Schlagwort: Neubauten

Orderbook der Kreuzfahrtwerften schmilzt zusammen 

Bei der Neptun Werft in Rostock gab es am 8. August wieder eine Kiellegung. An fast an dem selben Ort, an dem im Oktober 2019 feierlich die AIDAcosma auf Kiel gelegt wurde und sonst Flusskreuzfahrer für Viking im Serienbau verschweißt werden, herrscht jetzt militärische Sicherheit. Die Bundeswehr bekommt von der Meyer Werft zwei Marinetanker als Ersatz für 50 Jahre alte Betriebsstofftransporter. Gebaut werden sie in Rostock bei der Neptun Werft.

Die Marinetanker sind über Nacht die neuen Stars bei den Kreuzfahrtwerften. Sie bringen Geld und Arbeit. Nicht nur Meyer hat im Angesicht der drohenden Fertigungspause bei Kreuzfahrtschiffen bis Ende des Jahrzehnts umgesteuert. Auch die Wettbewerber in Frankreich und Italien bauen neuerdings Marinetanker für die Flotten ihrer Länder. Auch dort liegen plötzlich graue Schiffe zwischen den weißen Urlaubsinseln.

Beim Stahlbau, der Konstruktion und der Qualitätssicherung sind Marineschiffe nämlich eine gute Ergänzung, da sie sehr aufwändig sind. Fast 900 Millionen Euro investiert der Bund in den Bau der beiden neuen Tanker als Ersatz für die in Kiel und Wilhelmshaven stationierten Tanker Spessart und Rhön. Das 1974 und 1975 gebaute Duo gehört zu den letzten Einhüllentankern der Nato. Nur die 1967 gebaute Kola der Baltischen Flotte Russlands ist noch älter als die beiden deutschen Marinetanker, die einst bei der Kröger Werft in Schacht-Audorf am Nord-Ostsee-Kanal gebaut wurden.

Wie geht es aber im Kreuzfahrtschiffbau weiter? Seit dem Auftrag der japanischen Reederei NYK im März 2021 hat die Meyer Werft keinen Auftrag mehr an Land gezogen.

Die jetzt vorgelegten Orderbook-Zahlen des Fachmagazins Cruise Industry News sind alarmierend. Der Auftragsbestand der Kreuzfahrtwerften schmilzt geradezu rasant zusammen.


NORWEGIAN VIVA in Triest, August 2023. Foto: enapress.com

Mit der Ablieferung der Norwegian Viva von Fincantieri stehen jetzt noch 58 Aufträge für Kreuzfahrtschiffe mit einem Auftragsvolumen von 39,7 Milliarden Dollar bei Werften in den Auftragsbüchern.

Zum Vergleich: Im März 2020 waren es 109 Kreuzfahrtschiffe mit einem Gesamtwert von 63,8 Milliarden Dollar. Die bestellte Passagierkapazität sank 231000 in diesem Zeitraum auf 132700 Passagierbetten. Gestiegen ist nur die Durchschnittsgröße der bestellten Schiffe von 85620 BRZ auf 100889 BRZ. Damit stieg auch die durchschnittliche Passagierzahl pro Schiff von 2167 auf 2288 Passagiere.

Bei den Kosten pro Schiff ist auch der Aufwärtstrend deutlich absehbar. 596 Millionen US-Dollar betrug im März 2020 der Durchschnittspreis. Im Oktober sind es 684 Millionen US-Dollar. Getrieben wird das vor allen Dingen durch die sehr großen Neubauten der ICON-Klasse für Royal Caribbean und die World-Klasse bei MSC: MSC ist auch die Reederei mit dem dynamischsten Auftragsverhalten. Das Schweizer Familienunternehmen setzt seinen Wachstumskurs auch in der Pandemie fort.

Zwar sind inzwischen die Buchungszahlen sehr positiv und die Schiffe auch wieder voll. Es fehlt aber dennoch an der nötigten Finanzierung für Neubauten. Mit Ausnahme von MSC tragen alle anderen großen Reedereien weiter gewaltige Schuldenberge. Diese Hypothek aus der Corona-Pandemie wird die Liquidität der Reedereien noch mindestens bis in die zweite Hälfte der aktuellen Dekade bei den Planungen ausbremsen.

Dennoch sind in allen Reedereien die Projektplaner bereits wieder am Zug. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 sorgt für neue Projekte. Egal, ob Zero-Emission-Ship, Project Blue oder schlicht Green-Ship, die Namen geben fast überall den Kurs vor. Neue Schiffe bekommen neue Antriebe, Treibstoffe und eine Fülle technischer Lösungen. Bis Mitte der Dekade sollen die ersten Schiffe bestellt werden, die alles haben, nur keinen Schornstein mit einem CO2-Ausstoß.

Deshalb gibt es bereits Hoffnung bei den Werften. „Wir reden mit potenziellen Kunden und wir merken deutlich, dass der Kreuzfahrtmarkt sich erholt. Wir rechnen auch in absehbarer Zeit wieder mit Aufträgen“, so Florian Feimann von der Meyer Werft in Papenburg.

Um das Auftragsloch zu schließen, hat sich die Meyer Werft zusammen mit der Lürssen-Werft zunächst dem Marinegeschäft zugewandt. Diese Aufträge reichen aber nicht, um 3000 Arbeitsplätze in Papenburg zu sichern. Der letzte Auftrag wird 2025 die Ems verlassen. Bis dahin sind es jetzt noch weniger als 20 Monate. Der Bau eines Schiffes vom Auftrag bis zur Auslieferung braucht in der Regel 30 bis 36 Monate. Diese Lücke zu schließen, wird jetzt die größte Herausforderung für die Werft.

