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Nach Aufgabe der Umbaupläne: Oldie „Funchal“ erneut unter den Hammer

Möglicherweise bleibt einem der ältesten Kreuzfahrtklassiker nun doch nicht die letzte Reise zum Ende unter dem Schneidbrenner erspart, die im vergangenen Jahr pandemiebedingt bereits mehr als ein Dutzend zum Teil wesentlich jüngerer Schiffe antreten musste. Die letzten Eigner der 1961 von der dänischen Helsingör Skibsvaerft og Maskinbyggeri für die portugiesische Staatsreederei Empresa Insulana de Navegacao erbauten Funchal, die in Liverpool ansässige Hotelgruppe Signature Living, hat die in London ansässige Maklerfirma C.W. Kellock & Co. Ltd., exklusiv mit der Versteigerung des in Lissabon warm aufgelegten 9563 BRT-Schiffes beauftragt. Gebote können bis zum Mittag des 29. Januar 2021 abgegeben werden.

Signature Living hatte das auch durch seine Anläufe in Deutschland hier bekannte Schiff, das sich seit 2013 in Portuscale Cruises-Besitz befand, bereits im Dezember 2018 für 4,7 Mio. Dollar bei einer Auktion in Lissabon ersteigert. Damals wurden von den Käufern Pläne lanciert, die den Umbau zu einem einzigartigen schwimmenden Beach Club mit luxuriösen Unterbringungsmöglichkeiten, spektakulären Bars und Restaurants sowie Luxus-Pool und einem vielfältigen Unterhaltungsangebot einschliesslich Diskothek an Deck vorsahen, um das Schiff künftig zu Über-Nacht-Party-Kreuzfahrten einsetzen zu können. Doch Signature Living benötigte nach Angaben des Fachblattes TradeWinds fast ein Jahr, bis nach mehreren Fristverlängerungen der volle Kaufpreis im Oktober 2019 bezahlt war und die Übergabe an die dafür vorgesehene und auf Madeira ansässige Eignergesellschaft SGL Cruises erfolgen konnte. Doch noch bevor danach irgendwelche Refit-Arbeiten für den künftigen Betrieb des Schiffes in Angriff genommen wurden, verabschiedet man sich von der Umbau-Idee zum Partyschiff, verwarf auch die alternativ angedachte Umrüstung und anschliessende Nutzung als Hotelschiff in London und stellte es vor gut einem Jahr zum Weiterverkauf.

Wurde nie realisiert: Animation des von Signature Living geplanten Umbaus. Foto: Signature Living

Interessenten wurden allerdings nicht gefunden, wahrscheinlich auch wohl deshalb nicht, weil man zunächst an dem selbst gezahlten Erwerbspreis als Indikationsbasis festhielt und die Ermöglichung eines weiteren Einsatzes u.a. durch Erneuerung der Rinave (BV)-Klasse erhebliche finanzielle Aufwendungen erfordert hätte. Da die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie nicht nur die Zukunftsperspektiven für das Schiff, sondern zwischenzeitlich auch das Hotel-Kerngeschäft von Signature Living so belasteten, dass 2020 für das Unternehmen Restrukturmassnahmen durch Insolvenzverwalter erforderlich wurden, war eine Preiserosion für das Schiff unvermeidlich. Auf welchem Niveau sich die Vorstellungen aktuell bewegen wurde nicht deutlich, da für die Ende jetzt dieses Monats stattfindende private Versteigerung kein Mindestgebot angegeben und die Bereitschaft zur Akzeptanz auch von Abbruch-Offerten zum Höchstpreis zirkuliert wurde.

Die 154,6 m lange, 19,05 m breite und auf Sommerfreibord 6,38 m tiefgehende Funchal verfügt über 240 Kabinen für 480 bis 524 Gäste und ist seit dem 1973 bei einer Werft in Amsterdam erfolgten Ersatz ihrer Dampfturbinenanlage ist mit zwei Werkspoor-Hauptmotoren des Typs 9TM410 von 7355 kW für 17 kn ausgerüstet. Das einst gelegentlich auch als portugiesische Staatsyacht genutzte Schiff wurde ab März 1973 von der Reederei Cia Portuguesa des Transportes Maritimos, Lissabon, eingesetzt, fuhr ab 1985 für die Arcalia Shipping Company.

