einkommen. Da gab es nur noch Storno-Abwicklungen, Umbuchungen – und kein Geld, das hereinkam.

Robert Liersch,
Geschäftsführer M’Ocean

Foto: M’Ocean

Wie haben Sie sich in diesen Zeiten organisiert?

Ich bin natürlich froh, dass wir in Deutschland arbeiten. Der Staat hat uns die Kurzarbeit als Instrument an die Hand gegeben, mit der wir die in einem Unternehmen wichtigsten Personalkosten etwas abfedern konnten. Dennoch sind wir für unsere Kunden von 10-18h ansprechbar gewesen. Vor allem auch für die, die irgendwo auf der Welt hängengeblieben waren und für die wir bei den Stornos ein Ansprechpartner sein wollten. Ich sehe diesen Service einfach als Investition in die Zukunft.

Sind in diesen Zeiten Fehler von den Reedereien gemacht worden?

Von manchen Partnern gab es Unterstützung, von anderen überhaupt nicht. Wir haben uns oft allein gelassen gefühlt. Das würde ich im Nachhinein als Fehler bezeichnen. Jeder versuchte offensichtlich, diese neue Situation auf seine Art anzugehen, um das Chaos in den Griff zu bekommen.

Gibt es Beispiele für die einen wie die anderen?

Besonders positiv empfand ich die Reaktionen von z.B. Oceania, Ponant und Sea Cloud. Bei den großen Reedereien gab es dagegen eher Probleme, da waren einige einfach abgetaucht und nicht erreichbar.

Wie haben die Kunden reagiert?

90 Prozent unserer Gäste haben Verständnis für die Situation gezeigt. Wir haben sie in Newslettern, persönlichen Telefonaten und Mailings ständig informiert, ich denke sie sind gut abgeholt worden. Bei einigen wenigen war es aber auch mal schwierig.

Wie ist heute die Buchungssituation bei Ihnen für 2021 und 2022?

Ich stelle fest, dass vor allem kleine Reedereien tolle Buchungseingänge haben. Langsam kommt auch wieder Buchungswille bei den Gästen auf. Da hat die Nachricht von den Impfungen sicher geholfen. Aber noch ist nichts normal – früher hatten wir 3-4 Buchungen am Tag, jetzt pro Monat. Wir hatten und haben bis zu 90 Prozent Buchungsrückgänge im Vergleich zum Vorjahr.

Gibt es etwas, was sich aus dieser Krise lernen lässt?

Wir haben immer versucht, das Beste aus der Situation zu machen, aber wir wurden fremdbestimmt. Die Aktionen der Politik waren dabei oft konfus und unkoordiniert. Allein die ständig wechselnden Reisewarnungen haben die Bevölkerung komplett verunsichert.

Gab es auch positive Momente?

Es gab viele kleine positive Highlights, der Zuspruch von unserer Kunden beispielsweise. Wir haben sogar Spenden erhalten, teils im vierstelligen Bereich. Einige Kunden haben gefragt, was wir denn bei der abgesagten Reise verdient hätten und uns dieses Geld anschließend überwiesen. Einer meinte, dass sein Geld auf der Bank ohnehin keine Zinsen bringen würde, wir es momentan besser gebrauchen könnten, und hat sich einen Gutschein über mehrere tausend Euro von uns gekauft, den er zukünftig auf eine reale Buchung einlösen wollte. So etwas macht Mut und bringt Licht in das Dunkel.

Wie sieht es heute mit neuen Produkten und Angeboten bei M’Ocean aus?

Ich kann verkünden, dass wir ab sofort die deutsche Generalvertretung für Tradewind Voyages übernommen haben.
Sie besitzen das größte Segelschiff der Welt, die Golden Horizon, gebaut eigentlich für eine andere Reederei unter dem Namen Flying Clipper. Das Schiff wird unglaublich schöne Routen fahren zum Beispiel in Australien und dem Indischen Ozean. Es liegt dabei voll im ökologischen Trend, denn bis zu 70% der Strecken sollen nur mit Windkraft zurückgelegt werden.

Was ist Ihre persönliche Empfehlung für eine Kreuzfahrt?

Generell haben kleine Schiffe auch in diesen Tagen einen Vorteil gegenüber den Größeren, sie können auch andere ausgefallenere Routen fahren. Das hat Ponant sehr gut demonstriert mit den Reisen entlang der französischen Küsten, das kam gut an und ist daher auch eine Empfehlung von mir.

Wird man sich von der Kreuzfahrt in der bisherigen Form verabschieden müssen?