Der Verband für Schiffbau und Meerestechnik in Hamburg (VSM) ist alarmiert. Sorge bereitet dem Verband das dünne Auftragspolster im gesamten zivilen Bereich bei deutschen Werften. Nach den Worten von Reinhard Lüken, VSM-Hauptgeschäftsführer, ist der Auftragsbestand der 40 Werften zum Jahresbeginn auf nur noch 46 zivilen Schiffen gesunken: „Das ist der niedrigste Stand seit sieben Jahren.“

Der Wert des Orderbooks der deutschen Werften im zivilen Schiffbau sank Ende 2022 erstmals auf 11 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Marineschiffbau der Werft ThyssenKrupp Marine Systems hat die Marke von 13 Milliarden Euro erreicht. In der Rangliste der Werften bei der Schiffbauumfrage der Gewerkschaft IG Metall ist TKMS mit über 3578 Mitarbeitern erstmals an der Meyer Werft vorbei, die 2022 noch 3475 Mitarbeiter hatte. Zuvor hatte Meyer diese Rangliste in Deutschland über Jahre angeführt.

Ein Grund für die Zurückhaltung der Kreuzfahrtreeder ist die Unsicherheit mit Blick auf Treibstoffe. Das Ziel der Klimaneutralität der Schifffahrt bis 2050 lässt Reeder auf die Bremse treten. Deshalb haben jetzt nur Produkte eine Chance, deren Antriebe möglichst flexibel an neue Vorgaben angepasst werden können.

„So ein Kreuzfahrtschiff soll ja 30 bis 40 Jahre fahren. Da möchte man auf den Antrieb setzen, der in Zukunft bezahlbar auch klimaneutral ist“, sagte Michaele Francioni, Manager und Schiffbauingenieur bei der Reederei MSC Cruises. FB

Nur 25 Minuten Aufladezeit für Molslinjen-Neubauten aus der Türkei

Innerhalb von nur 25 Minuten vollständig aufgeladen werden können die beiden mit Echandia-Energiespeichersystemen auszurüstenden vollelektrischen RoPax-Fähren, die sich bei der türkischen Cemre-Werft für die dänische Molslinjen A/S in Auftrag befinden.

Die von OSK-ShipTech A/S entworfenen Doppelendfähren mit einer Gesamtlänge von 116,8 m werden eine Kapazität von 600 Passagieren und 188 Autos haben und sich u.a. auch durch ihre automatischen Anlegesysteme auszeichnen. Sie werden auf zwei Strecken eingesetzt – Alslinjen (Bøjden-Fynshav) und Samsølinjen (Ballen-Kalundborg) –, die im August an Molslinjen vergeben wurden.

Das elektrische System ist so ausgelegt, dass es im Falle eines Ausfalls redundant ist. Jede Fähre wird mit vier drehbaren Strahlantrieben mit Permanentmagnetmotoren ausgestattet. Darüber hinaus stehen vier Notstromgeneratoren mit einer Leistung von jeweils 493 ekW zur Verfügung, die mit hydriertem Pflanzenöl betrieben werden. Im normalen Betrieb wird nur das Batteriesystem die erforderliche Energie liefern.

Nach Angaben von Echandia fiel die Wahl auf ihr System aufgrund der wesentlich niedrigeren Gesamtbetriebskosten in Verbindung mit den Sicherheitsmerkmalen und dem geringen Gewicht.

„Die Batteriesysteme von Echandia zeichnen sich durch einen hohen Nutzungsgrad der installierten Kapazität aus, was zu einer Gesamtgröße und einem Gewicht des Systems führt, mit dem nur wenige konkurrierende Systeme mithalten können“, so das Unternehmen. Als zusätzlicher Vorteil führe dies zu einer deutlich geringeren CO2-Bilanz.

„Die Gesamtbetriebskosten in Verbindung mit dem hohen Sicherheitsniveau und dem geringen Gewicht der Produkte waren entscheidende Faktoren für die Wahl von Echandia als Batterielieferant. Darüber hinaus ist die Wahl eines Systems mit längerer Lebensdauer aus Sicht der Nachhaltigkeit absolut sinnvoll“, ergänzt Ole Berg-Hansen, Chefingenieur bei Molslinjen. „Für Echandia ist dies ein weiterer Durchbruch. Molslinjen zeigt den Weg, und wir glauben, dass viele andere Betreiber in Zukunft ihrem Beispiel folgen werden“, sagt Echandia-CEO Fredrik Hellström. „Für uns bedeutet der Vertrag einen Schritt hin zur Lieferung größerer Passagierfähren, bei denen Gewicht, Gesamtkosten und Sicherheit wichtige Aspekte sind.“ JPM

Start-up Transcend: Ab 2024 mit Flusskreuzer-Charterangebot für private Gruppen in Europa

Mindestens 12 moderne Flusskreuzfahrtschiff-Neubauten in den ersten sechs Jahren auf europäischen Gewässern in Dienst stellen will das auf ein Charterangebot exklusiv für private Gruppen, Meetings Incentives und Events fokussierte Start-up Transcend. Die ersten 500 Tage sind bereits gebucht und damit ein bedeutender Teil der Beschäftigung für das Jahr 2024 und 2025 gesichert, erklärte Matthew Shollar, Mitbegründer und CEO des Unternehmen, der über zwei Jahrzehnte Erfahrungen im Verkauf von Luxusreisen, Marketing und Kreuzfahrtcharter verfügt, am 27. April anlässlich der Seatrade in Miami.