2003 erfolgte der Verkauf an Classic International Cruises (George Potamianos) und 2013 der Transfer an die portugiesische Neugründung Portuscale Cruises, die sie nach einer aufwendigen Modernisierung der Inneneinrichtung ab 2014 zu weltweiten Kreuzfahrten eingesetzte. Nach dem zu zwei Jahre später erfolgten finanziellen Zusammenbruch des Unternehmens wurde das Schiff bei Lissabon aufgelegt bis es Ende 2018 von den derzeitigen britischen Eignern ersteigert wurde. JPM

Tauziehen um die Astor

Eine Gruppe von Freunden der Astor um den ehemaligen Kreuzfahrtdirektor Thorsten Busch will versuchen, das Schiff vor dem Abwracken zu retten und einer neuen Kreuzfahrtzukunft zuzuführen. Die Astor ist am heutigen Tag auf ihrem geplanten Weg zum Beachen in der Türkei vor der griechischen Küste angelangt. Sollte sie jetzt Richtung Piräus abbiegen, wäre das ein erster Hoffnungsschimmer. Mit dem neuen Besitzer steht die Gruppe über einen Schiffsbroker in Kontakt.

Der Initiator der Aktion „Rettet die Astor“ beantwortete an Bord.de die wichtigsten Fragen.

Wie viele Kaufinteressenten sind heute im Gespräch?

Der Makler sprach von drei Interessenten.

Könnte das eine Art Poker sein, um die Preise zu steigern? Und wie hoch soll dieser Preis sein?

Möglich ist es natürlich. Nach Auskunft des Brokers soll er bei 3,5 bis 4 Millionen Euro liegen. Realistisch könnte auch sein, dass er auf 2.8 bis 3 Millionen runter geht.

Thorsten Busch, Foto: privat

Das wäre schon ein stolzer Aufpreis nur für eine Überführung…

Wenn es keine anderen Interessenten gäbe, also nur uns, dann wäre vielleicht auch ein Preis von 2,4 Millionen realisierbar. Das wäre für den derzeitigen Eigner immer noch ein Gewinn von 700.000 Euro, das wäre sicher mehr als der zu erzielende Stahlpreis, der ja in diesen Tagen nicht sonderlich hoch ist. Er würde also mit dem Schiff kein Geld verdienen.

Sie brauchen also finanzielle Hilfe. In welcher Form?

Wir benötigen dringend feste Absichtserklärungen, also keine sofortigen Überweisungen. Es dreht sich ja um einen Fond, auch aus Sicherheitsgründen für die Investoren. Auch Bürgschaften würden gehen. Je mehr wir aufbringen, desto besser, auch um die ersten Betriebskosten zu bestreiten.

Wenn es klappen würde, wann würden Sie das Schiff übernehmen?

Das könnten wir verhandeln – es in Covid-Zeiten zu machen, wäre nicht sinnvoll. Bis zur Übergabe könnten also zwischen sechs Monaten und über einem Jahr vergehen.

Das Geld geht in einen Fond – könnte man sich theoretisch damit einen bestimmten Teil des Schiffes wie eine Kabine reservieren?

Absolut. Das könnte auch das Zugriffsrecht auf eine Kabine beinhalten. Einen Fond-Anteil bekommt man ohnehin. Auch die Umwandlung in ein schwimmendes Seniorenheim war schon einmal angesprochen worden. Es wäre aber nicht so gut, das Schiff nur einer bestimmten Altersklasse zuzuordnen. Wenn aber jemand zum Beispiel eine Kabine bis an sein Lebensende behalten möchte, wäre dies sicher machbar. Die meisten älteren Gäste wollen auch kein Megaschiff, sondern ein überschaubares „echtes“ wie die Astor. Da fühlen sie sich am wohlsten.

Post in der Facebook-Gruppe „Projekt Rettung MS ASTOR“:

Momentan fährt die MS ASTOR einen Zickzack Kurs vor Griechenland.
Woran könnte das liegen?