Ich war selbst vor Kurzem mit Costa um den italienischen Stiefel herum unterwegs, einfach um eine Kreuzfahrt unter Corona-Bedingungen selbst zu testen. Sehr angenehm dabei fand ich die geringe Auslastung an Bord – 450 Gäste statt 2800. Das Gesundheitskonzept war ebenfalls sehr überzeugend und ich habe mich zu jeder Zeit an Bord sehr sicher gefühlt. Darauf kam es mir an. Aber schon aus wirtschaftlichen Gründen wird es wohl so nicht bleiben können, dennoch hat mich das Konzept überzeugt.

Und ein Destinations-Tipp?

Meine Lieblingsdestinationen fangen alle mit A an: Alaska, Arktis, Antarktis und Amazonas. In Alaska war ich bereits achtmal unterwegs, die neunte Tour für 2021 steht an und ist bereits eingekauft.

„Livemusik und Windjammer“

Alle fünf Jahre findet in Bremerhaven die SAIL statt – dieses Jahr musste sie pandemie-bedingt abgesagt werden. Dafür wurde die lütte sail gegründet, die ab 2021 jährlich an den Start gehen soll. Michael Wolf sprach mit Dr. Ralf Meyer, Geschäftsführer von „Erlebnis Bremerhaven“, über kreative Lösungen in der Krise, die Kreuzfahrt in Bremerhaven und neue Ideen im Tourismus.

Wie sieht für Bremerhaven die Bilanz des Jahres 2020 im Kreuzfahrtbereich aus?

Die Pandemie hat uns nach besten Zahlen zuvor ein katastrophales Ergebnis beschert.

Wie viele Schiffe werden im nächsten Jahr nach der Rekordsaison 2019 erwartet?

Im nächsten Jahr erwarten wir etwa 250.000 Passagiere so wird u.a. die „Costa Favolosa“ elfmal von Bremerhaven aus fahren.

Dr. Ralf Meyer, Geschäftsführer von „Erlebnis Bremerhaven“, Foto: enapress.com

Wie wichtig ist der Faktor Kreuzfahrt in Bremerhaven geworden?

Das kann man konkret darstellen – allein bei den Hoteliers sind in diesem Jahr 26.000 Übernachtungen nur von Kreuzfahrtgästen weggefallen. Die jährliche Wertschöpfung durch den hiesigen Kreuzfahrtmarkt beträgt etwa 15 Millionen Euro, dazu kommen die Passagiere, die den Vorabend einer Kreuzfahrt in Bremerhaven übernachten. Viele lernen so die Stadt kennen. Im Fokus sind natürlich Klimahaus und Deutsches Auswandererhaus. Besonders profitiert von den Kreuzfahrtgästen hat witzigerweise unser Zoo.

Ist bekannt, wieviel Geld jeder Kreuzfahrtgast in Bremerhaven lässt?

Wir sehen das als Gesamtsumme und haben es nicht auf einzelne Teile heruntergerechnet. Die Wertschöpfung setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen wie die Beladung oder Betankung der Schiffe, die Übernachtungen, auch die Besatzungen gehen hier regelmässig einkaufen.

Übernachten die Gäste eher nach oder vor einer Kreuzfahrt?

Fast immer davor. Man möchte locker und entspannt ankommen, abends noch einen guten Fisch essen gehen, relaxed auf das Schiff kommen. Viele profitieren auch von den Park-Angeboten der Hoteliers. Nach der Kreuzfahrt geht es direkt nach Hause, da soll der Koffer nicht noch einmal ausgepackt werden. Bei Befragungen haben wir aber festgestellt, dass etliche Gäste noch gerne mehr von Bremerhaven gesehen hätten oder nach Worpswede gefahren wären. Sogar Helgoland stand bei einigen auf der Wunschliste. Übereinstimmend waren aber alle überrascht von der Nähe der Stadt mit ihren Attraktionen zum Terminal.

Was hat man in Bremerhaven aus der Krise gelernt?

Wir haben gelernt, kreativer zu denken. Wir mussten laufend ändern und anpassen, da war Kreativität gefragt; wie kann man Veranstaltungen trotz der Pandemie stattfinden lassen, wie können bestimmte Einrichtungen dennoch geöffnet bleiben, wie kann das Marketingkonzept angepasst werden. Bei einigen Veranstaltungen mussten wir Vollbremsungen mitten in der Vorbereitungen machen, um gleich wieder mit Vollgas und in viel kürzerer Zeit eine neue aufzubauen. Das waren neue Herausforderungen trotz reduzierter Belegschaft. In dieser Zeit sind wir viel digitaler geworden als zuvor. Wir haben gelernt, über Videokonferenzen zu arbeiten. Aber klar gesagt: Gerade im Tourismus fehlten uns dabei ganz besonders die menschlichen Kontakte. Die Herzlichkeit des Willkommensgrußes der ist uns von der Pandemie völlig genommen worden – das tut einem Touristiker weh.