Das Fehlen eines maßgeschneiderten Charterprodukts in Verbindung mit der starken Nachfrage nach kleineren, erlebnisorientierten Gruppenreisen, die während der Pandemie noch zugenommen hat, habe ihn und sein aus Veteranen der Kreuzfahrtindustrie bestehendes Team davon überzeugt, „dass die Marktchancen immens sind“.

Etwa 10 bis 14 Prozent des Flusskreuzfahrtgeschäfts entfallen nach seinen Angaben derzeit auf Charterschiffe, doch halte man das Marktpotenzial für sehr viel größer. „Wir führen eine neue Kategorie in der Branche ein, indem wir luxuriöse Flusskreuzfahrten mit Wellness-Angeboten anbieten und unseren Kunden einen unübertroffenen Service zur Verfügung stellen, während wir gleichzeitig den Markt auf Zielgruppen ausweiten, die normalerweise nur Hotels und Resorts in Betracht ziehen“, so Shollar.

Animation: Transcend

Die von Transcend geplanten Schiffe richten sich an Meeting- und Incentive-Planer, Reiseveranstalter, Affinity-/Alumni-Gruppen, private Familiengruppen, Lifestyle-Marken, externe Agenturen und andere Unternehmen, die Reisen unter ihrer eigenen Marke anbieten. Das erste Schiff soll im April 2024 auf dem Rhein in Dienst gestellt werden, bevor es im Juni auf die Donau wechselt.

Die Neubauten werden zwar die europäischen Standardmaße von 135 Metern haben, aber 30 bis 50 Prozent weniger Passagiere befördern als die derzeit im fahrplanmässigen Einsatz befindlichen Schiffe. Bis zu 120 Gäste können in übergroßen Kabinen untergebracht werden, alle mit französischem Balkon, oder bis zu 60 Gäste in Suiten mit zwei Zimmern und zwei Bädern. Die Anzahl der Kabinen oder Suiten wird individuell auf den Charterer abgestimmt, der auch das Serviceniveau bestimmen kann – von der gehobenen Klasse bis zum Luxus.

Animation: Transcend

Das bekannte schwedische Unternehmen Tillberg Design wird die Flusskreuzfahrtschiffe entwerfen, als Bauwerft ist die niederländische und Den Breejen Shipyard vorgesehen und für die Bereederung/Management River Advice.

Die lichtdurchfluteten öffentlichen Bereiche sind für Gruppen konzipiert und bieten fünf öffentliche Veranstaltungsbereiche, die alle Reisenden aufnehmen können, sowie intime Räumlichkeiten für Veranstaltungen, Essen, Präsentationen und Besprechungen. Der Empfangsbereich wird digital an die jeweilige Gruppe angepasst und der Charterer wird dort präsent sein, ebenso wie in den Räumen für das Personal und im Lagerraum. Es soll auch einen 2.600 Quadratmeter großen Innen- und Außenbereich für Fitness, Spa und Gäste-Wellness geben – den größten auf den Flüssen.

Animation: Transcend

„Dies ist nicht nur eine neue Art von Schiff. Wir bieten eine völlig neue Art, Geschäfte zu machen“, so Shollar. Unsere Geschäftspraktiken und -prozesse geben dem Charterkunden die volle Kontrolle. Das gelte auch für das Preismodell für Gruppen mit einem neuen Verkaufsansatz, der pauschale, klar definierte Preise ohne Sperrtermine oder Preissteigerungsrisiken bei Einzelhandelsbuchungen bietet.

Der Einsatz der Schiffe soll auf den am stärksten nachgefragten europäischen Wasserstraßen erfolgen, darunter den Rhein, die Donau und die Mosel.

Die Charterer können maßgeschneiderte Reisen nach ihren Bedürfnissen zusammenstellen, einschließlich Hin- und Rückfahrt und variabler Dauer, und auf Wunsch auch weniger touristische Häfen anlaufen, was ihnen wesentlich mehr Flexibilität bietet als die üblichen Angebote.

Es gibt eine Mindestdauer von drei Nächten. Um gelegentliche Lücken zwischen den Charterreisen zu füllen, werden die Transcend-Schiffe Unternehmen für ein- oder zweitägige Treffen im Hafen zur Verfügung stehen. Die Anpassung der Reiserouten ist komplex, es soll jedoch eine KI-Software entwickelt, werden die die Planung erleichtert. Eine Konkurrenzsituation zu bestehenden Kreuzfahrtgesellschaften sieht Shollar nicht, da man sich andere Märkte konzentrierte. JPM

Tauwetter im Orderbook 

Foto: Frank Behling

Kreuzfahrtreeder setzen auf Refit statt Neubau

Die Pandemie hat ihren Schrecken verloren. Seit dem Einfall der russischen Truppen in die Ukraine ist Covid-19 aus den Schlagzeilen verdrängt worden. Die Welt hat längst neue Probleme zu lösen. Doch die Pandemie wirkt nach. Die Auswirkungen von Covid-19 auf die Kreuzfahrt werden bis in die zweite Hälfte des Jahrzehnts reichen.

Der Indikator für die Lage der Kreuzfahrt ist seit Jahren das Orderbook. Die Bestellungen von Neubauten bei den Werften geben die Signale für die mittelfristige Entwicklung. Die bereits zu Beginn der Pandemie 2020 bei den Werften erkannte Zurückhaltung der Reedereien, ist jetzt eingetreten. „Unsere Kunden brauchen für lange Zeit keine weiteren Neubauten“, so hatte Werftchef Bernard Meyer seine Mitarbeiter bereits 2020 auf die kommende Zeit eingeschworen. 