Hoffentlich daran, dass wir bis Montag Zeit haben ein akzeptables Kaufangebot abzugeben, um die MS Astor vor der Verschrottung zu retten. Wir bemühen uns weiterhin um einen Hauptinvestor oder mehrere Investoren, und auch wenn es ein paar Personen in dieser Gruppe für unseriös halten, darum einen Fond zu gründen, damit Investoren einen Gegenwert erhalten. Dafür wurde eine etablierte, namhafte, bundesweit tätige Fondgründungsgesellschaft kontaktiert, die bereit ist, uns zu helfen. Der vom Schiffsmakler genannte Kaufpreis liegt deutlich über dem in der Auktion gezahlten Preis von 1,7 Millionen Euro. Unser Konzept sieht vor, dass Schiff weiterhin als Kreuzfahrtschiff zu betreiben, aber auch zusätzlich als Hotelschiff zu besonderen Anlässen mit Hotelknappheit zu operieren, wie Cruise Days, Hafengeburtstag, Hanse Sail, Kieler Woche und Messen, wie die INTERNORGA etc. Bedient werden soll der deutsche, französische und australische Markt. Dafür haben wir 2 Charterer ausfindig gemacht, die uns schonmal einen Teil des Risikos abnehmen. Wir möchten weitere Kooperationen mit Reiseveranstaltern und weiteren Charterern eingehen, die vorher auf kleine, eigene Schiffe gesetzt hatten, diese aber allein nicht voll bedienen konnten wie z.B. Phoenix etc. Selbstverständlich denken wir auch daran besondere Service Angebote, wie die Dialyse Station wieder anzubieten, da es dieses Segment auf dem Markt selten zu finden ist und fast ein Alleinstellungsmerkmal war. Auch haben wir bereits Verbindung zu Experten wie Reiseveranstaltern und Reedereien aufgenommen um Partner / Unterstützung für Crewing, Booking, Loadings, Bunkering etc. zu bekommen. Auch diese Gespräche waren sehr positiv. Zudem haben uns sehr viele ehemalige Mitarbeiter/innen Unterstützung mit Rat und Tat zugesagt. Wir kommen zu dem Schluß, dass wir mit diesen vielen Kooperationspartnern eine sehr realistische Chance auf dem Markt haben werden. Um das aber alles realisieren zu können müssen wir jedoch auf einen Gesamtbetrag oberhalb 2 Millionen Euro kommen, ansonsten heißt es „Goodbye MS Astor“. ? Laut Schiffsmakler kann man nach einem Kauf zwischen 6 und 18 Monate als Auslieferungsfenster verhandeln. Das würde einen Teil der Pandemie überbrücken und in der Zeit würden keine weiteren Kosten für den Käufer auflaufen! Zusagen für Hilfen werden erbeten per Mail unter: ig.msa.germany@web.de  oder  rettung-ms-astor87@web.de

Schnuppertörn mit Klassiker

Schauplatz Hansestadt Wismar an einem schönen Sommertag. Mit fröhlichen Menschen bummelt auch Peer Schmidt-Walther über die neu gestaltete Hafenpromenade. Zwischen restaurierten Hafenspeichern ragt ein eleganter weißer Schiffsschornstein in den blauen Himmel. Der ist Blickfang und gehört zur ASTOR, die zum ersten Mal die UNESCO-Welterbestadt angelaufen hat.

„So schön hätten wir uns die Stadt nicht vorgestellt!“ schwärmen die einen, andere waren seit DDR-Zeiten nicht hier und staunen, was sich hier seit der Wende alles getan hat. Die meisten wollen „unbedingt wiederkommen, um die Eindrücke zu vertiefen“.
Bis zum Auslaufen um 18 Uhr sind rund 500 Gäste an Bord, die in der alten Markthalle eingecheckt haben. Auch das eine Premiere, denn damit wurde das Gebäude auch als Kreuzfahrtterminal eingeweiht.