Was sind die nächsten Ziele im Kreuzfahrtbereich?

Der Terminal soll modernisiert werden und sich in Richtung Stadt noch mehr öffnen. Das würde bedeuten, dass man den Terminal von der Innenstadt aus zu Fuß bestens erreichen kann. Die Kaje soll auch in den nächsten Jahren saniert werden.

Könnte auch die Flusskreuzfahrt neue Akzente setzen? Wie wäre das am besten umzusetzen?

Wir haben festgestellt, dass die Menschen in diesen Tagen immer mehr Interesse daran haben, auf kleineren Schiffen wie Flusskreuzfahrtschiffen zu fahren. So konnten wir diesem Jahr bereits einige in Bremerhaven wie die „Sans Souci“ oder die „Princess“ begrüßen. Wir möchten uns hier als Region neu aufstellen und den Reedereien ein attraktives Angebot machen. Denn Bremerhaven hat touristisch einiges an Attraktionen zu bieten. Wir sind dabei, uns hier regional noch besser zu vernetzen.

Die „Princess“ in Bremerhaven, Foto: Wolfhard Scheer

Wie viele Liegeplätze gibt es bereits vor Ort?

Im Gebiet Schaufenster Fischereihafen gibt es bereits einige, und im Alten Hafen – es gibt genug Platz. Die Schiffe würden damit mitten im Herz der touristischen Areale wie den Hafenwelten liegen.

Die SAIL musste dieses Jahr wegen der Pandemie leider abgesagt werden. Dafür soll es nächstes Jahr eine „lütte Sail“ geben? Was sind die wichtigsten Programmpunkte?

Es soll ab jetzt jedes Jahr eine lütte Sail geben, im nächsten Jahr vom 11.-15. August, zu der wir etwa 800.000 Besucher erwarten. Dann 2025 in Zusammenarbeit mit der Stadt Amsterdam wieder eine „große“ SAIL mit 1,2 Millionen Besuchern. 2008 hatten wir bereits einmal eine lütte Sail gemacht. Nach der ausgefallenen SAIL dieses Jahr erwarten wir viele hungrige Schiffsgucker.

Mit welchen besonders interessanten Schiffen rechnen Sie zur „lütten Sail“?

Kommen werden etwa 150 Schiffe aus zehn Nationen, darunter Kultschiffe wie die „Alexander von Humboldt“, die „Earl of Pembroke“ oder die „El Galéon“. Die beiden letztgenannten sind Repliken, die auch schon in Filmen eine Rolle gespielt haben. Die großen Windjammer sind immer die beliebtesten, sie machen den Charakter der SAIL aus. Aber auch die kleinen historischen Schiffe sind interessant. Auf dem Programm stehen auch 500 Stunden Live-Musik auf diesmal vier Bühnen. Die Großkonzerte werden bestritten von Sarah Connor, Ben Zucker und Revolverheld. Wir freuen auch uns besonders darüber, dass der Bundespräsident die Schirmherrschaft übernommen hat und wohl auch anwesend sein wird, wenn es die Pandemie zulässt. Wir haben die große Hoffnung, dass mit einem Impfstoff die Voraussetzungen besser sein wird. Auf jeden Fall werden wir für die „lütte Sail“ ein kreatives Konzept entwickeln, das sich den Gesundheitsbedingungen anpasst.

Video: Erlebnis Bremerhaven GmbH

Gibt es neben der „lütten Sail“ noch andere maritime Highlights im nächsten Jahr?

Ja, eine brandneue Meldung, die wir nächste Woche ausführlich bekannt geben werden: Das IMM, das „International Multihull Meeting 2021“ wird erstmals in seiner Geschichte an der Nordseeküste in Bremerhaven stattfinden, vom 29. Juli bis zum 1. August. Es beinhaltet ein Treffen der außergewöhnlichsten Segelschiffe aus sieben europäischen Ländern – von Luxuskatamaranen, superschnellen Open Bridge Cats bis zu Familienbooten. Das wird für Bremerhaven eine maritime Bereicherung von höchster Qualität werden.