Und so kam es. Bislang sind Spezialschiffe wie das neue Forschungsschiff Meteor, Tanker für die Marine und ein Appartementschiff für Superreiche die einzigen Erfolge der Meyer Werft. 

Von neuen Kreuzfahrtschiffen redet man in Papenburg gerade eher selten. Das letzte echte Kreuzfahrtschiff wurde bei Meyer am 31. März 2021 bestellt. Ein 228 Meter langes und etwa 51950 BRZ großes Schiff für die japanische Reederei NYK. Bei der Vermessung liegt dieser Neubau weit hinter den Giganten vom Schlag der AIDAcosma oder einer Disney Wish

Die Reedereien haben alle großen Neubauprojekte auf Eis gelegt. Das Schicksal der Genting-Gruppe mit der Dream Cruises ist für die Manager Abschreckung genug. Das vordringliche Ziel ist es, jetzt wieder einen profitablen Betrieb auf die Beine zu stellen. „Über Neubauten können wir wieder reden, wenn Geld verdient wird“, so das oft gehörte Argument aus den Reedereien. 

Fast alle Kreuzfahrtgesellschaften schieben gewaltige Schuldenberge vor sich her. Wenn es im Sommer wieder gelingen sollte, die Kabinen mit zahlenden Passagieren zu füllen, geht es jetzt auf Jahre zunächst nur um eine Aufgabe: Geld für Zins und Tilgung der Schulden zu verdienen. Viele Banken haben den Reedereien zur Überbrückung der Pandemie die Tilgung der Schulden für die letzten Neubauten ausgesetzt. Waren in den Vorjahren  oft sogar Sondertilgungen die Regel, ging es seit April 2020 fast nur darum, die Reedereien und Flotten liquide zu halten. 

Foto: Frank Behling

„Über Neubauten kann man nur sprechen, wenn auch Eigenkapital hat“, so ist zu hören. Und genau hier hapert es noch. Deshalb wurden sich Werften und Reedereien auch schnell bei der Streckung der Aufträge einig. Zum Teil sind Schiffe um ein bis zwei Jahre geschoben  worden. „Wir müssen Stornierungen vermeiden“, so auch Meyer. Das ist gelungen. 

Das Orderbook schmilzt deshalb rasant gerade ab. Waren beim Start der Pandemie am 1. April 2020 bei den Werften noch 114 Neubauten mit einem Auftragswert von 66 Milliarden Dollar in den Büchern, so sind es am 1. April 2022 nur noch 77 Neubauten mit einem Auftragsvolumen von 49 Milliarden Euro. 

2022 und 2023 werden nur vereinzelt Neubauplatzierungen erwartet. Reedereien wie zum Beispiel MSC sind durch ihre Milliarden-Gewinne in der Containerfahrt weiter hoch liquide. Dort ist auch das Eigenkapital für neue Projekte vorhanden. Ob aber MSC kurzfristig in neue Kreuzfahrtschiffe investiert, bleibt abzuwarten. 

Bei den großen US-Reedereien Carnival, Royal Caribbean und NCL geht es um die Konsolidierung. Als erste Reedereien der großen Konzerne sind jetzt AIDA Cruises und Costa Cruises mit ihrem Neubauprogramm zum Ende gekommen. 

Foto: Frank Behling

Die AIDAcosma und die Costa Toscana werden die letzten Neuzugänge auf Jahre gewesen sein. Beide Reedereien werden vorerst nur noch ältere Schiffe abgeben. 

„Jetzt geht es vorrangig darum, die fahrende Flotte zu dekarbonisieren“, so ist bei AIDA zu hören. Mit einem zweistelligen Millionen-Aufwand werden in den kommenden Monaten die Schiffe AIDAprima und AIDAnova weiterentwickelt. 

Im Trockendock der Damen Werft in Rotterdam liegt seit Anfang März die AIDAprima. Im Rumpf werden die Räume für große Batterie-Pakete geschaffen. Noch in diesem Frühjahr soll das Schiff das größte Batteriepaket bekommen, das je auf einem Kreuzfahrtschiff eingebaut wurde. Der kanadisch-norwegische Batterie-Anbieter Corvus Energy lässt die Batteriezellen in einem neuen Werk in Bergen herstellen.  Erfahrungen hat Corvus bereits seit sie Fähren von Scandlines mit Batterien ausgerüstet haben.

Die Blöcke von der Größe mehrerer Seecontainer sollen der AIDAprima bis zu 10 Megawatt-Stunden Energie liefern. Damit soll die AIDAprima zukünftig ohne Betrieb der vier MaK-Generatoren in Fjorde und Häfen in Nordeuropa einlaufen können. 

Da fast alle seit 2000 gebauten Kreuzfahrtschiffe als Antrieb eine Kombination aus Dieselgeneratoren und elektrischen Fahrmotoren nutzen, können bestehende Schiffe so nachgerüstet werden und ihre Klimabilanz deutlich steigern. Die Aufladung dieser Batterien kann entweder durch Landstrom in den Häfen oder durch die Generatoren an Bord während der Nachtfahrt erfolgen.

Bei AIDA sind neben der AIDAprima auch die AIDAperla und die sieben Sphinx-Schiffe für eine Nachrüstung geeignet. Aber auch die Schiffe von TUI Cruises, Costa und MSC besitzen theoretisch diese Möglichkeit. 

