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Meyer Neptun will Tanks nachrüsten

Bei den Schiffstreibstoffen ist viel Bewegung. Die Einführung möglichst klimaschonender und nachhaltiger Treibstoffe sorgt gerade für viel Arbeit in Konstruktionsbüros der Werften.

Bei der Meyer Neptun Engineering in Rostock arbeitet gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Großstrukturen in der Produktionstechnik Rostock und dem Technologie-Beratungs-Institut Schwerin an Nachrüstlösungen für große Schiffstanks. Dabei sollen die bisherigen Treibstofftanks in die Lage versetzt werden, auch neuartige Treibstoffe wie Ammoniak, Methanol oder Wasserstoff aufzunehmen. Gefördert wird das Projekt „Retrotank“ mit 100.000 Euro durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) vom Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit.

Foto: Frank Behling

Ein derartiges Projekt hatte 2015 die Stena Line in Zusammenarbeit mit Wärtsilä als Motorenhersteller ausgeführt. Die Stena Germanica fährt aktuell neben Marinediesel auch Methanol, was eine deutliche Senkung der Schadstoffemissionen zur Folge hat. Ähnliche Projekte sind auch bei Kreuzfahrtreedereien in den Schubladen. Der Grund: Die Lebensdauer für ein Kreuzfahrtschiff beträgt bis zu 40 Jahre. Deshalb sind alle ab 2000 gebauten Kreuzfahrtschiffe wirtschaftlich noch für eine Umrüstung attraktiv.

Den Förderbescheid überbrachten jetzt Vertreter der Politik in Rostock. „Wir freuen uns, dieses wichtige Forschungsprojekt mit weiteren Partnern aus Mecklenburg-Vorpommern hier vor Ort durchzuführen. So stellen wir uns zukunftssicher auf und können mit neuem Know-how einen wichtigen Beitrag zur Transformation der Schifffahrt leisten“, sagt Malte Poelmann, Geschäftsführer von Meyer Neptun Engineering.

Ziel des Forschungsprojekts ist die Entwicklung von Nachrüstlösungen für Tanksysteme auf bestehenden Schiffen zur Nutzung neuer Kraftstoffe mit niedrigem Flammpunkt wie beispielsweise Methanol. So soll die aktuelle Flotte der See- und Binnenschifffahrt für grüne Brennstoffe bereit gemacht werden. Auch die Machbarkeit solcher Retrofitlösungen für Gase mit niedrigem Druck wie Ammoniak wird geprüft. „Wir haben das Ziel, Technologien für die Meyer Gruppe zu entwickeln, zu erproben und auch zu zertifizieren“, so Ragnar Christenson, Program Manager Research & Development.

Das Unternehmen betrachtet dabei die gesamte Produktionskette grüner Treibstoffe für maritime Einsatzgebiete. Dazu arbeitet Meyer Neptun Engineering mit einem vielseitigen Netzwerk an Partnern zusammen. In Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Katalyse (LIKAT Rostock) entsteht aktuell eine Entwicklungsplattform für Kraftstoffe aus erneuerbarer Energie und CO2 im sogenannten Power-to-Liquid-Verfahren.

Ein wichtiger Faktor ist dabei neben dem Umbau dem Nachrüsten neuer Tanks auch der Einbau einer zweiten Treibstoffeinspritzung in die jeweiligen Motoren. Hinzu kommt, dass einige verflüssigte Treibstoffe sehr niedrige Temperaturen haben, was hohe Anforderungen an Dichtungen und Leitungen stellt. Dabei bringt die Meyer-Gruppe die Erfahrungen aus dem Einsatz von LNG als Treibstoff. LNG wird bei Minus 162 Grad gelagert und umgepumpt.

Aktuell arbeitet das Ingenieurbüro an der Entwicklung von zwei Marinebetriebsstoffversorgern für die deutsche Marine, die zu einem Großteil auf der Neptun Werft in Rostock gebaut werden sollen. Das Projekt steht allerdings wegen der völlig aus dem Ruder gelaufenen Kostenkalkulation in der Kritik. FB

„Amadea“-Nachrüstungspremiere mit SCR-Katalysatoren

Traumschiff künftig fit für norwegische Fjorde

Die als Hauptdrehort der „Traumschiff“-Fernsehserie des ZDF bekannte Amadea des Bonner Kreuzfahrt-Veranstalters Phoenix Reisen wird bei ihrer nächsten Werftzeit im September 2021 durch ein erstmalig auf einem bereits in Fahrt befindlichen Schiff zu realisierendes Retrofit der Maschinenanlage in die Lage versetzt, die verschärften Emissionsnormen zu erfüllen, die in den für die Kreuzfahrtbranche wichtigen und von der UNESCO geschützten norwegischen Fjorden gelten.

Durch ein in Deutschland konzipiertes Abgas-Reinigungssystem soll das Schiff ohne By-Pass und ohne Scrubber mit minimaler Ruß/Rauch-Entwicklung und minimalem Ammoniak-Schlupf „super green“ betrieben werden können, wobei auch der Methan Slip vermieden wird, der bei Schiffen anfällt, die LNG als Brennstoff nutzen.

Dazu wird das 1991 für NYK Cruises als Asuka im japanischen Nagasaki erbaute 29008-BRZ-Schiff, das nach dem Verkauf 2006 für die Amadea Shipping Ltd. auf den Bahamas registriert wurde und seitdem in Phoenix Reisen-Charter beschäftigt wird, von der in Augsburg ansässigen Firma MAN PrimeServ mit einem umweltfreundlichen SCR-System (Selective Catalytic Reduction) nachgerüstet, dass sich an die begrenzten Platzverhältnisse anpasst.