„Nicht nur das Wachstum forcieren“

Über die Corona-Problematik, das Krisenmanagement und die Aussichten sprach Michael Wolf mit dem Geschäftsführer von Phoenix Reisen, Benjamin Krumpen.

MW: In wenigen Monaten hat sich die Kreuzfahrtwelt komplett geändert. Wann sind bei Phoenix Reisen die ersten Alarmsignale eingegangen?

BK: Etwa Mitte März haben wir verstanden, dass das etwas Längeres ist und nicht so schnell aus den Köpfen verschwinden wird.

MW: Was waren für Sie hierbei die wichtigsten und entscheidenden Entwicklungen?

BK: Am Anfang gingen viele davon aus, dass eine einfache „Grippe“ im Anmarsch ist, wie häufig im Winter. Wir haben da schnell reagiert, und die Hygienemaßnahmen bei den Hochseeschiffen wie bei jeder Grippe stark erhöht. (Die Saison für die Flussschiffe war da noch nicht eröffnet, Anm. d. Red.) Alle vier Schiffe waren zu diesem Zeitpunkt auf Weltreise. Eins war in Australien, eins in Asien, zwei in Südamerika. Wir hatten Glück bei der Routenplanung, da bestimmte betroffene Häfen in Asien wie Shanghai, Yokohama oder Hongkong nicht dabei waren. Die Schließungen der anderen Häfen schwappten sozusagen der Fahrt hinterher. In Südamerika hatten wir gehofft, davon verschont zu bleiben, aber Ende März war für uns klar, dass wir die Schiffe nach Hause bringen und uns um die Gäste kümmern mussten, die nicht mehr in den Urlaub fahren können.

MW: Wie haben Sie auf die Probleme reagiert?

BK: Wir haben schon immer ein vertrauensvolles Verhältnis zu unseren Gästen gehabt und auch einen guten Konsens mit den Reisebüros. Also haben wir unsere Erreichbarkeit erhöht, so dass wir fast alle Fragen persönlich beantworten konnten. Unsere Homepage wurde fast im Stunden- oder Tages-Rhythmus aktualisiert. Auch die fahrenden Gäste sind sehr transparent informiert worden.

In etwa 50% der Fälle konnten wir die Kunden überzeugen, umzubuchen. Geleistete Zahlungen wickeln wir sehr schnell ab, wollen damit auch ein Zeichen setzen, dass die Gäste einen verlässlichen Partner für ihren Urlaub gewählt haben.

MW: Es gab also die Wahl zwischen Erstattung oder Gutschein?

BK: Exakt, die Gutscheine enthalten einen Mehrwert von etwa 10 Prozent und können für eine neue zukünftige Buchung eingelöst werden, aber auch nach einer Erstattung bieten wir bei erneuten Buchungen diesen Nachlass. Um die Anfragen bewältigen zu können, haben wir auch die Kollegen zum Beispiel aus dem Flug- oder Gruppeneinkauf, die jetzt weniger zu tu hatten, für diese Arbeit hinzugezogen. Das ist das Schöne an der Phoenix-Familie: Hier packt jeder mit an, um diese Krise zu bewältigen.

MW: Wie ist die Buchungslage für 2021?

BK: Die Umbuchungen stimmen uns sehr positiv. Viele haben sich dafür entschieden, ihre Fluss- oder Hochseereise weiterhin bei uns zu buchen.

MW: Ihre Prognose: Wann wird die Kreuzfahrt wieder losgehen, und wann bei Phoenix?

BK: Für eine Antwort, wann und wie es wieder beginnt, fehlt mir die Kristallkugel. Ich könnte mir aber vorstellen, dass der Flusskreuzfahrtmarkt etwas früher beginnen könnte mit Deutschland-Reisen, vielleicht auch Holland, Österreich oder Ungarn. Bei Hochseereisen können wir nicht davon ausgehen, im Juni wieder loszulegen.

MW: Was für Maßnahmen werden für zukünftige Reisen zum Schutz von Crew und Gästen getroffen?

BK: An den Konzepten arbeiten wir gegenwärtig. Es gibt Ideen, die Buffets zu reduzieren, die Essenssitzungen zu ändern oder die Crews in Einzelkabinen unterzubringen. Dabei sind wir auch abhängig von den Vorschriften in den verschiedenen Ländern.

MW: Was könnte man aus dieser Krise lernen?