Die nächste Stufe ist die Nachrüstung mit Brennstoffzellen. Bei der AIDAnova ist das im Herbst geplant. Große Brennstoffzellen können den Strom liefern, mit dem dann die Fahrmotoren angetrieben und die Bordnetze versorgt werden. 

Und Neubauten? Bei der Meyer Werft erfolgt eine Ausrichtung auf Spezialschiffe. Mit dem Neubau für NYK wird Mitte 2025 der vorerst letzte Kreuzfahrtneubau Papenburg verlassen. International sind die letzten derzeit die Neubauten „Prima 6“ für NCL und  die „World 4“ für MSC bei Chantiers de l‘ Atlantique in Frankreich 2027 die aktuellen Schlusslichter im Orderbook.  FB

Brodosplit: Neue Aufträge für Polarcruiser und Megayacht

Bild: Brodosplit

Die zum kroatischen DIV-Konzern gehörende Brodosplit-Werft konnte lokalen Medien zufolge zwei Neubau-Aufträge hereinnehmen. Dabei handelt es sich zum einen um eine 125 m lange extravagante Megayacht für 12 Gäste und 50 Crewmitglieder und zum anderen um ein Expeditionskreuzfahrtschiff für polare Regionen, das bei einer Länge von 110 m Platz für 152 Passagiere und 111 Besatzungsmitglieder bieten soll.

Den Auftragswert für beide Schiffe beziffert die ebenfalls von den Auswirkungen der Pandemie gebeutelte Werft, die zu den drei größten Schiffbaubetrieben des Landes gehört, mit insgesamt rd. 200 Mio. Euro. Trotz der damit verbundenen Herausforderungen ist Brodosplit-Verkaufsdirektor Dino Donjerkovic sicher, „dass wir die Liefertermine bis 2025 einhalten werden“. Ob es sich dabei um Anschlussaufträge bisheriger Auftraggeber und Bestellungen von Neukunden handelt blieb trotz unserer Nachfrage bisher unbeantwortet.

Bekanntlich konnte sich die von Tomislav Debeljak als CEO geführte Werft, die u.a. einen Kasko für eine besonders spektakuläre Megayacht für ungenannte Auftraggeber zugeliefert und mit der im Sommer 2019 fertiggestellten Fünfmastbark Golden Horizon (8770 BRZ) als weltgrößtem Rahsegler für Kreuzfahrten mit Polar-Eisklasse und Safe-Return-to-Port-Auslegung für Schlagzeilen gesorgt hatte, in den letzten Jahren erfolgreich auch im Expeditionscruiser-Marktsegment etablieren.

Hondius, Foto: Brodosplit

So hatte sie mit der Hondius (BRZ 6603) am 23. Mai 2019 den ersten von zwei zusammen rd. 100 Mio. Euro teuren Expeditionskreuzfahrtschiffen an den niederländischen Veranstalter Oceanwide Expeditions abgeliefert, von denen die am 11. März 2021 vom Stapel gelaufene Janssonius (162 m / 170 Gäste in 80 Kabinen) nach der pandemie-bedingten Verschiebung statt im November 2021 nunmehr im zweiten Quartal dieses Jahres zur Ablieferung kommen soll. Das Typschiff Hondius, – das zugleich das erste Expeditionskreuzfahrtschiff der Werft überhaupt war, hat seinen im November begonnen Restart in der Antarktis dieser Tage wegen der durch die Omikron-Variante noch verschärften Covid-Infektionssituation und der von Argentinien erweiterten Quarantänevorschriften vorzeitig beendet und befindet sich seit dem 13. Januar 2022 auf der Rückreise von Ushuaia nach Hansweert in den Niederlanden.

Ultramarine, Foto: Brodosplit

Die als zweiter Expeditionskreuzer-Neubau der Werft am 1. April letzten Jahres für mehr als 100 Mio. Euro an den US-Veranstalter Quark Expeditions abgelieferte Ultramarine (BRZ 13827, 128 m Länge, 199 Gäste in 103 Luxuskabinen, 140 Crewmitglieder, 2 Helikopter, 20 Zodiacs) hat am 23. Dezember 2021 ihre erste 18-tägige Antarktis-Rundreise von Ushuaia angetreten. JPM

Mit Wasserstoff-Brennstoffzellen: Northern Xplorer plant Zero Emission-Cruiser-Serie

Vor dem Hintergrund der ab 2026 für den Geirangerfjord und den Naeröfjord in Kraft tretenden Zero-Emission-Verordnung plant das im Gebäude des Norwegischen Reeder Verbandes (NSA) in Oslo ansässige Start-up Northern Xplorer die Bestellung einer bis zu 14 Einheiten umfassenden Serie von 130 m-Kreuzfahrtschiffen für 250 Passagiere in 125 Kabinen mit voll-elektrischem Antrieb und Batteriespeicherung.

Rendering: Northern Xplorer

Die Energieversorgung soll außer durch Wasserstoff-betriebene Brennstoffzellen auch durch erneuerbare Energie aus Windkraft- und Solaranlagen sowie während der Liegezeiten durch grünen Landstrom erfolgen. Die von skandinavischen Schiffsarchitekten entworfenen und mit ca. 100 Crewmitgliedern zu besetzenden Neubauten des Typs MM130, die ab 2024/2025 in Dienst gestellt werden sollen, sind nach Angaben von Northern Xplorer, damit in den künftig für umweltschädliche Kreuzfahrtschiffe nicht mehr zugänglichen weltweit ersten emissionsfreien Seegebieten einsetzbar, so der früher u.a. auch für Crystal Cruises und NCL tätige Rolf Andre Sandvik, Gründer und CEO des auf lokale Wertschöpfung abseits des Massentourismus setzenden Unternehmens.