Das von MAN PrimeServ konzipierte Retrofit sieht die Integration von zwei SCR-Systemen in die beiden MAN 7L58/64-Viertakt-Hauptmotoren der von der Hamburger Firma BSM Cruise Service gemanagten Amadea vor. Bei der Entwicklung dieser SCR-Lösung stand die Minimierung der Schadstoffemissionen bei gleichbleibender Motorleistung und Antriebseffizienz im Mittelpunkt.

Illustration: MAN Prime Serv

„Das Konzept, nachhaltige Kreuzfahrten anzubieten, ist ein wichtiger Trend in der Branche. Die Amadea wird deshalb nur mit hochwertigem Schiffsdiesel betrieben. Mithilfe unserer SCR-Lösung werden Phoenix Reisen und BSM in diesem Segment eine Vorreiterrolle bei der Emissionsreduzierung einnehmen. Wir freuen uns über unseren Beitrag zu diesem zukunftsweisenden Projekt, von dem die Umwelt profitieren wird“, so Alexander Schäfer, Chef von MAN PrimeServ Turbocharger & Exhaust Gas Treatment.

Nach seinen Angaben registriere man zunehmend Anfragen von Kreuzfahrt- und Fährunternehmen, die ihre Umweltfreundlichkeit bereits vor Einführung entsprechender gesetzlicher Vorschriften verbessern wollen. Es gibt bereits konkreten Kontakt mit einer anderen bedeutenden Reederei, die man derzeit noch nicht nennen möchte. Bereits zu einem früheren Zeitpunkt hatte MAN PrimeServ die Turbolader der über ihre beiden Verstellpropeller ca. 21 kn schnellen Amadea nachgerüstet. Damit konnte der Wirkungsgrad der Motoren verbessert und der CO2-Ausstoß deutlich reduziert werden. Ferner wurden die Schweröl-Einspritzdüsen durch MGO (Marine Gas Öl)-Varianten ersetzt, um die Rußemissionen zu minimieren.

Die SCR-Lösung von MAN bringt die bisher mit Tier 0 eingestuften Motoren der Amadea auf Tier III Niveau. Die NOx-Emissionen werden um 90 Prozent verringert. Dies führt zu einer Reduktion von 600 Tonnen NOx pro Jahr, was etwa dem Jahres-Volumen von 1,4 Mio. Pkw in Deutschland entspricht. Nach Angaben des Herstellers verfügt diese SCR-Lösung über die höchste Betriebsbereitschaft und -sicherheit.

Foto: Jens Meyer

Die Abgasreinigung sei durchgängig bereits ab 15 Prozent Motorlast verfügbar und ermögliche einen sauberen Betrieb auch bei langsamer Fahrt in den Fjorden sowie in der Nähe von Häfen und besiedelten Gebieten. Die vollständig modulare SCR-Lösung wird in das Motorsteuerungssystem der Amadea integriert. Durch einen geschlossenen Regelkreis und mit Hilfe einer Wetterstation, die Umweltdaten erfasst, wird die NOx-Reduktion maximiert und der Ammoniakschlupf auf nur 10 ppm und damit auf Pkw-Niveau reduziert. Der geringe Ammoniakschlupf verbessere nicht nur die Umweltbilanz, da es sich bei Ammoniak um ein klimaschädliches Treibhausgas handelt, sondern er reduziere auch den Harnstoffverbrauch und damit die Größe des Harnstofftanks.

Eine Machbarkeitsstudie, die von PrimeServ zu Beginn des Projekts durchgeführt wurde, habe die Eignung des kompakten, modularen SCR-Systems für die begrenzten Platzverhältnisse an Bord des Schiffes bestätigt. Die Integration in einen schmalen Reaktorschacht sei nur aufgrund der speziellen 87-cpsi-Waben und ihrer hohen Reaktivität in einem zweischichtigen Reaktordesign möglich.

Jedes SCR-Reaktorgehäuse hat zwei Lagen und wiegt ca. 9 Tonnen, was zusätzliche 18 Tonnen Gewicht im Schornstein bedeutet. Für die Ausführung der möglicherweise mehr als zwei Monate dauernden Umbauarbeiten, in deren Rahmen nicht nur umfangreiche Stahlarbeiten anfallen, sondern auch die nicht von MAN stammenden Hilfsmotoren ersetzt werden sollen, rechnet man sich bei der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss gute Chancen aus, da sie bereits mehrere Großaufträge von Phoenix Reisen, darunter auch eine spektakuläre Doppeldockung, kompetent und pünktlich abgearbeitet hat. Über den Auftragswert waren keine Angaben zu erhalten, er dürfte schätzungsweise im unteren siebenstelligen Bereich – zwischen ein und zwei Mio. Euro – liegen.

Bisher wurden im Kreuzfahrtbereich vor allem Neubauten mit SCR-Katalysatoren geordert bzw. ausgerüstet, weil die Platzverhältnisse bei in Fahrt befindlicher Tonnage eine Nachrüstung erschweren und durch den nötigen hohen Aufwand unwirtschaftlich verteuern würden. So muss das Schiff zur möglichst tiefen Installation der Anlage von oben geöffnet und der Schornstein demontiert werden. JPM