BK: Erstmal muss man feststellen, dass auch eine extrem boomende Branche plötzlich sich mit einem Thema beschäftigen muss, mit dem kein Mensch gerechnet hat. Wir haben bei Phoenix immer gut gewirtschaftet, das gibt uns jetzt die Chance, diese Krise zu überstehen. Da sollte man anknüpfen, auf dem Boden der Tatsachen bleiben und nicht nur immer das Thema Wachstum forcieren. Was wir auch in der Vergangenheit immer besonnen angegangen sind. Das machen wir ja nicht nur für uns, sondern auch für die Crews, die uns mit ihren Familien z.B. in Indonesien oder auf den Philippinen seit vielen Jahren ans Herz gewachsen sind. Die wirtschaftliche Nahrungskette ist sehr umfangreich, das darf man nicht vergessen.

MW: Wie ist Ihre persönliche Einschätzung, wann es wieder weitergeht?

BK: Nach dem, was man liest und bedenkt, dass im Juni und auch danach bis August die meisten Veranstaltungen noch abgesagt sind, kann ich mir vorstellen, dass wir im Herbst wieder loslegen können. Das ist aber meine persönliche Meinung, es kann durchaus aus auch früher wieder beginnen. Aber es auch kann auch sein, dass es erst zu den Weihnachtsfahrten losgeht und wir eine komplette Saison verlieren.

MW: Und im Hochseebereich?

BK: Das kann genauso so sein, es kann früher beginnen, im worst case zu Weihnachten.

MW: Wie wird die KF nach Corona aussehen und ab wann wird alles so sein wie zuvor?

BK: Das ist schwer zu sagen. Banal gesagt: Kann man jeden impfen oder Medikamente bekommen, wird die Kreuzfahrt sehr schnell wieder da sein, wo sie vorher war. Aber das ist jetzt noch zu spekulativ.

„Es war reiner Zufall“

Man nennt ihn nicht umsonst den König der Expeditionsschiffe: Niels-Erik Lund ist einer der bedeutendsten globalen Player in diesem Segment. Michael Wolf sprach mit dem Dänen über die Entwicklung seiner Firma zum Weltmarktführer, Trends im Expeditionsmarkt und warum chinesische Werften seine neuen Schiffe bauen.

Was für eine Ausbildung hatten Sie?

Ich wollte nicht studieren, also habe ich nach der Schule einen Job gesucht.
Mir wurde dann 1969 ein 3-jähriger Trainee-Vertrag bei DFDS angeboten. Dazu gehörte auch eine Ausbildung im unteren Administrationsbereich, bei dem man 3 mal wöchentlich zur Schule ging.

Zu diesem Zeitpunkt war DFDS eine große Firma…

Ja, eine sehr große. Nach einem Jahr in der Armee bin ich zu DFDS zurück, im Finanzbereich.
Abends und am Wochenende war ich in einer Business-Schule, um einen Bachelor-Abschluss in Finance und Administration zu bekommen. Es war eine fünf-Jahres-Ausbildung, aber gleichzeitig hatte ich auch meinen Full-time-Job. Dann wurde ich der jüngste Finanz­direktor bei DFDS. Ich hatte etwa 40 Mitarbeiter.
Zu der Zeit hatte DFDS ca. 100 Fracht- und Passagierschiffe, war die Nr. 1 in Skandinavien.
1981 gründete man das Kreuzfahrtunternehmen Scandinavian World Cruises (SWC) in Miami. 1982 kamen die ersten Schiffe. Wir haben viel Geld verloren, um 1 Million Kronen (heute etwa 135.000 €) pro Tag.

Warum lief es so schlecht?

Die Business-Idee war nicht gut, das Management schlecht. DFDS hat mehr als sein komplettes Eigen­kapital in dieses eine Projekt investiert. Etwas, was über 125 Jahre aufgebaut worden war und das im Kreuzfahrt-Markt, den sie nicht kannten. Es gab noch nicht einmal einen eigenen Mitarbeiter vor Ort. Für mich war das ein Fehler.
Im Januar 1983 bat man mich, nach Miami zu gehen, um die Firma zu schließen, zu verkaufen oder die Verluste einzudämmen. Als Finanzdirektor kannte ich die Zahlen.

Was wussten Sie über Kreuzfahrten zu diesem Zeitpunkt?

Nichts.

War das gut oder schlecht für den Job?

Ich weiß nicht. Ich bin da nur hingekommen, weil mein Vorgesetzter mir persönlich vertraute.

Hätten Sie zuvor mal gedacht, Chef einer Kreuzfahrtreederei zu werden?

Nein, es gibt auch keine familiären Verbindungen zur See oder solche Pläne. Es war reiner Zufall.

Lesen Sie weiter im aktuellen Magazin AN BORD 4/2019.