Rendering: Northern Xplorer

Zielgruppe sind Erwachsene über 45 Jahre, denen hoher Komfort und individuelle Erlebnisse an Bord bzw. auf See und an Land geboten werden sollen.

Die Aufbauhöhe wurde besonders niedrig gehalten, um auf Inland-Passagen auch niedrige Brücken unterfahren zu können. Für diverse Zero-Emission-Technologien habe man Patente beantragt und für die Finanzierung bemühe man sich außer um private Fonds auch um öffentliche Mittel bzw. Förderungen in Norwegen, Schweden sowie der EU und kooperiere mit Zulieferern, um die Bereitstellung der benötigten Innovationen zu unterstützen. Zu den Partnern gehören u.a. bereits Multi Maritime Norwegian Ship Design, ABB, GTI, NCE Maritime CleanTech, Norges Arktiske Universitet etc. Dem hinter dem Projekt stehendem Team gehören auch der Gründer der Ahoy Berlin 2.0 und früher für TUI Cruises tätige Designer Axel Brox, der für die Neubau-Abteilung verantwortliche Jan Helge Pille an, der u.a. über Erfahrungen aus seiner Tätigkeit für Royal Caribbean und als ehemaliger Senior Vice Präsident der Color Line verfügt. JPM

Paul Gauguin Cruises: Neubauten auf unbestimmte Zeit verschoben

Die für die 2019 von Ponant übernommene und in Französisch-Polynesien aktive Reederei Paul Gauguin Cruises bei der zum italienischen Fincantieri-Konzern gehörenden Vard-Werftgruppe zur Lieferung 2022 bestellten beiden Neubauten der nächsten Generation werden vorerst nicht gebaut. Über die Dauer des Aufschubs wurden von der Muttergesellschaft keine Angaben gemacht.

Rendering: PGC

Bei den Neubauten im Gesamtwert von ca. 300 Mio. Euro handelt es sich um Schiffe mit einer Kapazität von jeweils 230 Passagieren, die ganzjährig zu Kreuzfahrten im Südpazifik eingesetzt werden sollen. Ihr Hybridantrieb mit Flüssigerdgas (LNG) und elektrischen Batterien sollte es ermöglichen, ohne Rauch- und andere Schadstoffemissionen vor Anker, im Hafen oder in empfindlichen Umgebungen zu operieren. Außerdem war eine Verringerung des Unterwasserlärms und eine effizientere Abwasserbehandlung vorgesehen.

„In dieser unsicheren Zeit und angesichts der Tatsache, dass unsere neuen Ponant-Schiffe, wie die bereits über diese neuen Technologien verfügende Le Commandant Charcot, die Le Bellot und die Jacques Cartier, die gerade mit vielversprechendem Erfolg auf den Markt gekommen sind, haben wir beschlossen, dieses Projekt auf Standby zu setzen“, erklärte Hervé Bellaïche, Direktor für Vertrieb und Marketing bei Ponant.

Die im Frühjahr in Kooperation mit dem französischen Designer Jean-Philippe Nuel modernisierte Paul Gauguin, wird aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen in den Pazifikhäfen vorerst nur auf fünf Routen in Polynesien eingesetzt. JPM

Silversea setzt auf Hybridantrieb und Brennstoffzelle

Erstes Schiff der Evolution-Klasse von Meyer soll 2023 geliefert werden

Die sich als weltweiter Innovationsführer in der Konzeption und im Bau von Kreuzfahrtschiffen sehende Meyer Werft will ihre Spitzenstellung 2023 mit der Ablieferung des ersten Neubaus der mit einem Hybridantrieb ausgestatteten neuen Evolution-Klasse an die zur Royal Caribbean Group gehörende Reederei Silversea Cruises unterstreichen.

Das für 600 Gäste ausgelegte Typschiff, dem 2024 noch ein Nachbau folgen soll, setzt auf eine Kombination von Brennstoffzellen- und Batterietechnologie sowie vorwiegend LNG als Brennstoff nutzende Dual Fuel-Motoren als umweltfreundliche Energielieferanten für den Bord- und Hotelbetrieb sowie die Propulsion.

Bereits Ende 2018 hatte die derzeit über einen bis 2026 abzuarbeitenden Auftragsbestand von 14 Kreuzfahrtschiffen, darunter drei ab 2023 an Royal Caribbean International zu liefernde 200 000-BRZ-Kreuzfahrtschiffe der Icon-Klasse mit LNG-Hauptantrieb und Brennstoffzellen für die Bordstromversorgung, verfügende Werft-Gruppe, mit der AIDAnova das weltweit erste vollständig mit LNG zu betreibende Kreuzfahrtschiff abgeliefert. Kürzlich hat das Unternehmen zudem auf der Yacht Show in Monaco mit der ONE 50 (15 000 BRZ) sowie auf der Seatrade Cruise-Messe in Miami mit den Projektstudien „Helix“ (181 000 BRZ) und „Manta Ray“ (431 000 BRZ) Visionen und Modelle für Schiffe mit reinem Brennstoffzellen-Antrieb vorgestellt.

