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Wenn Windhorst und Meyer gemeinsam die Zukunft planen

In der deutschen Schiffbau-Szene ist Bewegung. Die Pandemie hat auch die Werften schwer getroffen. Fast alle Werften kämpfen mit Problemen. Deshalb gab es in dieser Woche zwei wichtige Veranstaltungen. Fast zeitgleich präsentierten Bernard Meyer und Lars Windhorst ihre neuen Pläne für den Schiffbau.

Da der Bau von Kreuzfahrtschiffen deutlich an Dynamik verliert, sollen neue Aufträge die Bücher füllen. Bei der Meyer Werft ist es der Standort in Rostock, der eine Änderung erfahren wird. In Rostock werden zukünftig unter dem Logo der Neptun Werft auch Marine- und Spezialschiffe gebaut.

Außerdem sollen an der Warnow in einem neuen Kompetenzzentrum Konzepte für schadstoffarme oder sogar klimaneutrale Antriebsformen für Seeschiffe entwickelt werden. Deshalb werden dort 50 junge Ingenieure ihre Arbeitsplätze bekommen.    

Bernard Meyer (Archiv), Foto: enapress.com

„Es ist eine Investition in die Zukunft des gesamten Schiffbaustandortes Deutschlands. Unsere Wahl für Rostock ergibt sich aus dem maritimen Know-how der Region mit einem starken Netzwerk an mittelständischen Partnerfirmen, die Nähe zur Fraunhofer-Gesellschaft, zur Universität Rostock und die Nähe zur Neptun Werft“, so Malte Poelmann, Mitglied der Geschäftsleitung Meyer Werft, zuständig für die technischen Büros.

Aktuell baut die Werft Personal in der Fertigung ab. Die Kapazitäten beim Stahlbau werden reduziert. „Die Situation ist äußerst anspruchsvoll, am Standort Rostock und auch am Standort Papenburg verlieren zahlreiche Mitarbeiter vor allem aus Produktionsbereichen ihren Arbeitsplatz. In der Fertigung haben wir in den kommenden Jahren 40 Prozent weniger Arbeit. Gleichzeitig haben die Ingenieure in den Technischen Büros durch neue Einzelaufträge etwa 40 Prozent mehr Arbeit zu bewältigen. Auch in Papenburg suchen wir für diesen Bereich weitere Mitarbeiter“, erklärt Malte Poelmann.

Ähnlich die Lage in Schleswig-Holstein. Zeitgleich mit Bernard Meyer in Rostock präsentierte Lars Windhorst in Rendsburg (Schleswig-Holstein) seine Zukunftspläne für den deutschen Schiffbau.

Lars Windhorst und Philipp Maracke,
Foto: Frank Behling

„Es gibt eine wahnsinnig große Nachfrage nach großen Luxusyachten. Deshalb machen wir uns um Aufträge für die Werften keine Sorgen. Besonders innovative Antriebe sind dabei gefragt“, sagte Lars Windhorst. Er ist neuer Eigner der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft und der Rendsburger Nobiskrug-Werft.

150 Millionen Euro investiert die Tennor Gruppe von Lars Windhorst in die Schiffbau-Aktivitäten in Schleswig-Holstein. Ein Fokus sind dabei die Luxusyachten. „Wir wollen aber auch andere, sehr hochwertige Spezialschiffe bauen“, kündigt sein Geschäftsführer Philipp Maracke an, der die Werftengruppe führt. Mit der Belegschaft von 645 Mitarbeitern sollen 2022 dort neue Projekte realisiert werden.  

Die beiden Werften bereiten sich auf neue Aufträge für die kommenden Jahre vor. Ob dabei auch Expeditions-Kreuzfahrer eine Rolle spielen, ist nicht bekannt. Gleich mehrere Kreuzfahrtreedereien sowie die Containerreederei Maersk planen aber die Realisierung von komplett kohlenstoff- und emissionsfreien Antrieben. Dabei sind Antriebssysteme mit Batterien, Wasserstoff oder LNG als Optionen im Gespräch. FB


Nach Zustimmung des Kartellamtes: FSG und Nobiskrug bündeln Kompetenzen

Zwei im Fähr- und Megayachtbau kompetente norddeutsche Werften arbeiten künftig betriebsübergreifend zusammen: Die Übernahme der Rendsburger Nobiskrug-Werft durch die zur Tennor-Gruppe gehörende Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) ist offiziell abgeschlossen. Das Bundeskartellamt habe die Freigabe für den bereits am 16. Juli erfolgten Verkauf erteilt, teilte der Insolvenzverwalter der Nobiskrug-Werft, Hendrik Gittermann, am Donnerstag mit. Damit sei die Übergabe des Geschäftsbetriebs der Rendsburger-Werft mit rund 280 Beschäftigten an die FSG rechtswirksam.

Wie Lars Windhorst, Gründer und Eigentümer der Tennor Gruppe, am Donnerstag auf einer Mitarbeiterversammlung in Rendsburg erklärte, werden beide Werften künftig unter einer Leitung arbeiten, aber an ihren bewährten Standorten bestehen bleiben. Dazu werden die Kompetenzen des Spezialisten für Handels- und Marineschiffe FSG an der Flensburger Förde mit denen des Spezialisten für Superyachten Nobiskrug am Nord-Ostsee-Kanal gebündelt. Insbesondere in den Bereichen Konstruktion, Einkauf und Verwaltung werden die insgesamt 645 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig standortübergreifend zusammenarbeiten. Auch in der Fertigung soll eine enge Kooperation aufgebaut werden. Davon würden beide Unternehmen gleichermaßen, profitieren das Management werde den neuen Verbund als Einheit leiten.