Dreimal Koggen-Salut
„Die ASTOR könnte doch auch noch andere kleine Häfen anlaufen“, sinniert ein Thüringer, „da wäre ich sofort wieder dabei!“ Von den Schiffsabmessungen her – 176 Meter Länge, 6,10 Meter Tiefgang und 22,60 Meter Breite – gäbe es für etliche von ihnen keine Probleme. Auch einen Erstanlauf von Wismars Schwesterstadt Stralsund könne man sich vorstellen, meint Klaus Ebner von Transocean, „denn kleinere deutsche Häfen wie Eckernförde, Flensburg, die nordfriesischen Inseln und Rügen´schen Seebäder sind sehr nachgefragt“.
„Herzlich willkommen wieder zu Hause!“, strahlt Kreuzfahrtdirektor Johannes Lemm und empfängt seine Gäste vor der Halle ganz persönlich mit Handschlag. Das hat auf der ASTOR schon Tradition. Seit rund drei Jahrzehnten. Ein langes und bewegtes Schiffsleben im Dienst von treuen Fans, die ihr Schiff lieben.
Vor ihnen liegt eine Kurzreise zum Schnuppern: geeignet sowohl für Kreuzfahrt-Neulinge als auch für alte Hasen und Fans des überschaubaren, gemütlichen und sehr familiären Schiffes. „Das auch noch wie ein Schiff aussieht“, bemerkt ein Passagier mit Kennerblick.
Was man an Gesprächsfetzen vor der Gangway aufschnappt, deutet auf eine große Erwartungshaltung hin: Alle sind gespannt, was sie auf dieser Reise nach Malmö, Göteborg, Frederikstad, Kristiansand und Hamburg erwartet.
Schon der Abschied von Wismar ist bewegend. Viele Hände winken und wünschen „gute Reise!“, die Soldaten feuern mit ihren historischen Gewehren in die Luft. In der Wismar-Bucht kommt die Kogge WISSEMARA unter geblähtem Segel entgegen und knallt drei Mal Salut mit ihrer Kanone. ASTOR grüßt mit drei langen Typhon-Dröhnern herüber.

Nicht nur Smörrebröd
Die nächsten Tage sind gefüllt mit den unterschiedlichsten Sightseeing-Aktivitäten. In Malmö geht´s los: eine Radtour vom Hafen durch die neue Stadt am Vestra Hamnen mit dem städtischen Highlight, ein „Drehenden Torso“ genanntes und mit Architektur-Preisen überhäuftes Hochhaus, in die beschauliche Altstadt zwischen Lille Torg, Stortorget, Gustav-Adolf-Platz und Sankt Petri Kirche. Malmö, die lebendige und doch beschauliche grüne Stadt, gefällt allen auf Anhieb. Mittagspause neben dem ehemaligen Trockendock und heutigem Yachthafen, wo früher die traditionsreiche Kockums-Werft 8000 Menschen beschäftigte. Nicht weit entfernt von der königlichen Festung Malmöhus ist sogar ein kühles Ostseebad drin: nach aufheizender Sauna mit nackten schwitzenden Schweden samt Kattegat-, Kopenhagen-, Schiffs- und Öresundbrücke-Blick in der historischen Badeanstalt Ribersborgs Kallbadhus.
Göteborg wartet nach einer Schärenfahrt am nächsten Tag mit Hafenrundfahrt, Oldtimer-Straßenbahn-Tour in die City, Stadtrundgang, Kasematten-Besichtigung in der Stadtmauer, Lunch im beliebten „KPH Matbar“ mit lokalen Gerichten, Fischmarkt, Paddan-Bootstour unter Brücken bis zum Trollhättan-Kanaleingang und zur Viermastbark VIKING, heute ein stilvolles Hotel. Dazu ein Schifffahrtsmuseum samt Frachtern, uralten Göta-Kanal-Fahrgastschiffen und sogar einem großen Zerstörer und U-Boot. Die Palette der Sehenswürdigkeiten ist noch viel breiter. Eine blondlockige Cheerleader-Band untermalt das Auslaufen mit schmissigen Rhythmen und erntet dafür Beifallsstürme bei den Zuschauern an der Reling….

Fotos: enapress.com