Für die beiden Silversea-Neubauten, für die zwar erste Zeichnungen bei der Meyer Werft vorliegen und die in der kleinen Halle 5 in Papenburg gebaut werden sollen, werden außer der Gästekapazität und dem Hinweis auf die für Schiffe der Ultra-Luxusklasse üblichen großen Suiten, exquisiten Restaurants sowie umfassenden Wellness- und Sportfazilitäten noch keine Angaben über Abmessungen, Rumpfdesign, Gäste/Crew Ratio etc. gemacht, sondern der Fokus auf Umweltverträglichkeit und innovativen Hybridantrieb gerichtet.

Bereits im August 2018 hatten Silversea Cruises und Royal Caribbean einen Vorvertrag (MoU) über den Bau der beiden Schiffe mit der Papenburger Werft unterzeichnet, der 2019 nach Klärung der Finanzierungsvorbehalte und finalen Spezifikation in einen Festauftrag umgewandelt werden konnte.

„Wir sind glücklich, diese neuen Schiffe für Silversea Cruises bauen zu dürfen. Zusammen mit dem Team von Silversea und RCL werden wir eine neue Generation von sehr umweltfreundlichen Schiffen in diesem Luxussegment der Kreuzfahrt kreieren“, versprach seinerzeit die Geschäftsführung der Meyer Werft.


Richard Fain, Chairman und CEO der Royal Caribbean Group: „Durch Engagement und Ausdauer sind wir jetzt stolz, das erste Schiff mit großtechnischer Brennstoffzellen-Technologie vorzustellen, das den emissionsfreien Hafenbetrieb (ohne Landstrom) ermöglicht.“
Foto: Jens Meyer

„Die neueste Schiffsklasse von Silversea ist ein bedeutender Schritt vorwärts in unserem Engagement für nachhaltiges Schiffsdesign und unseren Weg zur Reduzierung unseres ökologischen Fußabdrucks“, sagt Richard Fain, Chairman und CEO der Royal Caribbean Group, zu der neben den Marken Royal Caribbean International, Celebrity Cruises und Silversea Cruises auch die 50-prozentige Beteiligung an dem Hamburger Joint Venture gehört, das die beiden Marken TUI Cruises und Hapag-Lloyd Cruises betreibt.

Die Gruppe verfügt derzeit 60 Schiffe, darunter die weltweit größten Kreuzfahrtschiffe, weitere 13 Einheiten befinden sich weltweit in Auftrag. Von den Neubauten sind drei Schiffe für Silversea Cruises bestimmt: der Luxus-Kreuzer Silver Dawn und die beiden noch namenlosen Evolution-Expeditionsschiffe, mit denen die Silversea-Flotte auf dann auf jeweils sechs Luxuskreuzfahrt- und Expeditionsschiffe erweitert wird.

„Wir haben unsere Brennstoffzellen-Ambitionen schon vor einigen Jahren erstmals angekündigt. Durch Engagement und Ausdauer sind wir jetzt stolz darauf, das erste Schiff mit großtechnischer Brennstoffzellentechnologie vorzustellen, das in der Lage ist, einen emissionsfreien Hafenbetrieb zu ermöglichen. Die jetzige Integration von Brennstoffzellen in unsere Schiffe ist ein Beispiel dafür, wie sich die Royal Caribbean Group auf die Nutzung neuer Technologien auf den Weg in eine carbonfreie Zukunft vorbereitet“, so Fain. „Die neue Hybridtechnologie hilft nicht nur im Hafen, sondern ermöglicht dem Project Evolution auch eine Gesamtreduktion der Treibhausgasemissionen pro Doppelbelegung um 40 Prozent im Vergleich zur vorherigen Schiffsklasse der Marke. Die neue Schiffsklasse wird voraussichtlich auch einen Energy Efficiency Design Index (EEDI) erreichen, der etwa 25 Prozent besser ist als die aktuellen Anforderungen der International Maritime Organization (IMO).“

„An der Spitze des nachhaltigen Schifffahrtsdesigns und der Innovation zu stehen, ist ein Beweis für das Streben unseres Teams nach kontinuierlicher Verbesserung“, ergänzt Roberto Martinoli, Präsident und CEO von Silversea Cruises. „Diese Fortschritte unterstützen unseren Wunsch, unseren Gästen die Welt zu präsentieren und dies auf achtsame und umweltbewusste Weise zu tun.“

Die Initiativen, die im Rahmen des Evolution-Projektes in Zusammenarbeit mit der Meyer Werft entwickelt wurden, sollen in Verbindung mit den bereits zuvor erfolgreich eingeführten Features die Energieeffizienz auf ein neues Niveau heben. Dazu gehören:

Das Brennstoffzellensystem, das als wasserstoffbasierte Technologie die Hauptstromversorgung ergänzen und die gesamte Hotellast des Schiffes – bis zu vier Megawatt – abdecken soll und nach Reedereiangaben die erste große Brennstoffzelleninstallation auf See in der Kreuzfahrtindustrie sein wird.

LNG (Liquid Natural Gas) – ein sauberer verbrennender Kraftstoff, LNG-betriebene Antriebssysteme emittieren weniger CO2 und 97 Prozent weniger Partikel als normales Heizöl (MGO), das auf Schiffen verwendet wird.

Batterie – eine Batteriebank unterstützt die Optimierung des gesamten Elektroenergiesystems und spart Kraftstoff.

Waste to Energy – das neu entwickelte Micro Auto Gasification System (MAGS) reduziert das Abfallvolumen an Bord, was zu geringeren Verbrennungsemissionen führt.

Fortschritte bei der klimaneutralen Konstruktion – In Zusammenarbeit mit der Meyer Werft wird zur Umsetzung des Evolution-Projekts unter Berücksichtigung des ökologischen Fußabdrucks des Schiffbaus sorgfältig entworfen und gebaut und damit ein Betrag zur Verbesserung der gesamten Schadstoffemissionsbilanz geleistet.