Nobiskrug-Geschäftsführer Philipp Maracke, Investor Lars Windhorst und Betriebsrat Marcus Stöcken. Foto: Cord Schellenberg

„Es ist unser strategisches Ziel, in beiden Wachstumsmärkten relevante Marktanteile zu erreichen und gleichzeitig technische Innovationen zu entwickeln. Emissionsfreiheit ist ein wichtiges Zukunftsthema für die Schiffseigner und Reeder, auch dafür vereinen wir heute die Kräfte von FSG und Nobiskrug.“, so Windhorst. Eine symbolische Kiellegungsplatte dokumentiert diesen Tag Werftgeschichte.

Für Philipp Maracke, der FSG und Nobiskrug als Geschäftsführer leitet, steht die Verbindung beider Belegschaften an erster Stelle: „Mit der Übernahme der Nobiskrug Werft stellen wir uns breit auf. Auf beiden Werften ist enormes Know-how für den Bau von spezialisierten und technisch komplexen Schiffen vorhanden, welches sich bestens ergänzt. Die gegenseitige Unterstützung beim standortübergreifenden Arbeiten werde dazu führen, dass die Beziehungen zu den und den und Lieferanten noch enger werden. Die Werften seien geographisch optimal miteinander verbunden.

Betriebsrat Marcus Stöcken setzt auf die gemeinsame Entwicklung einer langfristigen Perspektive für das Unternehmen: „Die gesamte Belegschaft von Nobiskrug steht für Handwerkskunst. Ob Planer, Kaufleute, Mechaniker, Ingenieure oder Schlosser – wir bieten Yachteignern aus aller Welt High-Tech-Qualität im Individualschiffbau. Für uns ist ein Miteinander auf Augenhöhe mit dem Investor und der Geschäftsführung wichtig.“ Auch die Fortsetzung einer profunden Ausbildung – aktuell bildet Nobiskrug 16 junge Menschen in sieben unterschiedlichen Berufen aus – sei ihm ein großes Anliegen.

Nobiskrug verfügt über eine hervorragende Anlage, insbesondere das überdachte Trockendock ist für den Bau von Superyachten hervorragend geeignet. Ziel sei es, möglichst alle Bauprojekte fortzuführen. Diesbezüglich soll allen Eignern ein Angebot für den Fertigbau ihres Schiffes unterbreitet werden. Zusätzlich zu den aktuellen Projekten wollen Nobiskrug und FSG neue Projekte angehen. JPM

Käufer für Nobiskrug

FSG sichert sich Megayacht-Know

Konkrete Hoffnung für die Beschäftigten der Rendsburger Nobiskrug-Werft, über deren Vermögen am 1. Juli am Amtsgericht Neumünster das Insolvenzverfahren eröffnet worden war: Die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) erwirbt den Geschäftsbetrieb der Superyacht-Werft mit ihren Schiffbauanlagen, Markenrechten und dem geistigen Eigentum des Unternehmens. 280 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen im Rahmen einer übertragenden Sanierung übernommen werden.

Entsprechende Kaufverträge sind am 16. Juli unterzeichnet worden, wobei über den Kaufpreis Stillschweigen vereinbart wurde. Die Kaufverträge beinhalten noch verschiedene Vorbehalte, unter anderem ist eine Kartellfreigabe notwendig. Das sogenannte Closing, also das Wirksamwerden des Vertrags nach Erfüllung der festgelegten Bedingungen, ist für August 2021 vorgesehen.

„Die Übernahme von Nobiskrug ist für uns ein wichtiger strategischer Schritt. Mit Nobiskrug erhalten wir einen Zugang zum attraktiven Wachstumsmarkt Superyachtbau. Die renommierte Werft steht wie nur wenige andere für innovativen und ökologisch anspruchsvollen Individualschiffbau. Den Kern unseres maritimen Investments bildet die FSG mit dem Bau von Handels- und Marineschiffen, den wir jetzt um den Bau von Superyachten erweitern.“, so Lars Windhorst, Gründer der Tennor-Gruppe, zu der die FSG gehört.

Die über 115 Jahre Schiffbauvergangenheit mit weit über 750 Neubauten verfügende Werft Nobiskrug hatte sich nach dem Bau von Frachtern, Marine- und Behördenschiffen sowie Fähren zuletzt auf den Bau von Superyachten ab 60 Metern Länge spezialisiert. Einige von ihnen, wie zuletzt die 143 Meter lange Sailing Yacht A und die Artefact mit Hybridantrieb, wurden preisgekrönt. Im Geschäftsjahr 2020 konnte das – wie die von der Insolvenz nicht betroffenen Kieler Werften German Naval Yards und Lindenau – seit 2010 zur libanesischen Holding Privinvest gehörende Unternehmen nach eigenen Angaben mit rund 330 Mitarbeitern rund 125 Millionen Euro erwirtschaften.

Um Nobiskrug effizient aufzustellen, wird FSG-Geschäftsführer Philipp Maracke beide Werften in Personalunion führen. Das Management soll deutlich gestrafft und eine betriebliche Kooperation beider Werften begründet werden. In der Konstruktion, im Einkauf, in der Fertigung, im Finanz- und Rechnungswesen, im Personalbereich und in der IT sollen die Kräfte gebündelt und wettbewerbsfähige Strukturen für alle Schiffbauprojekte und Märkte aufgebaut werden. Insgesamt werden beide Unternehmen zusammen 645 Mitarbeitende beschäftigen. JPM