Um in diesem Bereich ihre führende Position abzusichern und weiter auszubauen plant die Meyer Werft-Gruppe am Standort Rostock, an dem sie bereits die Neptun Werft betreibt, ein neues Kompetenzzentrum für Spezialschiffe. „Im ersten Schritt möchten wir rund 50 Ingenieure gewinnen. Derzeit beschäftigt die Gruppe insgesamt bereits ca. 1000 Ingenieure, aber wir brauchen weitere Verstärkung“, so Malte Poelmann, als Mitglied der Geschäftsleitung der Meyer Werft zuständig für die technischen Büros. Wie er bei der Bekanntgabe des Vorhabens im August dieses Jahres feststellte, handele es sich dabei um eine „Investition in die Zukunft des gesamten Schiffbaustandortes Deutschlands“.

Laut dem weiteren Geschäftsführer Manfred Müller-Fahrenholz soll das neue Kompetenzzentrum besonders innovative Lösungen für den Schiffbau entwickeln. Im Vordergrund stehen die Entwicklung klimafreundlicher Antriebe, dazu nachhaltige Lösungen als Nachrüstung bestehender Flotten, Forschungsschiffe und Offshore-Anlagen.

Müller-Fahrenholz: „Für AIDA Cruises haben wir auf der AIDAnova erfolgreich den weltweit ersten LNG-Antrieb in Fahrt gebracht. Nicht nur die Kreuzfahrtbranche wartet auf weitere Entwicklungen für emissionsarme, klimafreundliche und nicht zuletzt auch energieeffiziente Neuentwicklungen. In all diesen Bereichen streben wir über den Standort Rostock die Innovationsführerschaft an.“

Trotz der weltweiten Corona-Krise ist es der Meyer Werft gelungen, sämtliche Aufträge zum Bau neuer Kreuzfahrtschiffe zu halten. Dazu kommt der Bau eines kleinen Kreuzfahrtschiffes mit LNG-Antrieb für den japanischen NYK-Konzern. Ende Juli erhielt die Werft den Auftrag für den Bau eines Appartementschiffes, die M/Y Njord, das zusätzlich zu einem LNG-Antrieb auch über eine Hybrid-Batterie-Anlage verfügen und ozeanografische Forschungseinrichtungen an Bord haben wird. JPM 

Längste Neubau-Serie der Welt beendet – Auftragsbuch leer

Konzept für Flusskreuzfahrtschiff der Zukunft im Fokus

Nach der erfolgreichen Überführung hat die zur Meyer Werft gehörende Rostocker Neptun Werft mit der am 25. März erfolgten Übergabe der beiden Schwesterschiffe Viking Gymir und Viking Egdir an die in Basel ansässige Reederei Viking River Cruises die letzten beiden Flusskreuzfahrtschiffsneubauten ihres derzeitigen Auftragsbestandes abgeliefert. Damit endet zunächst die langjährige Zusammenarbeit zwischen Werft und Reederei, die 2010 mit dem Auftrag für ein einziges Flusskreuzfahrtschiff startete. Mit 65 Einheiten bilden diese Longships nach Werftangaben die längste Serie von Flusskreuzfahrtschiffen weltweit.

Beim finalen Duo wurden zwei Diesel durch Batteriepacks ersetzt, Foto: Neptun Werft

„Zum Abschluss der Serie haben wir mit der Viking Gymir und Viking Egdir noch einmal zwei tolle Schiffe gebaut“, sagt Neptun Werft-Betriebsleiter Lars-Gunar Klasen nicht ohne Stolz. So ist das Duo mit einem hybriden Antriebssystem ausgestattet, d.h. eine Kombination aus Diesel-Motoren und Batterien. In der Vergangenheit waren insgesamt fünf Dieselmotoren für die Energieerzeugung auf den Schiffen dieser Serie installiert. Darunter ein Not- und Hilfsdiesel. Diese beiden Motoren wurden durch Batterien ersetzt und stellen zukünftig den Notbetrieb sicher. Außerdem können sie benötigte Energie bei Lastspitzen abdecken. Die Motoren werden damit im optimalen Bereich betrieben und verbrauchen so weniger Kraftstoff und erzeugen weniger Abgas.

Die Corona-Pandemie und der momentane Stillstand der Flusskreuzfahrtflotte in Europa sorgen derzeit für deutlich weniger Nachfrage nach neuen Schiffen. Der Neptun Werft, die in diesem Segment über viele Jahre hinweg zu den Weltmarktführern gehörte und zudem auch die Maschinenraummodule für die Kreuzfahrtschiffsneubauten der Meyer Werften in Papenburg und Turku zuliefert, fehlt damit in den kommenden Jahren viel Arbeit.

„Wir müssen uns deshalb an die neue Situation anpassen und die Werft schnellstmöglich darauf einstellen“, so Klasen. Aktuell laufen Verhandlungen zwischen der Werftleitung, dem Betriebsrat und der IG Metall, um die Werft schlagkräftig für die Zukunft aufzustellen und die Belegschaftsgröße an die neuen Marktbedingungen anzupassen. Sie hofft, die erfolgreiche Partnerschaft mit Viking River Cruises fortsetzen zu können, sobald sich der Markt wieder erholt. Dafür arbeitet man bereits intensiv an neuen innovativen Konzepten für emissionsarme und umweltfreundliche Flusskreuzfahrtschiffe der Zukunft. JPM